Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik




Die menschliche Komödie
als work in progress


Zum 5-jährigen Bestehen ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben.

 

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Die Fluchtbewegungen des Bob Dylan

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Ulrich Breth über die Metamorphosen des großen Rätselhaften mit 7 Songs aus der Tube

Glanz&Elend - Die Zeitschrift
Zum 5-jährigen Bestehen ist ein großformatiger Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren mit 176 Seiten, die es in sich haben:

Die menschliche Komödie als work in progress

»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
Zu diesem Thema haben wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt. Inhalt als PDF-Datei
Dazu erscheint als Erstveröffentlichung das interaktive Schauspiel »Dein Wille geschehe« von Christian Suhr & Herbert Debes
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Judith Wenk über den neuen Roman von Olivier Adam »Nichts was uns schützt« 

»Das hier ist nichts für gelangweilte Hausfrauen!«
Misstrauen statt Dank schlägt Marie entgegen, als sie aus einem Impuls heraus beginnt, bei der Essensausgabe für illegale Immigranten zu helfen. Und ist sie nicht eine
»gelangweilte Hausfrau«? Ja und Nein. Sie ist eine zutiefst deprimierte Frau, eine die nicht nur ihren Job als Kassiererin verloren hat. Sondern auch den Sinn im Leben, so einfach ist das und so schwer.
Wie ein Mensch ohne Haut ist Marie - Erinnerungen an eine Jugend voller Spaß peitschen ihr ins Gehirn, wie der Regen an die Frontscheibe der Familienkutsche. Die Wahrnehmungen strömen in metaphernloser und unverrätselter Sprache. Worte jagen dahin und formulieren einen Schmerz, vor dem Marie sich nicht schützen kann. In diesen wilden Jugendjahren nämlich kam ihre Schwester ums Leben, bei einer nächtlichen Autofahrt, nach dem Feiern.
Das Motiv ist aus anderen Texten Olivier Adams bekannt: In seinem Roman „Klippen“ (2008 in Deutschland erschienen), leidet der Ich-Erzähler Olivier unter einem ähnlichen Trauma: Seine Mutter stürzt sich in den Tod.

So sehen Verluste aus, die unheilbare Wunden reißen, wie bei Marie der Unfalltod der Schwester. Vergeblich versucht sie, sich mit einem Ehemann und Kindern, eben mit Normalität, zu heilen. Auf Pump lebt die Familie, wie alle um sie herum, mit Krediten bis zum Abwinken für das Häuschen, das Auto und ein bisschen illusionärer Geborgenheit.
Die illegalen Einwanderer, die die Gegend durchstreifen, sind für sie zunächst nichts als schemenhafte Gestalten.
Adam kennt das Milieu, kennt seine Menschen und ihre heimlichen Sehnsüchte. Er verrät sie nicht. Marie will leben - heimlich schmeißt sie ihre Antidepressiva in den Ausguss.
Man sagt, dass Depressive die Wirklichkeit deutlicher erkennen als Optimisten, die jedem Unglück noch eine Chance abgewinnen. Adam selbst äußerte einmal in einem Interview, er schaffe Figuren, die noch sensibel seien wie Jugendliche, die sich noch keinen schützenden Panzer zugelegt hätten.

Als ihr in einem finsteren Sturm einer der Flüchtlinge den kaputten Reifen wechselt, nimmt Marie wahr, wovor die meisten sich verschließen: Dass es sich bei den Fremden um Menschen wie sie selbst handelt. Mütter, Kinder, Jugendliche, Männer – alle auf der Flucht und in ständiger Angst vor der Polizei. Vogelfreie, die nachts aus ihren Unterschlüpfen geprügelt werden.

Damit weist Adam auf ein tragisches Phänomen hin: Jährlich fliehen ungefähr eine halbe Million Menschen über die Grenzen der Europäischen Union. Sie kommen aus aller Welt, auf der Flucht vor Hunger und Folter. Viele verlieren beim Bootstrip übers Mittelmeer ihr Leben und fast jeder zahlt den Schleppern ein Vermögen.
Wir Europäer bemerken sie höchstens am Rande, wenn wir sie überhaupt bemerken.
Da braucht es schon die Empfindsamkeit einer Verzweifelten, die Adam in der Hausfrau und Mutter Marie geschaffen hat.
Ohne zu zögern stürzt Marie sich in die Hilfsaktionen für die Illegalen und überlässt ihre Familie sich selbst. Sie handelt sich Verachtung, ja sogar Mobbing und und soziale Ausgrenzung ein. Doch zugleich erlebt Marie zum ersten Mal seit langem wieder Stunden voller Freude, wenn sie mit den Flüchtlingen gemeinsam isst und feiert. Es ist ein prekäres Glück, das am Ende von der Staatsgewalt zerstört wird. Trotzdem: Marie plündert auch dann noch das Familienkonto, als es längst zu spät ist. Am Ende steht die Katastrophe, die Marie zu einer gebrochenen Heldin macht. Und doch bleibt die Frage: Hat es sich nicht gelohnt?
Adam schreibt direkt aus der sozialen Gegenwart, ihm liegen die Gebrochenen am Herzen: Die einen, die in Sinnlosigkeit und Schulden versinken und die anderen, die täglich an den europäischen Küsten anlanden. In schwächlichen Booten, neben sich die Verstorbenen. Die entweder abgeschoben werden oder als „sans Papiers“, als illegale, rechtlose Arbeiter enden.
Olivier Adam erlebte das Flüchtlingselend, als er bei einem Schreibseminar in Calais sah, welche Folgen die Schließung eines Auffanglagers hatte. Der Schluss seiner Erzählung ist nicht geeignet, Optimismus zu verbreiten. Vielmehr entsteht vor den Augen des Lesers eine wütende, mitreißende Anklage.

Der Autor:
Olivier Adam wurde 1974 in einem Pariser Vorort geboren. Heute lebt er mit seiner Familie in der Bretagne und gilt als die gegenwärtige literarische Neuentdeckung in Frankreich. Drei Romane, zwei Kinderbücher und zwei Drehbücher hat er bisher geschrieben. Sein erster Roman „Je vais bien, ne t´en fais pas“ (Keine Sorge, mir geht’s gut“) sowie „Poids léger“ (Leichtgewicht) wurden verfilmt, sein Erzählband „Passer l’hiver“ wurde mit dem „Prix Goncourt de la nouvelle“ ausgezeichnet.

 

Olivier Adam  
Nichts was uns schützt
Roman
Aus dem Französischen von Oliver Ilan Schulz
Klett-Cotta
208 Seiten
19.90 €
ISBN 978-3-608-93606-3

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