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»Aber Promo ist es trotzdem.« Über Sven Regeners Logbücher »Meine Jahre mit Hamburg-Heiner«
Von
Stefan Möller Hamburg-Heiner ist der Grund, warum die Blogbeiträge auch als gedrucktes Buch lesenswert sind. Wir alle kennen Hamburg-Heiner, jeder einen anderen, aber alle tragen sie ähnliche Züge. Sie verfügen über einen enormes Wissen, allerdings keins von der Sorte, das sich in der freien Wirtschaft in bare Münze umsetzen lässt. So führt Hamburg-Heiner mit Sven Regener eine angeregte Diskussion über den Takt von „O Tannebaum“. Das ist nämlich von allen megapopulären Liedern eigentlich das komplizierteste überhaupt, das hat nämlich, so wie es alle singen, überhaupt nichts mit der ¾-Takt-Version zu tun, die alle immer notieren, sondern besteht eigentlich aus zwei 4/4- und 3/2-Takten, oder besser: zwei 4/4, dann zwei 3/2, dann zwei 4/4 und dann wieder ein 3/2-Takt. Faszinierend. Die Hamburg-Heiners dieser Welt wissen alles, und vor allem wissen sie alles besser. Und sie erzählen es auch jedem, ob der es nun wissen will oder nicht. Es ist kein Ankommen gegen sie. Man mag sie aber trotzdem, manchmal. Zumindest stellt man fest, dass sie einem, wenn sie nicht da sind, irgendwie fehlen. Hamburg-Heiner ist das verbindende Element der versammelten Blogs. Immer, wenn es mit dem Schreiben nicht so recht vorangehen will, ruft er an. Und watscht Regener erst mal ab für das, was am letzten Tag im Blog zu lesen war.
Zu wenig Sex
und Drugs und Rock `n’ Roll. Und so kommentiert HH fleißig, mosert herum und zwischen den beiden entspannen sich aufs Wunderbarste absurd-komische Dialoge darüber, ob man Skippy das Buschkänguru für einen Songtext verwenden kann oder über die Dominanz der Nordmanntanne im Weihnachtsbaumgeschäft. Das der Autor es wie nur ganz wenige versteht, von Banalitäten ausgehende Dialoge zu verfassen, die scheinbar mühelos den Balanceakt zwischen hintergründig und komisch vollziehen, ist für den Leser der Herr-Lehmann-Trilogie keine Überraschung. Das Schweinebraten-Streitgespräch hat er in den Roman eingeführt, ebenso wie die Diskussion darüber, was genau eigentlich „Zu jeder Zeit“ bedeutet (Herr Lehmann bzw. Neue Vahr Süd). Und so kann man auch HH nicht lesen, ohne an Herrn Lehmann zu denken, die beiden hätten sich nicht ausstehen können, so ähnlich sind sie sich. Und ein bisschen HH steckt wohl auch im Autor Sven Regener. Hamburg-Heiner rettet ihn davor, die Blogs in Beliebigkeit abdriften zu lassen. Denn so ganz freiwillig machte sich Regener nicht ans Werk. Seine Plattenfirma verdonnerte ihn dazu, ist schließlich alles Promo oder wie HH es ausdrückt: Nuttenkram. Otto Sander hat begriffen, wie Promo funktioniert, denn der saß während einer Fernsehaufzeichnung zusammen mit Regener an der Bar, stand alle 10 Minuten auf und sagte: Ich geh noch mal durch den Saal, für die Kameras. Fernsehen ist Promo. Auf den Einwand von Regener: Das will doch keiner lesen entgegnet Thorsten von Universal: Es will auch keiner, daß Otto Sander durch den Saal läuft. Aber Promo ist es trotzdem. Thorsten von Universal gewinnt das Argumentationsduell, zum Glück, so viel steht fest. Denn sonst wäre dem Leser auch der anrührende Versuch entgangen, Deutschland und Österreich für ein Blog im Standard miteinander zu versöhnen, inklusive des Vorhabens, Königgrätz nicht zu erwähnen, in nahezu jedem Eintrag wieder. Nicht nur der Österreicher, auch der deutsche Leser lernt Neues über deutsche Städte. So ist über Bremen zu lesen: Die Erwerbsbevölkerung arbeitet zu einem Drittel bei Daimler Benz und zu einem Drittel in der Tierfutterproduktion (Vitakraft). Der Rest bringt gerade die Flaschen zurück. Haben Sie das gewusst? Nein? Sehen Sie, Lesen bildet!
Weitere Kapitel berichten über
die Frankfurter Buchmesse und über Touren von Element of Crime. Jedes Kapitel
entwickelt seinen ganz eigenen Charme, der daraus entsteht,
dass es nicht das enthält, was bei
langweiligeren Autoren bei diesen Themen herausgekommen wäre. Dafür sorgt schon
HH. |
Sven Regener |
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