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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik |
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Karl May lebt!
Neues aus der Traumfabrik des Karl-May-Verlages zum 100. Todesjahr des
Schriftstellers 2012.
Karl May ist ein Phänomen. Sein Hausverlag allerdings auch. »Im fernen Westen« Mit der Titelerzählung »Im fernen Westen« hat es gleich in mehrfacher Hinsicht seine besondere Bewandtnis: Sie stellt zum einen die Bearbeitung der ersten größeren Winnetou-Erzählung »Old Firehand« von 1875 dar, die May vier Jahre später vornahm, und die zum anderen 1879 seine erste Buchausgabe im Stuttgarter Verlag Franz Neugebauer überhaupt sein sollte. Karl May integrierte die Erzählung wiederum vier Jahre später – erneut bearbeitet – innerhalb eines seiner berühmtesten Bücher: »Winnetou II«. Unabhängig der stilistischen und inhaltlichen Variationen und Änderungen der einzelnen Texte, geht es auch bei »Im fernen Westen« um eine typisch spannungsreiche Abenteuergeschichte um den Apatschenhäuptling Winnetou, an dessen Seite der »Ich«-Erzähler und der erfahrene Jäger Old Firehand agieren. Das Reizvolle für den Leser ist dabei u.a. die verblüffende Feststellung, dass er es in dieser Geschichte noch nicht mit einem sehr edlen Winnetou zu tun hat und das auch der »Ich«-Erzähler noch keineswegs der omnipotente Old Shatterhand ist. Winnetou und der »Ich«-Erzähler treten sich hier vielmehr als Lehrmeister und begabter »Westmann«-Novize gegenüber. Mit von der Partie sind auch die den May-Lesern aus anderen Erzählungen bekannten Gestalten Sam Hawkens, Dick Stone und Will Parker. Zu Beginn der Handlung lernt der »Ich«-Erzähler den noch jugendlichen Sohn Harry des berühmten Jägers Old Firehand kennen. Harry lebt bei einem Verwandten, dem Ölprinzen Emery Forster in New-Venango. Die Lebensgeschichte Harrys betrifft auch Winnetou, hatte sich dieser doch einst in dessen Mutter Ribanna verliebt. Der Filmfreund denkt dabei sogleich an die von Karin Dor verkörperte Rolle in der Verfilmung des »Winnetou II«-Stoffs in den 60er Jahren. Während im Film der edle Apatschenhäuptling zugunsten des allgemeinen Friedens zwischen Roten und Weißen auf eine eheliche Verbindung mit der schönen Indianerin verzichtet, tut er es in Mays Text zugunsten seines Freundes Old Firehand. Und anders als es bei der reizenden Karin Dor im Film der Fall gewesen war, hatte Karl May »seine« Ribanna uncharmant – was in einer Rückblende erzählt wird – ermorden lassen. Ihr Mörder Tim Finnetey taucht nun wieder als »weißer« Indianeranführer der Ogellallah-Krieger unter dem Namen Parranoh auf. Es kommt zu recht blutigen Überfällen auf die Pelzjägergesellschaft Old Firehands. Zwar fällt Parranoh schließlich, aber die Kämpfe fordern unter der Heldenschar zahlreiche Opfer – so ist z.B. auch Old Firehands Tod zu beklagen. Die Erzählung ist mit einem lesenswerten und ausführlichen Nachwort des profunden Karl-May-Kenners Prof. Christoph F. Lorenz versehen. Er klärt über die Besonderheiten der Erzählung auf, die auch gelegentliche Kuriositäten enthält, die sich aus der Umarbeitung Karl Mays ergeben haben. Der Leser erhält einen höchst spannenden wie informativen Einblick in die Schreibwerkstatt Karl Mays. Gerade auch der erwachsene Leser, der aus seinen Jugendtagen eine andere Variante der Geschichte kennt, stellt »Im fernen Westen« eine reizvolle Wiederentdeckung »seines« alten Karl May dar. »Der Fürst der Bleichgesichter« Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Buchtext: »Der Fürst der Bleichgesichter«, deren Stoff ein in sich abgeschlossener Teil eines frühen Kolportageromans Mays unter dem Titel »Deutsche Herzen, Deutsche Helden« darstellt. Bei dem umfangreichen literarischen Gesamtgebilde geht es um die Geschichte der deutschen Familie Adlerhorst, deren Mitglieder durch eine Intrige in alle Welt verstreut werden. In drei Abteilungen schildert May nun, wie die verschiedenen Familienmitglieder allmählich wieder zusammengeführt werden.
Der »Der Fürst der Bleichgesichter« spielt in den Südstaaten der USA und weist
alle Merkmale der überschäumenden Phantasie Karl Mays auf und erinnert in vielem
an seine klassischen Reise- und Jugenderzählungen. Anstelle Old Shatterhands als
Freund und Helfer der Familie Adlerhorst fungiert der Diplomat und Prinz Oskar
Steinbach, der als »Fürst der Bleichgesichter« einzelne Familienmitglieder derer
von Adlerhorst sucht und gleichzeitig die Schurken verfolgt und bekämpft. Und
ebenso wie Winnetous Blutsbruder verfügt auch Steinbach über Wunderwaffen, die
allerdings – worauf Lorenz hinweist – »mehr an das Repertoire eines
Zauberkünstlers als an der Realität orientiert sind: ein Beil, das auch als
Bumerang verwendet werden kann und sich mit einem Handgriff in ein Gewehr
verwandeln lässt, ein Schießring, der den Eindruck erweckt, als feuere der Held
die Kugeln aus einer bloßen Hand ab, schließlich eine Blendgranate, die ihren
Namen ‚Mephistophelesgranate‘ nicht nur dem ‚teuflichen‘ Gestank verdankt, den
sie verbreiten kann.« Das erinnert ein wenig an das erstaunliche Waffenarsenal,
das James Bond stets von Q mit auf den Weg in die nächste »Ich-rette-mal-eben-die-Welt-Aktion«
zur Hand bekam. Der Karl-May-Verlag
Überhaupt sei an dieser Stelle ein Blick auf den rührigen Karl-May-Verlag
geworfen, der es geschafft hat, bald 100 Jahre einen Schriftsteller auf dem
deutschen Buchmarkt fest zu etablieren, wo manche Konkurrenten wie Friedrich
Gerstäcker mehr oder weniger verschwunden sind. Oder wer kennt heute noch
Charles Sealsfield oder Robert Kraft?
Dennoch hatten die Witwe des Dichters, Klara May, der bisherige Hausverleger der
»Gesammelten Reisererzählungen« Friedrich Ernst Fehsenfeld und der junge
Bamberger Jurist Dr. Euchar Albrecht Schmid, die Entscheidung zur Gründung eines
Karl-May-Verlags in Radebeul bei Dresden gefasst. Als geschäftsführender
Gesellschafter fungierte dabei Schmid, der zu Beginn seiner Tätigkeit diverse
Rechtsstreitigkeiten vor allem im Zusammenhang mit den Kolportageromanen Karl
Mays beenden musste. Das Dritte Reich überstand der Verlag dank der geschickten Verlagsarbeit Schmids und seiner Mitarbeiter halbwegs unbeschadet, wenngleich zahlreiche Bücher Mays wegen ihrer pazifistischen Haltung nicht mehr publiziert werden konnten. Dennoch stieg die Auflage der »Gesammelten Werke« bis 1945 auf beinahe neuneinhalb Millionen mit 65 Bänden. Klara May war am 31.12.1944, der andere Mitgesellschafter Fehsenfeld bereits am 16.09.1933 gestorben.
Ein Neuanfang nach dem Krieg war schwierig. Karl May war unter der sowjetischen
Besatzungsherrschaft unerwünscht, der Verlag musste sich nach Westen
orientieren. In dieser schwierigen Situation starb Euchar Albrecht Schmid mit 67
Jahren am 15. Juli 1951. Sein ältester Sohn Joachim Schmid übersiedelte in die
Heimatstadt des Vaters und vergab von Bamberg aus Lizenzen an westdeutsche
Unternehmen. Seine Brüder Lothar und Joachim, wie auch die Witwe des
Firmenmitbegründers Katharina folgten – teilweise auf recht abenteuerliche
Weise.
Mit dem Ablauf der Urheberschutzfrist an Mays zu seinen Lebzeiten erschienenen
Werken, sprangen zahlreiche andere Verlagsunternehmen auf den Erfolgszug auf.
Der Karl-May-Verlag reagierte auf diese neue Konkurrenzsituation mit der
Herausgabe einer preiswerten »Jubiläumsausgabe« zu Mays 120. Geburtstag und 50.
Todestag und vergab Lizenzen an verschiedene Buchgemeinschaften. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits die über Jahrzehnte eher stiefmütterlich behandelte Karl-May-Forschung durch die Arbeit der 1969 gegründeten Karl-May-Gesellschaft dazu geführt, dass sich auch der Karl-May-Verlag verstärkt der Sekundärliteratur zuwandte. Es kam ebenfalls zwischen 1982 bis 1984 zur Veröffentlichung einer beachtlichen Reprintreihe der sog. Fehsenfeldbände, der Vorläuferreihe der »Gesammelten Werke«, mit verschiedenen Ausstattungen und umfangreichen und fundierten Nachworten von Roland Schmid. Als dieser 1990 überraschend früh im Alter von 59 Jahren starb und sich sein Bruder Joachim drei Jahre später aus dem Verlagsgeschäft zurückzog, blieb alleine Lothar Schmid aus der Verlegerbrüder-Troika übrig, um das Unternehmen, ab 1995 unterstützt durch seinen Sohn und heutigen Geschäftsführer Bernhard Schmid, fortzuführen. Beide taten dies mit hohem persönlichen Einsatz und verlegerischem Mut: Neben dem zügigen weiteren Ausbau der »Gesammelten Werke« durch die Aufnahme von bislang unveröffentlichtem Textmaterial wie auch verschiedenen Frühfassungen May’scher Werke, publizierte der Verlag seither ein imposantes Sekundärliteraturprogramm. Herausragend sind hierbei eine auch in der Sendung »Lesen« im ZDF von Elke Heidenreich empfohlene Bildbiografie mit dem Titel »Karl May und seine Zeit« von Gerhard Klußmeier und Hainer Plaul sowie die fünfbändige »Karl-May-Chronik« von Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz. 365 Tage Karl May Ein Beleg für die rege Tätigkeit im Bereich der Sekundärliteratur ist dabei auch die jüngste Publikation des erwähnten Hans-Dieter Steinmetz: ein biografisches Kalendarium, gesprickt mit Ereignissen aus Karl Mays Leben. Der Autor gehört zu den bedeutendsten Karl-May-Forschern der letzten Jahrzehnte. Er referiert und skizziert Vorgänge und Abläufe bei Karl May zu jedem Tag eines Jahres, was z.B. beim 24. Dezember wie folgt aussieht:
»24. Dezember
Der Leser nimmt durch diese Art der periodenübergreifenden Paralleldarstellung von Ereignissen einen vergleichenden Einblick in die wechselvolle Vita des Schriftstellers. Außerdem enthält das Buch 52 Wochenessays. Beispielsweise zur Weihnachtswoche heißt es: »Schicksalhaftes Weihnachten« Schon in den ersten Zeilen seiner Selbstbiografie Mein Leben und Streben berichtet Karl May vom nächtlichen Unfalltod seines Großvaters im tiefen Schneegestöber und nimmt ein Fazit vorweg: Ueberhaupt ist Weihnacht für mich und die Meinen sehr oft keine frohe, sondern eine verhängnisvolle Zeit gewesen. So muss er sich als 17-jähriger Seminarist in Waldenburg zwei Tage vor Heiligabend 1859 vor der Lehrerkonferenz verantworten, weil von ihm sechs Talglichter beiseite gebracht worden sind, um sie für das Fest mit nach Hause nehmen zu können. Der Schüler geht anschließend in die Ferien mit der Befürchtung eines Serninarausschlusses, der dann auch eintritt. Es waren [...] sehr trübe, dunkle Weihnachtsfeiertage. [ ... ] An diesen Weihnachtstagen löschten heilige Flammen in mir aus, Lichter, die mir wert gewesen waren. Ich lernte zwischen dem Christentum und seinen Bekennern unterscheiden. Ich hatte Christen kennen gelernt, die unchristlicher gegen mich verfahren waren, als Juden, Türken und Heiden verfahren würden. [...] Dass Steinmetz für die Erstellung des Buches Synergien nutzen konnte, die aus seiner Arbeit an der »Karl-May-Chronik« resultieren, nimmt dem Werk nicht seinen Charme als klassisches Lese- und Geschenkbuch gerade zu Weihnachten. Ausstellung »Karl-May-Traumwelten«
Aber es sind nicht nur Bücher, mit denen der Karl-May-Verlag seinen Autor der
breiten Öffentlichkeit präsentiert, sondern auch Veranstaltungen, wie der
Ausstellung »Karl-May- Traumwelten – Grafik, Illustrationen von Winnetou & Co.«,
die derzeit innerhalb eines wunderbaren Ambientes im Knauf-Museum im fränkischen
Iphofen gezeigt wird. Die Ausstellung huldigt den zahlreichen Illustratoren von
Karl Mays Werk wie Claus Bergen, Zdenek Burian, Carl Lindeberg und zahlreichen
anderen Künstlern. Gezeigt werden Originalzeichnungen zu Karl Mays Werk aus über
100 Jahren aus den Beständen des Karl-May-Verlages, zusammen mit Leihgaben aus
dem Karl-May-Museum Radebeul und von privaten Leihgebern. Anlässlich des 100.
Todestages von Karl May im Jahr 2012 ist eine Abteilung der Ausstellung dem
Leben und Wirken Karl Mays gewidmet. Die Sonderausstellung ist vom 6. November
2011 bis zum 22. Januar 2012 noch in Iphofen zu sehen. Danach wird sie ab dem 4.
Februar 2012 im Kulturhaus Gotha zu besuchen sein.
Fazit: Karl May lebt!
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Fotografie von Erwin Raupp, 1907
Wolfgang Hermesmeier / Stefan Schmatz
Wolfgang Hermesmeier / Stefan Schmatz
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