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Literatur und Zeitkritik


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So schön und so traurig

Über Roy Anderssons »Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach«

Von Claus Wecker

 

Wenn man Roy Andersson begegnet, mag man kaum glauben, dass dieser freundliche, ältere Herr ein ganz besonderes Original unter den Filmregisseuren ist, viel zu bieder wirkt er dafür. Doch in seinen Filmen lauert hinter jeder Szene ein Abgrund. Auf ein gemächliches Tempo sollte man sich allerdings einstellen – dann ziehen die satirisch-sarkastische Miniaturen, aus denen Anderssons Filme bestehen, den Betrachter nach kurzer Zeit in ihren Bann. So schön und auch so traurig sind sie, wie die Musik auf der kleinen Schallplatte, die sich Jonathan, eine der beiden Hauptfiguren im neuen Film, immer wieder anhört.




Sie möchten helfen, Spaß zu haben: Jonathan (Holger Andersson) und Sam (Nils Westblom) auf ihrer glücklosen Mission als Vertreter für Scherzartikel.
© Neue Visionen Filmverleih
 

Jonathan (Holger Andersson, nicht mit dem Regisseur verwandt) und Sam (Nils Westblom) sind zwei sich ständig streitende Handelsvertreter für Scherzartikel, die den Menschen helfen möchten, Spaß zu haben. Nun sind Scherzartikel ohnehin schon eine traurige Angelegenheit, wenn sie zwei bleiche Jammergestalten anbieten, werden sie endgültig zum Klischee und damit zum Spielball der Komödie. Die Komödie entsteht aus der Distanz zu den Figuren. Aus der Sicht der Götter sind die Tragödien der Menschen Komödien, haben die Griechen gesagt. Andersson blickt vom Olymp, dem Wohnsitz der Götter, kommt aber immer wieder auf die menschliche Tiefebene zurück, um uns unsere Schwächen vorzuhalten und uns Fragen zu unserer Existenz zu stellen.

Wer kann schon gelassen bleiben, wenn ein Affe systematisch mit Elektroschocks gefoltert wird und die Wissenschaftlerin, am Fenster stehend, ins Telefon spricht: »Es freut mich zu hören, dass es dir gut geht«. Oder wenn britische Kolonialsoldaten gefangene Afrikaner in eine riesigen Kupfertonne rösten. Zu sehen ist diese Szene übrigens aus der Perspektive altersschwacher europäischer Salonbesucher. »Meine Filme zeigen, dass die Menschheit sich potentiell in Richtung Apokalypse bewegt, aber auch, dass wir unseren Weg selbst in der Hand haben«, hat Andersson gesagt.

In 39 Szenen, die manchmal eine zusammenhängende Geschichte, manchmal von einzelnen Ereignissen erzählen, balanciert Andersson zwischen Komödie und Tragödie. Die langen Einstellungen, die für ihn seit »Songs from the Second Floor« typisch sind, haben diesmal die bestechende Tiefenschärfe der digitalen Kameratechnik, die Andersson zum ersten Mal angewandt hat, auch um seiner Vorliebe, im Hintergrund zu inszenieren, zu frönen.
 

»Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach« ist nach dem oben genannten »Songs from the Second Floor« und »Das letzte Gewitter« der letzte Teil einer »Trilogie über das Menschsein«, wie es im Vorspann heißt. Dafür erhielt der freundliche, ältere Herr den Goldenen Löwen beim Filmfestival von Venedig.


Wir danken dem Strandgut - Das Kulturmagazin für Frankfurt & Rhein-Main

Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach
(En duva satt på en gren och funderade på tillvaron)

von Roy Andersson, S/N/F/D 2014, 100 Min.

mit Holger Andersson, Nils Westblom

Tragikomödie

Start: 01.01.2015

 


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