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Orte der Verletzlichkeit Der erste Band der Werkausgabe von Wolfgang Hilbig enthält die gesammelten Gedichte, darunter mehr als 150 aus dem Nachlass »Gedichte sind für mich die Essenzen literarischer Arbeit« sagte der Büchnerpreisträger Wolfgang Hilbig in einem Interview. Ein Jahr nach seinem Tod erschien im Fischer-Verlag der erste einer auf sieben Bände angelegten Werkausgabe. Es mutet fast schon symbolisch an, dass dieses erste Buch die gesammelte Lyrik enthält, denn mit Gedichten, dem 1979 im Westen publizierten Band »abwesenheit«, begann Hilbigs literarische Karriere. 1941 in Meuselwitz geboren, arbeitete er jahrzehntelang in den Tagebauen rund um Leipzig. Nachts beschrieb der Autodidakt den Dreck und die Zerstörungen an der Landschaft und in den Menschen mit einer ästhetisch vollendeten Sprache: »verloren hatt ich all meine kumpane/ die übern tisch mir bier um bier herüberschoben/ - es nährten andre sich von meinem wahne/ verzückte gaffer die auf ihren thron mich hoben«, heißt es in dem Gedicht »der verlorene beweis«. Interessante Einblicke in Hilbigs Arbeitsweise erhält der Leser immer dann, wenn die Herausgeber Jörg Bong, Jürgen Hosemann und Oliver Vogel verschiedene Versionen der einzelnen Gedichte nebeneinander stellen. In immer neuen Anläufen versuchte Hilbig sich dem anzunähern, was für ihn die adäquate sprachliche Entsprechung seiner noch wortlosen Gedanken war. Deutlich sieht man es daran, dass die einzelnen Versionen kaum ähnliche Verse enthalten. Jede Version ist ein gänzliches neues Gedicht unter einem thematisch gleichen Titel.
Unter den nachgelassenen
Gedichten befindet sich ein vollständiges Manuskript, datiert auf das Jahr 1964,
das von der Stasi beschlagnahmt worden war und erst nach 1989 Hilbig wieder
zugestellt wurde. Was diesen Fund so bemerkenswert macht, ist die Tatsache, dass
Hilbig nach eigenen Angaben alle vor 1965 entstandenen Texte verbrannte. So
wurde die Stasi unfreiwillig zum Bewahrer eines literarischen Zeugnisses, an dem
sich ablesen lässt, wie schwer ein junger Dichter um die eigene Sprache kämpfte.
Heraus kam eine hochpoetische Dichtung, die für Hilbig existenziell wurde. Er
lebte, um zu schreiben. Kaum ein anderer Autor hat das eigene Leben so radikal
in Literatur umgesetzt, wie Hilbig. Das gibt seinen Texten die ihnen so
eigentümliche Authentizität, das macht sie aber auch zu Orten der
Verletzlichkeit, wie Uwe Kolbe im Nachwort schreibt. In jedem Gedicht, jedem
Vers gab Hilbig etwas von sich selbst preis. Karen Lohse |
Herausgeber:
Jörg
Bong,
Jürgen Hosemann,
Oliver Vogel |
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