Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik


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Die menschliche Komödie
als work in progress


Zum 5-jährigen Bestehen ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten erschienen, die es in sich haben.

 

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Balzacs Vorrede zur Menschlichen Komödie
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Thomas Bernhard

Eine kleine Materialsammlung
Man schaut und hört wie gebannt, und weiß doch nie, ob er einen gerade auf den Arm nimmt, oder es ernst meint mit seinen grandiosen Monologen über Gott und Welt.
Ja, der Bernhard hatte schon einen Humor, gelt?


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Die Fluchtbewegungen des Bob Dylan

»Oh my name it is nothin'/ My age it means less/ The country I come from/ Is called the Midwest.«
Ulrich Breth über die Metamorphosen des großen Rätselhaften mit 7 Songs aus der Tube

Glanz&Elend - Die Zeitschrift
Zum 5-jährigen Bestehen ist ein großformatiger Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren mit 176 Seiten, die es in sich haben:

Die menschliche Komödie als work in progress

»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
Zu diesem Thema haben wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt. Inhalt als PDF-Datei
Dazu erscheint als Erstveröffentlichung das interaktive Schauspiel »Dein Wille geschehe« von Christian Suhr & Herbert Debes
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Martin Brandes

Herr Wu lacht
Chinesische Geschichten
und der Unsinn des Reisens

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Keine Maus in der Falle

Sigrid Lüdke-Haertel über Helmut Kraussers hinreißenden Episoden-Roman »Einsamkeit und Sex und Mitleid«

Wie der Titel sagt, genau darum geht es: Einsamkeit und Sex und Freiheit. Daniel Kehlmann hat völlig zu Recht moniert, daß dieses Buch auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2009 fehlt. Helmut Krausser, 1964 geboren, mag ein Vielschreiber sein. Ich schätze ihn auf zwanzig Bücher. Er gilt aber auch als guter Schachspieler. Das merkt man.
 
Niemand möchte am Heiligen Abend alleine in einer Spelunke herumhängen, in so einer »Sammelstelle für melancholische Einzelgänger«. Auch Vincent nicht. Sich zu besaufen, dazu hatte er keine Lust. So trottet er wieder heim. Außerdem konnten sich ja später am Abend noch Kundinnen melden, »meist zeigten die sich dann über die Maßen spendabel«.
Vincent arbeitet nämlich als Callboy. Die Tür zu seiner Wohnung schloß er nie ab, »er litt unter der Phobie, seine Schlüssel zu verlieren.« Zu Hause angekommen, zog er sich nackt aus, ließ Wasser in die Badewanne einlaufen und ging in die Küche, um noch eine Zigarette zu rauchen. Aber seine Zigaretten waren weg, auch die aus dem Sakko. Ihn beschlich ein mulmiges Gefühl. Er »trat auf den halbdunklen Flur, sah nach links, sah nach rechts« – und wurde schließlich von zwei Fäusten zu Boden gestoßen. Er krallte sich an Haaren fest. Ein Mädchen, neunzehn, zwanzig. Nackt lag er nun auf ihr, fragte sich, was passieren würde, wenn sie schrie, behaupten würde, er wolle sie vergewaltigen. Aber er dachte auch an seine Geldbörse im Schlafzimmer. Das Mädchen stank, »strotzte vor Dreck«. Das Wasser in der Badewanne war eingelaufen.
In der gleichen Kneipe erzählt der zwangspensionierte Lateinlehrer Ekki der dicken schwarzen Kellnerin Minnie schaurig-schöne Geschichten von den alten Römern. Das Pärchen Julia, Unternehmerin und Uwe, Marktleiter, kochten Weihnachten gerne zusammen, aber nur um die Stunden, die sie als »dunkel und leblos empfanden, schneller herumzubringen«. In diesem Jahr hat sich Julia für Uwe eine echte Überraschung ausgedacht, nach dem Essen verkündet sie ihm: »Wir müssen uns trennen.« Fassungslos fragt er: »Was?«. Sie antwortet ihm, »ohne sichtliche Erregung«: »Trennen. Wir. Uns.«
Es sind, wie man sieht, kurze, oft fast nur skizzierte Geschichten, lakonisch erzählt, witzig, verrückt, grotesk und doch immer dicht dran an unserer Gegenwart. Und, das ist der eigentliche Clou und macht den »Roman« aus, alle diese Episoden sind ebenso kompliziert wie zwanglos ineinander verschränkt. Krausser fährt eine Menge Personal auf, quer durch alle Altersgruppen und Schichten, die sich da und dort, ebenso zufällig wie selbstverständlich treffen. Zum Beispiel Dr. Stern. Dem werden im Zug die Sneakers geklaut. Seine Geliebte holt ihn mit neuen Schuhen ab. Neben ihnen, auf einer Bank, sitzt ein junger Türke und spuckt auf den Boden. »Mir mißfällt, wenn Sie hier ein Spuckpfützchen machen,... in das später Menschen nichts ahnend hineintreten.« Der Türke reagiert, wie erwartet: »Was willste, Alder? Willste Ärger? Oder was?« Freundin Carla setzt noch eins drauf: »Laß den Kleinen doch in Ruhe! Der ist ja so süß... die jungen Schwulen müssen das machen«. »Hey, sachma, spinnt die? Fickst Du die nicht richtig?... Sach der Fotze, daß sie sich entschuldigen tut...« Dr. Stern: »Um sich entschuldigen tun zu müssen, täten wir mehr Grund haben wollen.« Pech für den Türken, denn als der zuschlagen will, gibt ihm Carla, eine Kickbox-Vize-Landesmeisterin, einen ordentlichen Schlag auf die Nase. Da freut sich auch der Leser.
Am meisten freut sich er sich aber, wenn Sventja, das fünfzehnjährige Mädchen, mit dem Handy aller Welt, auch den Tischnachbarn im Café, verkündet, daß sie sich das ungewöhnlich deutliche Angebot eines Arabers überlegen will. Die Leute, ebenso neugierig wie pikiert, sehen krampfhaft zur Seite und hören doch angestrengt zu, was der offenbar hemmungslose junge Mann von dem Mädchen will.
Kurz gesagt: irre Geschichten, keine Hymne, über Einsamkeit und Sex und Mitleid und über die Verhältnisse, in denen wir – und zwar alle – leben. 
Sigrid Lüdke-Haertel


 

Helmut Krausser
Einsamkeit und Sex und Mitleid
Roman
DuMont Verlag, Köln 2009
223 Seiten
19.95 €


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