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Politik & Comic - Neues von Sarko
 

 

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Le roi, c’est moi!

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sorgt derzeit lediglich mit seinen privaten Eskapaden für öffentliches Aufsehen. Zwei Bücher blicken nun auf den Politiker und Regierungschef Sarkozy zurück und hinterlassen ein ambivalentes Bild.
Von Thomas Hummitzsch 

Warum hat sie das getan, mag sich ein jeder gefragt haben. Ausgerechnet diesen kleinwüchsigen Aufschneider, diesen verkappten Gigolo, der sich durch sein Verhalten inzwischen selbst diskreditiert hatte, wurde von ihr auserwählt. Nein, es geht nicht um das ehemalige Model Carla Bruni. Und Ja, die Rede ist dennoch von dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Die Frau, die Sarkozy als das literarisches Objekt ihrer intellektuellen Begierde ausgewählt hat, ist die französische Schriftstellerin, Theaterautorin und Intellektuelle Yasmina Reza. Sie begleitete Nicolas Sarkozy seit dem Sommer 2006 knapp ein Jahr lang auf seiner Wahlkampftour zu den Präsidentenwahlen 2007 und verfasste aus ihren Notizen eine Wanderung durch die Seele eines Mannes, einer Partei und einer Nation im Wahlfieber.

„Frühmorgens, mittags oder nachts“ ist der Versuch einer intellektuellen Quintessenz, der „intellektuelle Output“ (wie man auf neu-deutsch wohl formulieren würde) der Erlebnisse und Eindrücke, die Reza in einem knappen Jahr sammeln konnte. In dieser Reisedokumentation lässt Reza den Leser in Form von Ereignistableaus tief in ihren Blick auf den damaligen französischen Präsidentschaftskandidaten und jetzigen Präsidenten Nicolas Sarkozy versinken. Für dieses Projekt hat Yasmina Reza das jetzige französische Staatsoberhaupt studiert, erforscht, durchdrungen, und versucht, sich ihn zu erarbeiten, dieses strittige Männeken, wankelnd zwischen Genie und Wahnsinn und zwischen Hochmut und Demut vor dem Amt. Dabei hat sie wahrscheinlich tiefer in ihn hineinleuchten können, als er es selbst jemals getan hat. Sie lernte, die einfachsten seiner Gesten zu deuten und zu interpretieren und ist seinem Polittheater und seiner Selbstinszenierung dennoch erlegen.

Dem Leser ermöglicht Yasmina Reza einen Blick hinter die Kulissen der Macht und beweist dabei ihr Gespür für Schauspiel und Inszenierung. Die objektiven und offiziellen Informationen des Kandidatentrosses werden hier zum einen mit hinter der vorgehaltenen Hand anvertrauten Kommentaren sowie mit den scharfsinnigen Gedankenspielen der Beobachterin und Autorin ergänzt.

Reza wurde zwangsläufig mit der Politshow konfrontiert, die die politische Klasse für das Volk aufführte. Sie schreibt von Debatten, denen Sarkozy vor den laufenden Kameras eine „hohe Qualität“ bescheinigte, im stillen Hinterzimmer jedoch noch mit „Was für ein Scheiß!“ kommentierte. Sei war dabei, als Sarkozy seine Mitarbeiter zusammenstauchte oder einfach nur genervt obligatorische Veranstaltungen des Wahlkampfs hinter sich brachte: „So, ich habe überhaupt keine Ahnung, was wir hier sollen, das geht mir tierisch auf den Sack, und ich will so schnell wie möglich wieder weg. So erlebte sie den genervten und gestressten Kandidaten an Tiefpunkten seiner Kandidatur, bezeugt aber ebenso zufriedene Momente, in denen Mühe und Aufwand positive Wirkung zeitigten. Sie wohnte dem ständigen Auf und Ab der Emotionen bei, die im Laufe des Wahlkampfs mit den Umfragewerten eine inoffizielle Ehe eingingen.

Reza präsentiert dem Leser aber auch den privaten Sarkozy, einen Mann der Einsamkeit und die Stille sucht und sich scheinbar durchaus in Reflektion und Selbstreflektion zurückziehen kann. Einen Sarkozy, der der Aufführung, die mit seiner Kandidatur verbunden ist, partiell selbst müde zu sein scheint. Einen Kandidaten, der sein Mobiltelefon zur Hand nimmt, um das darauf gespeicherte Photo seines Sohnes zu sehen. Und so entsteht auch ein zerbrechliches Bild eines mitunter auch verletzlichen Mannes.

Und doch scheint er zumeist doch einfach nur Macho und Prolet gewesen zu sein, der, umgeben von hübschen Frauen, schon mal das Ziel seiner Präsidentschaft aus den Augen verlieren konnte und mit gar nicht pressetauglichen Worten um sich warf. Nun, man kennt diese Schludrigkeit, ja Selbstvergessen- und Selbstversessenheit aus diesen Tagen, in denen er an der Seite der schönen Carla Bruni sein Amt zuweilen verdrängt und Sarkozy wie ein pubertierender Pavian den stolzen, aber machtlosen Zwerg neben seinem Schneewittchen mimt.

Selbst gute Freunde rieten Reza von ihrem Vorhaben, den Kadidaten auf seiner Wahlkampftour zu begleiten, ab – sie hatten Angst, dass sie vereinnahmt und instrumentalisiert wird. Reza gelingt es aber zu großen Teilen, mit Abstand auf Sarkozy und seine Entourage zu schauen, auch wenn sie eine wachsende Sympathie (sie spricht sogar von Bewunderung) für den Kandidaten nicht verhehlen kann. Und dieser weiß auch geschickt, mit den Eitelkeiten der französischen Schriftstellerin zu spielen, etwa wenn er Zeilen aus ihrem Theaterstück „Im Schlitten Arthur Schopenhauers“ aus dem Stehgreif zitieren kann. Der Gedanke, dass auch sie hier seinem Schauspieltalent und einer gekonnten Inszenierung erliegt, scheint ihr nicht einen Moment gekommen zu sein. Zumindest geht sie diesem in ihren Erinnerungen nicht einmal ansatzweise nach. Nur einmal scheint sie sich der Distanzlosigkeit bewusst geworden zu sein, als sie schreibt: „An der Seite des Siegers ist der Sieg noch schöner.“  „Frühmorgens abends oder nachts“ ist daher nicht mehr als ein privater Blick auf eine öffentliche Person der zuweilen mit gescheiten Gedanken besticht, aber in weiten Teilen langweilt.

Einen komischen Rückblick auf die ersten Tage der Präsidentschaft bietet eine kleine, aber exzellente Sammlung politischer Karikaturen. „Sarkorama“ lautet der Titel der Zeichnungen aus dem französischen Satirejournal „Le Canard Enchainé“, der einzig verbliebenen medialen Opposition in Frankreich. Alle anderen Zeitungen haben ihre kritischen Töne gegen den Präsidenten nahezu eingestellt. Von Frankreichs Medien hat Sarkozy daher nichts zu fürchten, zählt er doch nicht umsonst einflussreiche Personen wie Bernard Arnault, Martin Bouygues, Arnaud Lagardère und Francois Pinault zu seinen besten Freunden. Die Wirtschafts- und Medienführer Frankreichs kennt er noch persönlich aus seiner Zeit als Bürgermeister des Pariser Nobelvororts Neuilly sur Seine. Sie bestimmen die Themen in der französischen Medienlandschaft, indem sie Aktienmehrheiten von Fernsehsendern oder Verlagen in der Hand halten oder als direkte Eigentümer auf die französischen Zeitungshäuser Einfluss nehmen. Es ist nicht verkehrt, in Anbetracht einer solchen Medienlandschaft von Kartellen oder Monopolen zu sprechen. Doch dagegen wird der französische Präsident nichts unternehmen, kann er sich doch der Unterstützung seiner tonangebenden Freunde sicher sein. Eine Hand wäscht halt die andere. Einzig das Journal der „angeketteten Ente“, so die Übersetzung des Titels, stellt sich mit Ehrgeiz und Liebe zum Detail dem Pro-Sarko-Trend der französischen Medien entgegen.

Der französische Comic-Zeichner und Karikaturist René Pétillon zeichnet schon seit 1993 für das Satireblatt. Dass Pétillon zu den talentiertesten und komischsten Zeichnern der französischen Comicszene gehört, hat er mehr als einmal bewiesen. So erhielt er 1989 den Großen Preis der Stadt Angoulème auf dem gleichnamigen Comicfestival. Sein Album „L’Enquête Corse“ wurde dort 2001 zum besten Comicalbum des Jahres gekürt. Wenn Pétillon eines mit Sicherheit kann, dann den Ernst der Lage in ein komisches und absurdes Bild zu rücken, so dass sich seine Protagonisten damit abfinden müssen, einer selbst verschuldeten Lächerlichkeit preisgegeben zu sein.

Nach dem Amtsantritt Sarkozys hat er das Handeln der französischen Regierung für das Satirejournal dokumentiert. Nach „J’y suis“ (Ich bin da), welcher die Karikaturen des Wahlkampfs versammelte, kommentieren die Zeichnungen in „Sarkorama“ nicht mehr nur den Präsidenten, sondern auch seine politische Entourage und nehmen deren Handeln intelligent auf die Schippe. Unter den tagesaktuellen Karikaturen findet sich jeweils eine kurze Erläuterung der Umstände und Bezüge, in die die jeweilige Karikatur einzuordnen ist. Ein zuweilen nicht ganz unnützlicher Service am Leser (vor allem für das deutsche Lesepublikum), der dezent im Hintergrund bleibt und den spottenden und bitterbösen, aber höchst komischen Zeichnungen den Vorrang einräumt. Die oben erwähnte Yasmina Reza findet in diesen Illustrationen ebenso einen Ehrenplatz, wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel oder die frisch mit Sarkozy vermählte Carla Bruni. Er geht auf die Befreiung sieben bulgarischer Krankenschwestern ebenso ein, wie auf Sarkozys Ankündigung, Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung massiv aus Frankreich auszuweisen. Innenpolitik und Internationales geben sich auf knapp einhundert Abbildungen die Klinke in die Hand. „Eine erste Bilanz eines Hyperaktiven“ verspricht der Einband dieser kongenialen Karikaturensammlung. Er hält auf intelligente, witzige, ja, geradezu zum Schießen komische Weise, was er verspricht. „Sarkorama“, eine kongeniale Sammlung politischer Karikaturen, die ein exzellentes Bild der Welt unter dem neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy wiedergibt.
 

Yasmina Reza
Frühmorgens, abends oder nachts
Aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
Carl Hanser Verlag
208 Seiten
17,90 €
ISBN 3446230297.

René Pétillon
Sarkorama
Édition Dargaud
96 Seiten 8,50 €
ISBN 2205061453.

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mit 6 Zeichnungen

 

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