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Thomas Bernhard
Eine
kleine Materialsammlung
Man schaut und hört wie gebannt, und weiß doch nie, ob er einen
gerade auf den Arm nimmt, oder es ernst meint mit seinen grandiosen
Monologen über Gott und Welt.
Ja, der Bernhard hatte schon einen
Humor, gelt?
Glanz&Elend -
Die Zeitschrift
Zum 5-jährigen Bestehen
ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000
Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben:
Die menschliche
Komödie
als work in progress
»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des
Menschlichen«
Zu diesem Thema haben
wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás
Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter
Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den
besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt.
Inhalt als PDF-Datei
Dazu erscheint als
Erstveröffentlichung das interaktive Schauspiel »Dein Wille geschehe«
von Christian Suhr & Herbert Debes
Leseprobe
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Edition
Glanz & Elend
Martin Brandes
Herr Wu lacht
Chinesische Geschichten
und der Unsinn des Reisens
Leseprobe
Nachruf
Wie
das Schachspiel seine Unschuld verlor
Zum Tod des ehemaligen Schachweltmeisters Bobby Fischer
»Ich glaube nicht an Psychologie,
ich glaube an gute Züge.«
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Elfriede Jelinek
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Franz Kafka
counterpunch
»We've
got all the right enemies.«
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Der
DNA-Code der Juden
und die verschwundenen Kinder
Leon de Winter kitscht sich durch allzu viele Themen
Von Georg Patzer
Wenn es geht, ziehen sie weg. Wenn
sie nur ein Visum bekommen, nach Russland oder Amerika. Natürlich, es ist ihre
Heimat, und man darf ja auch nicht einfach so kampflos fliehen: „Weggehen ist
Verrat.“ Aber das ist doch auch kein Leben: der Staat ist winzig, eine riesige
Mauer versperrt nicht nur die Einreise, sondern auch die Ausfahrt. An den
Checkpoints wird jeder genau untersucht, anhand der DNA wird überprüft, ob
jemand Jude oder Nichtjude ist, Hubschrauber, „Chicken Wings“ genannt, scannen
alle Personen auf den Straßen. Und trotzdem gibt es immer wieder Überfälle und
Anschläge.
2024: Israel ist auf die Fläche „Groß-Tel-Avivs plus einem Sandkasten“
geschrumpft, Putin hat Tschetschenien, Aserbaidschan und Georgien zerstört, und
Bram Mannheim schlägt sich durchs Leben, indem er als Rettungssanitäter arbeitet
und nebenher mit Ikki entführte Kinder sucht. Wie der Staat Israel ist auch er
der große Verlierer der Geschichte: Mit achtzehn Jahren war er aus den
Niederlanden nach Israel gekommen, um in Tel Aviv zu studieren, später schreibt
er einen Bestseller über die Geschichte des Nahen Ostens und. Als er einen Ruf
nach Princeton bekommt, hat er es geschafft. Mit Rachel und seinem Sohn Ben
zieht er ins Gelobte Land, kauft sich ein großes Haus, das noch renoviert werden
muss, mit viel Land und Bäumen drumherum und fühlt sich mit seinen 33 Jahren
richtig wohl. Kein Krieg, keine lebensbedrohenden Anschläge, keine Sorgen.
Aber dann passiert das Schreckliche: Ben verschwindet. Bram war nur kurz
telefonieren, mit seinem alten Freund Yitzchak, einem engagierten
Friedensapostel und späteren Politiker. Dann plötzlich merkt er, dass die Tür
zum noch unbewohnbaren Teil des Hauses offenstand. Dort war Bennie schon einmal
gewesen und hatte fasziniert in das Loch im Fußboden gestarrt. Aber da war er
nicht. Draußen war er auch nicht, er konnte rufen so viel er wollte. Dafür kam
der kleine Hund der Familie, Hendrikus, verletzt auf ihn zugehumpelt. Bram
durchstöbert das ganze Gelände: nichts. Auch die Polizei findet ihn nicht. Ben
ist und bleibt verschwunden.
Die Ehe zerbricht. Bram flippt aus und durchwandert ganz Amerika, immer auf der
Suche nach seinem Sohn. Er hat sich ein Zahlensystem zurechtgelegt, das ihn zu
ihm führen soll. Die Ziffern 2 und 8 spielen eine Rolle, denn am 22.8. 2008
verschwand Ben. So hebt Bram 80 Dollar ab, möglichst um 8 nach 8 oder um 8 Uhr
28, möglichst am 2. oder 8. des Monats. Er geht die Häuser mit der Nummer 2, 8,
28, 82, 298 und 288 ab,
geht auf Straßen mit ähnlichen Zahlen bis nach Kalifornien. Rettet einmal ein
Kind, wird von einem jüdischen Milliardär aufgenommen, findet schließlich den
Mörder seines Jungen und bringt ihn um.
Jahre später ist Bram, vollgestopft mit Psychopharmaka, wieder in Israel. Mit
einer Prostituierten unterhält er ein loses Verhältnis, seine Frau hat wieder
geheiratet, sein alter Vater, der Naturwissenschaftler und Nobelpreisträger
Hartog Mannheim, ist inzwischen alzheimerkrank und kann nur noch vor sich
hinbrabbeln. Da geschieht wieder ein Anschlag, und einer der Soldaten am
Übergang ist sicher, dass die DNA den Attentäter einwandfrei als Juden erkannt
hat. Und Bram findet heraus, dass die Palästinenser jüdische Kinder entführt
haben, sie zu Selbstmordattentäter ausgebildet, und dass auch sein Sohn dabei
ist.
So krude ist die Geschichte im neuen Roman von Leon de Winter, der wieder einmal
alle Themen bemüht, für die er bekannt ist: die jüdische Identität, das Recht
auf Rückkehr für die Juden, der Schutz der Heimat, Gewalt oder Appeasement. In
einem dicken Wust von Rückblenden erzählt er davon, doziert und erklärt,
diskutiert und verwirft. Nur mühsam wird das Buch durch die verwirrende
Konstruktion zusammengehalten. Aber es leidet vor allem an zwei Problemen: Zum
einen hat de Winter keine Sprache. Da regieren die blutleere Erklärung, der
etwas rechtslastige Beinahrassismus und der vollmundige Kitsch. Wodurch gewinnen
die Feinde? „Die palästinensischen Araber hatten die Juden mit ihren
Gebärmüttern besiegt.“ Bram macht sich Sorgen, er fühlte, „wie eine Woge der
Beunruhigung durch seine Glieder brandet“ und eine Seite später fragt er sich:
„Warum hatte er gewartet, bis ihm die Beunruhigung mit eisernem Griff die Kehle
zudrückte“? So geht es seitenweise, unterbrochen von endlosen langatmigen
Referaten über Israel und den Nahostkonflikt. Da wird das Buch kaum noch lesbar,
die Story versandet über weite Strecken in einer Wüste von Stilblüten und
Langeweile. Außerdem ist es mit seinen allzu vielen Geschichten, die mehrere
schöne Romane ergeben hätten, heillos überfrachtet. Und als Science
fiction-Roman ist es so blass und ungenau, dass es diese Bezeichnung nicht
verdient.
Andererseits gelingen de
Winter auch immer wieder wunderschöne Passagen. Wie er Brams Zahlenwahn
schildert, ist eine grandiose Innenansicht eines verstörten Menschen, und ab und
zu gelingen ihm auch zärtliche Beschreibungen vom Verhältnis zwischen Vater und
Sohn. Aber das ist leider auch alles, und für ein Buch von 550 Seiten ist das
wahrhaftig nicht genug.
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Leon de Winter
Das Recht auf Rückkehr
Roman.
Übersetzt von Hanni Ehlers.
Diogenes Verlag
550 Seiten
22,90 Euro
ISBN 978-3-257-06733-0
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