Kleine
Texte, große Literatur
»Wir müssen verstehen, wie wir wurden, wer wir sind. Und was wir wieder
verlieren können. Als sich unser Bewusstsein entwickelte, sprach ja nichts
dafür, dass wir einmal nach anderen Prinzipien handeln würden, als unsere
Vorfahren. Aber wir gaben uns selbst Gesetze, wir erschufen eine Ethik, die
nicht den Stärkeren bevorzugt, sondern den Schwächeren schützt. Das ist es, was
uns im höchsten Sinn menschlich macht: die Achtung vor unserem Nebenmenschen.«
Ferdinand von Schirachs neues Buch »Kaffee und Zigaretten« verwebt
autobiographische Erzählungen, Aperçus, Notizen und Beobachtungen zu einem
erzählerischen Ganzen, in dem sich Privates und Allgemeines berühren, verzahnen
und wechselseitig spiegeln. Es geht um prägende Erlebnisse und Begegnungen des
Erzählers, um flüchtige Momente des Glücks, um Einsamkeit und Melancholie, um
Entwurzelung und die Sehnsucht nach Heimat, um Kunst und Gesellschaft ebenso wie
um die großen Lebensthemen Ferdinand von Schirachs, um merkwürdige Rechtsfälle
und Begebenheiten, um die Idee des Rechts und die Würde des Menschen, um die
Errungenschaften und das Erbe der Aufklärung, das es zu bewahren gilt, und um
das, was den Menschen erst eigentlich zum Menschen macht.
Ferdinand von Schirach -
Kaffee und Zigaretten - Luchterhand -192 Seiten - 20,00 € -
978-3-630-87610-8 -
Leseprobe
Die
magische Jahre von Paris
Dieses Buch ist eine grandiose Zeitreise in das Paris zwischen 1940 und 1950.
Dort trafen sich die
kreativsten Köpfe, die originellsten Stimmen und die leidenschaftlichsten
Selbstdarsteller ihrer Generation. Sie brachen mit dem kapitalistischen System
und errichteten eine antibürgerliche Gegenwelt. Bei Absinth, Pastis und
Ersatzkaffee mit Sacharin fragten sie sich im Café de Flore: Wer bin ich? Wie
können wir überleben? Wie wollen wir leben? Jetzt, heute, morgen, überhaupt. Mit
Charme Esprit erzählt Agnès Poirier von den
menschlichen Dramen, die die Entstehung großer Werke der Kunst und Literatur
begleiteten: In dem magischen Jahrzehnt zwischen 1940 und 1950 wagten es de
Beauvoir, Sartre, Giacometti, Picasso, Beckett, Koestler u.v.a., radikal anders
zu denken, zu handeln, zu leben.
Was sie damals intellektuell und künstlerisch entfalteten, prägt noch heute
unser Denken und unsere Lebensweise und beeinflusst uns bis in die Art, wie wir
uns kleiden und uns geben. Agnès Poirier entführt uns mitten hinein in eine
Stadt mit all ihren Leidenschaften, menschlichen Tragödien und künstlerischen
Triumphen.
Agnès Poirier - An den Ufern der Seine -
Die magischen Jahre von Paris 1940–50 - Aus dem Englischen von Monika Köpfer -
Klett-Cotta - 508 Seiten - 25,00 € - 978-3-608-96401-1 -
Leseprobe
Auf
der Suche nach Liebe
Mit großen Augen kommt der indische Student Kailash 1990 nach New York. Er
passt sich mühelos an, will sich einfügen – mehr noch, er will glänzen. Voller
Ironie und Selbstzweifel erzählt er von seinen Jahren auf dem Campus, von den
Frauen, in die er sich verliebt, die sich jedoch ziemlich rasch wieder entlieben.
Amitava Kumar entwirft das Porträt von einem, der zwischen den Kulturen steht –
und sich dabei nichts sehnlicher wünscht, als flachgelegt zu werden. Ein
vielschichtiger Einwandererroman, intelligent gepatched aus Text und Bild,
Erzählung und Essay, Anekdote und Anmerkung.
Amitava Kumar - Am
Beispiel des Affen -
übersetzt aus dem
Englischen von Nikolaus Stingl – Hanser - 320 Seiten - 23,00 € -
978-3-446-26172-3
-
Leseprobe
Das
Leben des Vaters
Zwei Stunden intensive Leseerfahrung garantiert. Der Vater stirbt, und Annie Ernaux nimmt das zum Anlass, sein Leben zu erzählen: Um die Jahrhundertwende
geboren, musste er früh von der Schule abgehen, war zunächst Bauer, dann, bis
zum Todesjahr 1967, Besitzer eines kleinen Lebensmittelladens in der Normandie,
die körperliche Arbeit ließ ihn hart werden gegen seine Familie. Das Leben des
Vaters ist auch die Geschichte vom gesellschaftlichen Aufstieg der Eltern und
der gleichzeitigen Angst, wieder in die Unterschicht abzurutschen, von der
Gefahr, nicht zu bestehen. Dass seine Tochter eine höhere Schule besucht, macht
ihn stolz, trotzdem entfernen sich beide voneinander. Und so ist die Erzählung
der Tochter auch die eines Verrats: An ihren Eltern, einfachen Menschen, und dem
Milieu, in dem sie aufgewachsen ist – gespalten zwischen Zuneigung und Scham,
zwischen Zugehörigkeit und Entfremdung.
Annie Ernaux - Der Platz - Aus dem
Französischen von Sonja Finck - Bibliothek Suhrkamp 1509 - 94 Seiten - 18,00 €
- 978-3-518-22509-7
-
Leseprobe
Babitz
erzählt von Hollywood
Journalistin, Partygirl, Künstlerin, Muse: Bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr
hatte Eve Babitz bereits jede dieser Rollen inne. Schon als Kind war sie Teil
der kulturellen Bohème Kaliforniens. Zu erster Berühmtheit gelangte sie als
nackte Schönheit am Schachtisch mit Marcel Duchamps und als eine von Ed Ruschas
Five 1965 Girlfriends. In ihrem ersten Buch versucht Eve Babitz sich als
Schriftstellerin mit eigener Stimme und eigenen Geschichten. Sie erzählt von
Highschool-Schönheiten, tätowierten Chicanas und Rockstars, die ihren Rausch im
Chateau Marmont ausschlafen. In ihren scheinbar beiläufigen Anekdoten verdichten
sich Glamour, Witz und Tragik auf einzigartige Weise. Hier lernen wir die wahre
Schönheit von Los Angeles kennen: Zitrusbäume wiegen sich im Wind, immer bis zum
nächsten Erdbeben.
Eve Babitz - Eve’s Hollywood - Aus dem
Englischen von Tino Hanekamp - Heyne Hardcore - 384 Seiten - 22,00 € -
978-3-453-27180-7 -
Leseprobe
Meine
Mutter, die Spionin
Nach dem Tod der Mutter erhält András Forgách Akten vom Geheimdienst, die sein
Leben auf den Kopf stellen. Sie enthüllen das Lebensgeheimnis seiner Mutter,
einer ungarischen Jüdin, die aus Tel Aviv nach Budapest zurückkehrte, weil sie
Lenin über alles liebte und dem Werben eines Journalisten erlag. Sie lebten in
London, Paris, in Budapest. Stets war sie der Mittelpunkt des turbulenten
Freundeskreises, der Anker der Familie. Und doch hatte sie alle, sogar die
Söhne, bespitzelt und verraten. So steht es in den Akten. Wohin jetzt mit der
Liebe, wo nichts im Leben mehr stimmt? Verrat ist die Signatur des letzten
Jahrhunderts, und selten wurde von ihr mit so viel Empathie und psychologischer
Klugheit, mit Witz und Charme erzählt – die Geschichte einer unmöglichen Liebe
und eines verlorenen Lebens.
András Forgách -
Akte geschlossen - Meine Mutter, die
Spionin - Roman - Übersetzt von Terézia Mora - S. Fischer - 352 Seiten - 24,00 €
- 978-3-10-397272-6 -
Leseprobe
Tour
de force durch Trumpland
Nach dem Wahlsieg von Donald Trump kündigt Phoebe Siegler ihren Job bei einem
Radiosender, weil sie sich mit schuldig fühlt, dass es so weit gekommen ist. Als
sie der Hilferuf ihrer Freundin Rosalyn erreicht, fliegt sie nach Kalifornien,
um deren Tochter Arabella zu finden. Sie landet in einer Stadt am Rande der
Wüste, zu deren merkwürdig zusammengewürfelten Bewohnern auch Charles Heist
gehört, den sie den wilden Detektiv nennt. Ihre gemeinsame Suche führt die
beiden in die gefährliche Gesellschaft der Stämme, die dort ohne Stromversorgung
autonom leben. Während Phoebe und der wilde Detektiv mehr über das verschwundene
Mädchen herausfinden, geraten sie in immer größere Lebensgefahr. All dies in
einer Zeit, in der es wegen Donald Trump und des Todes von Leonard Cohen sowieso
nicht viel zu feiern gibt.
Jonathan Lethem - Der wilde Detektiv
– Roman - Klett-Cotta - Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach -
335 Seiten - 22,00 € - 978-3-608-50385-2
Welt
im Wandel
Was geschieht, wenn das Gleichgewicht aus den Fugen gerät? Dieser Frage widmet
sich Matias Faldbakken in seinem neuen Roman. Den Rahmen bildet ein altmodisches
Restaurant namens The Hills, dessen Ursprünge bis ins 19. Jahrhundert
zurückreichen. Ein Pianist sorgt für ruhige Hintergrundmusik, die Einrichtung
ist klassisch, gediegen. Der Leser wird in ein eigenes Universum eingeführt.
Chef, Koch, Kellner: Die Hierarchien sind klar verteilt. Es herrscht eine
Mischung aus strikten Routinen und hochsensiblen Umgangsformen. All das gerät
ins Wanken, als eine unbekannte Frau ins Lokal kommt. Wer ist die Frau? Was will
sie? Nicht nur der Kellner, sondern auch die Stammgäste geraten in Aufruhr. Ein
intelligentes Lesevergnügen, eine gelungene Groteske.
Matias Faldbakken - The Hills – Roman - Aus dem
Norwegischen von Maximilian Stadler - Heyne Encore - 240 Seiten - 22,00 € -
978-3-453-27190-6 -
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Reminiszenzen
Welch schöne Rahmenerzählungen doch Begräbnisse bieten! Vor allem, wenn es sich
um Schulfreunde aus der verblichenen Kindheit handelt, mit denen man später
nicht mehr viel zu tun haben mochte. So trinkt man schnell noch bei Mama eine
Flasche Wein, ehe sich in der Kirche, bei Gebeten und dem heimlichen Blick auf
einst heiß begehrte Frauen, der Faden in die Vergangenheit abspult. In jene
Zeit, als Franco starb und das Land sich auf einen Schlag veränderte, Lehrer und
andere Autoritäten in der Versenkung verschwanden und endlich alle mitverdienen
konnten an Spaniens Aufstieg zur einträglichen Touristenhölle. Wie Übergänge,
die großen und die kleinen, das Leben und die Zeit verändern, das kann Vicente
Valero wunderbar erzählen.
Vicente Valero –
Übergänge
- Aus dem Spanischen von Peter Kultzen - Berenberg Verlag - 88 Seiten - 22,00 €
- 978-3-946334-53-8 -
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Familiensaga
Die Gesandten Maria Theresias reisen in die Hungergebiete des Schwabenlandes und
locken Urvater Kempf nach "Transsilvanien". Mehr als 150 Jahre später kommen
erneut Gesandte, die die sogenannten Volksdeutschen heim ins Reich holen und für
die Waffen-SS rekrutieren sollen. Der Dichter Georg Kempf wird an die Ostfront
geschickt, desertiert und kehrt nach Kriegsende nach Jugoslawien zurück, weil
ihm die Russen schriftlich attestieren, "für die richtige Sache" gekämpft zu
haben. Georg freundet sich mit der Partisanin Vera an, sie heiraten. Doch die
Geschichte macht es ihnen schwer, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Ein lange
nachhallendes Epos von den Extremen des 20. Jahrhunderts am Schicksal einer
Familie.
Slobodan Šnajder -
Die Reparatur der Welt – Roman -
übersetzt von
Mirjana Wittmann, Klaus Wittmann - Zsolnay Verlag -
544
Seiten - 26,00 € - 978-3-552-05924-5 -
Leseprobe
Woher
ich komme
Ein Buch über den ersten Zufall unserer Biografie. Vom irgendwo geboren werden
und was danach kommt. Heimaten, in der Erinnerung und der Erfindung. Ein Buch
über Sprache, Schwarzarbeit, die Stafette der Jugend und viele Sommer. Den
Sommer, als mein Großvater meiner Großmutter beim Tanzen derart auf den Fuß
trat, dass ich beinahe nie geboren worden wäre. Den Sommer, als ich fast
ertrank. Den Sommer, in dem Angela Merkel die Grenzen öffnen ließ und der dem
Sommer ähnlich war, als ich über viele Grenzen nach Deutschland floh.
In HERKUNFT sprechen die Toten und die Schlangen, und meine Großtante Zagorka
macht sich in die Sowjetunion auf, um Kosmonautin zu werden.
Saša Stanišić – HERKUNFT - 360 Seiten –
Luchterhand - 22,00 € - 978-3-630-87473-9 -
Leseprobe
Philosophischer
Abenteuerroman
Im Frühjahr 1858 verläßt ein Brief verlässt eine kleine Insel in den Molukken.
Sein Ziel ist Südengland, sein Inhalt: ein Aufsatz über den Ursprung der Arten.
Kaum ein Jahr später sorgt die Schrift für Aufsehen und wird bekannt als Theorie
der Evolution. Doch nicht der Verfasser des Briefes, der Artensammler Alfred
Russel Wallace, erntet den Ruhm dafür, sondern sein Empfänger, der Naturforscher
Charles Darwin. Von Wallace bleibt lediglich eine nach ihm benannte Trennlinie
der Arten im Malaiischen Archipel. Einhundertfünfzig Jahre später stößt der
Museumsnachtwächter Albrecht Bromberg auf das Schicksal des vergessenen Wallace.
Er begibt sich auf seine Spuren und je länger er mit Wallace unterwegs ist,
desto mehr zweifelt Bromberg an, ob alles so bleiben muss, wie es ist. Er fasst
einen Plan, der endlich denjenigen ins Licht rücken soll, der bisher im Dunkeln
war, und erkennt: Geschichte wird nicht gemacht, sondern geschrieben.
Mit seinem Debütroman hat Anselm Oelze den Außenseitern der Geschichte ein
literarisches Denkmal gesetzt.
Anselm Oelze – Wallace
– Roman – Schöffling & Co - 264 Seiten. € 22,00 - 978-3-89561-132-2 -
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Geschichtsreportage
Die deutschen Kolonien: dieses Kapitel unserer Geschichte ist beunruhigend
aktuell, wie Bartholomäus Grill zeigt. Und das nicht nur im Bewusstsein der
Afrikaner selbst (etwa der Nachfahren der Herero, die heute Entschädigung für
Gräueltaten der Deutschen fordern). Sondern auch in unseren eigenen Köpfen.
Grill verfolgt akribisch die Spuren der deutschen Fremdherrschaft in Afrika,
China und der Südsee und beschreibt unser rassistische Erbe: Das
Herrenmenschentum prägt nach wie vor unser Denken, die Klischees von den
„bedrohlichen Afrikanern“ oder „hilflosen Entwicklungsländern“ wirken fort,
gerade in Zeiten verstärkter Flucht und Migration.
Bartholomäus
Grill - Wir Herrenmenschen -
Unser
rassistisches Erbe: Eine Reise in die deutsche Kolonialgeschichte - Siedler
Verlag - 304 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen - 24,00 € - 978-3-8275-0110-3
-
Leseprobe
Eine
Bestandsaufnahme
Der
deutsche Widerstand gegen Hitler ist ein Kapitel mit mehr Schatten als Licht.
Millionen Deutsche haben keinen Finger gerührt, als das NS-Regime die Freiheit
beseitigte, Recht brach und zahllose Mitbürger verfolgte und ermordete. Einige
aber wie Georg Elser, Graf Stauffenberg oder die Mitglieder der Weißen Rose
haben ihr Leben riskiert, um den Verbrechen ein Ende zu machen. Wolfgang Benz
entfaltet in seinem Buch das vielschichtige Spektrum
der Opposition gegen Hitler, zerpflückt dabei manche Mythen und bietet eine
Gesamtdarstellung auf dem neuesten Stand der Forschung.
Zwischen Wegducken und Mut zum Handeln schwankte nach 1933
die Haltung jener Deutschen, die keine überzeugten Nazis oder gleichgültige
Mitläufer waren. Einfache Leute brachten sich in Gefahr, weil sie aus Anstand
Unschuldigen Hilfe leisteten, Kommunisten wurden im Untergrund aktiv,
Kirchenleute, Aristokraten oder Intellektuelle verweigerten sich und planten
sogar den Regimewechsel. Aber weit mehr fürchteten um ihre Sicherheit und die
ihrer Familien und ballten deshalb nur die Faust in der Tasche.
In dichten Szenen erzählt Wolfgang Benz von der Wirklichkeit
im NS-Regime und den Motiven und Bedingungen der Opposition in einem
Terrorstaat.
Wolfgang Benz -
Im Widerstand - Größe und Scheitern der Opposition gegen
Hitler - C.H. Beck Verlag - 556 S., mit 39 Abbildungen - 32,00 € -
978-3-406-73345-1 -
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Kriegsgeschichte
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs liegt achtzig Jahre zurück, doch die Folgen
sind bis heute spürbar. Der britische Historiker Andrew Roberts hat Ursachen und
Verlauf des globalen Kriegs neu erzählt.
Andrew Roberts folgt der Frage, warum die Achsenmächte den Krieg verloren:
tatsächlich durch strategische Fehler und aus ideologischer
Verblendung oder wegen der Übermacht der Alliierten? Im Mittelpunkt steht die
Militärgeschichte mit ihren Operationen und Schlachten zu Land, zu Wasser und in
der Luft sowie dem Wettlauf der Rüstungsproduktion und Informationsbeschaffung.
Dabei gelingt es ihm, alle Kriegsschauplätze - in Europa, Afrika und Asien, im
Atlantik und Pazifik - gleichberechtigt darzustellen. Roberts hat zahlreiche
Schlachtfelder besucht, was seiner Darstellung eine mitreißende Anschaulichkeit
verleiht. Er verliert sich nie im Sog der Ereignisse, sondern behält die
großen Zusammenhänge im Auge und wechselt virtuos zwischen den Ebenen: von den
Politikern und Generälen über die Soldaten in Schützengräben und Sandstürmen bis
hin zuden unzähligen Opfern dieses größten Krieges aller Zeiten.
Andrew Roberts - Feuersturm - Eine Geschichte des Zweiten Weltkriegs -
Aus dem Englischen von Werner Roller - C.H. Beck Verlag - 896 S., mit 52
Abbildungen, 22 Karten und 3 Grafiken - 39,95 € - 978-3-406-70052-1 -
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Westfrontromane
Die Westfront des Ersten Weltkriegs gilt als ›Urkatastrophe‹ des 20.
Jahrhunderts. Auch zahlreiche Romanciers erzählen von diesem Fanal einer
unmenschlichen Moderne, unter ihnen Ernst Jünger, Henri Barbusse, Erich Maria
Remarque, Werner Beumelburg und in der Literatur der Gegenwart Christian Kracht.
Ihre Westfront-Romane berichten vom Leid der Soldaten an der Westfront, von den
kaum noch wahrnehmbaren Granaten, Minen und Schrapnells, von der Kameradschaft
und vom ›Erlebnis Krieg‹ der kaum dem Schulalter entwachsenen Protagonisten.
Dennoch verleihen die Soldaten ihrem als sinnlos empfundenen Sterben einen Sinn.
Durch diese »Sinngebung des Sinnlosen« werden der Erste Weltkrieg, die Westfront
und das Erleben der Soldaten in einen geschichtlichen Rahmen gestellt und als
notwendiger Schritt in eine erhoffte Zukunft gedeutet.
Im Buch wird argumentiert, dass sich die Erzählstruktur der untersuchten
Westfront-Romane in ein Narrativ der Erfahrung und in ein Narrativ der Erwartung
auffächert, die Erfahrungsraum und Erwartungshorizont der Frontsoldaten
aufspannen. Das Phänomen der modernen Beschleunigung diktiert die Fronterfahrung,
die Zukunftserwartung hingegen folgt geschichtsphilosophischen Ideen bzw.
politischen Ideologien. Unterscheiden sich die Romane in der Sinndeutung des
Kriegs, so erheben sie alle die Beschleunigungserfahrung an der Front zum
zentralen Topos. Mit der Ausrichtung auf ein geschichtliches telos jedoch
verlieren die untersuchten Romane ästhetische Qualität und verirren sich im
ästhetischen Niemandsland der Westfront.
Johannes Waßmer - Die neuen Zeiten im Westen und das ästhetische Niemandsland
-
Phänomenologie der Beschleunigung und Metaphysik der Geschichte in den
Westfront-Romanen des Ersten Weltkriegs - rombach literae - 438 Seiten - € 68,00
- 978-3-7930-9921-5
Zukunftsbilder
Heute glaubt niemand mehr, dass es unseren Kindern mal besser gehen wird. Muss
das so sein? Muss es nicht! Der Soziologe und erprobte Zukunftsarchitekt Harald
Welzer entwirft uns eine gute, eine mögliche Zukunft. Anstatt nur zu kritisieren
oder zu lamentieren, macht er sich Gedanken, wie eine gute Zukunft aussehen
könnte: In realistischen Szenarien skizziert er konkrete Zukunftsbilder u.a. in
den Bereichen Arbeit, Mobilität, Digitalisierung, Leben in der Stadt,
Wirtschaften, Umgang mit Migration usw.
Erfrischend und Mut machend zeigt Welzer: Die vielbeschworene
»Alternativlosigkeit« ist in Wahrheit nur Phantasielosigkeit. Wir haben auch
schon viel erreicht, auf das man aufbauen kann. Es ist nur vergessen worden
beziehungsweise von andere Prioritäten verdrängt. Es kann tatsächlich alles
anders sein. Man braucht nur eine Vorstellung davon, wie es sein sollte. Und man
muss es machen. Die Belohnung: eine lebenswerte Zukunft, auf die wir uns freuen
können.
Harald Welzer -
Alles könnte anders sein - Eine
Gesellschaftsutopie für freie Menschen - S. Fischer - 320 Seiten - 22,00 € -
978-3-10-397401-0 -
Leseprobe
Der
Homo alcoholicus von der Steinzeit bis heute
Was mit
angeschickerten Einzellern in der Ursuppe begann, setzte sich historisch in der
immerwährenden menschlichen Tendenz fest, lieber häufiger als seltener zu tief
ins Glas zu schauen. Zu jeder Zeit, an jedem Ort der Welt hat eine jede Kultur
sich dem alkoholischen Rausch ergeben oder ihn – zweifelsohne erfolglos –
bekämpft. Trunkenheit war und ist eine Anhäufung von Widersprüchen, die mal
Streit, mal Frieden stiftet. Für die Perser eine Voraussetzung zur politischen
Debatte, war sie für die alten Griechen ein Mittel zur Selbstdisziplinierung und
im antiken Ägypten Bedingung für spirituelle Ekstase und Erleuchtung. Sich einen
zu genehmigen kann religiöse oder sexuelle Gründe haben, es kann Könige stürzen
und Bauern erheben. Höchst informativ und amüsant beschreibt Mark Forsyth, womit
sich die Menschen zuschütteten, wer einen über den Durst trank und warum – aus
den zahllosen möglichen Gründen – die Menschheit bis heute nicht vom Alkohol
loskommt. Dies ist, im besten Sinne, die Geschichte der angesäuselten Welt.
Mark Forsyth - Eine kurze Geschichte der Trunkenheit - Der Homo alcoholicus von
der Steinzeit bis heute - Aus dem Englischen von Dieter Fuchs - Klett-Cotta -
271 Seiten - 20,00 € - 978-3-608-96407-3 -
Leseprobe
Besinnungen
Ein Schriftsteller geht durch eine alte Bibliothek. Er will mehr wissen über die
Anfänge des Menschen, über seinen Eintritt in die Welt und die Zeit. Wie war
sein Weg von den frühen Höhlenmalereien bis zu den ersten Schriftzeichen? Wann
entstanden die ersten Geschichten und aus den Geschichten die Erinnerung und aus
der Erinnerung die Vergangenheit? Und wie sahen die ersten Städte aus, wie das
fünftausend Jahre alte Uruk, das schon Bibliotheken aus Tontafeln kannte? Dieter
Fortes Buch steht am Ende eines lebenslangen Nachdenkens über den Menschen. Wo
kommt er her? Was macht ihn aus? Was kann er wirklich über die Welt wissen? Es
ist eine bewegende Beschwörung der Sprache, unserer größten Errungenschaft. Wenn
wir sie verlieren, verlieren wir die Welt.
Dieter Forte -
Als der Himmel noch nicht benannt war
- S. Fischer - 96 Seiten - 17,00 € - 978-3-10-397220-7 -
Leseprobe
Haymat
Schon längst prägen die Menschen der türkisch-deutschen Community mit ihren
Beiträgen, ihren Ansichten, ihren Stimmen Politik, Wissenschaft, Kultur und
Sport. Die beiden Herausgeber Kristina und Firat Kara haben 30 von ihnen
porträtiert. Wie empfinden sie ihr Leben zwischen zwei Kulturen? Was bedeutet
Heimat für sie? Darauf geben sie ganz unterschiedliche Antworten. Sie blicken
auf ihr Leben zwischen zwei Kulturen, das geprägt ist von beruflichen Erfolgen,
gesellschaftlichen Herausforderungen und einem Alltag, zu dem Integration und
Alltagsrassismus, Kopftuchverbot und Feminismus, Religion und Säkularität,
Ausgrenzung und Toleranz gehören.
Hg.: Firat Kara, Kristina Kara - Haymat -
Türkisch-deutsche Ansichten - Herausgegeben von Kristina Kara und Firat Kara.
Mit Fotografien von Firat Kara - suhrkamp taschenbuch 4982, Klappenbroschur,
253 Seiten - 20,00 € - 978-3-518-46982-8 -
Leseprobe
Artikel
online seit 29.03.19 |
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