Glanz&Elend Literatur und Kritik        Impressum & Datenschutz - Mediadaten      02.10.24

 

Romane, Erzählungen u.a.

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Die neue
ZEIT-Bibliothek
der Weltliteratur


100 Bücher, die zu lebenslangen Freunden werden können, die uns trösten und berühren und die sich
über die Jahre immer wieder neu und anders lesen.
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China und wir
Besuchsgedanken von Peter Trawny
Text lesen
»Die Zivilgesellschaft ist schwer zu durchschauen. Viele sind in der Partei, doch das wissen nur die Parteimitglieder selbst. Andererseits gibt es auch Fassaden, die eine größere Offenheit suggerieren. Dass man Vorteile durch die Parteimitgliedschaft hat, wird bezweifelt. Im Gegenteil meint man, sich zu opfern. Die kapitalistische Realität wird durch den Eindruck der kommunistischen Vergangenheit konterkariert, durch den Eindruck, alle zögen an einem welt- und lebensanschaulich (die Partei spricht wörtlich davon) geknüpften Strang.«

»Ein Echo aus Bildern und Erinnerungen und Wiedererlebtem«
Clemens Meyer setzt mit seinem  monumentalen Roman »Die Projektoren« literarische Maßstäbe.
Von Gregor Keuschnig
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»
Meyers Buch ist bei aller ostentativen Expressivität und Wildheit präzise gebaut; wie auch die Bilder von Grosz, die niemals im Überschwang entstanden sind. Nichts ist hier dem Zufall überlassen. Der magische Realismus lebt, aber es ist eine andere Magie, die Magie einer einsichtsvollen Trostlosigkeit.«

Zorn, Trotz & Melancholie
Ein paar Abschiedsworte zum Tod von Kiev Stingl,
der uns ein launiges Poesiealbum hinterlassen hat. Von Herbert Debes
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»Er war ein manchmal schillernder, oft düster glimmender Solitär im deutschen Kulturbetrieb, und zu seinen besten Zeiten hatte er Flacker in der Pfote.«

Bildung: Garant der Demokratie!
Tim Engartners Plädoyer für eine Renaissance
der Bildung. Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Die jüngsten Wahlergebnisse und politischen Entwicklungen sollten uns eigentlich alle wach rütteln. Doch stattdessen wird ein Vermögensverwalter zum Kanzlerkandidaten gekürt, der mit seiner Idee von Politik für all die gerade beschriebenen Frevel der Bildungspolitik steht – mit welcher Hoffnung eigentlich?«

Von den Affekten
In seiner Studie
»Die kalte Wut« untersucht Jürgen Große die Theorie und Praxis des Ressentiments
Von Lars Hartmann
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»Die Einheit heutigen Ressentimentempfindens besteht darin, daß man im Gegenüber genau das erblickt und erkannt, was man in sich selbst nicht zu fühlen und zu leiden wagt.«

Die Zeit, als sich noch alles um Literatur drehte
Zum 100. Geburtstag  von Siegfried Unseld, dessen verlegerisches Lebenswerk die deutsche Literatur- & Geistesgeschichte über 40 Jahre prägte. Von Lothar Struck
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»Uns interessiert nicht nur das einzelne Manuskript, sondern der Autor selber, seine geistige und politische Physiognomie.«
Siegfried Unseld an Siegfried Kracauer, 3. Dezember 1962

Der Rätselhafte
Rüdiger Görners Bruckner-Buch
Von Wolfram Schütte
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»Obwohl Görner zahlreiche 'unvorteilhafte' Anekdoten & Ondits über den einsamen, immer subalternen Provinzler in der zu weiten Kleidung zitiert, liegt ihm daran, dass sein Held, der seinen Arbeitsethos in den Dienst seines musikalisches Genies stellte & dieses als verpflichtendes 'Gottesgeschenk' betrachtete, als ein sympathischer Eigenbrötler erscheint.«

Epitaphe kritischer Theorie
Zu Jörg Späters Erzählung
»Adornos Erben«
Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Es geht auch bei Später um aufgelöste Ehen, eifersüchtige Ehemänner und verstorbene Kinder – noch mehr aber um Grabreden. Es entsteht dabei eine Sittengeschichte der Frankfurter Theorie nach 1949.«


Wider die Empörung
Tim Henning fragt nach der Vereinbarkeit von zwei scheinbar konträren Gegenstandsbereichen: Der Freiheit und Autonomie der Wissenschaft und der Legitimation moralischer Kritik.
Von Jürgen Nielsen-Sikora
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Sein Fazit: »Die Wissenschaftsfreiheit … schützt nicht jedwede Meinung, nur weil sie irgendjemand hat. Vielmehr beruht sie auf der Überzeugung, dass die Äußerungen einiger Menschen von besonderem Interesse sind, weil sie in einer Weise qualifiziert sind, die diesen Äußerungen einen besonders hohen epistemischen Wert verleiht.«

Gute Bücher ohne Verfallsdatum:

Wie Verzweiflung die Revolte gebiert
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
Ludwig Fels' großartiger Roman »Die Hottentottenwerft« erinnert an Georg Büchners Credo, zu
versuchen, gegen die Widerwärtigkeiten der Herrschenden, ein guter Mensch zu sein.
»Es sind Figuren, die unrettbar in ihren Kausalitäten verstrickt sind. Mohr ist am Ende die einzig moralisch integre Person. Zuweilen erinnert er an Büchners Woyzeck – beides Schlaflose, beide gefangen in einer hoffnungslosen Liebe und beide Spielfiguren im Weltenlauf.«


Eine Menschheitsgeschichte
Über Abdulrazak Gurnahs Roman
»Nachleben«.
Von Wolfgang Bock
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»Klappt man das Buch zu, ist man nicht nur völlig durchschienen von der afrikanischen Sonne, sondern wie in einer Schneekugel schießt das eigene Leben in Europa mit dem der Protagonisten in Afrika zusammen.«



»Sätze, die in sich haben einen ganzen Roman.«
Jürgen Beckers Sätze und Gedichte »Nachspielzeit«
Von Lothar Struck
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»... dieses Buch, (...) das Erinnerungen evoziert, ohne zu verklären, das berührt und ergreift, ohne den Leser mit falscher Sentimentalität oder Selbstmitleid zu ködern.«


Gestörtes Ost-West-Verhältnis
In
»Ungleich vereint« erklärt Steffen Mau uns,
warum
der Osten anders bleibt.

Von Gregor Keuschnig
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»Mau möchte 'küchenpsychologische Erklärungen vermeiden' und stellt klar: 'Wer in der Ost-West-Debatte mit Schuldbegriffen operiert, ist schon auf dem Holzweg.'«


Gefangene ihres Schicksals
In Abdulrazak Gurnahs Roman »Das versteinerte Herz« geht es um Verrat, Migration und die Suche nach dem Platz im Leben. Von Lothar Struck
Text lesen
»Früh wird klar, dass hier nicht nur die Geschichte einer Familie erzählt wird, sondern Gurnah wie so häufig die politischen und historischen Ereignisse des vom Kolonialismus freien Sansibar und Tansania und ihre Auswirkungen auf die Menschen gespiegelt werden.«

Blut im Schuh und Fell über die Ohren
Über Peter Kerns rabenschwarze deutsche Weltchronik
im einzelnen Fall
»Dorfansicht mit Nazis«.
Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Kern ist meisterlich darin, die große Geschichte und ihre Verhältnisse auf die familiären und persönlichen Beziehungen herunterzubrechen. Der Roman und die Chronik greifen auf diese Weise nach dem Leser und packen ihn dort am Schlafittchen, wo er es – im Lehnsessel zurückgelehnt – am wenigsten erwartet...«

In die Falle gelockt
In seinen frühen Vorlesungen »Der Diskurs der Philosophie« unternimmt Michel Foucault eine Standortbestimmung der Philosophie.
Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»In seinem eigenen Diskurs über die Rolle der Philosophie finden sich bereits zahlreiche Denkanstöße, die Foucault im Verlauf seiner weiteren Entwicklung und in den Schriften über den Wahnsinn, den ärztlichen Blick, die Gefängnisse, über Wissen und Wahrheit, Sexualität und die Ordnung der Dinge weiterspinnt, ausbuchstabiert und mit immer neuen und überraschenden Diagnosen unterfüttert.«

Dichtungen & Wahrheiten, Kopfgeburten
& andere Gedankenspielereien

Saša Stanišić spielt mit den Möglichkeiten seines erzählerischen Musterkoffers. Von Wolfram Schütte
Text lesen
»Immer suggerieren die unterschiedlichen Erzählungen genaue historische & lokale Bodenhaftung – so sehr sie sich (wie das ganze Buch auch) zu grotesken & jokosen, assoziativ aufblühenden erzählerischen Luftnummern entwickeln.«

Liberale Demokratie in der Krise
Philip Manows Versuch einer Zustandsbeschreibung »Unter Beobachtung«. Von Lothar Struck
Text lesen
»Mit dem Populismus ist der Liberalismus aber nicht mit seinem Gegner, sondern mit seinem Gespenst, mit dem Geist der von ihm erstickten Politik konfrontiert, dem er doch einen so schönen, guten, so gerechten Tod bereitet hat.«


Unser Klassiker-Tipp:
Abend, mehrfach
Virginia Woolfs Gesellschaftsroman »Mrs. Dalloway«
neu übersetzt.
Von Wolfram Schütte
Text lesen
»... ein vielstimmiges, fluides Panorama der imperialen Metropole: räumlich – indem sie Mrs.Dalloway zu Einkäufen quer durch die City & deren bekannteste Orte schickt; & zeitlich, indem Big Ben das Fortschreiten des Tages markiert. Tod, Alter, Sterblichkeit wetterleuchten hinter dem Geschehen, dessen Fluten zwischen Gegenwart & Vergangenheit, Reflexion & Erinnerung ständig wechselt.« Leseprobe


»Geschichtenerfinden ist Gift«
Florian L. Arnolds Roman »Das flüchtige Licht«
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Ein kraftvolles, wunderbar phantastisch-melancholisches Romangebilde. Die Hauptfiguren sind Sehnsuchtssucher; Getriebene und Betrogene zugleich, die von und mit ihren ephemeren Glücksmomenten, die großartig erzählt werden, weiterleben.«

Science-Fiction als Erkenntnisquelle?
Alexander Schnell über
»Realität im Spiegel der Zeit«. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Anhand der netflix-Serie »Black Mirror«, die sich den gesellschaftlichen und persönlichen Umwälzungen der digitalen Zukunft widmet, arbeitet Schnell heraus, wie verschiedenste philosophische Thesen in Geschichte und Gegenwart aufgegriffen und in Szene gesetzt werden.«

Trauer und Wehmut
Diese drei Erzählungen aus dem Nachlaß der im Januar verstorbenen Helena Adler sind eine Liebeserklärung an das Leben.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Die Aufgabe des Lesers ist, diese Erzählung so lange wie möglich für sich stehen zu lassen, jegliche Ablenkung nicht zuzulassen, einzutauchen in diese Mischung aus Spiel und Kampf vom Leben und Sterben. Der literarische Referenzrahmen, er sich auffächert, ist enorm.«

Hauptkampfplätze der Völkerkunde
Karl-Heinz Kohl über das Erbe der Indigenen und die Wurzeln der Moderne. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Die sogenannten primitiven Kulturen leben nicht in der Steinzeit, sondern ebenfalls in der Moderne und sie profitieren auf ihre Weise von dem Kontakt mit den Kolonisatoren.«



Das Dummbartz-Syndrom
Ingo Elbes kritische Studie zu
Antisemitismus und postkolonialer Theorie und den »progressiven« Angriff auf Israel, Judentum und Holocausterinnerung. Von Peter Kern
Text lesen
»Die postkolonialen Theoretiker analysieren scheinbar sehr radikal, aber was dabei herauskommt gefällt den Rechten und den Konservativen, denn es ist der Ausweis der Normalität der deutschen Geschichte.«

Drei Tage im Februar
I
n seinem Roman »Von Guten Eltern« erzählt Richard Russo vom alltäglichen Leben in der amerikanischen Provinz. Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
Die einstige Vorgabe »vom Tellerwäscher zum Millionär« lautet bei Russos Leuten: »abwarten, durchwurschteln!«
Denn: die Hoffnung stirbt zuletzt.



»Ein Teil von etwas viel Größerem«
Javier Cáceres geniale Bild- und Textsammlung »Tore wie gemalt«. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Der Weg zu einem Tor ist eine Form der Erkenntnis;
eine Art, uns selbst und die anderen anzuschauen.«
(Osvaldo Soriano)





Geschichte als Vision
Zur Wiederentdeckung des Menschen im geschichtsphilosophischen Werk
von Walter Benjamin.
Ein Essay von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Es geht ihm um die Rettung dessen, was anders für immer verloren wäre; um eine Kritik an der permanenten Katastrophe, an der Verstümmelung und Deprivation des Lebens. Diese Bergung des Vergessenen kann nur gelingen, wenn der Kritiker das gleichgültig dahinfließende Kontinuum der Zeit aufsprengt und in Bildern und Fragmenten aufscheinende Wahrheiten gegen eine falsche Totalität verteidigt.«

Der Weg ist das Ziel
Stefan Geyers
lesenswerte Schilderungen seiner Spaziergänge durch Frankfurt am Main »Der Stadtwanderer«. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Man stutzt zunächst, aber das Bekenntnis, er sei "zu arm, um billige Schuhe zu kaufen", überzeugt. Und ja, Frankfurt könnte überall sein.«


Eine schöne, traurige Geschichte
Wie sich Jan Koneffke das Leben von Joseph Roth vorgestellt hat. Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
»Der neue Roman von Jan Koneffke erzählt eine Episode aus dem Leben von Joseph Roth, die es tatsächlich gegeben haben könnte. Aber nicht gegeben hat.«




Bequeme Rollenprosa ohne Tiefe
Für ihren bei uns 2021 bereits erschienenen Roman »Kairos« wurde Jenny Erpenbeck nun mit dem International Booker-Prize ausgezeichnet.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Gilt also abermals, dass die Prophetin nichts im eigenen Land gilt? Und ist es ein deutsches Spezifikum, dass eine Autorin, die international Erfolge vorweisen kann, nicht gefeiert, sondern mit selbstgefälliger Arroganz, in der auch eine gewisse Portion Neid mitschwingen dürfte, bedacht wird?«

Zur gütigen Auslöschung
Nichts für vegane Leser: die 2. Ausgabe der Literaturzeitschrift
»Delfi«
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»'Fleisch ist … die Leitmetapher für den wogenden, tätigen, sorgenden Leib der Beruhigung, wir drücken uns an Brüste und legen den Kopf auf Schößen ab.' Wie progressiv Kitsch formuliert sein kann.«

Mehr Licht!
Melanie Möllers lesenswerte Streitschrift
»
Der* ent_mündigte Lese:r«

Von Lothar Struck
Text lesen
»... ein Leuchtturm inmitten eines akademisch bestallten Friedhofs, auf dem die geächtete Weltliteratur nur noch mit funzeligen Grablichtern beleuchtet werden soll. Mehr Licht!«


Bibliothek der verlorenen Bücher
Alexander Pechmanns aufschlußreiche Nachforschungen über verlorengegangene und nie geschriebene Texte der Literaturgeschichte.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Legendär die Vernichtungswellen der Erben, wie etwa bei Lord Byron, aber auch Lawrence Sterne. Beide Male befürchtete man, dass eine Veröffentlichung Skandale hervorrufen würde.«

Gute Geschichte
Wie uns der englische Historiker Dan Jones auf eine spannende Bildungszeitreise ins Mittelalter entführt. Von Herbert Debes
Text lesen
»Mit seinen quellenreichen wie schwungvollen Erzählungen durch die Jahrhunderte entstaubt Jones durch seine mitreißende Erzählweise die Geschichtsbuchschreibung.«

Neues und Altes aus der Gegenwart
Rainald Goetz beendet seine »Schlucht«-Reihe mit der Textsammlung »wrong« und hebt an zur letzten Show. Von Lothar Struck
Text lesen
»
Goetz verehrt die Schnittmenge zwischen Journalismus und Literatur: das Feuilleton. Ausführlich wird die Frage erörtert, nach welchen Kriterien die kostbaren Texte sortiert werden sollen. Es geht darum, 'der inneren Ordnung der Rezeptivität mit viel Mühe auch eine äußere Ordnung der Ordner zur Seite zu stellen.'«

Et resurrexit
Salman Rushdie schreibt sich ein Requiem & triumphiert literarisch über seinen Attentäter.
Von Wolfram Schütte
Text lesen
»Man kann nicht einfach nur rumliegen und sich davon erholen, dass man fast gestorben wäre. Man muss das Leben finden«.



Aktivismus und Reaktanz
Über drei Analysen zur Zeit.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Ein neues Gespenst geht um. Man mag es "Identitätspolitik" (Bernd Stegemann), "Wokeness" (Esther Bockwyt) oder "Moralspektakel" (Philipp Hübl) nennen. Im Kern ist es eine aus den USA herüberschwappende, sich epidemisch ausbreitende Geisteshaltung, die, zu Ende gedacht, an die Grundfesten pluralistischer Gesellschaften rüttelt.«

Die Lügen hinter sich lassen
Über Deborah Feldmans Buch
»Judenfetisch«
Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Feldman macht aus der Not ihrer Außenseiterposition im Leben die Tugend einer literarischen Waffe. Sie spricht aus, was sonst kaum jemand sich zu sagen getraut.
(...) 'Ich redete von Geburtenraten, weil die Säkularen es nicht einmal schaffen, sich in einer Generation zu ersetzen, während die Ultra-Orthodoxen sich alle zwanzig Jahre mindestens verzehnfachen.' Das betreffe auch die säkularen Juden: 'Niemand ist eine größere Hilfe der Fundamentalisten als der aufgeklärte, emanzipierte, gebildete Westler, der ihnen den roten Teppich auslegt, um aus lauter Romantik seine zukünftigen Unterdrücker zu bejubeln.'
«

»Spielformen der Erzählkunst«
Christoph Ransmayrs Erzählungen »Als ich noch unsterblich war«. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Wer weiß, am Ende ist die Geschichte über das Schabrackentapir nur eine weitere, listige Allegorie des Autors. Und in Wirklichkeit handelt sich um einen Ableger des Goldenen Kalbs.«



Bücher ohne Verfallsdatum:

Eine neue Geschichte des Existenzialismus
Sarah Bakewells mitreißende Kollektivbiographie »Das Café der Existenzialisten«.
Von Klaus Bittermann
Text lesen
»Sarah Bakewells Geschichte über den Existenzialismus ist eines der sehr seltenen Bücher, die niemals enden sollten, weil die Autorin nicht einen Aspekt abarbeitet, sondern verschwenderisch und auf hinreißende Weise das Wissen der Welt ausbreitet.«

Das zweite Tübinger Trio
Gerd Ueding erinnert an Ernst Bloch, Walter Jens & Hans Mayer. Von Wolfram Schütte
Text lesen
»Gert Ueding hat den gesprächshaften Austausch der virulenten Themen & Idiosynkrasien der drei Herren & der sanft deren mannigfachen geistigen Ausschweifungen animierenden & lenkenden Gastgeberin ebenso liebevoll wie ironisch, so kundig wie kritisch ausgemalt,...«


Raffiniertes Spiel mit Gegensätzen
Mathias Enards neuer Roman
»Tanz des Verrats« balanciert virtuos zwischen Kriegsgräuel und mathematischer Schönheit.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Man wird die Bilder, die von Ferne an Szenen aus Filmen des großen Theo Angelopoulos erinnern, so schnell nicht mehr los.«



Versuch der Entwirrung
Wolfgang Kraushaars Handbuch über den scheinbar unlösbaren Konflikt. »Israel: Hamas - Gaza - Palästina«
Von Wolfgang Bock

Text lesen
Er plädiert für eine Unterstützung der demokratischen Kräften in Israel und spricht sich gegen eine blinde Identifikation der deutschen Seite mit diesem Staat ebenso wie gegen eine doktrinäre Nichteinmischung aus.


Karl Kraus: (28. April 1874 - 12.Juni 1936)
»Ich war selten verliebt, immer verhaßt.«

Von Herbert Debes
Text lesen
Sein kulturpessimistisches und medienkritisches Werk wird aktuell bleiben, solange die tatsächliche Dimension des Geschehens in den Floskeln der Ereignissprachen der Medienmacher verschwindet.


Die Irrfahrten des Konrad Widuch
Szczepan Twardochs überbordender Roman
»Kälte« ist eine
groß angelegte allegorische Erzählung auf den Terror als Instrument der Herrschaft im Allgemeinen und Russland im Besonderen?
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Das Personalschachbrett wird mit Dauer der Reise immer lichter, es häufen sich die Opfer und Menschenopfer und am Ende bleiben nur noch eine Handvoll.«

Hund weg. Frauen auch. Was nun?
Bodo Kirchhoffs neuer Roman »Seit er sein Leben mit einem Hund teilt« Von Sigrid Lüdke-Härtel
Text lesen
»... etwas dringt durch, das sich nicht wie ein roter Faden, eher wie ein breites Band durch Kirchhoffs Werk zieht: Liebe, also Eros, aber zugleich die Sehnsucht nach Liebe. Sozusagen die christliche Botschaft nach dem Ende des Christentums.«


»Die Gegenwart durchlöchern«
Helmut Böttigers 15 Aufsätze zur neueren deutschen Literatur. Von Lothar Struck
Text lesen
»Die Ambivalenzen der Aufsatzsammlung liegen im Anspruch des Autors. Weniger Autorenportraits wären mehr gewesen. In der stupenden Rede zur Literaturkritik greift Böttiger zielgerichtet die Empfehlungsprosa des Kulturjournalismus an und trifft damit ins Schwarze.«

Fortgesetzte Demütigung des Menschen
Ali Asgari & Alireza Khatami haben ein iranisches Meisterwerk vorgelegt: »Irdische Verse«.
Von Wolfram Schütte
Text lesen
Die poetische Stringenz ihrer episodischen Versuchs-anordnung zur Kenntlichmachung der innersten Verfassung der »Islamischen Republik Iran«, übertrifft Brechts thematisch verwandte Szenenfolge »Furcht und Elend des Dritten Reichs«. Der tollkühne Film der beiden Iraner ist »Episches Theater« in Reinform.


Wölfe statt Pferde
Über Moshe Zimmermans
Unorthodoxe Sichtweisen auf Israel und den Gazakrieg. »Niemals Frieden? Israel am Scheideweg«.
Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Der wichtigste Verdienst von Zimmermanns schmalem, aber gehaltvollem Büchlein, dass ganze Bibliotheken ersetzt, liegt im Aufbrechen der bekannten Vorurteile in Deutschland. Der Historiker macht deutlich, wie fatal das Hintergrundrauschen der religiösen Mächte in diesem Zusammenhang wirkt.«

Dramatiker & Revolutionär
Ernst Piper erinnert an »Eine Jugend in Deutschland« von Ernst Toller. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Im Ersten Weltkrieg meldete er sich als Freiwilliger an die Front. Nach einem Nervenzusammenbruch aus der Armee entlassen, war er nach dem Krieg einer der Protagonisten der Münchner Räterepublik. Sein politisches Engagement im Kampf für eine gerechte Gesellschaft durchzieht wie ein roter Faden auch sein literarisches Werk.«


Von Köpfen in anderer Leute Denken
Über Hannah Arendts angebliche Lektionen in Liebe und Ungehorsam. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»'Ist aber nicht genau das der Punkt all dessen?', könnte sie nun fragen, ihr Kinn in die Hand gestützt, die zugleich ihre Zigarette hält, während sie da auf ihrem Platz in jener Bar in der Unterwelt hockt, wo sich in der Abenddämmerung die verlorenen Engel des vergangenen Jahrhunderts versammeln. Dass wir sogar für uns selbst unerkennbar sind, vielleicht gerade für uns selbst, und trotzdem zu kollektiven Wundern fähig? Ist es nicht das, wofür man heutzutage wieder kämpfen muss?«

»Das Totenschiff« wiedergelesen
B. Travens Allegorie auf den Weltenlauf ist Weltliteratur von erschütternder Aktualität.

on Gregor Keuschnig
Text lesen
»Als er nach einem Landgang in Antwerpen zurückkommt, ist sein Schiff ohne ihn abgefahren. Unglücklicherweise blieben Seemannskarte und Pass an Bord. Von nun an ist er ein Niemand.«

RWF als Wünschelrute & Wundertüte
Ian Penmans Auskristallisation der »Fassbinder«-Zeit. Von Wolfram Schütte
Text lesen
»
...
ein phantastisch aufwühlender, weit in Zeit-& Kulturgeschichte der Siebziger- & Achtziger Jahre ausgreifender, das Swinging London auf dem Weg zum anarchistischen Punk höchst intim beschreibender Innerer Monolog des mit allen Wassern gewaschenen Erzählers, dem man in nostalgischem Rausch des assoziativen Wiedererinnerns folgt – als wäre man unmittelbar Zeuge, wie er hier sein außergewöhnliches Buch zu einem bunten Fleckerlteppich verwebt, den der vielfach ausgezeichnete Robin Detje übersetzt hat. «  

Qualifizierte Gespenster
Über Jon Fosses Roman »Das ist Alise«

Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Es ist die gleiche Verwunderung über die Welt wie in den Büchern von Jorge Luis Borges, bei denen man auch nicht weiß, ob seine Fiktion nicht realer ist als die Realität. Bei Fosse fragen sich die Figuren beständig: Kann es wirklich sein, was mir jetzt passiert?«



Wie abgedunkelte Räume im Sommer
Katharina Pektor legt einen fast bibliophilen Band zu den Übersetzungen Peter Handkes von René Char vor. Von Lothar Struck
Text lesen
»Fast spielerisch wird die zunächst hermetisch und »orakelhaft« scheinende Lyrik von René Char plötzlich offener.«


»Zwischen zwei Woanders
In ihrem neuen Roman »Bannmeilen« schreibt Anne Weber über Ihre Exkursionen durch den Pariser Banlieue-Bezirk Seine-Saint-Denis.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Unabdingbar ist eine gewisse Unvoreingenommenheit, um die kulturellen Verschiedenheiten nicht a priori unter einer ethnologischen Brille zu betrachten, in der die eigenen Erfahrungen und Lebensumstände nicht voreilig als alleiniges Richtmaß angesetzt (oder verworfen) werden. Über die Banlieus von Paris schwebt unwillkürlich die koloniale Vergangenheit Frankreichs.«

Ein wilder Ritt
Julia Jost erzählt uns »Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht«.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Vielleicht ist der Roman eine Spur zu süffig geschrieben, aber immer wieder blitzen szenenweise großartige, poetische Momente auf.«



»Es ist, wie es ist.
Und es ist fürchterlich
«

Jonathan Glazers Film »Zone of Interest«
Von Wolfram Schütte
Text lesen
»In der Bestürzung über diese »ganz normalen« Menschen am Rande des »Zivilisationsbruchs« Mitte des letzten Jahrhunderts schwingt unausgesprochen, wenn nicht gar unbewusst, die Ahnung mit, dass wir womöglich dabei auch mit unser aller anthropologischer Entwicklung konfrontiert werden.«

Die Überwältigung des Erzählers
Jon Fosses Erzählung
»Ein Leuchten« und
Christian Lehnerts fliegenden Blättern zur Apokalypse des Johannes »Das Haus und das Lamm«. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Beide Erzähler sind 'durchlässig' – nehmen eine Doppelposition als Erzähler wie auch Teilnehmer ein. Sie schreiben einen Schwellentext und bedienen sich dabei bekannter Begriffe und Mythen.«

Pot au Feu
Tran Anh Hungs Liebeserklärung an die französische Hohe Kunst des Kochens & Liebens.

Von Wolfram Schütte
Text lesen
»Es gibt Filme (wie auch andere Kunstwerke), die einen so glücklich gemacht hatten, dass man wünschte, möglichst viele andere teilten das genossene Vergnügen mit einem. So einer ist 'Geliebte Köchin'.«

Dazwischen hat man gelebt
Jon Fosses schmaler großer Roman »Morgen und Abend« erzählt vom Werden und Vergehen.
Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Bei Fosse gibt es Fels und Wasser und Luft. Leben und Tod sind hier nur leicht gegeneinander verschoben. Im Leben gibt es schon den Tod im Nebel, in den grauen Inseln, im Saltstraumen und auch der Tod bei Fosse ähnelt noch dem Leben.«

Minimale Anerkennung für Adorno
Über Peter E. Gordons
»Prekäres Glück. Adorno und die Quellen der Normativität.« Frankfurter Adorno Vorlesungen 2019. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Gordon gelingt etwas, woran fast alle anderen Versuche bislang gescheitert sind: ein kohärentes Bild der Vorstellung von Moral zu erzeugen, die Adorno immer nur fragmentarisch und skizzenhaft in seinem Werk entwickelt hat.«

Ausgeweidet
Daniel Kehlmanns anmaßendes Bio-Doku-Drama »Lichtspiel« über das Leben des G.W. Pabst.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Seine Pabst-Erzählung lässt Wichtiges aus und dichtet Anderes hinzu. Kehlmann verwandelt nicht, er erfindet. Er weidet ein Leben aus, um eine Person zu erschaffen, die er G.W. Pabst nennt, die aber mit der einst real existierenden Persönlichkeit wenig gemein hat.«

Marseille, Nadelöhr zur Freiheit
Uwe Wittstocks dokumentargesättigte Faktensammlung »Marseille 1940«.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Marseille hatte in drei Monaten rund 500.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die Lage in der Stadt war katastrophal. Schnell wurde deutlich: Mit der bloßen Administration wird man den Flüchtlingen nicht gerecht werden. Der Andrang auf das behelfsmäßig eingerichtete ERC-Büro ist enorm. Fry braucht Mitarbeiter. Es kommt auf seine Menschenkenntnis an; Spitzel kann er nicht gebrauchen.«

»Alles oxidiert.«
Alexander Pschera ist tief in Victor Hugos »Ozean« aus Notizbüchern, Skizzenheften und Manuskripten eingetaucht. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Mit scharfem Blick hat Hugo sein Jahrhundert observiert und über sechs Jahrzehnte 'Dinge, die ich gesehen habe', in Notizen, Tagebuchaufzeichnungen, Abhandlungen, Aphorismen, festgehalten (...) Wie viel Arbeit Alexander Pschera in diesen wundervollen Band gesteckt hat, lässt sich kaum ermessen.«

Soziologische Phantasie
Zum Tode des Soziologen & Philosophen Oskar Negt.
Von Peter Kern
Text lesen
»Wäre das Handeln der Individuen nur von Rationalität bestimmt, bräuchte es die von Negt herausgestellten psychologischen Kategorien nicht. Die Prozesse der Selbstaufklärung anstoßende Pädagogik kann solche Kategorien nicht entbehren, gehört es doch zur Erfahrung des 20. Jahrhunderts, dass Individuen keineswegs bloß ihren rationalen Interessen folgen. Den an der Humanisierung der Gesellschaft arbeitenden Kräften hat diese Einsicht die faschistische Erfahrung aufgeherrscht.«

»Mit diesem Buch will ich die Welt erklären...«
In seinem imposanten Panorama
welthistorischer Herrschaftsdiskurse analysiert Ulrich Menzel »Die Ordnung der Welt«. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Das Ergebnis ist zweifellos beeindruckend. Nicht nur, weil die einzelnen Kapitel, die auf so unterschiedliche Mächte und Zeiten rekurrieren, aus einem Guss geschrieben sind; nicht nur, weil dieses Buch trotz des zunächst abschreckenden Umfangs und seines wissenschaftlichen Anspruchs wunderbar leicht zu lesen ist; und nicht nur, weil man viel über die internationalen Verflechtungen in Handel, Gesellschaft und Militär in Erfahrung bringt, sondern vor allem, weil Menzel seine Leser stets mitnimmt auf dieser höchst spannenden und unterhaltsamen Reise durch die Weltgeschichte.«

Wiederentdeckt
Magischer Expressionismus. Peter Flamms mitreißender Roman
»Ich?«
 aus dem Jahre 1926. Von Lothar Struck
Text lesen
»Glauben Sie niemandem, der mit diesem Buch irgendwelche Analogien erstellt. Bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil. "Müssen wir immer mit Wertungen leben?" fragt Mosse. Ich fürchte ja; auch und vor allem, was dieses Buch angeht. Lesen Sie dieses großartige Meisterwerk, geben Sie sich ihm hin und reiben sich danach an Varatharajahs Analysen. Beides lohnt sich.«

Liebe und die letzten Dinge
Mit dem Roman »Baumgartner« hat Paul Auster ein Vermächtnis geschrieben. Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
»Es beginnt mit einem dieser Tage, an denen alles schief läuft. Seymour T. Baumgartner, siebzig Jahre alt, emeritierter Professor in Princeton, verbrennt sich erst seine Hand an einem vergessenen, völlig überhitzten Topf auf dem Herd, dann ruft die Tochter seiner Putzfrau an und erzählt ihm, dass sich ihr Vater zwei Finger abgeschnitten hat und anschließend stürzt er noch die marode Kellertreppe hinunter.«

Kärntner Lebensgeschichten
Maja Haderlap erzählt in ihrem neuen Roman »Nachtfrauen« aus dem Leben dreier Generationen von Frauen. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»... da ist er wieder, dieser Ton, der schon in Haderlaps Erstling die Geschichten grundierte und transzendierte
und dann spielt es keine Rolle, dass Mira in den Hintergrund tritt und der Leser auch nicht erfährt, ob die Werkstatt gebaut wird oder nicht. Man ist traurig, Anni verlassen zu müssen. Und froh, dies gelesen zu haben.«


Nie wieder ist heute?
Zur Neuausgabe von Theodor W. Adornos Vortrag »Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute« von 1962. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Die Geheimnislosigkeit des Antisemitismus ist sein anhaltendes Karrieremodell.“ Adorno adressiert damit das gesellschaftliche Phänomen des Antisemitismus auf die unaufgeklärten Subjekte zurück. Hier hat die Frage nach der Freiheit ihre Berechtigung, die die Antisemiten und Rechtsradikalen im Munde führen.«

Der Mann mit dem Kassettenrekorder
»Austrian Psycho« ist ein Versuch, das intellektuelle Österreich von dem Frauenserienmörder Jack Unterweger zu exorzieren. Von Lothar Struck
Text lesen
»Indem sich Herwig zeitweise in einen 73jährigen Schickeria-Wiener verwandelt, stellt er seine eigenen Nachforschungen auf dem Prüfstand, kann aber auch dezidiert Stellung nehmen. Die Neutralität des Berichterstatters wird damit gebrochen.«

Gesellschaftspanorama

Die deutsche Ausgabe von Andrea Giovenes
epochaler Pentalogie
»
Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero« in der kongenialen Übersetzung von
Moshe Kahn hat mit »Der letzte Sansevero« ihre Vollendung gefunden. Von Lothar Struck







»Der Band endet mit dem letzten Eintrag Giulianos im September 1957, wenige Tage vor seinem Tod. In einem Anhang wird der Leser durch behördliche Briefe über einige offene Fragen aufgeklärt.« Text lesen

Unglücklich kommunizierende Röhren
Aporien einer revidierten Psychoanalyse. Zu Dagmar Herzogs
»Cold War Freud«. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Mit der Beschleunigung der ökonomischen Entwicklung können nämlich die Änderungen der menschlichen Reaktionsweisen, die unmittelbar durch die Wirtschaft bedingt sind, d. h. die unmittelbar aus dem wirtschaftlichen Leben sich ergebenden Gewohnheiten, Moden, moralischen und ästhetischen Vorstellungen so rasch wechseln, daß ihnen gar keine Zeit mehr bleibt, sich zu verfestigen und richtige Eigenschaften der Menschen zu werden.«

Quo vadis Europa
Josef Bramls ernüchternde Analyse der geopolitischen Lage und die für Europa daraus erwachsenden Gefahren und Möglichkeiten.

Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Die USA, so die Arbeitshypothese, seien zukünftig weder in der Lage noch willens den militärischen Schutz innerhalb der NATO zu schultern. Braml stellt sogar den Zweitschlag-Willen der USA infrage, europäische Verbündete im Verteidigungsfall mit nuklearen Mitteln zu verteidigen.«

Wer ist schuld an der Misere?
Wie schreibt man (k)eine Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland bis 1945?
Von Wolfgang Bock
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»Diese „Historiker der Psychoanalyse“ versuchen als selbsternannte Gatekeeper der Debatte über NS-Psychologie zu fungieren und andere Meinungen zu disqualifizieren oder aus dem Feld zu drängen.«

Eine sprachgewaltige Rebellin
Helena Adlers Debut-Roman »Die Infantin trägt den Scheitel links« rockt die Literaturszene nicht nur in Österreich. Von Lothar Struck
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»
Fast jeder Satz von Helena Adler schneidet, beißt, trifft. Aber man täusche sich nicht: Wo andere mit Repetitionen arbeiten, wo die Zorn in blinde Wut gerinnt, ist hier alles unter Kontrolle. Und gleichzeitig in Aufruhr.«


Kein Wort bleibt auf dem anderen
Helena Adlers neuer Roman
»Fretten«
dreht noch mehr an der Schraube der Expressivität.
Von Lothar Struck
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»Helena Adler ist eine grandiose Sprachartistin, die epische Momente erschaffen kann, aber heuer zuweilen einen Salto zu viel schlägt auf dem Drahtseil. 'Fretten' sollte, nein: muss man trotzdem lesen. Denn hier pocht das Herz der Welt.«

»Die Literatur war schon immer die Rettung der Verdammten«
Das Buch als unsterbliches Medium. Eine spannende und lehrreiche Lesereise durch fünf Jahrtausende Buchgeschichte. Von Herbert Debes
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Mit »Papyrus« hat Irene Vallejo jenes literarisches Genre wiederbelebt, das 2016 seinen Meister verloren hatte.
»Wir haben nicht nur die Wale, die Mönchsrobben und die Bären in den Abruzzen zu retten, sondern auch die Bücher,« beschwor Umberto Eco in seiner »Kunst des Bücherliebens«.

Die Kanonisierung des Pop
Leichte Lesbarkeit, routinierte Plots, aufgeladen mit bedeutsamen Zeichen, ohne wirkliches Neuland zu betreten, das kennzeichnet für Moritz Baßler den »populären Realismus«. Von Lothar Struck
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»Salopp gesagt: Statt Diamanten sind im Midcult nur Glassteine verarbeitet – aber es glitzert so schön.«



Ein realistischer Blick auf die Welt
Carlo Masalas aktualisiertes Standardwerk »Weltunordnung« über die globalen Krisen und die Illusionen des Westens. Von Gregor Keuschnig
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»... ein grandioser Wurf, zumal auch einige politische Dogmen angesprochen und sanft, aber bestimmt, entzaubert werden. Der Leser wird konsistent und schlüssig mit den aktuellen geopolitischen Herausforderungen vertraut gemacht.«

»Ich rebelliere, also sind wir!«
Die Gegenwart der rassistischen Vergangenheit in der Psychiatrie. Andreas Heinz' überaus lesenswerte Rekonstruktion
»Das kolonialisierte Gehirn und die Wege der Revolte«
Von Wolfgang Bock
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»
Der Autor zeigt sich jedenfalls mit (fast) allen diskursiven Wassern gewaschen, er beherrscht sein ABC von der Anthropologie und der Ethnopsychoanalyse über den autoritären Charakter bis zum medikamentösen psychiatrischen Diskurs. (...) Geschickt schaltet er von einem Diskurs in den anderen um, vergleicht die Dinge miteinander und bleibt dennoch immer themenzentriert bei dem Zusammenhang von Krankheit und Revolte.«

Lehrjahre eines Schriftstellers
Uwe Timm blickt zurück auf »Alle meine Geister«
Von Sigrid Lüdke-Haertel
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»Timm erzählt nahezu schwärmerisch von einer Arbeitsatmosphäre, die Marx als 'gemütliches Knechtschaftsverhältnis' bezeichnet hatte. Es wird viel erzählt, vom Leben in all seinen Facetten, auch von Liebe, Eifersucht und Trauer.«


Ein Panoptikum von Histörchen
Rechtzeitig zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich erscheint Florian Illies' neuestes Werk »Zauber der Stille«. Von Gregor Keuschnig
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»... der Autor kann es auch in diesem Buch nicht lassen,
die geschilderten Ereignisse mit anderen, inkompatiblen Vorfällen zu kombinieren. Als etwa 1931 der Münchner Glaspalast abbrennt – darunter auch Friedrich-Bilder – rattert die Möglichkeitsmaschine auf Hochtouren.
«

Schreiben und Trinken in Kopenhagen
Tom Kristensens Roman »Absturz« ist
eine wahnwitzige, rauschhafte, großartige Auflehnungserzählung. Von Lothar Struck
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»Selbst aus der zeitlichen Entfernung von fast einem Jahrhundert wirkt der Roman frisch und in der Beschreibung eines auf Selbstreferentialität fixierten Kulturbetriebs wunderbar zeitgenössisch. Die Lektüre von Absturz ist sowohl Vergnügen wie auch Herausforderung. Eben große Literatur.«

Eine »Form absoluter Freiheit«
Natalja Kljutscharjowas bewegendes »Tagebuch vom Ende der Welt«. Von Gregor Keuschnig
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»Das ist wie abgeschnittene Blumen in einer Vase. Eine Zeitlang sehen sie noch aus wie lebendig. Aber in Wirklichkeit haben sie keine Wurzeln mehr, keinen Boden, keine Zukunft.«



Retroversion der Arbeiterklasse
Bernie Sanders lesenswerte Systemkritik
»Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein« zeigt, wie schmal in den USA der Pfad ist zwischen einer sozial gerechteren Realpolitik und dem Absturz in einen
Autoritarismus Marke Trump. Von Peter Kern
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»Ein Prozent der US-Bürger sind wirklich Besitzende; ihnen gehören 90 Prozent des gesellschaftlichen, sich in Fabriken, Fernsehsender, Forschungslabors, Supermärkten, Kliniken, Filmstudios, Airlines und Privatunis vergegenständlichten Reichtums. Die bestbezahlten 25 Hedgefonds-Manager der Wall Street sacken mehr Geld ein als die 350.000 Erzieherinnen in den Kindergärten des Landes.«

»Nehmen und Lesen«
Zum 120. Geburtstag publiziert der Suhrkamp-Verlag sorgfältig edierte, bisher unveröffentlichte Texte des Schweizer Dichters Ludwig Hohl.
Von Lothar Struck
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»Ludwig Hohls Werk (…) läßt sich, ohne Voraussetzung oder Übereinkunft, nehmen und lesen. Es ist so unerhört wie selbstverständlich. Es (…) steht frei zur Lektüre, wie eine in die Natur gehörende und diese erst beseelende Menschenschrift.«

Kulturindustrie
zur Aktualität eines kritischen Begriffs
Ein Essay von Peter Kern und Dieter Maier
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»Künstlerische Kreativität ist mittlerweile fast rückstandslos in der Kulturindustrie aufgegangen. Die kulturelle Ware hat über das Kulturgut so gründlich gesiegt, dass autonomes künstlerisches Schaffen zu einem schwer verkäuflichen Restposten wurde.«

»Ziemlich okaye Popsongs«?
Musik zwischen Markt und Moral
Ein Essay von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Ich gehe bei diesem Versuch davon aus, dass die meisten Popsongs »ziemlich okay« sind, dass dennoch rote Linien existieren, die in den allermeisten Fällen weniger ein Problem der Musik selbst – oder wie Diedrich Diederichsen so schön sagen würde: der »Thermodynamik des Sound« – als vielmehr eines des Vokabulars, mitunter auch der Bildsprache (Musikclips) sind; eines Vokabulars nämlich, dass entweder verletzend ist oder dort, wo es provokativ sein und Grenzen austesten möchte, das Sprachspiel ambivalenter Bedeutungen und Offenheit zugunsten eindeutiger Positionierungen verlässt«. Farin Urlaub: Der ziemlich okaye Popsong

Zurück in die Vergangenheit ...
... zur phantasmagorischen Veränderung der Zukunft. Reinhart Kosellecks »Kritik und Krise« von 1954 neu gelesen. Von Wolfgang Bock
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»Der heutige Leser reibt sich beide Augen – das eine, das auf das 18. Jahrhundert gerichtet ist und das andere, das auf die 1950er Jahre schaut ...«



Das ontologische Gerippe des Realen
Mit seinem opulenten Werk
»Die Formen des Sichtbaren« entwickelt der Anthropologe Philippe Descola eine
Art Menschheitsgeschichte des Bildes. Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Was ist ein Bild, und wie ändert sich das Bild, das wir uns von der Welt machen? Was wird überhaupt sichtbar, und welche Formen nimmt die Sichtbarkeit an? Welches Bild hat der Mensch letztlich von sich selbst.«

»... im Kopf erwischt«
Louis-Ferdinand Célines wiedergefundener Roman
»Krieg« liest sich wie ein einziger langezogener Schrei. Von Gregor Keuschnig
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Sollte es jemals einen Glauben an die Menschheit gegeben haben, so wird dieser hier zerstört, denn es wird ihm klar, wie »namenlos niederträchtig die Menschen sind.«


»...auf dem Weg durchs Nichts«
Louis-Ferdinand Célines desillusionierender Parforceritt »Reise ans Ende der Nacht«
Von Herbert Debes
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»Man ist von sich selber angewidert ... es reicht jetzt, ein bisschen was zu fressen, es sich ein bisschen warm zu machen und so viel zu schlafen, wies nur geht auf dem Weg durchs Nichts. (...) Man ist nichts mehr als eine alte Laterne voll Erinnerungen, an einer Straßenecke, wo schon fast niemand mehr vorbeikommt.«

Sichtung einer vergangenen Welt
Florjan Lipuš' Erzählung
»Die Verweigerung der Wehmut«. Von Lothar Struck
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»Man dankt dem Suhrkamp-Verlag für diese Neuauflage des 1985 erstmals publizierten Romans, weil ein markanter und wichtiger Titel einem langsamen Vergessen in Antiquariaten entrissen und nach vielen Jahren wieder bibliophil präsentabel wurde.«


Deutscher Buchpreis 2023:


Vom Leben in zwei Welten
Tonio Schachingers Roman »Echtzeitalter«
Von Sigrid Lüdke-Haertel
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»... ein zeitgenössischer Bildungsroman, allerdings ausgerichtet an einer Gegenwart, die der herkömmlichen Bildung leichtfüßig entlaufen ist.«
 

»Travail attractif«
Auf der Suche nach einer »guten Arbeit« versammelt diese 7-bändige »Matrix der Arbeit« umfangreiche Materialien zur Geschichte und Zukunft der Arbeit. Von Peter Kern
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»Solche Arbeit ist abwechslungsreich, hat Einfluss auf die ihr zugrunde liegenden Organisation, ist ordentlich entlohnt und kommt der Entwicklung weiterer Fähigkeiten entgegen; sie vergegenständlicht sich in einem nützlichen Gut, bietet Beschäftigungssicherheit und ist in einem mäßigen Zeitaufwand zu erledigen.«

Zuviel des Guten
Thomas von Steinaeckers ambitionierter Roman
»Die Privilegierten« scheitert an seinen Ansprüchen.
Von Gregor Keuschnig
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»Der Versuch, einen packenden Plot zu erzählen, versandet in einer schwadronierenden und aufgrund ihrer Berechenbarkeit am Ende uninteressanten Hauptfigur. Die einzige Rettung bestünde darin, dass es sich um eine Satire handelt...«

Vom Pferd gefallen
Thanatologie, Trauma und Solipsismus. Über Reinhart Kosellecks Texte zu politischem Totenkult und Erinnerung »Geronnene Lava«. Von Wolfgang Bock
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»Er träumt in seinen Notizen von Russen als Läusen und Walter Ulbricht, der ihn aus dem Flugzeug stoßen will und liefert so Material ein, dass einer erlösenden Interpretation harrt und keiner sekundären Verehrung durch seine Schüler.«

Versuche der Selbstvervollkommnung
Anna Baars Streifzüge und Randnotizen »He, holde Kunst« Von Lothar Struck
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»Immer geht es auch um die persönlichen Erlebnisse und ästhetischen Prägungen der Autorin, die vorübergehenden und bleibenden Lieben, Illusionen und Desillusionen, Mut und Verzagtheit.«

Der Leser wird zum Entdecker
Judith Schalanskys wunderbarer »Taschenatlas der abgelegenen Inseln«. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»... ein Buch, dass zu jeder Jahreszeit und an allen Orten vergnüglich und lehrreich zugleich zu lesen ist. In seinem blauen Leinencover erweckt es den Eindruck eines geheimnisvollen Almanachs.«

Spinnen, die in der Morgensonne leuchten
In dem Langgedicht »Poesie« verleiht Xaver Bayer den unscheinbaren Fragmenten der Wirklichkeit poetische Würde. Von Lothar Struck
Text lesen
»Beim Zuklappen des Buches beginnt die eigene Maschine zu laufen. Und man sucht schon mal seinen Rucksack.«


Entscheidungen
Ulrich Woelks Roman »Mittsommertage« zielt mitten in unsere Gegenwart. Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
»Woelk verknüpft diese privaten Probleme sehr geschickt mit unserer politischen Entwicklung. Auch das Personal ist geschickt, das heißt schlüssig und glaubhaft, ausgewählt. Er führt keine Sprechpuppen über die Bühne, die seine Ansichten verkünden, sondern Menschen, denen man ihre Schwierigkeiten und ihre Lösungen abnimmt.«

Die Lücken, die das Alphabet lässt
In seinem neuen Buch
»Das Alphabet bis S« vereint Navid Kermani Erzählung, Reflektion und Meditation zu einer bereichernden Lektüre.
Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Für die beiden oberen Bretter H benötige ich gar die Leiter; Hedayat, Hemingway und Hebel hat der Auszug meines Mannes übel erwischt. Grass ist ebenfalls nur noch Stuhlliteratur, das ist verkraftbar, Hauptsache, an Goethe komme ich auf Zehenspitzen mit ausgestreckter Hand.«


Festgelesen
Einblicke in zwei aktuelle Ausgaben sehr verschiedener Literaturzeitschriften.
von Gregor Keuschnig
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»Man ist bisweilen überrascht, wie viele Literaturzeitschriften es im deutschsprachigen Raum gibt und dann noch überraschter, wenn es jetzt sogar noch eine neue geben soll. Sie nennt sich Delfi und den Preis für das hässlichste Coverbild hat man schon mal sicher.«

Ein Begriff der Geschichte mit Schlagseite zum Bürgerkrieg
Reinhart Kosellecks Aufsatzsammlung »Vergangene Zukunft - Zur Semantik geschichtlicher Zeiten« wiedergelesen. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Die Texte entstanden aus den damaligen Debatten und sind heute selbst historisch. Sie weisen eine deutlich konservative Physiognomie und Hartleibigkeit auf, die bis ins Lager der Holocaustleugner reicht.«

Wie Geschichte entsteht
Stephan Lambys Reportagen »Ernstfall – Regieren in Zeiten des Krieges«. Von Lothar Struck
Text lesen
»Im Gegensatz zu anderen Filmemachern, die sich wuchtig inszenieren, ist Lamby ein Politikflüsterer; in seiner zurückhaltenden, manchmal fast antichambrierenden, dabei jedoch nie unterwürfigen Art gelingen bisweilen bemerkenswerte Einsichten.«

Teaching Disaster
Guillaume Paolis erfrischend polemische Kritik
unserer Denkweisen in postnormalen Zeiten.
Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»Merkmal dieser neuen Realität ist die Tatsache, dass es keine Krisen im herkömmlichen Sinne in einem an sich gesunden System mehr gibt. Denn was den Menschen gegenwärtig begleitet, ist der permanente Schauder in
einer Welt des nicht endenden Desasters.«

Abgesang auf eine Epoche
Mit seinem Roman »
Dämmerung« schließt Michael Kleeberg seine Karlmann-Trilogie. Eine deutsche Mentalitätsgeschichte, ein Sittenbild des Bürgertums der letzten fast 40 Jahre. Von Lothar Struck
Text lesen
»Kleebergs Dämmerung ist ein Abgesang, freilich ohne Jammern oder gar Sentimentalität.«


Die letzte Eskapade
In Richard Fords Roman »Valentinstag« begleiten wir Frank Bascombe und seinen an ALS erkrankten Sohn Paul auf ihrer letzten gemeinsamen Reise durch die amerikanische Provinz. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»... und es beginnt ein trotzig-spöttisches, ernst-albernes Kammerspiel zwischen dem körperlich stetig verfallenden Sohn und dem im schlechten Gewissen eingelegten Vater.«

Einblicke in innere Kyffhäuser
Dominik Graf und Anatol Regnier untersuchen Motive und Befindlichkeiten von Schriftstellern, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland geblieben waren. Von Lothar Struck
Text lesen
»... ein fesselnder, beeindruckender, lehrreicher, auf eine fruchtbare Weise bisweilen verstörender Film. Nach dem Abspann möchte man ihn sofort noch einmal sehen.«

Giulianos Odyssee
»Fremde Mächte« zum vierten Band von Andrea Giovenes epochaler Pentalogie »Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero«.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Mehr als einmal erscheint einem Giuliano mit seinen bisweilen aristokratischen Attitüden als italienisches Pendant zu Ernst Jünger.«



Zwischen Romantik und Modernität
I
m Rahmen eines Übersetzungs-Seminars der Goethe-Universität wurden die Erzählungen und Feuilletons des dänischen Autors Henrik Pontoppidan »Kaum ein Tag ohne Spektakel« neu übersetzt.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Diese Anthologie zeigt, dass sich Henrik Pontoppidans Schaffen schwer in eine Schublade stecken lässt. Mal triefen seine Texte vor Ironie, dann wieder dominiert insbesondere in den Erzählungen ein bitter-besinnlicher Impressionismus.«

Romancier, Gentleman und Kosmopolit
Zum Leben und Werk des britischen Schriftstellers
und Dramatikers William Somerset Maugham
(25.01.1874-16.12.1965).
Von Jürgen Seul
Text lesen
»Von Romantik unter dem Kreuz des Südens findet man in Maughams Büchern nichts – dafür aber einen Ozean von Geschichten, auf denen die Wogen von Leidenschaft und Gewalt hoch gehen.«

Mörderisches Liebesabenteuer
Der kleine Roman »Oben in der Villa« des großen Erzählers William Somerset Maugham wurde zum Glück wiederentdeckt. Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
»Ein perfekter Erzähler, ein schräger Typ, ein echter, ein alter Engländer. Neunzehntes Jahrhundert, aber voll up to date.«



Der »song and dance man«
Teil 2: Zur Rolle der Kontrafaktur in Bob Dylans Songwriting. Ein Essay von Ulrich Breth
Text lesen
»Kontrakfakturen sind Lieder mit einer überlieferten Melodie, denen ein neuer Text unterlegt wird. Hierbei wird in der Regel ein geistliches Lied in ein Lied mit weltlichem Gehalt überführt. Bei Dylans Songs verhält es sich nicht selten umgekehrt.«

Der »song and dance man«
Teil 1: Bob Dylan und seine »Philosophie des modernen Songs«. Ein Essay von Ulrich Breth
Text lesen
»Dylans Philosophie des modernen Songs besteht nicht darin, die Entstehung, die Funktionsweise und Bedeutung des modernen Songs zu beschreiben oder gar zu erklären, sondern die Magie, die entsteht, wenn sich die Lyrics eines Songs mit einer Melodie verbinden, mit seinen Reflexionen beständig zu umkreisen.« Leseprobe & Playlist

Lektüre mit Volten und Widerhaken
Albert Camus monologische Erzählung »Der Fall«
in der neuen  Übersetzung
von Grete Osterwald.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Sie wissen ja, was für schüchterne Kommunikanten unsere Bistro-Atheisten sind. Ein Moment der Bestürzung folgte dem Ausspruch dieser Ungeheuerlichkeit, verdutzt blickten sie einander an, dann brach der Tumult los…«


»Auf verlorenem Posten«
Michel Houellebecqs denkwürdiger Bericht »Einige Monate in meinem Leben« Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Houellebecq zerstört mit diesem Buch jegliche Distanz zwischen sich und dem Erzähl-Ich, zwischen den tatsächlichen Ereignissen und den Schilderungen im Buch. Er schreibt eine ultimative Nichtfiktion. Dass das Buch keine Genrebezeichnung trägt, ist nur konsequent.«

Furor und Traurigkeit
Ludwig Fels posthum erschienener Gedichtband
»Mit mir hast du keine Chance«
Von Lothar Struck
Text lesen
»
Die Zukunft wird kommen. / Auch die der Literatur. /
Sie wird wenig Heimat haben, / wenn sie kommt. / Aber Tag und Nacht und / die Körper, die sie lieben.«


Am »letzten Abend der Menschheit«
Raphaela Edelbauers atmosphärisch dichter Roman
»
Die Inkommensurablen«
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»... die Wimmelbilder des kriegshysterischen Wien gelingen sehr gut, während die Genreszenen in den Lokalen und vor allem die Charakterstudien der immer wieder im Jargon der Gegenwart verfallenden Helden eher schwach bleiben.«


Der Felsen von Sirilund
Gabriele Haefs gelungene Neuübersetzung von »Benoni« zeigt Knut Hamsuns literarische Qualitäten auch abseits seiner bekannten Werke.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Schachspieler kennen Benoni als Bezeichnung für eine Eröffnungsvariante. Es ist allerdings auch ein seltener Vorname, der aus dem Hebräischen kommt und 'Sohn des Leides' bedeutet.«

Wahrheit & Existenz
Mit Cormac McCarthy starb einer der letzten großen alten Männer der Nordamerikanischen Gegenwartsliteratur.
Von Herbert Debes
Text lesen
Mit seinem Romanduo »Der Passagier« und »Stella Maris« legte er uns im Herbst 2022 sein opus magnum vor.

Erhellt von mediterraner Sonne
»Das Haus der Häuser« zum dritten Band von Andrea Giovenes epochaler Pentalogie »Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero«.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Man kann diese eigenartige Stimmung, die bei der Lektüre entsteht, lange nicht vergessen, obwohl man natürlich früh ahnt, dass das alles keinen Bestand haben wird.«

Das Walross und der Zimmermann
Oder: Wie der Kapitalismus seine eigenen Grundlagen verschlingt. Über Nancy Frasers kapitalismuskritische Diagnose »Der Allesfresser«. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Alles in allem bietet die Kannibalismus-Metapher mehrere vielversprechende Ansätze für eine Analyse der kapitalistischen Gesellschaft. Sie lädt uns dazu ein, diese Gesellschaft als eine institutionalisierte Fressorgie zu betrachten, deren Hauptgericht wir selbst sind.«


Ein Meisterwerk
Abdulrazak Gurnahs mitreißender Roman »Die Abtrünnigen« beschreibt die Kolonialgeschichte Sansibars als
Familien-, Orts- und Historienerzählung. Von Lothar Struck
Text lesen
»Das sanfte und epische Erzählen Gurnahs, dieses zärtliche Auffächern der unterschiedlichen Charaktere (...) machen diesen Roman zu einem wunderbaren Erlebnis.«


Abtauchen
Ein Gedenkwort für Carlo Emilio Gadda & seine »Grässliche Bescherung in der Via Merulana«. Wolfram Schütte
Text lesen
»Es ist eine veritable Sprachlust, in die Vielzahl der dschungelartig wuchernden Erzählmäander der wunderbaren Bescherung abzutauchen, die Carlo Emilio Gadda in & um die Via Merulana in Rom uns als Klassiker-Vergnügen hinterlassen hat!«


»Ich kann in den Tod gehen«
Amina Handkes gelungene filmische Transformation eines überhaupt nicht gealterten Theaterstücks.
Von Lothar Struck
Text lesen
»... eine gelungene und sehr anregende Transformation des mehr 50 Jahre alten Stückes Kaspar. Amina Handke und Libgart Schwarz schaffen es subtil Schneisen für Reflexionen auf Gegenwartsbezüge zu schlagen.«

Die Untröstlichkeit der Verwaisung
Esther Kinskys Last Picture Show »Weiter sehen«
Von Wolfram Schütte
Text lesen
»... überwiegend sinnliche Passagen atmosphärisch dichter, gestochen scharf fixierter literarischer Vergegenwärtigungen  der Landschaft, der Natur, der Jahreszeiten – diesmal des »Mangellands, eine Gegend der Abwesenheiten« – wie sie die endlose Weite des ungarischen Flachlands nennt.«

Alle kamen nach Nürnberg
Uwe Neumahrs aufschlußreiche Studie »Das Schloss der Schriftsteller«
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Zeitweise waren 250 Pressevertreter in der Stadt, 100 davon aus den USA. Die Unterbringung war kompliziert, die hygienischen Zustände grenzwertig. Bis zu zehn Personen teilten sich ein Zimmer.«



Hoffen, Erinnern, Sehen
Über 3 Bücher von Esther Kinsky und Ihre Art zu Sehen und Schreiben
Von Lothar Struck
Text lesen
»Aber die 'Weite ist mehr als Ferne, sie ist das, was man an Möglichem zulässt. Das gilt für das Sehen von Landschaft, Gelände, von Menschen, von Kunst.'«

Eine toxische Liebe
Michel Bergmanns späte Abrechnung mit seiner »Mame« Von Sigrid Lüdke-Haertel
Text lesen
»Michel Bergmann hat erbarmungslos, dabei immer wieder faszinierend zu lesen, mit seiner Mutter abgerechnet. Am Ende packt ihn das schlechte Gewissen.«



Komplett verrechnet
Bingener und Wehner legen die vielsträngigen Verflechtungen der »Moskau Connection« und deren politische Fehleinschätzung offen.
Von Lothar Struck
Text lesen
»In der akribischen Erfassung dessen, was sich seit 1998 in Bezug auf Energiepolitik und Russland ereignet hat, werden die Abgründe deutlich sichtbar.« Leseprobe & Infos


Augenblicke
des Findens

Eine virtuelle Ausstellung

von Hermann Littmann
zu den Bildern
»Warum ein Foto gemalt wird bleibt ein Geheimnis, es geht um ein besonderes Licht oder Erscheinung. Die Kategorien des Realismus
interessieren mich nicht.
«


»Der perfekte Schuss«
Mathias Enards aufwühlende Novelle über einen jungen Scharfschützen in einem namenlosen Krieg
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Die längst zur Floskel verkommene Kafka-Bemerkung, das Literatur die Axt unserem gefrorenen Meer sein soll, trifft hier endlich einmal zu. Die Hiebe dieser Axt wird man für lange Zeit nicht vergessen und die Eisschollen lassen den Leser taumelnd zurück.«

In memoriam Dieter Leisegang:
»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
Von Herbert Debes
Nachruf Lesen
Vor 50 Jahren, am 21. März 1973, erschoß sich in Offenbach am Main der Philosoph und Poet Dieter Leisegang, der zu Lebzeiten eine solitäre Randfigur im deutschen Literaturbetrieb blieb, und die Sehnsucht der Literaturkritik nach dem »rettungslosen Ich«.


Putins Weg ... (Ende Offen)
Giuliano da Empoli
bringt uns in dem Schlüsselroman »Der Magier im Kreml« mitreißend und glaubhaft Putins Denkungsart und Selbstverständnis nahe und schenkt uns eine Begegnung mit Jewgeni Samjatins prophetischer Dystopie »Wir« aus dem Jahre 1920. Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Manches verstört, etwa die Aussage Baranows an einen russischen Söldner im Donbass, dass es bei kriegerischen Auseinandersetzungen nicht um den vollständigen Erfolg, den Sieg, gehe. Die Eroberung dürfe nicht endgültig sei, sondern es sei "nur" ein bestimmtes Chaos-Level anzustreben. Dies lässt in Verbindung mit dem aktuellen Ukraine-Krieg nichts Gutes erwarten. Zuweilen vergisst man, dass dieser Mann im Kreml real ist und nicht nur eine Romanfigur.«

Das Regime Putin
Sechs lesenswerte Bücher, die sich differenziert und hintergründig mit Putins langem Weg an die Macht und seinen Visionen vom großrussischen Reich auseinandersetzen.
Von Gregor Keuschnig
Text lesen


Bücher mit Ensembles
Wolfgang Martynkewicz'
»Das Café der trunkenen Philosophen«. Wie Hannah Arendt, Adorno & Co. das Denken revolutionierten, oder »Die Netflixisierung der Frankfurter Schule«. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»So werden Klassiker gemacht, die bereits schon solche sind und nun endlich auch in andere Medien gehoben werden können. Der Verlag wirbt schon mal auf dem Umschlag wie für einen Film mit vielen Stars: 'Mit Hannah Arendt, Theodor W. Adorno, Paul und Hannah Tillich, Gisèle Freund, Max Horkheimer u.v.a'.«

Eine befreiende Lektüre
Christoph Menkes »Theorie der Befreiung« bürstet althergebrachte Denktraditionen gegen den Strich und bricht mit sämtlichen Traditionen des Freiheitsbegriffes. Von Jürgen Nielsen-Sikora
Text lesen
»
Die Befreiung kämpft immer einen doppelten Kampf: Sie kämpft gegen die Herrschaft und zugleich kämpft sie mit und gegen sich selbst. In der Theorie der Befreiung geht es um den Kampf, den die Befreiung gegen sich selbst führen muss, wenn sie die Herrschaft bekämpfen will.«

Klassiker:
Ein zeitlos gültiges Zeugnis

Eckermanns »Gespräche mit Goethe« in den letzten Jahren seines Lebens.
Von Herbert Debes
Text lesen
»Eckermanns »unmittelbaren Skizzen« haben ihre Originalität und Gültigkeit auch für heutige Leser behalten. Viele Textstellen können als Leitsätze und Lebensweisheiten auch ohne den weiteren Textzusammenhang, für sich genommen, stehen, und nicht wenige dürfen als treffende Kommentare oder kritische Anmerkungen zu Phänomenen unserer Gegenwart gelesen werden und stehenbleiben.«

Moderne Klassiker:
Glanz und Elend der künstlichen Paradiese
Selten hat ein Schriftsteller mit solcher Nüchternheit, leidenschaftslos und souverän über den Rausch geschrieben wie Ernst Jünger zwischen 1968 und 1970 in seinem Buch »Annäherungen«.
Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Der Rausch« heißt es dort, »bleibt eine der Stationen auf dem Weg zum Nullpunkt, eine flüchtige Herberge, ein buntes Zelt, das für eine einzige Nacht aufgeschlagen wird. (…) Der Nullpunkt ist auch Gefrierpunkt, und obwohl die Atome ihr Gewicht behalten, ändert sich ihre Anordnung.«

Eine Maus als Elefant?
Überlegungen zu Andreas Isenschmids Proust-Lektüre. Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Die These dieses Buches ist es, dass Proust sowohl bei seinem politischen Aktivismus als Dreyfusard wie beim Schreiben von starken jüdischen Gefühlen geleitet wurde, dass er sie aber meist nur indirekt zum Ausdruck brachte und zu ihnen eine durchgängig ambivalente Beziehung unterhielt.«

Psychoanalyse und Revolution
Helmut Dahmers spannendes Essay über Leo Trotzki, die »Psychoanalyse und die kannibalistischen Regime.« Von Wolfgang Bock
Text lesen
»Dualisten teilen die Welt in zwei Substanzen: Materie und Bewusstsein. Ist dem aber so, was machen wir dann mit dem Unbewussten?«


»Ich, der Unsterbliche«
Neue Bücher von, mit und über Peter Handke zum
80. Geburtstag des Dichters.
Von Lothar Struck
Text lesen
»Statt also die jetzt vermutlich quälenden Geburtstagstexte aus den platonischen Höhlen des Kulturjournalismus über sich ergehen zu lassen, sollte man seine Zeit besser nutzen und wenn es schon Sekundärliteratur sein soll, dann zu Federmairs Buch greifen. Es klärt nicht nur hier und dort auf, sondern könnte Lust bereiten, das ein oder andere Buch (wieder) zu lesen.«

Ein literarischer Schatz
aus Italien

Andrea Giovenes
epochale Pentalogie »Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero«.
Von Gregor Keuschnig
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»Es ist gerade diese flirrende Ambivalenz, das leichte Unbehagen, das Changieren zwischen dem "Stoizismus der Einsamkeit" Giulianos und dessen bisweilen harsch-egoistische Handlungen und Umgangsformen, welche die Neugier des Lesers auf die Fortsetzungen stetig wachsen lässt und man auch nach mehreren Stunden Lektüre die antiseptische Gegenwartsprosa der Daueremphatiker keine Sekunde vermisst.«

Die dunklen Ressourcen
der deutschen Gesellschaft

Über die Leipziger Autoritarismus Studie 2022 zu »Autoritären Dynamiken in unsicheren Zeiten«.
von Peter Kern
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»Die über die vielen Jahre fortgeschriebene Untersuchung des Autoritarismus stößt auf vehemente Ablehnung, weil sie die Übereinkunft zwischen der publizierten Öffentlichkeit und der angesagten Soziologie stört. Man hat sich auf die flotte Gesellschaft der Singularitäten geeinigt, und diesen Konformismus scheuchen die Leipziger mit ihrem Anknüpfen an den Geist, ja gar an die Terminologie, der Kritischen Theorie auf.«

Nicht versöhnt
Jean-Marie Straub ist gestorben.
Eine Erinnerung von Wolfram Schütte
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»Bekannt wurden Straub-Huillet unter Cinéasten, wirklich geschätzt von nur wenigen (allerdings auf der ganzen Welt), jedoch bewundert von manchen, vor allem aber wegen der ästhetisch-politischen Radikalität ihres solitären Kampfes gegen die Welt-wie-sie-ist, aber nicht sein sollte.« »Die Antigone des Sophokles nach der Hölderlinschen Übertragung für die Bühne bearbeitet von Brecht« (1991)

Scott Walker
Porträt des Künstlers als verhinderter Stern
Von Ulrich Breth
Text lesen
Am 3. Dezember 2012, vor zehn Jahren also, ist Bish Bosch, das letzte Studioalbum des im März 2019 verstorbenen Scott Walker erschienen. Das kleine Jubiläum bietet die Gelegenheit, an das Werk eines Musikers zu erinnern, den sein Weg von der legendären Popband The Walker Brothers in die musikalische Avantgarde geführt hat.

Das Gewissen Österreichs?
In dem Dokumentarfilm
»Elfriede Jelinek« will die Regisseurin Claudia Müller »Die Sprache von der Leine lassen« und Rowohlt verspricht mit dem Buch »Angabe der Person« eine »Lebensbilanz« der Nobelpreisträgerin. Von Lothar Struck
Text lesen
»Wir können immerhin sagen, wir haben sie gelesen, wir können behaupten, wir hätten sie verstanden, wir benutzen sie als Ablass, wir stellen die Werke ins Regal oder speichern sie auf der Festplatte. Da werden sie zu Perlchen am Rosenkranz des Gewissens und die Lektüre, die man sich von Fall zu Fall auferlegen muss, zur Buße. Recht so.«

Die Mischung machts
10 Lesetipps ausgewählt
von Herbert Debes
zu den Büchern
Slavoj Žižek - Unordnung im Himmel / Ali Al-Kurdi - Der Schamaya-Palast / Heinz Helle - Wellen / Alexandra Stahl - Wenn, dann trifft es uns beide / Solomonica de Winter - Das Gesetz der Natur / Miqui Otero  - Simón / Leonardo Padura - Wie Staub im Wind / Guy de Maupassant - Auf See / Sylvia Plath - Das Herz steht nicht still

Amerikanist & Flaneur
Die Bücher des Chronisten jüdischen Lebens und Literaturkritikers Alfred Kazin sind in deutscher Sprache nur noch antiquarisch lieferbar.
Das muß sich ändern.
Ein Plädoyer von Stefan Geyer
Text lesen
»My idea of heaven is to settle down in a jet with a book, a notebook and a martini.«


»Bitterer Realismus«
Gabriele Riedles etwas
anderer Abenteuerroman
»
In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg.«
Von Gregor Keuschnig
Text lesen
»Je mehr man liest, um so deutlicher wird in diesen auftürmenden, repetitiven Hypotaxengebilden das Verlangen, die Welt (die einstige Welt) aus der Rückschau noch einmal und zwar anders als bisher zu "erzählen, berichten, rhapsodieren, delirieren, tremolieren", weil der zeitliche Abstand andere Sichtweisen hervorbringt bzw. hervorbringen soll.«

Zeitzeuge einer Rezeption
Wolfgang Kraushaar zeichnet die Umrisslinien eines politischen Bildes Walter Benjamins.
Von Wolfgang Bock

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»Gegenüber einer Auffassung, der Benjamins Passagenwerk als „kulturhistorisch interessant“ erscheint, gilt es den bislang verborgen gebliebenen revolutionstheoretischen Sinn seines Hauptwerks und die Wirksamkeit des darin entwickelten Begriffsinstrumentariums unter Beweis zu stellen. Vielleicht werden sich dann die Feuilletonisten, die bei der Nennung seines Namens glänzende Augen bekommen, dieselbigen endlich zu reiben beginnen.«


Auf Zehenspitzen durch die Hölle
Zur historisch-kritischen Ausgabe von Ernst Jüngers »Strahlungen«. Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»...ein Grund, warum in der Rezeption von Jüngers Werk und seiner Tagebücher immer wieder Spekulationen über seine Person gestreut würden, sei darin zu sehen, dass der Diarist Jünger in seinen Texten viele Dinge benenne und sie ästhetisch auflade, andere aber bewusst verschweige. Die Edition wolle diesbezüglich zur Klarheit beitragen. Ein Ziel sei es, einen »Ausgleich zwischen präziser Textwiedergabe, Lesbarkeit und Transparenz sowohl für akademische als auch für nichtwissenschaftliche Leser« herzustellen und Einblicke in die Schreibwerkstatt des Autors zu ermöglichen.«

Schwache Schutzgeister
Auf den Spuren von Isidor. Geschichte und Geschichten aus einem jüdischen Leben.
Von Wolfgang Bock
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»Es sind Erzählungen vom Durchkommen, vom Überleben, von der List, wie sie jede Familie sich so konstruiert wie der Chronist der Nation, wie Sigmund Freud es einmal treffend ausgedrückt hat. Der Gestus dieser Überlebenden ist zusammengefasst in einem Witz, den der Schneider Kurt Goldfarb Isidors großen Bruder David erzählt, der sich auf den Weg nach Amerika macht: ...«

Verdichtete Miniaturen

Die unzeitgemäßen »Notas« des kolumbianischen Philosophen Nicolás
Gómez Dávila. Von Herbert Debes
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»Dieses Taschenbuch gehört in jeden Survival-Rucksack, denn es konzentriert sich in vulkanischen Splittern auf die Sinnlichkeit des Menschen und die ewigen drei großen Fragen: Was Denken? Was Tun? Was Glauben?«

Ein reformistisches Manifest
Thomas Piketty will mit seiner »kurzen Geschichte
der Gleichheit« neue demokratische Räume öffnen.
Von Peter Kern
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»Es bräuchte eine an der Idee der Gerechtigkeit orientierte Moral, damit die in Nord und Süd gespaltene Welt einen wirklichen Fortschritt verzeichnen könnte.« Leseprobe


Hin zu einer neuen Sprache
Zur Neuausgabe der »Werke« des russischen Revolutionärs und Erneueres der Sprache Velimir Chlebnikov. Von Herbert Debes
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»Chlebnikovs Ruhm als Dichter ist unermeßlich viel geringer als seine Bedeutung. Von den hundert, die ihn gelesen haben, nannten ihn fünfzig einfach einen Graphomanen, vierzig haben ihn als Unterhaltung gelesen, und sich gewundert, weshalb sie von alldem keine Unterhaltung hatten, und nur zehn (die Futuristen-Dichter, die Philologen des »Opojaz«) kannten und liebten diesen Kolumbus neuer poetischer Kontinente, die jetzt von uns besiedelt und urbar gemacht werden.« (Vladimir Majakovskij, 1922)

Zeitlose Chroniken
Johannes V. Jensens
tragikomische »Himmerlandsgeschichten« in der lebendigen Übersetzung von Ulrich Sonnenberg
erschienen im Guggolz Verlag. Von Lothar Struck
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»
Die Melancholie, der Verlust der mythischen Heimat zu Gunsten einer pluralistischen und für viele durchaus bedrohlichen Moderne, führte bei Jensen nicht zur falschen Idealisierung des Vergangenen. Hierfür wusste er zu viel.«

Gänge durchs Unwirkliche
Karl Ove Knausgårds
beklemmender Start in seine Magic-Mystery-Tour
. Von Gregor Keuschnig
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»Leider hat diese Plot-Süffigkeit ein Opfer: Es ist die literarische Qualität. "Der Morgenstern" gleitet rasch in einen Unterhaltungsmodus ab, dem man sich allerdings gerne aussetzt.«


Eindrücke aus der »Werkstatt«
Peter Handkes
»Innere Dialoge an den Rändern
2016-2021
«.
Von Lothar Struck
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Viele der an sich selber gerichteten Aufforderungen und Sprachsuchen sind in Dialog- bzw. Frageform verfasst, was dem Journal den Titel gegeben hat. Handke betreibt ein Spiel der Dialektik, ein Sich-ins-Wort-fallen, oft durchaus mit Humor und Selbstironie und manchmal in einen Aphorismus mündend.


»Der Frieden nach dem
Kalten Krieg ist vorbei«

Erstmals 2021 publiziert und jetzt in deutscher Übersetzung vorliegend, bekommt das Buch »Future War« durch die russische Invasion in die Ukraine zusätzliche Relevanz. Von Gregor Keuschnig
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»Die Lektüre ist beunruhigend, ernüchternd und anstrengend, aber auch lohnend.«


Vagabundierend
durch Räume und Themen

Zu Band 14 der Kritischen Gesamtausgabe Walter Benjamins »Texte über Städte, Berichte, Feuilletons«
Von Jürgen Nielsen-Sikora
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»Benjamin erweist sich in diesen Arbeiten einmal mehr als sehr genauer und kritischer Beobachter seiner Zeit, ...
«


Am Nullpunkt der Existenz
Von Jürgen Nielsen-Sikora
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David Roussets Dokument »Das KZ-Universum«
Rousset ist ein großer Schriftsteller, dessen schockierendes Dokument endlich in deutscher Fassung vorliegt und von einem profunden Nachwort Jeremy Adlers flankiert wird. Selbst am »Nullpunkt der Existenz« werde, so Adler mit Verweis auf Rousset, »unter den schlimmsten Verhältnissen gelebt, gesehen und gedacht.«
 

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Honey ist 82. So alt, dass Beerdigungen sich nicht mehr anfühlen wie ein Arrivederci, sondern eher wie ein A presto: ein Bis bald. Nach einem Leben als Kunstexpertin in den besten Auktionshäusern von Los Angeles ist sie nach New Jersey zurückgekehrt – in eine Heimat, die sie als Teenager gegen alle Widerstände verlassen hat. Die interessantesten Tage ihres Lebens liegen hinter ihr, glaubt sie. Aber sie irrt sich.                                       Leseprobe & Infos

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Mircea Cartarescu
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In 33 Kapiteln verschränkt Cărtărescu Historisches, Phantastisches, Philosophisches mit schrecklich-schönen Abenteuergeschichten zu nichts weniger als einem Weltganzen, das bis in unsere Zeiten, bis zum Jüngsten Gericht reicht. Leseprobe & Infos

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Zum Jahresbeginn starteten die beiden Journalisten Manfred Etten und Achim Forst ihr Projekt »Gespenster der Freiheit«, ein Web-Magazin das »Geschichten aus der Kultur« online aufbereitet und die Vernetzung von redaktionellen Resourcen vorantreiben will. Wir sind bei diesem spannenden Projekt dabei:

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Petits riens (55)
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Fühle mich hier jeden Tag, als wäre ich im Himmel (yo)
Ich bin krass gut in Shape, Mannomann
Guap und 'nen Pape in der Hand
Life is a bitch, yo
Life is a bitch, doch sie ist
Ooh, yeah, ooh, und ich
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« (Cro, FKNGRT)




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»Damals war das Terrain noch nicht so überlaufen. Nicht so viele Autoren und Möchtegernschreiber wie heute, nicht so viele Zeitschriften, Kritiker, Verleger, nicht so ein Riesenbetrieb, so eine Industrie. Wenn du heute den Klempner kommen lässt, erscheint er mit seiner Rohrzange in der einen Hand und dem Gummistampfer in der anderen, und in der Gesäßtasche hat er ein Bändchen mit seinen ausgewählten Madrigalen.«


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