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Glanz&Elend
Literatur und Zeitkritik


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Glanz&Elend
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»Weibliche und männliche Gehirne denken verschieden.«

Henning Beck, der deutsche Science Slam-Meister 2012,
klärt uns über die Gehirnmythen auf

Von Georg Patzer



 

»Wenn ich bei mir zu Hause in den Keller gehe, fallen mir zwei Dinge auf: Erstens, ich muss mal wieder aufräumen. Zweitens, alle wichtigen Versorgungsleitungen liegen hier: Stromkabel, die nach draußen führen, Sicherungskästen, Wasserrohre – alles, was im Wohnbereich stören würde. Im Gehirn ist das ganz ähnlich, denn die wichtigsten Verkabelungen mit der Außenwelt liegen im Hirnstamm. Leider geht es dort auf den ersten Blick genauso unübersichtlich zu wie in meinem Keller. Dort ist es zwar nicht unaufgeräumt, sondern hochgeordnet, aber um das zu erkennen, braucht man schon ein Anatomiestudium.«

So süffig kann es sein, wenn ein promovierter Neurobiologie über die Hirnforschung referiert. Henning Beck, manchem bekannt von Science-Slam-Wettbewerben (Deutscher Meister 2012), gelingt das, was viele normalen Wissenschaftler nicht können: Locker, geistreich, witzig und gleichzeitig höchst präzise über das Gehirn reden. Er macht es wie viele andere Aufklärer auch, er nimmt sich die Mythen vor, die es über das Gehirn gibt, das heißt, die vielen populären Irrtümer. Zum Beispiel, dass wir mit dem Reptiliengehirn denken, wenn es primitiv wird. Falsch: Denn das ist nur ein falsch verstandener Name für den Hirnstamm (nicht Stammhirn!), der »primitiv« genannt wird, weil er zuerst da war. Nicht weil er, wie sich Beck ausdrückt, nur noch RTL aufnehmen kann.

Viele dieser Mythen kennen wir alle: »Wir nutzen nur 10 Prozent unseres Gehirns« oder »Spiegelneuronen erklären unser Sozialverhalten« oder »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr« oder »Unsere Gehirnhälften denken unterschiedlich«: Links die Logik, rechts die Kunst, was uns zum nächsten Mythos führt: »Weibliche und männliche Gehirne denken verschieden«.

Dabei bleibt Beck stets wissenschaftlich fundiert, lässt seine profunden Kenntnisse aber so locker einfließen, dass man sie sich sogar merken kann, ebenso die Vergleiche aus der Promiwelt (auch wenn nicht jeder wissen wird, wer Florian Silbereisen ist). Besonders erhellend ist das Buch aber auch da, wo Beck erklärt, dass an manchen Mythen durchaus etwas dran ist, dass sie auch wissenschaftlich haltbar sind, dass sie aber durch die Medien derart verfälscht und schief interpretiert wurden und werden, dass sie dann auch nicht mehr ganz richtig sind. So warnt er uns beispielsweise vor den beliebten Hirnscans, mit denen uns Wissenschaftler im Fernsehen zeigen, wo gerade die größte Hirnaktivität ist, womit dieses oder jenes bewiesen werden soll. Diese bunten Bilder, sagt Beck, sind von den Wissenschaftlern bunt gemalte, manchmal kompilierte Bilder. Denn das Gehirn ist nicht so bunt wie es gezeigt wird, es gibt keine rot aufleuchtenden Stellen, wenn mehr Aktivität ist. Und vor allem: Die Aktivität ist so klein, dass man sie eigentlich gar nicht zeigen kann.

Ein unterhaltsames Sachbuch, das gut erklärt, was es mit dem Gehirn und den Hirnforschern so auf sich hat. Fundiert und lässig geschrieben, fast wie im Science Slam.

Artikel online seit 18.03.15
 

Henning Beck
Hirnrissig
Die 20,5 größten Neuromythen und wie unser Gehirn wirklich tickt.
Hanser Verlag
270 Seiten
16,90 Euro

Leseprobe

 


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