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Von Köpfen in anderer Leute Denken.
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Falsche Vorkehrungen
Hannah everywhere »In den Monaten nach der Wahl von Donald Trump im Jahr 2016 schossen Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft auf den amerikanischen Amazon-Bestsellerlisten nach oben. Im ersten Jahr seiner Präsidentschaft steigerten sich die Verkaufszahlen des Buchs um insgesamt über 1000 Prozent. Im Internet kursierten immer mehr auf Tweet-Länge gebrachte Zitate aus ihren Schriften, und in der Presse erschienen auf einmal regelmäßig Kommentare, die sich um Arendt'sche Themen drehten. Eine Politik des Absurden und Grotesken, des Grausamen, Verlogenen und rundweg Irrsinnigen war zurückgekehrt, und sie hatte dazu offensichtlich etwas zu sagen.« Das sagt vielleicht auch etwas über die Motive der Autorin.
Was tun wir eigentlich?
Das sind nun allerdings
Fragestellungen, die wir sehr gut auch in Pater Anselm Grüns Handreichungen oder
Wilhelm Schmids Bücher über Glück, Liebe und Heimat finden können – auch Schmid
hat einmal als kommentierender Biograph Michel Foucaults angefangen. Der
Tonfall, der sich im ganzen Buch durchhält, ist ein ähnlicher. Stonebridge
verknüpft dazu traditionelle mit rebellierenden Diskursen („Arendt lehrt, dass
man dann, wenn man die Welt wirklich liebt [und das tat sie] auch den Mut
aufbringen muss, sie zu schützen – d. h. ungehorsam sein muss.“)
Die Heilige Hannah als verlorener Engel im Qualm der Hölle »Die, die sie kannten, bestätigen, was das überlieferte Filmmaterial von ihren Interviews und Vorträgen so gut einfängt: Sie glänzte in der Öffentlichkeit und führte ihr Denken mit all der intensiven Virtuosität jener Shakespeare-Monologe vor, die sie so liebte. Elegante Hände mit langen Fingern umfassten sowohl ihr Kinn als auch ihre Zigarette, und der Rauch legte sich über ihr Gesicht wie eine Maske, durch die hindurch sie ihre Gedanken in einem tiefen, kehligen, akzentlastigen Englisch aussprach, jedes Wort dabei sorgfältig durchdacht. Eine Pause, ein Ausblasen des Rauchs, ein Blick nach oben, ein Lächeln, das mit dem Alter breiter wurde.« Wer allerdings die Interviews mit Günter Gaus aus der Zeitzeugenreihe des Zweiten Deutschen Fernsehens kennt, erinnert sich auch an eine Frau, die Kette raucht, die Zähne beleckt und sagt: „Sehen Sie mich an, ich sehe anders aus, ich bin jüdisch!“ Ahrendts burschikose Art, die wahrscheinlich Resultat einer Überidentifikation mit dem männlichen Element des Denkens, dass auch in ihrer Eichmann-Analyse mit der Identifikation mit Martin Heidegger und dessen lebenslange Begeisterung für den Faschismus zu tun hat, kommt in Stonebridge Buch eher weniger vor. Dabei ahnt die Interpretin, dass in ihrer Kennzeichnung möglicherweise etwas fehlen könnte, allerdings auf Arendt übertragen: »Während ich Arendt zusehe und zuhöre, beschleicht mich oft der Eindruck, dass es da etwas gibt, das sie nicht preisgibt — etwas Kostbares, Geheimnisvolles, vielleicht sogar ihr selbst nicht ganz Durchschaubares, das aber dennoch sehr präsent ist. «Ist aber nicht genau das der Punkt all dessen?», könnte sie nun fragen, ihr Kinn in die Hand gestützt, die zugleich ihre Zigarette hält, während sie da auf ihrem Platz in jener Bar in der Unterwelt hockt, wo sich in der Abenddämmerung die verlorenen Engel des vergangenen Jahrhunderts versammeln. Dass wir sogar für uns selbst unerkennbar sind, vielleicht gerade für uns selbst, und trotzdem zu kollektiven Wundern fähig? Ist es nicht das, wofür man heutzutage wieder kämpfen muss?«
Vom Selberdenken [1] Vgl. Christa Bürger, Leben schreiben. Die Klassik, die Romantik und der Ort der Frauen, Stuttgart: J.B. Metzler 1990. [2] Vgl. Hannah Arendt, «Little Rock», in: dies., Zur Zeit. Politische Essays, hg. von Marie Luise Knott, Berlin 1986. [4] Vgl. Michel Foucault, „Was ist ein Autor ?“ In: ders.: Schriften zur Literatur, Frankfurt am Main: Fischer 1988. S. 7 – 31.
Artikel online seit 04.04.24 |
Lyndsey
Stonebridge |
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