In diesem Jahr steht
Siegfried Kracauers Roman »Ginster« im Mittelpunkt des vom Frankfurter Verleger
Klaus Schöffling initiierten Literaturfestes, das
in seinem nunmehr vierten
Jahr eine überaus positive Nebenwirkung
haben wird:
Siegfried Kracauer wird einmal mehr wiederentdeckt und von vielen
Zeitgenossen gelesen, die sich bis dato kaum oder gar nicht mit ihm
auseinandergesetzt haben. Es ist zu hoffen, dass es nicht allein bei der
Lektüre von Kracauers erstem Roman bleibt.
Die Möglichkeiten zu weiterer Lektüre bieten zwei ebenso unterhaltsame wie
informative Bücher, die sich mit Kracauers lokaljournalistischen Arbeiten und
seinem Verhältnis zu seiner Heimatstadt befassen.
In
dem von unserem Autor Stefan Geyer herausgegebenen, mit historischen Fotografien
illustrierten, und mit einem Vorwort von Detlev Claussen versehenen Band
»Das bunte Frankfurt«
sind 52 ausgewählte Reportagen und Feuilletons Kracauers versammelt.
Siegfried Kracauer war von 1906 bis 1930 für die Frankfurter Zeitung (FZ), erst
als freier Journalist, später als festes Mitglied der Frankfurter Redaktion
tätig. Seine Reportagen, Essays und Feuilletons zeichnen ein lebendiges Bild
Frankfurts aus jener Zeit und bilden die Grundlage für Kracauers ersten Roman
»Ginster«,
der erstmals anonym im Jahre 1928 erschienen ist.
Siegfried Kracauer, Jahrgang 1889, wuchs in seiner Geburtsstadt Frankfurt am
Main auf. Von besonderer Bedeutung war für ihn das gesellige Haus seines Onkels
Isidor Kracauer, Lehrer am Philanthropin und Autor der »Geschichte der Juden in
Frankfurt am Main 1150–1824«.
Nach dem Studium der Architektur arbeitete Kracauer mehrere Jahre in seinem
wenig geliebten Brotberuf, bevor er als Redakteur bei der »Frankfurter Zeitung«
Fuß fasste und zu einem der wichtigsten Feuilletonisten der zwanziger Jahre
wurde. 1929/30 veröffentlichte er seine bahnbrechende soziologische Studie »Die
Angestellten«.
»Ginster«, Kracauers erster Roman, erschien 1928 zunächst anonym im S. Fischer
Verlag und begründete den literarischen Ruhm seines Autors. 1933 emigrierte
Kracauer mit seiner Frau Elisabeth (Lili) Ehrenreich nach Frankreich, 1941
schließlich nach New York, wo eines seiner meistdiskutierten Werke, »Von
Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films«,
entstand. Er starb 1966.
"Inzwischen
habe ich viele Städte gesehen und mit Frankfurt vergleichen gelernt. Es besitzt
nicht die Unermeßlichkeit, die eine Vorbedingung des Flanierens ist, ich weiß es
genau. Und dennoch bin ich in Frankfurt der Flaneur geblieben, der ich als Knabe
war, und noch immer ist mir die Stadt die alte Knabenstadt."
Mehr darüber ist nachzulesen in dem schönen, kleinen Bändchen »›bin ich in
Frankfurt der Flaneur geblieben ...‹ Siegfried Kracauer und seine Heimatstadt«,
in dem Wolfgang Schopf, Herausgeber des Briefwechsels zwischen Kracauer und
Adorno, von dem großen Autor, Soziologen und Frankfurter erzählt.
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Warum
»Ginster« lesen?
Von Jürgen Nielsen-Sikora
Artikel
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Der Roman ist bereits nach
seinem Erscheinen Ende 1928 eine kleine Sensation. Hermann Kesten bringt die
Gründe auf den Punkt: »Ginster decouvriert, er enthüllt, er deckt auf, sich, die
andern, die hohlen Institutionen, die hohlen Begriffe, die hohlen Redensarten,
die hohlen Konventionen, die an Stelle vernünftiger Erwägungen und vernünftiger
Äußerungen treten.«
Siegfried
Kracauer
Das bunte Frankfurt
Ausgewählte Reportagen und Feuilletons
Herausgegeben von Stefan Geyer
B3 Verlag
224 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
19,90 €
978-3-943758-02-3
Wolfgang Schopf
»bin ich in Frankfurt der Flaneur geblieben ...«
Siegfried Kracauer und seine Heimatstadt
Suhrkamp
48 Seiten mit Abbildungen.
Schutzgebühr € 3,00
ISBN 978-3-518-91515-8
Die
9-bändige und 16 Bücher umfassende
Werkausgabe Kracauers ist in Leinen- und Broschurbänden bei
Suhrkamp erschienen.
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