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Eine alliierte Luftlandung aus der
Maulwurfsperspektive
Von Klaus-Jürgen Bremm |
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Es scheint ein Tribut der Militärhistoriker an den Zeitgeist zu sein, wenn in neueren Büchern über Schlachten und Feldzüge der Feldherrnhügel regelmäßig verwaist zurückbleibt. Heutige Leser möchten, wenn sie überhaupt noch zu einem militärgeschichtlichen Buch greifen, nicht mehr mit dem Handwerkszeug der Taktiker und Operateure gelangweilt werden. Viel lieber liest man von den kleinlichen Rivalitäten und Eitelkeiten der Generale oder den Ängsten und sonstigen Befindlichkeiten der einfachen Soldaten und Zivilisten, von ihren Leiden und Sterben, als ob es dies nicht in jeder Epoche und in jeder Schlacht zuvor auch schon gegeben hätte. Der britische Autor Antony Beevor, der bisher mit etlichen Studien über Schlüsselereignisse des Zweiten Weltkrieges in Erscheinung getreten ist und sich schließlich sogar an eine Gesamtdarstellung dieser globalen Auseinandersetzung gewagt hat, bedient das Bedürfnis nach Schlachtenbeschreibungen aus der Maulwurfsperspektive mit routinierter Perfektion. Der
Nachteil seiner Methode liegt auf der Hand. Wer sich Seite um Seite durch
Beevors Anekdoten und Anekdötchen arbeitet, erhält nicht unbedingt einen
Gesamtüberblick, wohl aber erfährt er, dass etwa General Frederik (Boy) Browning
ein Exzentriker war, der sich von seinen Soldaten jede Nacht eine grabähnliche
Grube für sein Feldbett schaufeln ließ oder dass General James Gavin eine Affäre
mit Marlene Dietrich hatte. Der Kommandeur der Irish Guards, General Joe
Vandeleur, wiederum verbrachte den ersten Angriffstag, an dem seine Panzer vor
den deutschen Stellungen fest hingen, mit Champagner und einer jungen
amerikanischen Kriegskorrespondentin in einem Swimmingpool. Ob sie einen
Badeanzug dabei hatte, erfahren wir allerdings nicht. Gewiss besteht Beevors
Darstellung nicht nur aus derartigen Geschichtchen, er bringt natürlich auch die
harten Fakten, also Operationspläne, Verbände und Gefechtsschilderungen,
allerdings weit über den gesamten Text verstreut. Auch 75 Jahre nach Kriegsende vermag der 1946 geborene Brite seine Abneigung gegen die Deutschen kaum zu verbergen. Die Soldaten der Wehrmacht und Waffen-SS bewegen sich wie Tölpel auf dem Gefechtsfeld, werden regelmäßig überrascht, laufen ahnungslos in Hinterhalte und selbst deutsche Maschinengewehrstellungen werden mit spielerischer Leichtigkeit von den Alliierten ausgeschaltet. Ausgerechnet dem General der Waffen-SS Wilhelm Bittrich begegnet Beevor mit einer gewissen Sympathie und lobt verschiedentlich dessen besonnene Führung. Dass die Brücke von Arnheim unbewacht in die Hände der Briten fiel und damit der Waffen-SS zeitweise der Weg nach Nimwegen blockiert war, lastet ihm Beevor nicht an. An der zotigen Sprache seiner anglo-amerikanischen Protagonisten hat der Autor sichtlich Gefallen und verfängt sich sogar selbst darin, wenn er etwa über amerikanische Fallschirmjäger, welche die bereits kapitulierende Besatzung einer Vierlingsflak in Stücke schoss, verharmlosend schreibt: Amerikanische Paratrooper waren nicht nett zu Deutschen. Über Hitlers Entschluss, eine Großoffensive in den Ardennen zu beginnen, meint Beevor salopp, das habe sich der Diktator in seinem Medikamentenrausch zusammen geträumt. Der Autor eines Gesamtwerkes über den Weltkrieg, der es eigentlich besser weiß, sollte auf derartige Einlassungen verzichten. Die Genese der „Wacht am Rhein“ reicht bis in die Normandiekämpfe zurück und Hitler verband mit dieser Idee, bei aller berechtigten Kritik an seinem Feldherrntum, ein plausibles strategisches Argument. Dies nur am Rande.
Insgesamt liefert Beevor einen guten und unterhaltsamen Tatsachenroman über die
Schlacht von Arnheim. Als Nachschlagewerk, das neue Quellen und aktuelle
Forschungsergebnisse einbezieht, kann man es jedoch nicht benutzen. |
Antony Beevor |
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