Die
Frau ist schwanger und alles andere als glücklich, denn sie wohnt in einem
großen Haus und ist müde von der vielen Arbeit, aber sie will sich auch nicht
helfen lassen und sagt auf das Angebot ihres Ehemannes nur: »Faß mich nicht an.
Untersteh dich.« Und auch jede andere harmlose Bemerkung kommentiert sich
beleidigt, sarkastisch, abweisend. Sie fragt sich verzweifelt, warum sie diesen
Trottel bloß geheiratet hat. »Ich blieb still und lächelte dümmlich, weil ich es
auch nicht wusste, aber ich war sehr froh, dass sie es getan hatte.« Das Kind
wird ein Junge, aber einen Jungen will die Frau nicht: »Die sind ekelhaft. Aller
Ärger der Welt kommt von denen.«
Es geht also um etwas sehr Existenzielles, um eine ausgemachte eheliche Krise,
dennoch kommt das Buch ganz und gar nicht schwer, deprimierend oder
niederschmetternd daher, sondern leicht, spritzig und sehr lustig, denn der
Autor ist John Fante, der wie meist über sich schreibt, diesmal aus der
Perspektive des angehenden Vaters, der sich mindestens sieben Kinder wünscht,
während seine Frau sich das nie wieder antun will, was seinem Projekt aber
keinen Abbruch tut.
John Fante, der kleine Bandini-Junge, der unter ärmlichsten und ziemlich harten
Bedingungen in einer italienischen Einwanderer-Familie aufgewachsen ist, hat es
geschafft. Er hat von seinem ersten Roman 2300 Exemplare verkauft, von seinem
zweiten 4800 und seinem dritten 2100. Nichts, wovon man als Autor leben könnte,
aber dafür zahlt Hollywood für Drehbücher mit dicken Schecks. Eine Frau, ein
Haus und Kinder sind die logische, unausweichliche Folge dieses Geldsegens, aber
im Leben des John Fante heißt das noch lange nicht, dass kleinbürgerliche Ruhe
einkehren würde, und solche Krisen können John Fante nicht umhauen, denn aus
seiner Kindheit ist er ganz anderes gewöhnt.
Doch als seine Frau Joyce in der Küche durch den termitenzerfressenen Holzboden
kracht, nimmt die ganz normale Krise doch noch eine andere Dimension an, denn
John Fante kommt auf die Idee, einen Handwerker im Ruhestand mit der Reparatur
des Fußbodens zu beauftragen. Dummerweise ist dieser Handwerker sein Vater, der
den Beruf seines Sohnes nicht versteht und immer noch hofft, der würde mal was
Anständiges lernen, in das Heimatstädtchen zurückkommen und sich dort
niederlassen. Und als sich der Vater schließlich entschließt, seinem Sohn im
weit entfernten Los Angeles zu helfen, werden das Chaos und die Hektik noch viel
größer als das sowieso der Fall war, denn nicht etwa wird der Fußboden
repariert, sondern der Vater baut stattdessen einen überdimensionierten und
nutzlosen, aber wunderschönen Steinkamin, und als die ersten Wehen einsetzen,
schreit sein Vater ständig nach heißem Wasser, seine Frau will ganz schnell
getauft werden und Fante versucht am Telefon den Arzt zu überreden, ganz schnell
zu kommen.
John Fante ist ein grandioser Autor mit einem ausgeprägten Sinn für Humor und
Witz und wie diese am besten in den Dialogen zur Geltung kommen. Man merkt, dass
Fante als Drehbuchautor gearbeitet hat, und auch wenn er nur Verachtung für
seinen Brotjob übrig hatte, er konnte es sich in seinen Drehbüchern nicht
erlauben, seine Figuren vor sich hin labern zu lassen. Und er beachtete eine
wichtige Regel im Schriftstellerberuf: er schrieb nur über das, worin er sich
auskannte, nämlich über seine eigene Biografie. Und er hat nie über etwas
anderes geschrieben. Und dennoch war er nie sicher. »Ich fand jede Zeile, die
ich schrieb, nur durchschnittlich.« Und genau dieser Zweifel an sich machte aus
ihm einen großen Schriftsteller, und man muss Bukowski auf Knien danken, dass er
die Leute mit der Nase darauf gestoßen hat.
Artikel
online seit 09.04.19
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John Fante
Voll im Leben
aus dem Amerikanischen von Doris Engelke
Maro Verlag
160 Seiten
18.- Euro |