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Glanz&Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik

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Glanz&Elend - Die Zeitschrift
176 Seiten, die es in sich haben:
»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
Der
großformatige Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren.
Mit Texten von Hannah Ahrendt,
Wassili Grossman, Nicolàs Gomez Davila, Gert Neumann, Dieter Leisegang, Fernando Pessoa, u.a.

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Seitwert


Bereit für die Apokalypse

Jürgen Nielsen-Sikora zur Wiederauflage von Friedrich Sieburgs kulturpessimistischen Meisterwerk »Die Lust am Untergang«

Ohren wollte er öffnen, die von Schlagworten taubgeworden seien. Doch die deutschen Zustände schienen dem geistigen Leben nicht günstig. Und so blickte er in die Dunkelheit, »die mit den letzten Streifen verlöschender Helle am Himmelsrand kämpft.« Was er dort wahrnahm, waren entkernte, abgestumpfte Wesen, durch Neid groß geworden; was er hörte, war nichts weiter als die Geschwätzigkeit der Welt.
Zeitlebens ist der Literaturkritiker und Schriftsteller Friedrich Sieburg der Seele seiner Zeitgenossen auf den Grund gegangen. 1954, als der »Untergang« erstmals bei Rowohlt erschien, ist dieser Grund mit dem »Perlmuttschimmer des Verfalls« bedeckt.

Sieburg litt an Deutschland wie zuvor Nietzsche und Thomas Mann; er litt an der deutschen Schizophrenie, an einer von der Presse heraufbeschworenen Apokalypse, die problemlos mit der neuen Konsumfreude der Bundesbürger einherging. Heiterkeit und Geworfenheit in einer stets breiter werdenden Gegenwart, in der Gleichgültigkeit und Egoismus um sich griffen, verachtete er und stimmte doch, wie Thea Dorn weiß, gleichwohl selbst in den »Schwanengesang, das Hohelied vom baldigen Ende der Menschheit« ein. Ein Misanthrop war er nicht. Aber die Dämonen und Spießbürger und ihre Fröhlichkeit in Karfreitagslaken waren ihm zuwider.
Den Deutschen warf er Geschichts- und Identitätslosigkeit sowie politische Unreife vor – er, der sich so sehr eine deutsche Nation herbeisehnte und doch nur den »Selbsthass« seiner Landsleute vorfand. So monierte er immer wieder den Absatzterror, die Serienprodukte und all die genormten Lebensformen der Adenauerzeit. Im Provisorium der 50er Jahre, die vielleicht biederste Zeit der Deutschen, die ohne wirkliche nationale und politische Existenz dahinlebten, klagte er den Rückzug in die Indifferenz an.

Dort, wo sich alles ähnlich ist, ist nichts mehr. Sieburg setzte dieser Welt seine These von der Literatur als Kritik entgegen: »Möglich, dass der Mensch gut ist. Aber wir wollen es lieber nicht darauf ankommen lassen.«

Sein mitreißendes Buch ist eine Reise ans Ende der Nacht: »Die Nacht kommt dichter auf mich zu, ich rieche sie aus dem, was sie verhüllt, aus der Erde, den Büschen und dem Rauch von Feuern, die mir verborgen sind. Aber die Fenster, die eines nach dem anderen hell werden, die sehe ich. Es sind nicht viele, noch kann ich sie zählen, aber in einer Stunde werden sie überall sein und dem, der in die Dunkelheit blickt, verkünden: Hier wohnen Menschen.«
Am Ende dieser langen Nacht, die auch Thea Dorn bei ihrer Lektüre durchlebt, stellt Sieburg lapidar fest: »man weckte mich, um mir den Wetterbericht durchzugeben.«

Selten hat jemand die eigene Resignation mit so viel Ästhetik im Gesellschaftssystem seiner Zeit wiederentdeckt. Es ist ein unbeschreibliches Glück, dass Thea Dorn auf den »Untergang« im Bücherregal ihrer Eltern gestoßen ist und dafür sorgte, dass Eichborn ihn – gegenüber dem Original in leicht korrigierter Fassung – in die Andere Bibliothek aufgenommen hat. Dorns wundervolle Kommentare zu Leben und Werk des Kulturpessimisten Sieburg machen das Buch zu einem unvergessenen Leseerlebnis. Für mich gehören Sieburgs Reflexionen zu den schönsten und ergreifendsten der Literaturgeschichte. Mit dem »Untergang« im Arm bin ich bereit für die Apokalypse!
 

Friedrich Sieburg
Die Lust am Untergang
Mit einem Vor- und Nachwort von Thea Dorn.
417 Seiten. Gebunden.
Band 305 Die Andere Bibliothek im Eichborn Verlag
€ 32,- (D) / sFr 52,- / € 32,90 (A)
ISBN 978-3-8218-6229-3


 


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