Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik |
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Kuckst du noch oder siehst du schon? In seinem neuen Roman »Alles was du siehst« läßt Stefan Beuse seine Figuren zwischen Wirklichkeit und Illusion, Raum und Zeit, Rationalität und Absurdem schwanken und zieht seine Leser in die Faszination des Rätselhaften und Ungewissen. Das Schicksal eines Ghostwriters ist es, hinter dem eigenen Text zu verschwinden und jemand anderem den Vortritt zu lassen. Es geht darum, das subjektive Ich beim Schreiben zu tilgen und ein fremdes Ich zum Leuchten, Schillern und Brillieren zu bringen. Eine der Hauptpersonen in Stefan Beuses neuem Roman „Alles was du siehst“ ist Ghostwriter und bekommt den Auftrag, über einen gewissen Aaron Singer zu schreiben. Dieser Aaron Singer (oder vielleicht doch ein anderer?) entflieht in einem parallelen Erzählstrang des Romans gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester dem Familienterror der Eltern. Sie ziehen sich gemeinsam in die Bilderwelt der Malerei zurück, um mit ihrer realen Flucht in diese geradezu einzutauchen. Ein dritter Erzählstrang beschäftigt sich mit den Aktivitäten eines jungen Mannes, der das Leben einer ihm noch unbekannten Frau beobachtet. Was mit einer zufälligen Begegnung beginnt, endet in einer Obsession, die ihm fast das Leben kostet.
Mit diesen drei Handlungen
jongliert Beuse in seinem neuen Roman. Sowohl zeitliche als auch räumliche
Bezüge verschwinden völlig, so das zunächst völlig unklar scheint, ob hier drei
Geschichten oder eine Geschichte aus drei Perspektiven erzählt werden. In Beuses
Roman verschwinden Zeit- und Raumkategorien, die Grenze zwischen Traum und
Wirklichkeit verwischt. In der Manier eines Thomas Morus kreiert er für seine
Handlungsstränge drei moderne Unorte, die Nirvana und Utopia zugleich sind. So ist es schwierig auszudrücken, auf welcher Ebene Beuses Handlungen spielen. Nie ist ganz klar, ob die Handlung gegenwärtig oder vergangen ist, der Leser Zeuge irgendeiner Realität ist oder einer Traumwelt erliegt. Permanent liegt der Leser mit sich und dem Autor im Zweifel, ob das in diesem Buch Aufgeschriebene zu absurd für die Realität ist oder zu real, um als Idiotie abgetan werden zu können. Es ist wie in einem Film von David Lynch; irgendwie scheint alles für sich und dennoch miteinander in Verbindung zu stehen. Die Suche nach dem alles enträtselnden Schlüssel, dem verbindenden Element macht dabei den Thrill dieses Romans aus. Beuse erzählt die drei Handlungsstränge nicht nach dem gewohnten Muster, sondern bricht die Erzählstrukturen – „in Mulholland Drive“-Manier – auf. So wechseln sich schnappschussartig die Szenen der Irrfahrt des anonymen Auftragsschreibers mit Ausschnitten aus dem halbrealen Leben der fliehenden Zwillinge und den Beobachtungen und Reflektionen des der jungen Kasey verfallenen Stalkers. Dabei löst er die Ebenen zwischen Realität und Fiktion, Diesseits und Jenseits, Gegenwart und Zukunft nahezu vollkommen auf, so dass der Titel des Romans zu seinem ureigensten Programm wird, und das gleich in mehrfacher Hinsicht.
Sieht auch der Leser das,
was die Protagonisten sehen? Und sehen die Protagonisten tatsächlich das, was
Sie umgibt oder sind sie von dem eingefangen, was sie zu sehen meinen? Diese
Gedanken spiegeln sich auch in dem Romantitel, als sei er Teil einer an den
Leser gerichteten Frage: „Ist das was du zu sehen meinst, tatsächlich ‚Alles was
du siehst’?“ Beuse lässt dies offen, gibt dem Leser mit seinen sprachlichen
Mitteln aber auch immer wieder Anlass, in die tiefere Ebene des Buches, die
Frage nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit, einzutauchen. „Gedanken kreieren
Wirklichkeit, weder Ort noch Zeit sind real – weshalb es möglich sein muss,
Ereignisse im Nachhinein zu ändern.“ Mit den Gedanken eines Apnoetauchers zieht Stefan Beuse in „Alles was du siehst“ den Leser in eine mysteriöse Schattenwelt, die aufregend und beängstigend zugleich ist. Er animiert den Leser, mit seinen Figuren auf die andere Seite des Lebens zu schauen. Aufgrund der eindringlichen und suggestiven Sprache des Autors kann sich der Leser der Auseinandersetzung mit dem Leben als solchem und seinem im Besonderen kaum entziehen. Man liest dieses Buch, wie man sonst nur einen Film von David Lynch verfolgt – beängstigt fasziniert, bis zum beklemmenden Ende, wenn dem erleichternden Aufatmen die Erkenntnis folgt, dass jede Fiktion aus einer Wirklichkeit entsteht, in der wir uns just befinden. Thomas Hummitzsch
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Stefan Beuse
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