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Glanz&Elend
Literatur und Zeitkritik


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»Der Heinz«

Zum Tod des Spiritus Rector der »Hofer Filmtage«

Von Wolfram Schütte

 

Wenn man älter wird in unserem Beruf, wächst die verschwiegene Scham des »Überlebenden« mit jedem lebensnahen Zeit- & Generationsgenossen, der »die Bühne« vor einem verlässt & dem man nachruft, warum & wie sehr uns seinesgleichen nun fehlen wird. Denn genauso könnte es umgekehrt sein; und wer von uns beiden in diesem Augenblick das bessere Los gezogen hat, wird mit dem Alterszuwachs doch jedes Mal viel fraglicher als es möglicherweise den Anschein hat.

So ist es jetzt mit dem ganz & gar überraschenden Tod des 1941 geborenen Heinz Badewitz. In diesem Jahr hätte er seine 50. Internationalen Hofer Filmtage, wie immer in der letzten Oktoberwoche, feiern können: ohne Unterbrechung oder Krankheit hat er es 49 Mal mit nicht nachlassender Begeisterung getan. Denn es waren: seine Filmtage, seit er sie mit dem Filmemacher Uwe Brandner gegründet hatte, gewissermaßen als oberfränkische »Fluchtburg« des Neuen (west)deutschen Films. Jahr für Jahr hat »der Heinz« (wie alle Welt dieses Genie der Freundschaft & Ermutigung liebevoll nannte), Wim Wenders, Werner Herzog, Rosa von Praunheim, Christoph Schlingensief, Werner Schröter, Daniel Schmied, Rainer Werner Fassbinder oder Dominik Graf e tutti quanti mit ihren frühen oder eigenwilligsten Filmen um sich versammelt.

Auch als sie ihre beruflichen Karrieren ins Internationale führte oder ihre Arbeiten im Wettbewerb der Großfestivals international konkurrierten, bleiben die Regisseure »dem Heinz« im »Home of films« (Wenders) weiterhin freundschaftlich verbunden & er ihnen allen sympathetisch treu zugetan. Immer wieder schickte ihm z. B. der nach Kalifornien verzogene Werner Herzog, wenn er schon nicht mehr selber alljährlich nach Hof u.a. zum traditionellen Fußballspiel des Festivals (oft in Eis & Schnee oder Regen) kam, wenigstens hin & wieder Kostproben seiner jüngsten Filme in den USA, die meistens nicht mehr in unsere Kinos kamen.

Die Hofer Filmtage, das kulturelle Zentralereignis in Oberfranken, war Heinz Badewitz' höchst persönliches »Heimspiel«, das für eine knappe Woche in den Hofer Kinos unter lebhafter Beteiligung des einheimischen Publikums auch des weiteren Umlandes stattfand - wobei alt & jung auf diesem lokalen Event noch einmal gemeinsam die selben Filme sahen!

Badewitz' mitreißender Enthusiasmus für das Kino & den Film in allen Formen & Genres, aber auch seine gewitzte Präsentation der klugen Mischkalkulation von Tradition & blutjungen Newcomernfilmern aus den Filmhochulen, von Dokumentar-, Kurz-, Debütspielfilmen & einigen Vorabpremieren ausgewählter Mainstreamfilme neben kleinen Retrospektiven vor allem usamerikanischer Autorenfilmer sorgte dafür, dass in diesem Film-Kontakt-Hof Oberfrankens jeder Besucher auf seine individuellen Kosten kam & das Festival ein herzergreifendes, jährlich erneuertes Treffen aller mit allen war & blieb, die Film & Kino lieben oder machen, diesseits & jenseits des marktbeherrschenden Mainstreams. Was werden sie nun ohne ihn machen?

Wer gewissermaßen auch mit »Hof« & seinem »Heinz« älter geworden ist, hat Badewitz' unverdrossenen Kampf gegen die Austreibung der individuellen ästhetischen Handschrift & die Vielfalt im Kino verfolgen & seinen unausgesprochenen Mut für das »Autorenkino« bewundern können. Auch wenn selbst in Hof auf dem Festival-Event der Kino-Mainstream immer mehr Zulauf bekam.

Und wenn Heinz Badewitz, der singuläre Spiritus Rector der »Internationalen Hofer Filmtage«, sich insgeheim nach der berühmten paradoxen »Atlantikschwimmer«-Devise des schon geraume Zeit erloschenen einstigen Hof-Besuchers Herbert Achternbusch richtete: »Du hast zwar keine Chance, aber nutze sie!«?

Wir werden auch das nicht mehr erfahren. Wir werden Dich nie mehr sehen & hören, wenn Du ebenso charmant wie ungelenk, aber immer liebevoll & herzlich Deine Gäste auf den Bühnen der Hofer Kinos mit Deinem im Lauf der Zeit ergrauten Pilz-Kopf dem Publikum präsentierst.

We'll drink a cup of kindness yet, dear Heinz, der du einzig in der trauernden Erinnerung uns noch gegenwärtig bist. Es kann nur, versteht sich, ein Glas Deines geliebten Fränkischen Silvaners sein! 

Artikel online seit 16.03.16
 
 


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