Radetzkymarsch
»So war es damals! Alles,
was wuchs, brauchte viel Zeit zum Wachsen; und alles, was unterging, brauchte
lange Zeit, um vergessen zu werden. Aber alles, was einmal vorhanden gewesen
war, hatte seine Spuren hinterlassen, und man lebte dazumal von den
Erinnerungen, wie man heutzutage lebt von der Fähigkeit, schnell und
nachdrücklich zu vergessen.«
Wenn mich jemand fragte, was man von Joseph Roth
denn lesen solle, würde ich, ohne mit der Wimper zu zucken, antworten: ALLES!
Doch zuerst lesen Sie bitte den Radetzkymarsch, denn
mit diesem Roman schuf Joseph Roth sein
Meisterwerk.
Der Großvater hatte dem Kaiser in der
Schlacht bei Solferino das Leben gerettet. Sein Vater ist noch ein pflichtbewusster Beamter der k.u.k. Monarchie.
Carl Joseph von Trotta,
der Enkel des »Helden von Solferino«, ist jedoch von einem anderen
Schlag. Empfindsam, gemütsbetont und
nur wider Willen Offizier geworden, sucht er Ablenkung von seiner vermeintlichen
Schwäche im Spiel, Alkohol und bei den Damen.
Anhand dreier Generationen der Familie von Trotta schildert Joseph Roth
in vollendeter poetischer Schönheit Glanz und Verfall des
Habsburgerreichs.
»Ein grausamer Wille der Geschichte hat mein altes Vaterland, die
österreichisch-ungarische Monarchie, zertrümmert. Ich habe es geliebt,
dieses Vaterland, das mir erlaubte, ein Patriot und ein Weltbürger
zugleich zu sein, ein Österreicher und ein Deutscher unter allen
österreichischen Völkern. Ich habe die Tugenden und die Vorzüge dieses
Vaterlands geliebt, und ich liebe heute, da es verstorben und verloren
ist, auch noch seine Fehler und Schwächen. Deren hatte es viele. Es hat
sie durch seinen Tod gebüßt. Es ist fast unmittelbar aus der
Operettenvorstellung in das schaurige Theater des Weltkriegs gegangen.«
Schrieb Roth In seinem Vorwort zum Vorabdruck des Radetzkymarsch in der
Frankfurter Zeitung vom 17. April 1932.
Sein Lebensthema war die
unwiderrufliche Auflösung der alten europäischen Ordnung des 19.
Jahrhunderts und der damit einhergehende Verlust von Heimat, dieses »in
die Welt geworfen sein«, ohne recht zu wissen, was man darin noch soll,
jene grenzenlose Verlorenheit, die in Roths Romanen ihren vollendeten
Ausdruck gefunden hat.
Bevor ich Michael Heltaus Lesestimme gehört habe, hätte ich geschworen, daß
man das nicht dürfe, man das Buch selbst lesen müsse, um den Zauber
erleben zu können, der sich bei der Lektüre einstellt, und den Leser
selbst zu einem derer von Trotta macht. Doch Heltau trifft genau den
Ton, seine Stimme entwickelt jenen nicht nennbaren, magischen Klang, der
das Buch zu Leben erweckt, und es als Hörbuch zu einem der schönsten
macht, die je gelesen wurden.
»Die Kapuzinergruft«
schließt
unmittelbar an den ›Radetzkymarsch‹ an: Franz-Ferdinand Trotta gehört
zur Wiener ›jeunesse dorée‹, man pflegt die gelangweilte Dekadenz – »In
dieser Atmosphäre hatten Gefühle kaum einen Platz, Leidenschaften gar
waren verpönt« – bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. In den
Kaffeehäusern des Wiens zwischen den Kriegen findet die Saga der von
Trottas ihr Ende.
Die Legende vom heiligen Trinker
Andreas ist ein Clochard in Paris.
Er schläft unter den Seine-Brücken, statt einer Decke halten ihn alte
Zeitungen warm. Und er ist ein Trinker, geradezu ein Säufer. Die
Begegnung mit einem Unbekannten, der ihm zweihundert Francs leiht, setzt
eine Kette von kleinen Wundern in Gang: ein warmes Essen, eine
gründliche Rasur, eine Begegnung mit einer verflossenen Liebe und mit
einem alten Freund – und immer wieder der Alkohol. Ein unorthodoxer
Heiliger, eine melancholische und versöhnliche Legende, die Joseph Roth
als sein Testament bezeichnete.
Stimmen zum Buch:
»Das leidende und erliegende Herz
ist Joseph Roths Domäne. Er kann wahrhaftig erzählen, einfach und mit
welcher Natürlichkeit!«
Alfred Döblin
»Jede Seite, jede Zeile, ist wie die Strophe eines Gedichts, gehämmert
mit dem genauesten Bewußtsein für Rhythmus und Melodik.«
Stefan Zweig
Flucht
ohne Ende
»Ich habe nichts
erfunden, nichts komponiert. Es handelt sich nicht mehr darum, zu ›dichten‹. Das
Wichtigste ist das Beobachtete.« So eröffnet Joseph Roth seinen Bericht über die
Odyssee des Franz Tunda, eines österreichischen Offiziers im Ersten Weltkrieg,
der aus der russischen Kriegsgefangenschaft flieht. Auf seiner abenteuerlichen
Reise gerät er in die Wirren des russischen Bürgerkriegs, in die kommunistische
Avantgarde und in die Arme einer schönen Georgierin. Doch nirgends kommt Tunda
an. Baku, Moskau, Wien, Paris – jeder Ort erweist sich bloß als weitere Etappe
seiner Flucht.
Martin Wuttke meistert diesen »Bericht« Roths, der inhaltlich einen Roman von
Tolstoischen Ausmaßen auf ein grandioses Textkonzentrat von 160 Seiten
eingedampft, und dessen existentieller Wucht und Magie sich keiner, in dessen
Brust ein Herz schlägt, je wird entziehen können, in der angemessenen
stimmlichen Nüchternheit und Zurückhaltung mit Bravour. HD
Artikel online seit 02.09.20
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Joseph
Roth
Radetzkymarsch
14 CD, Ungekürzt gelesen von Michael Heltau
ca. 518 Min.
ISBN 3-257-80159-9
Euro 49.90 / sFr 87.90
Joseph
Roth
Die Kapuzinergruft
5 CD, Roman
Ungekürzt gelesen von Peter Matic
ca. 351 Min.
ISBN 3-257-80160-2
Euro 29.90 / sFr 53.90
Joseph
Roth
Die Legende vom heiligen Trinker
1 CD, Ungekürzt gelesen von Mario Adorf
ca. 75 Min.
ISBN 3-257-80158-0
Euro 14.90 / sFr 26.90
Joseph Roth
Die Flucht ohne Ende
- Ein Bericht
Gelesen
gelesen von
Martin Wuttke
detebe - 160 S. , 7,90 €,
3 CD, 4 Std. 3 Min., ISBN
978-3-257-80283-2, € 24.90
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