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Archaische
Roheit
Der 1949 beendete Roman ist der letzte von nur vier Romanen, die Stig Dagerman Zeit seines Lebens verfasste. 1954, im Alter von 31 Jahren, nimmt sich Dagerman das Leben. Seine kreative Lebenszeit umfasste nur vier Jahre, vom ersten Roman im Jahr 1945 bis zu „Schwedische Hochzeitsnacht“. Prägend wird eine Reise ins zerstörte Deutschland. Der Band „Deutscher Herbst“ macht den Autor auch international bekannt. Dagermans Beschreibungen aus einem zerstörten Land mit einer demoralisierten, hungernden Bevölkerung sind gekennzeichnet von Mitgefühl, der Kontrast zum vom Krieg unbeschadeten – aber nicht gänzlich unbelasteten – Schweden wird sich auf das Schaffen des jungen Autors auswirken. Nach seiner Deutschlandreise entstehen noch zwei Romane, danach schweigt der Autor, sein Leben endet in einer abgedichteten Garage. Mit „Schwedische Hochzeitsnacht“ führt der Autor den Leser in die Region seiner Kindheit und entwirft ein groteskes Alptraumbild des Lebens in der dörflichen Provinz. Der Mensch erscheint als von seinen Trieben gesteuertes Wesen, Triebe, die sich immer und immer wieder gegen die Vernunft durchsetzen. Verstörend ist die nahezu vollständige Abwesenheit von positiv besetzten Emotionen wie Liebe und Mitgefühl.
Die Handlung
beginnt in der Nacht vor der Hochzeit, ein Fremder klopft an das Fenster von
Hildurs Haus und entschwindet unerkannt. In den Details besitzt der Roman mitunter komische Züge, einzelne Bilder stechen da heraus. Diesbezüglicher Höhepunkt ist der Streit um das Auto, in welchem das Brautpaar zur Hochzeit gefahren werden soll. Auf den Verweis darauf, dass Westlunds Transporter nur über unbequeme Sitze verfüge, lässt Westlund das Sofa auf die Ladefläche tragen. So fährt er dann in aller Lächerlichkeit durch das Dorf. Die Hochzeit selber wird in der Erzählung ausgelassen, die Handlung setzt am Abend wieder ein. Die Hochzeitsgesellschaft hat sich niedergelassen, es wird gegessen und vor allem gesoffen. Das Treiben steuert geradewegs in eine brutale Groteske. Alte Rechnungen werden beglichen und neue aufgemacht, es wird geprügelt, verspottet, gezockt, entjungfert und (beinahe) vergewaltigt. Jeder will jedem, in mehrfachem Sinn, an die Wäsche. Die ganze menschliche Existenz wird bei Dagerman auf archaische Rohheit zurückgeworfen. Auch wenn die Handlung sich auf einige, wenige Kernpunkte konzentriert, die Lektüre ist mehr als fordernd. Der Autor bedient sich äußerst kraftvoller Sprachbilder, setzt dagegen sprachliche Kontraste, die sich im Ungefähren, im Schatten bewegen. Es ist schwierig, der Erzählung zu folgen. Stig Dagerman setzt keinen übergeordneten, ordnenden Erzähler ein. Ständig ändern sich die Perspektiven und die Stimmen der einzelnen Erzählenden wechseln übergangslos. Oft steht der Leser vor der Frage, wer spricht, und nicht immer lässt sich diese Frage beantworten. Der Roman ist durchsetzt mit Leerstellen, die vom Leser gefüllt werden müssen. Einiges entzieht sich dem Verständnis, bleibt in der Schwebe. Die Sprachführung ist hart und kompromisslos, für Sentimentales gibt das Erzählte keinen Raum. Der Roman propagiert den Horror des Alltäglichen, eine, überspitzt dargestellte, Welt, die auch in der vermeintlichen Idylle aus den Fugen gerät. Die wenigen Momente, in denen Mitgefühl und Zuneigung auftauchen, werden als alkoholbedingte Gefühlsduseleien entlarvt und sind bloße Augenblicke ohne Bestand.
Im
bemerkenswerten Vorwort von Per Olov Enquist wird der Bezug zur europäischen
Realität verwiesen. Stig Dagerman schaute in Deutschland auf die „Reste einer
zerbombten europäischen Kultur“. Und seine Prosa musste sich nach dieser
Erfahrung an dieser Realität messen. „Schwedische Hochzeitsnacht“ ist die
Quintessenz, die sich aus dem Erlebten ergab, der Zusammenbruch fragiler Werte,
die vielleicht auch nur Illusion waren.
Am Ende der
Hochzeitsnacht gibt es einen Toten. Es ist der Fremde, der sich in der Scheune
erhängt und der sich vorher als Hildurs früherer Geliebter herausstellt. Hildur
weist ihn endgültig ab. |
Stig Dagerman |
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