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Nachlaßeditionen unterscheiden sich von Debuts durch die Tatsache, dass die UrheberInnen dazu nicht mehr befragt werden können und Verbesserungsvorschläge sich erübrigen; Erfolgserwartungen hingegen können gleichermaßen erfüllt wie enttäuscht werden, wenn ein aufgehender Stern überschattet oder ein verehrtes Grab geschändet wird. Im vorliegenden Falle haben die Künstlerwitwe, der Herausgeber Kurt Jauslin und der ambitionierte Passauer Verlag Karl Stutz ein sehr gutes Werk getan: Der von Wolf Klaußner (1930-2005) als sein »opus magnum« bezeichnete Roman Klüspies auf Blaiberg ist nunmehr auf die Welt gelangt, ein kraftstrotzender Knabe mittelfränkischer Zunge.
Da es sowohl eine
Fränkische Schweiz wie eine Fränkische Toskana gibt im Freistaat Bayern und
Oskar Maria Graf im deutschsprachigen Mitteleuropa einst weltberühmt wurde mit
seinem Bayrischen Dekamerone, vermelde ich hiermit das erstmalige
Erscheinen eines fränkischen Ulysses aus der Feder des Lichtenauers Klaußner,
welcher kraft seines Oeuvre – eine Art Eisberg herausragender und submariner
Textmasse – als deutscher James Joyce verdächtigt werden darf, wenngleich der
oder das Eco von Nürnberg nachhaltiger klänge, aber weit weniger
biographische, poetische und thematische Analogien aufwiese, als Wolf Klaußners
Nähe zu Leben, Werk und Weltsicht des irischen Monolithen J.J., ein durchaus
passender Vergleich mit dem verwitternden Quellfelsen W.K., den es nunmehr
wiederzuentdecken und kennen zu lernen gilt vom Schweizer Jura bis über die
Holsteinische Schweiz hinaus, denn »Klüspies auf Blaiberg« dünkt mich das
deutscheste Deutschland-Epos unserer Tage seit Grimmelshausens Simplicissimus:
Schelmenroman und Geschichtsbuch, Volks- und Heimatsaga, Familienbibel und
Antifafama, ein Hohelied der Kleinen Leute. Daß uns unverkennbar auch der Geist
von Bargfeld anweht, muss den Herausgeber und Bearbeiter Kurt Jauslin, einen
Arno-Schmidt-Forscher, besonders gefreut haben. In summa allergrößter
Lektüregenuss und ein Weckruf an die Germanistik! |
Wolf Klaußner |
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Ein
Hohelied der Kleinen Leute