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Frieden und Gerechtigkeit

»Micmacs« der neue Film von Jean-Pierre Jeune
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So eine Geschichte mag man doch: Da wird einem Regisseur wie Jean-Pierre Jeunet ein Mega-Blockbuster-Stoff in den USA angeboten, und »nö« sagt der und kehrt lieber in seine französische Heimat zurück, um einen weiteren seiner kleinen, versponnenen comic-haften Arbeiten zu drehen, für die wir ihn seit »Delicatessen«, »Die Stadt der Kinder« und natürlich die »Amélie« lieben.

Jeunet, zu Beginn noch mit seinem Partner Marc Caro, hat ein nicht unerhebliches Segment des französischen Kinos besetzt; statt des mächtigen Pathos von Jean-Jacques Beineix und dem visuellen Overkill von Luc Besson eine eigene melancholische, komische, surreale und poetische Parallelwelt, nicht sehr anbiedernd, aber noch weniger schmerzhaft, sehr, sehr französisch eben. (Und diese selbstverliebte Art des Flohmarkt-, Bistrot- und »Mystères de Paris«- Kinos ist es auch, was strengere Kritiker Jeunet vorwerfen. Zu viel davon, in der Tat, kann einem auch auf die Nerven gehen. Aber alle ein, zwei Jahre ein Jeunet-Film für Zwischendurch, das kann man sich auch als schwerdenkender Cineast leisten. Und jetzt ist es seit dem letzten Jeunet-Film schon fünf Jahre her. Man ist schon richtig hungrig auf seine phantastischen Bilderschleifen!)
Die Geschichte ist natürlich wieder reiner Film-Comic, und wie bei diesem Regisseur üblich, wird das, was ansonsten als eigentliches Drama erzählt würde, im Zeitraffer-Tempo vor uns abgespult: Nordafrika in den siebziger Jahren. Ein Mann fliegt beim Minenräumen in die Luft, seine Frau wird bei der Nachricht von seinem Tod wahnsinnig, und der kleine Bazil wächst in einem Waisenheim auf, aus dem er immer wieder zu entkommen versucht. Der erwachsene Bazil, dargestellt von Danny Boon, der seit »Bienvenue chez le Ch’tis« der Star französischer Nostalgie-Feelgood ist, arbeitet in einer kleinen Videothek in einem unbedeutenderen Pariser Viertel. Howard Hawks’ »The Big Sleep« ist sein Ein-und-Alles, er lebt förmlich in diesem Film. Dann gibt es eine Schießerei auf der Straße, und als Bazil hinauseilt, fängt er sich eine Kugel ein. Seitdem läuft er mit einem Projektil im Kopf herum; und weil Operieren oder Nicht-Operieren gleich gefährlich ist, muß der Zufall entscheiden. Aber irgendwie hat hier nicht einmal der Zufall Lust, das zu tun.
Bazil bewegt sich im Schatten seines Todes und im Schatten Humphrey Bogarts durch eine Stadt, die sich zunehmend in einen absurden Traum verwandelt, voller liebenswerter Ausgestoßener, Kulturkammern in der Müllhalde. Mit sechs neuen Freunden tritt Bazil zum Kampf gegen einen fiesen Waffenhändler an, der natürlich eine sehr bedeutende Rolle in seinem Vor-Leben spielt. Genauer gesagt gelingt es den Pariser Outlaws mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, zwei von diesen Superschurken »Yojimbo«-mäßig aufeinanderzuhetzen. So führt auch dieses Märchen zum glücklichen Ende in die »Wirklichkeit« zurück.
Jeunet ist erst einmal ein versessener Bilder-Bastler, ein versessener Zitat- und Selbstzitatkomponist, einer der mit Leidenschaft mit verrückten Maschinen und Schrottkunstwerken spielt. Dazu benötigt er Protagonisten, die herzallerliebst naiv und gerecht sind – hier nennen sie sich treffend »verrückte Rächer« – und die sich nur auf den Umwegen des Kindertraums der Wirklichkeit nähern. Paris behauptet hier nicht, Paris zu sein, obwohl es Paris ist, gesehen durch die Kamera von Tetsuo Nagata, der die Bilder koloriert und komponiert wie in einem Manga: stark stilisierte Figuren im Vordergrund, gelegentlich extrem detailverliebte Hintergründe, Farben, die mehr Gefühle als Wahrnehmungen beschreiben. Interessanterweise haben alle Beteiligten indes gute Gründe, verrückt zu sein und die Welt auf eigene Weise zu sehen. Wie seine Figuren ist vielleicht auch der Regisseur in ein Karussel der Selbstreferenzen und der Bilderwiederkehren geraten, aus dem man so leicht nicht mehr aussteigen kann (in dem Film »Micmacs à tire-larigot« ist ein Plakat für die Aufführung des Films »Micmacs à tire-larigot« zu sehen). Jeunet, so viel ist klar, war in die »fabelhafte Amélie« verliebt, und sein Publikum war in Amélie/Audrey Tatou verliebt. Danny Boon ist eher sympathisch, vielleicht gerade darin, daß er gar nicht das Zentrum und den Vordergrund für sich beansprucht. Daher wirkt das Ganze ein wenig konstruierter; man sieht die Maschine, die das Karussell antreibt, und der Regisseur und sein Team haben ein paar entschieden zuviel fabelhafte Objekte darin aufgestellt. Und auch das prächtigste, nostalgischste und unschuldigste Karussell fängt irgendwann an zu ermüden.
Trotzdem: Was wären wir ohne Jeunet-Filme? Wer wagte es sonst, eine Botschaft von Frieden und Gerechtigkeit so rein und bildhaft direkt zu verkünden? Wer wagte es, seine cineastischen Sammel- und Bastelstücke vor dem Publikum auszubreiten, ohne Rücksicht darauf, daß auch etwas richtig Großes und Ganzes dabei herauskommt? Wer traut sich noch, Spiel-Filme zu drehen? In Jeunet-Filme geht man am besten mit einem großen Herzen. Oder mit einem kleinen – Na, Sie wissen schon. Georg Seeßlen


Der Artikel erschien zuerst Im Strandgut-Stadtmagazin Frankfurt/Main
 

MICMACS - UNS GEHÖRT PARIS! (Micmacs à tire-larigot)
von Jean-Pierre Jeunet, F 2009, 105 Min.
mit Dany Boon, Dominique Pinot, André Dussollier, Yolande Moreau, Jean-Pierre Marielle
Krimikomödie / Start: 22.07.2010


Trailer


 


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