Glanz
&
Elend
Magazin für Literatur und Zeitkritik
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Die menschliche
Komödie
als work in progress
Zum 5-jährigen Bestehen
ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000
Exemplaren
mit 176 Seiten erschienen, die es in sich haben.
Literatur in
Bild & Ton
Literaturhistorische
Videodokumente von Henry Miller,
Jack Kerouac, Charles Bukowski, Dorothy Parker, Ray Bradbury & Alan
Rickman liest Shakespeares Sonett 130
Thomas Bernhard Eine
kleine Materialsammlung
Man schaut und hört wie gebannt, und weiß doch nie, ob er einen
gerade auf den Arm nimmt, oder es ernst meint mit seinen grandiosen
Monologen über Gott und Welt.
Ja, der Bernhard hatte schon einen
Humor, gelt?
Hörprobe
Die Fluchtbewegungen des Bob Dylan »Oh
my name it is nothin'/ My age it means less/ The country I come from/
Is called the Midwest.«
Ulrich Breth über die
Metamorphosen des großen Rätselhaften
mit 7 Songs aus der Tube
Glanz&Elend -
Die Zeitschrift
Zum 5-jährigen Bestehen
ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000
Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben:
Die menschliche
Komödie
als work in progress »Diese mühselige Arbeit an den Zügen des
Menschlichen« Zu diesem Thema haben
wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás
Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter
Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den
besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt.
Inhalt als PDF-Datei
Dazu erscheint als
Erstveröffentlichung das interaktive Schauspiel »Dein Wille geschehe«
von Christian Suhr & Herbert Debes Leseprobe
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Glanz & Elend
Martin Brandes
Herr Wu lacht
Chinesische Geschichten
und der Unsinn des Reisens Leseprobe
Neue Stimmen Die
Preisträger
Die Bandbreite der an die 50 eingegangenen Beiträge
reicht
von der flüchtigen Skizze bis zur Magisterarbeit.
Die prämierten Beiträge Nachruf Wie
das Schachspiel seine Unschuld verlor
Zum Tod des ehemaligen Schachweltmeisters Bobby Fischer
»Ich glaube nicht an Psychologie,
ich glaube an gute Züge.«
Wir empfehlen:
Ein
Halbblut von einem Flickwerk
David Yates verfilmt den sechsten Harry Potter
Von Peter V. Brinkemper
Juli 2009: David Yates’ Verfilmung des sechsten
Serien-Megaseller-Romans der britischen Autorin Joanne K. Rowling: »Harry Potter
und der Halbblutprinz« startet in Deutschland mit 1250 Kopien. Der Kino-Start
wurde über ein halbes Jahr verschoben. Er steht bereits im Zeichen des
anstehenden und in die Länge gedehnten Kino-Finales. Seit 2001 hat die
Filmproduktion die Zauberwelt um das Internat Hogwarts möglichst kontinuierlich
umgesetzt, - vor allem durch sture und kreative Teamarbeit, konstant brave und
gute jugendliche Hauptakteure, Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint und
Tom Felton, sowie entsprechend wohlbesetzte Erwachsenen- und Lehrerparts, durch
Regiewechsel mit deutlichen stilistischen Differenzen. Das setzt den sechsten
Film und die baldige Doppelverfilmung zum Endkampf im siebten Band stark unter
Druck.
Der
Buch-Film-Kommerz-Krieg Das Anfangsprojekt stemmte in opulent-mustergültigen
Bilderbögen gleich in zwei Folgen der US-Regisseur Chris Columbus (2001 und
2002), der auch als Produzent von Folge 3 fungierte, lebendiger im Schauspiel
der jungen Akteure umgesetzt durch den mexikanischen Regisseur Alfonso Cuarón
(2004). Aber seit Cuarón war für die »hauptberuflichen« Kino-Regisseure wohl
kaum mehr Bereitschaft vorhanden, eine derart engmaschige Buchumsetzung und
Bindung an ein Großteam fester Hauptdarsteller und Mitarbeiter mehr als einmal
zu schultern. Teil 4 übernahm der Brite Mike Newell, der sich bereits gegen ein
Splitting in zwei Unterfolgen wehrte (2005). Seit Teil 5 (2007) ist der
gewaltige »Rest« an David Yates hängen geblieben. Neben Teil 6 ist er auch für
das Finale, die Umsetzung des siebten und definitiv letzten Potter-Buches
verantwortlich. Die bisherigen Regisseure wandten sich anderen, darunter auch
lukrativen Projekten zu (z. T. als Produzenten; die Kinderbuch-Umsetzung »Nachts
im Museum« ist ja in gewisser Weise ein simplifiziertes „Harry Potter« für
verspaßte Jugendliche und Erwachsene). Der Brite Yates hat neben Kinofilmen vor
allem TV-Serien gedreht. Dabei sticht der Einwand »nur TV« nicht, wenn es sich
um eine renommierte Medien-Polit-Krimi-Folge wie »State of Play« (2003) handelt,
die soeben mit Russel Crowe als Kinoversion auf Washington übertragen unter der
Regie von Kevin Mcdonald läuft.
Erst 1999 schaukelt sich der »Harry Potter«-Hype im globalen Maßstab richtig hoch. Seit 1997
erscheinen zunächst in englischer Sprache bei Bloomsbury in London mit extra
geschlechtsneutralem Kürzel »J. K.« Rowling die Romane bis zu ihrem lange ersehnten Finale 2007. Warner Bros.
Angebot zur Verfilmung und der zwischen Warner und der Autorin 2000 geschlossene
Vertrag, unter Wahrung der Verlags- und Mitspracherechte für Rowling – all dies
hat zu Gestaltungs- und Vermarktungskonflikten bezüglich der »Harry Potter«-Welt
mit den jeweiligen Strategien der nationalen Verlage im Buchsektor geführt.
»Harry Potter«, eine Lesewelt, die süchtig machen kann, oder nur noch ein
oberflächlicher Medienzirkus? So genau will es keiner wissen. Weiter angeheizt
wurde aller Orten das aggressive Geschäft, das aus den kleinen und großen
Buchläden in die Medienkaufhäuser und Supermärkte herausdriftete, während die
Aschenputtel-Erfolgsstory der jetzt superreichen Autorin eine kritische
Diskussion ausbremste. Im Gewande medialer Globalisierung entsteht die Fusion
einer audiovisuell veräußerlichten Jugend- und Erwachsenenliteratur im Mainstream-Konsum - wobei die weltweite Infantilisierung von komplexeren
literarischen Inhalten und Formen auf durchaus fortgeschrittenem
Unterhaltungsniveau einmal mehr zur unhinterfragten Konstante des Showbusiness
wird. Der detailreiche Bastelcharakter der »Harry Potter«-Welt führte zugleich
zu einem Netzuniversum unter den treuen Fans, die sich gelegentlich gegen
Konzern-Eingriffe des auf ihrem Rücken emporgestiegenen »Harry Potter«-Medien-Imperiums zu schützen hatten.
Die unter Warner betriebene Filmproduktion setzte um die
Mitte von Rowlings Buchschaffen, nach Band 4, ein. Es galt Tempo zu halten, um
die Geschichte von sieben Lebens- und Schuljahren an der Zauberschule Hogwarts
einigermaßen synchron mit den jugendlichen Hauptdarstellern hinzubekommen.
Daniel Radcliffe, Jg. 1989, war elf Jahre alt beim Dreh des ersten Films. Auch
bei den weiteren Romanen ergaben sich Produktionsverzögerungen, gleichgültig, ob
bedingt durch Rowlings wieder angekurbeltes Privatleben, rein literarisch oder
medial. Statt pro Jahr einen Roman fertigzustellen, wie bei Band 1 bis 4,
vergrößerte sich der Abstand zur nächsten Neuerscheinung auf drei (Band 5) und
zwei (Band 6 und 7) Jahre. Insgesamt ergab sich so eine heiße siebenjährige (!)
Phase von Entwurf plus Umsetzung, Geheimnis und Auflösung, vorauseilender Buch-
und aufschließender Filmproduktion. Nach der aktuell beendeten Buchserie ebben
die Bewerbungseffekte ab, wurden Filmproduktion und –distribution weiter
verzögert, angeblich durch die vielzitierten Autorenstreiks. Der längst fertige
»Harry Potter«-Teil 6 wurde aus der Super-Gewinnzone von Christopher Nolans
zweiter und neuartiger »Batman«-Verfilmung »The Dark Knight« 2008 herausbugsiert und auf den Sommerplatz 2009 unter
großem Protest der Fans verschoben. Für die Verfilmung von Buch 7 sind im »Matrix«- und »Herr der Ringe«-Stil gleich zwei
Kino-Folgen unter Leitung von Yates vorgesehen, deren cineastische Auswertung
wiederum auf die Jahre 2010 und 2011 verteilt wird, wenn der Eindruck des
Bucherfolgs weiter abebbt.
Halbblutprinz – Erklärungen und Schachzüge »Harry Potter und der Halbblutprinz« ist von anderem Kaliber als der Nachfolgeschlager des
Carlsen-Verlages, die pubertäre US-Vampir-Romanzen-Serie »Twilight« von Stephenie Meyer. Pubertät ist bei »Harry
Potter« ein Faktor, wird aber im Umfeld von Schule und Wirklichkeitsbedrohung
versachlicht. Innen- und Außenwelt arbeiten sich aneinander ab. Der Roman
bündelt und vertieft die bisherigen Figurenentwicklungen und Handlungsstränge
der Vorgängerbände. Die Autorin lässt aus Harrys Sicht nach einer Erklärung
dafür suchen, warum es dem Oberbösen Schwarzmagier Lord Voldemort immer wieder
gelingt, aus dem Todesstadium aufzuerstehen und in die Welt der Zauberer, ins
Ministerium für Zauberei und in die Zauberschule Hogwarts einzudringen und
selbst den normalen Muggeln, so im Zentrum von London, Tod und Verderben
zuzufügen. Ein letztes Mal in voller Lebensgröße tritt auf: Albus Percival
Wulfric Brian Dumbledore (intensiv: Michael Gambon), der betagte Schulleiter und
Oberste Gutmensch Magier von Hogwarts. Er hält die Fäden der Geschichte mit
seiner durch Vorlosts Gaunts Ring verletzten Hand zusammen und sondiert auch im
Hintergrund – solange die Lebenskräfte reichen.
Harry Potter, in der Schule und während der Ferien in London auf Freiersfüßen,
wie seine liebesemsigen Freunde, begleitet Dumbledore diesmal höchstpersönlich
und ohne genauer nachzufragen, wohin er auch will. Er ist mit von der Partie,
wenn Dumbledore Horace Slughorn (prägnant: Jim Broadbent) als alten und neuen
Lehrer nach Hogwarts holt. Denn der extravagante, joviale und nach wie vor
ehrgeizige Slughorn willigt nur in die neuerliche Ausübung des Lehramts ein,
wenn die Konditionen stimmen und Schüler vom Rufe eines Harry Potter sein
Ansehen vermehren. Dieser hat seine Rolle als neurotisch aufgeladener, nur nach
innen gewendeter Primus abgestreift und gilt mittlerweile für alle, seine
Freunde und Feinde, als der Auserwählte im Kampf gegen das immer weiter
andringende Böse. Entsprechend ist Daniel Radcliffe, nach seinem »Equus«-Nackt-Auftritt
2007 am Broadway mental und körperlich gestählt. Albus Dumbledore sorgt dafür,
dass die Maßnahmen gegen die fortlaufenden Angriffe von Lord Voldemorts
Anhängern, den Death Eaters, so diskret wie möglich ablaufen. Er schlägt sogar
Harrys Verdacht in den Wind, Severus Snape und Draco Malfoy könnten im Auftrag
des Bösen konspirieren. Draco sei in seiner jetzigen Verfassung ein Stümper und
Snape bei allem dunklen Gemunkel ein loyaler Verbündeter mit dem nötigen
Einblick in die Gegenseite.
Horace Slughorn übernimmt von Severus Snape das Fach Zaubertränke, während
dieser endlich Professor für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste wird.
Entscheidend für Dumbledore ist, dass Horace Slughorn einst auch Tom Riddle, den
jungen Voldemort, und Lily Evans, die spätere Mutter von Harry, im Fach
Zaubertränke in Hogwarts unterrichtete. Harry wird das »Buch des
Halbblutprinzen«, ein Zauberlehrbuch zugespielt. Die abgedruckten Texte und
Sprüche sind mit handschriftlichen Kommentaren und Anmerkungen versehen. Für
Harry erweisen sie sich als nützlich, nicht nur bei seinen Leistungen im
Unterricht. Slughorn erinnert sich, wie geschickt sich Lily beim Trankmixen
anstellte. Sie versuchte James Potter davon abzubringen, den jungen Serverus
Snape, der in Lily verliebt und mit ihr befreundet war, zu ärgern und zu
erniedrigen. Dabei war der spätere Vater von Harry keineswegs Vorbild, sondern
ein jugendlicher Rüpel, der auch vor feigen Gruppenangriffen gegenüber Snape
nicht zurückscheute. Und hierin ist ein Motiv zu finden, warum Snape zum Bösen
tendierte und irgendwann mit Lily brach.
Dumbledore sammelt viele Erinnerungen und Gedanken als flüssige Essenz in
Phiolen, aus denen er von Zeit zu Zeit ein Quantum in ein sogenanntes Denkarium
einfüllt. In diesem spiritistischen Goldfischglas kann Vergangenes die Gegenwart
und Zukunft neu beleuchten, wenn die auserwählten Betrachter nur tief genug
darin eintauchen. Doch oft brechen die Andeutungen und Visionen im
entscheidenden Moment ab, knapp vor dem Geistesblitz ungeahnter Erkenntnisse.
Spuren einer aufgespaltenen Seele Von Dumbledores eigenen Erinnerungen zeigt eine den 11 Jahre alten Tom
Riddle, bösartig verschlossen im Waisenhaus, als den frühen Mörder seines Vaters
und dessen Familie. Denn der Muggel-Vater verließ die Hexe Merope Gaunt nach
seiner Entzauberung und vor der Geburt Toms. Seine Mutter starb früh und
verarmt. Riddle wird von Hero Fiennes-Tiffin eindrucksvoll gespielt. Der jüngere
Dumbledore will ihn nach Hogwarts mitnehmen. Er weckt sein Interesse an der
Ausbildung zum Magier und glaubt so, ihn zur Menschlichkeit verführen zu können.
Riddle wird einer der besten Magier, seine Neigung zum Bösen vermag er nicht
abzulegen. Tom setzt mit aller nur erdenklichen Gewalt und Tücke auf den
unverblümten Willen zur Macht.
Durch eine von Horace Slughorn stammende, zunächst verfälschte Erinnerung finden
Harry und Dumbledore heraus, dass Tom den Zaubertrankprofessor befragte, wie man
unsterblich werden könne. Slughorn gibt Tom in Andeutungen zu verstehen, wie
einer dieser Wege aussehen könne. Es geht um die Aufspaltung der eigenen Seele
durch wiederholte Untaten, vor allem Morde, und um die Verlagerung der
Seelenteile in sogenannte Horkruxe, rein materielle Gegenstände, ohne
Beteiligung von menschlicher Liebe und Gegenliebe. Dumbledore und Harry
diskutieren diese gespenstischen Instrumente, die als Verstecke, Kammern und
Verließe für die vervielfachten Bruchstücke des entgeisterten Selbst dienen. Auf
animistische Weise wird der Tod der gesamten Person aufgeschoben und damit eine
niedere und bedauernswerte Form der fragmentierten Unsterblichkeit ermöglicht,
in der die Boshaftigkeit und Einsamkeit des Selbst eine Form der höllischen
Verschiebung und Zerstückelung erreicht.
Harry soll die weiteren Horkruxe und Verstecke der Voldemortschen Seelenfetzen
auffinden und unschädlich machen, so wie dies bereits mit dem halblebendigen
Tagebuch von Tom Riddle geschah, das Ginny Weasley während der Abenteuer rund um
die Kammer des Schreckens untergeschoben wurde. Dumbledore stößt in seinen
anstrengenden Reisen mit Harry Potter immer weiter vor, bis in eine entlegene
kristalline Meereshöhle. In ihrer Mitte steht ein Becken, in dem ein Medaillon
Merope Gaunts, also ein weiteres Seelen-Bruchstück aus dem Leben Voldemorts zu
liegen scheint. Währenddessen bleibt das Böse aber nicht untätig.
Schutz
des Bösen und des Guten Draco Malfoy (in verzweifeltem Aufruhr und Zwiespalt
dargestellt Tom Felton) will die Schmach seines Vaters Lucius, in Askaban
inhaftiert, tilgen und im Auftrag Voldemorts Professor Dumbledore ermorden, um
das Chaos über die Zauberwelt zu bringen. So einfach wird es dem jungen
Schwarzmagier nicht gemacht. Seine Mutter Narzissa Malfoy (Helen McCrory) ist
von Anfang an voller Sorge, ob Voldemorts Vorhaben nicht eher auf den tödlichen
Opfergang ihres Sohnes hinausläuft – ein Gedanke, bei dem ihre furienhafte und
todesbereite Schwester Bellatrix Lestrange wild und boshaft applaudiert (Helena
Bonham Carter, nach ihrer funkelnden Dauerhexerei von »Sweeney Todd« über »Terminator
Salvation« und »Harry Potter« bald als filmbiographische Kinderbuchautorin Enid
Blyton). Der herbeigerufene Freund, Lehrer und Mentor, Severus Snape, leistet in
alter Verbundenheit den »Unbrechbaren Schwur“, um Draco beim geplanten Anschlag
auf den alten, hinfälligen Dumbledore »zu beschützen«.
Im Finale von Film und Buch erfolgt der Angriff der Todesser auf Dumbledore auf
der Spitze des Astronomieturms von Hogwarts - direkt nach der Rückkunft von der
kräfteraubenden Horkrux-Meeres-Reise. Dabei erweist sich Draco (trotz heftiger
Auseinandersetzungen mit Harry im Vorfeld und den umfangreichen geheimen
Vorbereitungen, um die dunklen Krieger durch Geheimkabinette und den Raum der
Wünsche einzuschleusen) merkwürdig gebremst durch die Autorität und Integrität
Dumbledores. Severus Snape (wieder ein schauspielerisches Ereignis: Alan
Rickman) übernimmt dann die Aktion und tötet Dumbledore wie in einer
medizinischen Operation, er streckt ihn völlig sauber und intakt nieder, mit
einem Avada-Kedavra-Fluch. Laut Buch trifft ein grüner Lichtstrahl Dumbledore an
der Brust, »wie eine große Stoffpuppe« schwebt er am Himmel unter dem Mal des
Bösen und fällt rücklings über die Zinnen des Turmes. Und an seinem Fuße liegt
er da, friedlich und in Schönheit zerschmettert. Der Film erspart uns dies. Die
letzte böse Tat von Severus Snape, oder eine verabredete Aktion zwischen dem
Doppelagenten und einem todkranken alten Mann, um gleich zwei junge Seelen,
Harrys und Dracos, aus den Klauen des Oberbösen Prinzip Lord Voldemorts und
seiner durchgeknallten Paladine und Zombies zu retten?
David
Yates’ Regie zwischen Vertiefung und Flickwerk David Yates Regie
stellt den »Mord« nicht als eine blutige und heftige Aktion sondern als ein dem
Alltagszwist enthobenes Ritual der Opferung dar, das Rowlings
Tiefeninterpretation durchscheinen lässt. Der Film weist immerhin 153 Minuten
Länge auf. Er bemüht sich um ein langsames szenisches Tempo und zeigt die
überzeugende Präsenz herangereifter Jungdarsteller und gewiefter
Altschauspieler. Trotz alledem nimmt der Film oft den Charakter eines Flickwerks
an: Ideen, Szenen und Motive flirren am Zuschauer vorbei, sinnvoll da, wo es ein
Rätsel sein soll, aber es fehlen wichtige Zwischenschritte der Reflexion und
Erklärung - für die Vorgeschichten und für den aktuellen Grabenkrieg. Das
Quidditchspiel wurde eindrucksvoll aufgerüstet. Die amüsanten
Liebesverwicklungen zwischen Harry, Ron, Hermine und den vielen anderen geraten
streckenweise zum ratlos-albernen Clip. Insofern haben die Kenner des Buches
beim Verstehen der anspruchsvolleren Zusammenhänge einen Rezeptions-Vorsprung
vor denjenigen, die den Film einfach so anschauen. Oberflächeneindrücke
herrschen vor. Jeder Rummel hat ein Ende. Auch »Harry Potter«. Aber Dumbledores
eindringlicher Darsteller Michael Gambon hat keine Probleme mit einem weiteren
Auftritt im Teil 7. Er ist jetzt zu einer wahren Ikone geworden, und auch das
zahlt sich aus: Im nächsten Film spiele er einen Geist, oder eines der
beweglichen Gemälde in der Ahnengalerie der Schulleiter. Sein Opfertod, »sacrifice«,
bleibe allerdings in Kraft. Er sei ziemlich froh, dass er auch als bloße
Erscheinung eines Verblichenen ein reales Honorar erhalte. Richard Harris, der
Darsteller von Dumbledore in den ersten beiden Folgen, verstarb und hatte danach
weniger Glück. Gambon stirbt, lebt und arbeitet weiter, nach eigener Aussage,
ohne je einen »Harry Potter«-Roman gelesen zu haben. Muss er das? Oder leben
bestimmte Generationen doch in verschiedenen Welten?
Harry Potter und der Halbblutprinz
Harry Potter und der Halbblutprinz
Originaltitel:
Harry Potter and the Half-Blood Prince
Produktionsland:
USA, Großbritannien
Produktionsjahr:
2008
Länge:
153 (Min.)
Verleih:
Warner Bros.
Kinostart:
16.07.2009