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Chomsky für Katalogleser |
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Noam Chomsky, Professor Emeritus für Linguistik am MIT (Cambridge), gilt als einer der einflussreichsten Intellektuellen der Vereinigten Staaten. Seine sprach- und kognitionswissenschaftlichen Arbeiten, die in viele andere Disziplinen hineinwirken, sind revolutionär und trotz zahlreicher Kritiken weltweit anerkannt. Auch in Deutschland ist das Interesse an Chomsky groß. Als er im Jahre 2011 die Albertus-Magnus-Professur an der Universität zu Köln innehatte, war der Andrang so enorm, dass seine Vorlesung per Video in zusätzliche Hörsäle übertragen wurde. Seit Jahrzehnten engagiert sich Chomsky auch politisch und ist zu einem der wichtigsten Kritiker US-amerikanischer Politik avanciert. Es ist angesichts der Verdienste, die sich Chomsky in der akademischen Welt erworben hat, umso bedauerlicher, dass er sich zu einem solchen Machwerk wie dem „Requiem“ hat hinreißen lassen. Mag er seine Beweggründe für das Buch gehabt haben, so ist es doch an Allgemeinplätzen und Trivialitäten kaum zu überbieten. Stellenweise seicht und ungenau, nachlässig in der Behandlung seiner Themen, schafft es Chomsky auf keiner einzigen Buchseite, seiner Kritik Tiefe zu verleihen. Es sind die immer gleichen und altbekannten Vorwürfe gegen eine wirtschaftliche Elite, die die Demokratie zerstöre, um sich den eigenen Vorteil zu sichern. Unterstützt von Lobbygruppen und Teilen des politischen Establishments sorge diese finanzkräftige Minderheit für die endgültige Spaltung der Gesellschaft und bedrohe durch ihr Handeln nicht nur die Zukunft Amerikas. Konstruktive Kritik am Kapitalismus und seinen Auswüchsen, an den Folgen und Nebenfolgen rein marktorientierten Handelns sowie an der Globalisierung mit ihren zahlreichen Fehlentwicklungen ist ohne Zweifel wichtig und richtig. Chomsky sollte aber nicht dem Glauben verfallen, allein mit ein paar abgeschmackten Phrasen, die jeder am Thema Interessierte bereits x-mal im Feuilleton gelesen hat, wäre es bereits getan. Im Gegenteil: Es wäre vonnöten gewesen, jeden einzelnen Punkt, auf den er eingeht, einer systematischen Analyse zu unterziehen, statt auf ein paar Seiten ohne Verstand lediglich das zu wiederholen, was ich als Leser in Sekunden bei einer Google-Anfrage zu dem Stichwort finde. Eine strukturierte, reflektierte, ja gebildete Auseinandersetzung sieht anders aus. Seinem intellektuellen Anspruch wird dies in keiner Weise gerecht. Im
Grunde lohnt weder die Lektüre noch eine allzu ausführliche Kritik des Requiems,
das den zehn Prinzipien der Konzentration von Macht und Reichtum auf den Grund
gehen möchte. Auch erschließt sich dem Leser nicht, warum auf zahlreichen grün
gefärbten Seiten ausgiebig die Quellen zitiert werden, die Chomsky
offensichtlich genutzt hat. Nicht nur, dass vieles davon ebenfalls aus dem
Internet gezogen wurde – man fühlt sich geradezu bevormundet, weil Autor,
Herausgeber und Verlag wohl davon ausgehen, dass man anders nicht imstande ist,
den Haupttext zu verstehen. Oder geht es bloß darum, einem dünnen Inhalt ein
paar bunte Seiten hinzuzufügen? – Das ist Chomsky für Katalogleser. |
Noam
Chomsky |
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