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© R. Reifenrath |
Genre-Szene - Großraumwagen einer Frankfurter Straßenbahn, nachmittags an einem Wochentag. Insassen (soweit vom Augenzeugen überschaubar): 7 Personen & ein ca. 1-2 jähriges Kind in einem luxuriösen Kinderwagen. 5 Männer, 2 Frauen, 4 davon (erkennbar) Übergewichtige. Alle separat im Raum verteilt, 4 sitzend, 3 stehend. 2 mit Handy leise telefonierend, 2 am Handy wischend. Das Klein-Kind im Wagen berührt mit seinem winzigen Händchen die Fläche eines vor ihm liegende Ipads, auf dessen Bildschirm wechseln dadurch laufend Snoopy- & Bugs Bunny-Comics, die wohl für seine Unterhaltung gedacht sind. Figures in an urban landscape. * Deutsch-Stunden mit Bildern – Als kürzlich der offenkundige Antisemitismus & die Nazisympathie des Malers Emil Nolde (erneut) bekannt & öffentlich diskutiert wurde, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel umgehend verfügt, dass zwei Gemälde des farbreichen Expressionisten aus dem Bundeskanzleramt entfernt wurden. Wahrscheinlich hatte Helmut Schmidt während seiner Amtszeit sie dorthin gebracht, war doch bislang allgemein bekannt, dass Schmidts Freund, der Schriftsteller Siegfried Lenz, für seinen bundesdeutsch & weltweit erfolgreichsten Roman »Deutschstunde« Nolde als Widerständler sich zum Vorbild genommen hatte. Als solcher galt der Maler in der Nachkriegszeit zu Unrecht, weil er & die anderen expressionistischen Brücke-Maler in der NS-Wanderausstellung »Entarteter Kunst« reichlich vertreten waren. Da die nazistische Anprangerung »entarteter Kunst« (& das Berufsverbot) in der bundesdeutschen Nachkriegszeit gewissermaßen ex negativo mindestens als »Persilschein« galt: für tadellose »Innerer Emigration« (wie sie sich einige deutsche Schriftsteller wider die Exilierten & Emigrierten zusprachen), wurde die in vielerlei Hinsicht problematische, exkulpierende Bezeichnung faktisch nicht hinterfragt. So konnte ein offenbar besonders charakterloser, neidischer Denunziant wie das NSDAP-Mitglied Emil Nolde nach Kriegsende automatisch unter den Nazi-Opfern firmieren & problemlos Karriere machen. Er dürfte, mit vergleichbar ähnlich prekärer persönlicher Vergangenheit, nicht der einzige Künstler oder Intellektuelle gewesen sein, der zu Unrecht nach 1945 in der Bundesrepublik auf dem Nazi-Opfer-Ticket in ein »lupenreines« öffentliches Renommee gereist ist. So ehrenwert moralisch Frau Merkels symbolpolitische Verbannung der Nolde-Bilder aus den Regierungsräumen scheinen mag, geistesfern & kunstfremd bleibt sie doch, weil sie den Umgang mit einem künstlerischen Werk von Rang, das nicht das Kainsmal seines Schöpfers trägt oder gar »nazistisch« kontaminiert ist, mit einer tabuisierenden Verachtung & Ächtung »bestraft«, die doch einzig der empirischen Person Emil Noldes gelten müsste. Eine archaisierende Symbolhandlung. In früheren Zeiten wären die inkriminierten Werke – wenn nicht gar ihr Schöpfer – vernichtet worden. Wenig bekannt ist, dass in der NS-Zeit auch zahlreiche »Entartete Kunst« verbrannt wurde! Die problematische Verbannung zweier Nolde-Bilder & deren Ersetzung durch ein Gemälde des Mitexpressionisten Schmidt-Rottluff im Bundeskanzleramt terminierte in einer Farce, als auch dessen »Häuser unter Bäumen« sofort wieder abgehängt wurde, nachdem jemand zwei antisemitische Äußerungen aus der Soldatenzeit des Malers im 1. Weltkrieg ausfindig gemacht hatte. So skandalös uns heute nach dem Holocaust jeder Antisemitismus erscheint, so wenig obsolet war er gerade in den Ton angebenden bürgerlichen Schichten & Klassen Deutschlands, Österreichs & Europas vor dem zweiten Weltkrieg! Man braucht nur Namen wie Fontane, Schnitzler, Roth, Zola aufzurufen, um detaillierte literarischen Belege dafür zu finden. (Ich erinnere aus Theodor Wiesengrund Adornos Biografie, dass er einmal eingestand, erst seine enge Beziehung zu seinem Lehrer Alban Berg habe ihm seinen familiären Antisemitismus ausgetrieben!) Das zu wissen, wäre auch von der Bundeskanzlerin zu erwarten, weil es zu einer Deutschstunde gehört, die nicht von Siegfried Lenz ist, sondern von der realen Geschichte imprägniert wurde. * Klettermaxe- Kürzlich beim Besuch einer öffentlichen Toilette in einem Lebensmittelmarkt habe ich nicht schlecht gestaunt, als ein Mitbenutzer, der vor mir »fertig« war, nicht den Raum verließ, indem er, wie gewöhnlich, mit einer seiner Hände die Metallfläche an der Tür berührt hätte, um sie durch einen Schubs aufzustoßen. Stattdessen sprang er affenartig vor meinen Augen an der Tür hoch, griff mit beiden Händen die Türleiste & öffnete derart den Ausgang, hielt ihn mir Sprachlosem sogar höflich offen & entfernte sich dann wortlos. Was (wer) war das? Demonstrative Akrobatik eines »indoor«- Fassadenkletterers? Oder ein sportiver Gesundheits-, bzw. Hygienefanatiker, der befürchtete, sich zu beschmutzen oder »anzustecken« (mit was auch immer), wenn er eine öffentliche Toilettentür dort berührt, wo andere es schon vor ihm getan haben? Exzentrik? Krankhaftigkeit? Spinnerei? Ein rätselhaftes Erlebnis, deshalb bemerkens- & nachdenkenswert. * Rumpelstilzeriche - Als jetzt die Professorin Susanne Schröder am »Forschungszentrum Globaler Islam« der Frankfurter Universität eine Diskussionsveranstaltung zum Thema »Islamisches Kopftuch« ankündigte, auf der drei Referentinnen kontrovers das virulente Thema diskutieren sollten, meldeten sich Anonymi in den sogenannten »Sozialen Netzen«. Sie behaupteten, »Studierende der Goethe-Universität« zu sein & verlangten von der Universität, das Vorhaben im »Forschungszentrum« zu verbieten, weil es sich um »Antimuslimischen Rassismus« handele & die veranstaltende Professorin zugleich ihres Posten zu entheben: »Schröter raus« wurde ebenso verlangt wie Plakate mit folgenden Losungen gezeigt: »Meine Religion geht euch nichts an« & »Kein Platz für ihre Wertediktatur«.
Mir ist es rätselhaft, warum die Presse dergleichen Schwachsinn
von Anonymen überhaupt ernst & deshalb für berichtenswert hält – es sei denn,
dass sie durch die Meldung dieser Machenschaften von Anonymen, übler Nachreden &
absurder Forderungen dokumentieren wollte, wie notwendig heute für die
gesellschaftliche Aufklärung die Arbeiten des »Forschungszentrums Globaler
Islam« generell sind. |
»Petits
riens«, |
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