Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik |
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Radikale Schreibversuche
Mit
seinem NS-Roman »Die Wohlgesinnten« spaltete Jonathan Littell weltweit die
Literaturkritik. Nun erschien bei Matthes & Seitz Berlin der kleine Band
»Ein Sonntag im Sommer«
mit vier
frühen Erzählungen des Franzosen. Kaum ein Roman hat Kritiker und Feuilletonisten in den vergangenen Jahren derart auseinandergetrieben, wie Jonathan Littells fiktiver Memoirenroman des SS-Obersturmbannführers Dr. Maximilian Aue. Um Sprache und Dichtung ging es kaum mehr, eher darum, was Literatur kann, darf und muss bzw. können darf und können muss. Das Ganze ebenso verwunderlich wie folgerichtig, denn als Leser des Romans hatte man die Aufzeichnungen eines Täter über sein Fühlen und Nicht-Fühlen angesichts des millionenfachen Todes, der ihn umgab, in den Händen, und Max Aue ließ keine nationalsozialistische Höllenfahrt aus. Für die einen war Littell aufgrund dieses Romans das weiße Kaninchen im schwarzen Hut, da er endlich eine andere Perspektive der Betrachtung des Grauens möglich machte. Für die anderen war er hingegen das schwarze Kaninchen im weißen Hut, der Nestbeschmutzer, der Ideologe, der sich in die Höhle des Löwen begibt und aus dieser mit der Sicherheit des Seelenverwandten amüsiert die Grauen des Raubtiers beschreibt. Bei der ganzen Diskussion ist völlig aus den Augen geraten, dass der junge Franzose (seit 2007 hat er die Staatsbürgerschaft) auch schon vor seinem preisgekrönten Werk als Schriftsteller tätig war. Dies beweist jetzt der kleine Band »Ein Sonntag im Sommer« aus dem Hause Matthes & Seitz. Vier Geschichten werden darin erzählt. Im französischen Original trägt das Buch übrigens den vielsagenden Titel »Études«. Aha, denkt der Leser, Übungen also, und schlägt zögerlich die Seite um. Nicht völlig zu Unrecht, denn auch diese vier Erzählungen stehen im Schatten der »Wohlgesinnten«, den der Roman offensichtlich nicht nur nach vorne, sondern offensichtlich auch nach hinten wirft. Die Sprache ähnelt der aus dem Wahnsinnswerk bekannten. Sie ist mit leichter Hand notiert, scheinbar banal, dabei nicht seicht, syntaktisch verwinkelt, Ketten von Wortgruppen ohne Punkt und Komma, dazu semantisch mehrdeutig, oft wie direkt auf das Papier übertragene Gedanken. Aber zugleich intensiv und ernsthaft, von der Oberfläche in die Tiefe dringend. Diese Erzählungen sind privat, übertragen zum Teil seine Erinnerungen an seine Zeit als Zivilhelfer in Krisengebieten wie Tschetschenien, Bosnien und Afghanistan. Sie berichten von einer unausweichlichen Einsamkeit angesichts von Not und Elend und den Auswirkung auf körperlich-seelische Zustände. Am eindringlichsten ist die letzte der vier Erzählungen mit dem Titel »Vollendete Tatsachen«. Es ist die Geschichte eines Paares und den Möglichkeiten eines Lebens angesichts einer ungeplanten Schwangerschaft. Obwohl es um die existenzielle Frage von Schwangerschaft und Abbruch sowie den daraus hervorgehenden Konsequenzen geht, bleibt Littells Sprache distanziert sachlich, geradezu gefühllos. So kann er dem werdenden Leben nicht einmal die simplen vier Buchstaben lassen, um es Kind nennen zu können. Nein, bei Littell ist es einfach nur das »Andere«. Vier Lösungen für »die Sache« legt er seinem Protagonisten zurecht, sodass dieser seiner Partnerin schließlich zwei in Aussicht stellen kann. Und um nicht einmal mehr die Inhalte und Bedeutungen dieser vier Möglichkeiten zu benennen, lässt er seinen Protagonisten nur noch von Lösung 1 bis 4 sprechen. Dabei bettet Littell ein Wirrwarr an Gedanken in unendlich aneinander gereihte, freistehende Wortgruppen und hetzt ohne Punkt und Komme von einer Möglichkeit zur nächsten Potenzialität. Nur nicht innehalten! Nur nicht zur Ruhe kommen!
Bei allem Hin und Her, am
Ende bleibt nur die Frage, ob das Kind eine Chance bekommt (»Lösung 4: er mit
ihr und mit dem Anderen« bzw. die »Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht
nass-Lösung«) oder ob Er Sie davon überzeugen kann, abzutreiben
(»Lösung 2: er mit ihr und ohne das Andere«). Darauf läuft alles hinaus. Und was
sagt die anonyme, werdende Mutter?
Konsequent, rigoros,
fundamental. Vielleicht sollte man solche Literatur Radikalliteratur
nennen, denn radikal ist sie, in jeglichem Sinn! |
Jonathan Littell |
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