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Fotografien der »Neuen Frau«

Im November letzten Jahres wäre die Fotografin Marianne Breslauer 100 Jahre alt geworden. Die Berlinische Galerie feiert Breslauer noch bis zum 1. November mit der ersten umfassenden Werkschau* mit etwa 130 Aufnahmen.

Von Thomas Hummitzsch 

Am 6. September hätte sie eigentlich zu Ende gehen sollen, doch wegen des außerordentlichen Erfolges wird die erste umfassende Retrospektive des Werks der Fotografin Marianne Breslauer nun bis zum 1. November 2010 (knapp 3 Wochen vor ihrem 101. Geburtstag) verlängert. Die Deutsch-Schweizerin mit jüdischen Wurzeln erlernte ihr fotografisches Handwerk im Berliner Lette-Verein und ging dem kaum zehn Jahre lang nach, bevor Sie an der Seite des Kunsthändlers Walter Feilchenfeldt (als Marianne Feilchenfeldt Breslauer) selbst Kunsthändlerin wurde. Marianne Breslauer wäre am 20. November vergangenen Jahres 100 Jahre alt geworden.

Dass Marianne Breslauer im Kunstmetier tätig werden würde, schien ihr mit dem Familienstammbaum in die Wiege gelegt worden zu sein. Ihr Großvater Julius Lessing war der erste Direktor des Berliner Kunstgewerbe-Museums und einer der Herausgeber der bedeutenden Kunstzeitschrift „Das Museum“, ihr Vater Alfred Breslauer bedeutender Architekt und Restaurator. Ihre Leistungen in der Schule hätten nicht vermuten lassen, dass Marianne Breslauer in diese Stapfen würde treten können, doch die alten Zeitschriften des Großvaters sowie die sonntäglichen Museumsausflüge mit ihrem Vater hatten die Grundsteine für ihre spätere Karriere als Fotografin und Kunsthändlerin gelegt. In ihren Erinnerungen (erschienen im Nimbus-Verlag) schrieb sie selbst, dass sie bei den Museumsbesuchen mit dem Vater früh und umfassend ihr Auge geschult habe, um später schnell das Wesentliche erfassen und ein Gefühl für ein gutes Bild entwickeln zu können.

Auslöser ihrer Leidenschaft für die Fotografie war der Besuch einer Bilderschau der in den zwanziger Jahren bekannten Berliner Porträt-Fotografin Frieda Riess. Die Aufnahmen veranlassten die 18-jährige Marianne Breslauer, sich in die Fotoklasse im Lette-Verein einzuschreiben. Während ihrer Ausbildung machte sie zahlreiche der später berühmt gewordenen Aufnahmen ihrer Freunde Walter Menzel, Otto Umbehr (alias Umbo) und Beate Frese. Auch die für das „Neue Sehen“ paradigmatische Porträtaufnahme ihres Freundes Paul Citroen entstand als „Hausaufgabe“ für die Ausbildung im Lettehaus. Diese Bilder versammelte Marianne Breslauer in ihrer, in klassischer Bauhaus-Manier aufgelegten und mit dem Namenskürzel Embe (zu lesen M B) versehenen, Abschlussarbeit zum „Portrait“ und sind nun im Rahmen der Ausstellung zu sehen.

Bereits während ihrer Ausbildung im Lette-Verein lernte Marianne Breslauer den 15 Jahre älteren Kunsthändler Werner Feilchenfeld kennen, den sie 1936 heiratete. Feilchenfeldt arbeitete im Salon Paul Cassirer, der zu dieser Zeit in Deutschland mit der ersten großen Edward Munch-Schau sowie einer Ausstellung der Bilder von Vincent van Gogh Furore machte. Denjenigen unter den Berliner Bohemiens, die Marianne Breslauer noch nicht bei gesellschaftlichen Anlässen ihrer Familie kennen gelernt hatte, begegnete sie nun als zunehmend angesehene Fotografin sowie an der Seite ihres Manns Walter Feilchenfeldt. 1928 reist sie nach Paris und erhält dort die Gelegenheit, bei Man Ray zu praktizieren. Sich an die erste Begegnung mit Man Ray erinnernd, schreibt Marianne Feilchenfeldt- Breslauer in ihren Memoiren: „Ich legte ihm einige Aufnahmen vor, er sah sie sich aufmerksam an und sagte, ich könne doch eigentlich schon alles. Was er mir da noch beibringen solle. Besser wäre, ich würde einfach alles weiter so machen, wie ich es für richtig hielte, ich hätte meine eigene Art des Photografierens ja schon in mir.“ Eine Adelung durch einen der ganz Großen der Fotografie.

Marianne Breslauer machte genau dies. Sie machte einfach weiter wie bis dahin, lies sich von ihrer Intuition und ihren Vorbildern André Kertész, Brassaï und Erich Salomon zur Reportage-Fotografie anregen. Ob im Zirkus oder der Berliner Akrobatikschule, ob bei Kunstauktionen oder im Kreise von Freunden, ob in ihrer Heimatstadt Berlin oder bei den Reisen nach Spanien (mit der Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach), Italien oder in den Nagen Osten (auf Einladung der Tochter des ersten deutschen Generalkonsuls von Palästina Djemila Nord über Triest und Zypern) – stets sind ihre Aufnahmen Belege für ihr Gespür für Dramaturgie und die Komposition eines Bildes, und nicht zuletzt auch für ihr Gefühl für den richtigen Moment. „Vorausbedachte Schnappschüsse“ nannte sie diese Fotografien selbst. „Unbeachtete Momente“ lautet der ebenso passende Untertitel der Berliner Bilderschau.

Auch ihre Porträt-Aufnahmen sind bis heute herausragend in diesem Genre, insbesondere die Fotografien der Schweizer Schriftstellerin Annemarie Schwarzenbach. Breslauer attestierte der Schweizerin einst die Androgynenhaftigkeit des „Erzengels Gabriel“ und beschrieb sie in ihren Erinnerungen als „das schönste Lebewesen, dem ich je begegnet bin“. Diese Bewunderung zeigt sich auch in den Aufnahmen von Schwarzenbach, auf denen sie nahezu prototypisch der selbstbewussten und nach Unabhängigkeit strebenden Frau der zwanziger Jahre entspricht (und die in keiner Dokumentation zu Annemarie Schwarzenbach fehlen), zu denen sich auch Marianne Breslauer selbst zählte. Demonstrativ trug sie weder Ohrringe noch Strümpfe oder hohe Absätze. Das Thema jener neugierigen und weltgewandten „Neuen Frau“ mit kurzem Haar und jungmännlichem Flair gehört zu einem ihrer fotografischen Hauptthemen.

Marianne Beslauer machte sich schnell einen Namen und genoss das Ansehen von Fotografen wie Erwin Blumenfeld (der selbst eine der sinnlichsten Aufnahme der jungen Marianne Breslauer machte) oder Martin Munkacsí, begegnete gesellschaftlichen Größen wie Greta Garbo oder Marlene Dietrich und fotografierte u.a. Oskar Kokoschka, Maude Thyssen und Erich Maria Remarque.

Nur knapp zehn Jahre (einschließlich ihrer Ausbildung) hat Marianne Breslauer fotografiert, bevor sie ihren Mann Walter Feilchenfeldt im Exil als Kunsthändlerin unterstützte. Seither fotografierte sie allenfalls noch die eingehenden Kunstgegenstände im Salon Cassirer. Historisch eingeordnet wird Breslauers fotografisches Gesamtwerk im Rahmen der Berliner Ausstellung, indem ihm Aufnahmen von etwa 60 Fotografinnen ihrer Zeit gegenübergestellt werden, darunter Fotografien von Lotte Jacobi und Marta Astfalck-Vietz.

Einen tiefen und persönlichen Einblick in ihr Leben und Schaffen, insbesondere auch nach ihrer Karriere als Fotografin, bieten die Erinnerungen „Bilder eines Lebens“ von Marianne Feilchenfeldt- Breslauer. Die ursprünglich nur für die Familie und engen Freunde gedachten Rückblicke zeigen, wie sie selbst mal latenten, mal offensichtlich mit Antisemitismus konfrontiert war, geben einen Eindruck auf ihr Leben im Exil – als in Europa verfolgte Juden. Sie berichtet darin von Erfolgen und Rückschlägen, als Fotografin, Kunsthändlerin und emanzipierte Frau. Diese Memoiren lesen sich aber insbesondere auch wie das Begleitbuch zur Werkschau der singulären Fotografin und Kunstkennerin Marianne Breslauer, die aktuell in Berlin zu sehen ist.

 

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Kathrin Beer & Christina Feilchenfeldt: Marianne Breslauer.
Fotografien 1927 – 1936
Katalog zur Ausstellung
Nimbus Verlag. Wädenswil 2010
216 Seiten
38 Euro
ISBN: 3907142551

Marianne Feilchenfeldt-Breslauer
Bilder meines Lebens
Erinnerungen
Nimbus Verlag. Wädenswil 2009
224 Seiten
26 Euro
ISBN: 3907142039

* Die Retrospektive ist eine Übernahme von der Fotostiftung Schweiz, die die Schau von Februar bis Mai 2010 in Winterthur zeigte.


 


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