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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik

 

Klassiker-Archiv



Faust - Übersicht

Johann Wolfgang Goethe

Faust I

Der Tragödie erster Teil
 

Zueignung.

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert
Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.
(...weiter)

Nacht. In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer
Faust, unruhig auf seinem Sessel am Pulte.

FAUST:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum-
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
(...weiter)

Vor dem Tor (Osterspaziergang)
Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.

EINIGE HANDWERKSBURSCHE:
Warum denn dort hinaus?
ANDRE:
Wir gehn hinaus aufs Jägerhaus.
DIE ERSTEN:
Wir aber wollen nach der Mühle wandern.
EIN HANDWERKSBURSCH:
Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.
ZWEITER:
Der Weg dahin ist gar nicht schön.
(...weiter)

Studierzimmer
Faust mit dem Pudel hereintretend.

FAUST:
Verlassen hab ich Feld und Auen,
Die eine tiefe Nacht bedeckt,
Mit ahnungsvollem, heil'gem Grauen
In uns die beßre Seele weckt.
Entschlafen sind nun wilde Triebe
Mit jedem ungestümen Tun;
Es reget sich die Menschenliebe,
Die Liebe Gottes regt sich nun. Sei ruhig, Pudel! renne nicht hin und wider!
An der Schwelle was schnoperst du hier?
(...weiter)

In Fausts Studierzimmer

MEPHISTOPHELES (in Fausts langem Kleide):
Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab ich dich schon unbedingt-
Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungebändigt immer vorwärts dringt,
Und dessen übereiltes Streben
Der Erde Freuden überspringt.
(...weiter)

Auerbachs Keller in Leipzig
Zeche lustiger Gesellen.

FROSCH:
Will keiner trinken? keiner lachen?
Ich will euch lehren Gesichter machen!
Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
Und brennt sonst immer lichterloh.
BRANDER:
Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.
FROSCH (giesst ihm ein Glas Wein über den Kopf):
Da hast du beides!
(...weiter)

Hexenküche.
Auf einem niedrigen Herd steht ein großer Kessel über dem Feuer. In dem Dampfe, der davon in die Höhe steigt, zeigen sich verschiedene Gestalten. Eine Meerkatze sitzt bei dem Kessel und schäumt ihn und sorgt, daß er nicht überläuft. Der Meerkater mit den Jungen sitzt darneben und wärmt sich. Wände und Decke sind mit dem seltsamsten Hexenhausrat geschmückt. Faust. Mephistopheles.

FAUST:
Mir widersteht das tolle Zauberwesen!
Versprichst du mir, ich soll genesen
In diesem Wust von Raserei?
Verlang ich Rat von einem alten Weibe?
Und schafft die Sudelköcherei
Wohl dreißig Jahre mir vom Leibe?
Weh mir, wenn du nichts Bessers weißt!
Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.
Hat die Natur und hat ein edler Geist
Nicht irgendeinen Balsam ausgefunden?
(...weiter)

Straße (I)
Faust. Margarete vorübergehend.

FAUST:
Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?
MARGARETE:
Bin weder Fräulein, weder schön,
Kann ungeleitet nach Hause gehn.

(Sie macht sich los und ab.)
FAUST:

Beim Himmel, dieses Kind ist schön!
So etwas hab ich nie gesehn.
Sie ist so sitt- und tugendreich,
Und etwas schnippisch doch zugleich.
Der Lippe Rot, der Wange Licht,
Die Tage der Welt vergeß ich's nicht!
Wie sie die Augen niederschlägt,
Hat tief sich in mein Herz geprägt;
Wie sie kurz angebunden war,
Das ist nun zum Entzücken gar!
(...weiter)

Gretchens Stube.
Gretchen (am Spinnrad, allein).

GRETCHEN:
Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer;
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Wo ich ihn nicht hab,
Ist mir das Grab,
Die ganze Welt
Ist mir vergällt.
(...weiter)

Walpurgisnacht
Harzgebirg Gegend von Schierke und Elend
Faust. Mephistopheles.

MEPHISTOPHELES:
Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?
Ich wünschte mir den allerderbsten Bock.
Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.
FAUST:
Solang ich mich noch frisch auf meinen Beinen fühle,
Genügt mir dieser Knotenstock.
Was hilft's, daß man den Weg verkürzt!-
Im Labyrinth der Täler hinzuschleichen,
Dann diesen Felsen zu ersteigen,
Von dem der Quell sich ewig sprudelnd stürzt,
Das ist die Lust, die solche Pfade würzt!
Der Frühling webt schon in den Birken,
Und selbst die Fichte fühlt ihn schon;
Sollt er nicht auch auf unsre Glieder wirken?
(...weiter)

 


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