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Zwischen Tradition und Aufbruch |
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Umbruch, Misserfolg und das ständige Streben nach Aufstieg prägen Kenneth Bonerts Roman »Der Löwensucher«, der eine jüdische Familie auf der Suche nach einem neuen, glücklicheren Leben in Südafrika begleitet. glücklicheren Leben in Südafrika begleitet. In der Zeit zwischen den Weltkriegen schildert er ein Vierteljahrhundert voller Kampf und Verlust, Tradition und Aufbruch. Protagonist Isaac ist der wilde, rothaarige Sohn der jüdischen Familie Helger. Mutter (Mame) Gitelle wandert 1924 mit dem Fünfjährigen und dessen Schwester Rively zum vorausgereisten Vater (Tate) Abel nach Südafrika aus. Dieser hat dort bereits eine Uhrmacherwerkstatt eröffnet und ein kleines Haus in einem der ärmeren, jüdischen Vororte Johannesburgs für die Familie angemietet. Gitelle als Oberhaupt der Familie hatte ihn dazu angetrieben. Vor der schmerzvollen Vergangenheit aus Litauen geflohen, träumt sie davon, in der neuen Heimat erfolgreich zu sein, ihre Schwestern nachzuholen und gemeinsam in einem eigenen großen Haus zu leben. Während Abel bereits aufgegeben zu haben scheint, arbeitet sie unermüdlich auf dieses Ziel hin und kämpft für ihre Familie. Dieser Kampf prägt den Sohn Isaac, der diesen Traum verinnerlicht hat. Er folgt ihren Anweisungen, um zu den »Klugen« und nicht den »Dummen« zu gehören, die nicht vorankommen und sich ausnutzen lassen. Genau das wirft Gitelle ihrem Mann vor, der zu Beginn mit den »Sofahockern« aus der jüdischen Nachbarschaft in seiner Werkstatt der alten Heimat nachtrauert. Für Isaac ist er nur ein melancholischer Feigling, ein »(…) Mann, der seine Familie niemals aus Doornfontein herausbringen wird, weil er zu weich und zu nett für die Welt der Gierigen ist«. In seine Arbeit vertieft scheint er durch die Reparatur der Uhren die Zeit zurückdrehen zu wollen. Die Bewahrung der alten Traditionen und Geschichten verstärkt dieses Bild. Die zukunftsorientierte Gitelle setzt für große Hoffnung in ihren Sohn. Als dieser von der Schule fliegt, nutzt er die Chance, in das Berufsleben einzutreten und endlich seinen finanziellen Teil zum Aufstieg der Familie beizutragen. Dabei trifft Isaac auf Heuchler, skurrile Geschäftsmänner, Kommunisten, die wunderschöne Yvonne aus gutem Hause, in die er sich unsterblich verliebt, sowie faschistische Greyshirts. Oft trifft er schlechte Entscheidungen und scheint sein Ziel aus den Augen zu verloren zu haben. Dabei stolpert er über die Vergangenheit seiner Familie, deren Geheimnisse er aufzudecken versucht. Er ist kein durchweg sympathischer, heldenhafter Protagonist, sondern menschlich fehlerhaft und egoistisch. Er beobachtet und erlebt Südafrikas Apartheid, hat immer wieder mit Antisemitismus und Faschismus zu kämpfen, während er in den Medien den aufkommenden Nationalsozialismus in Europa beobachtet. Daraus resultierende politische Veränderungen scheinen es unmöglich zu machen, die litauische Verwandtschaft nachzuholen.
Kenneth Bonert, dessen jüdische Großeltern tatsächlich von Litauen nach
Südafrika auswanderten, wurde 1972 in Johannesburg geboren. Dort wuchs er auf,
bis er im Alter von 17 Jahren mit seiner Familie nach Kanada zog. Nach einem
Journalistik-Studium begann er in Toronto als Reporter und Schriftsteller zu
arbeiten. Sein erster Roman »The Lion Seeker« wurde 2013 mit dem National Jewish
Award und dem Edward Lewis Wallant Award ausgezeichnet. Die realistisch und komplex beschriebenen Figuren führen lebendige Dialoge in verschiedenen Sprachen. Diese Einbindung der jiddischen und verschiedener afrikanischer Sprachen ist ein besonderes Merkmal des Romans. Die entsprechenden Stellen sind oft so gewählt, dass sie auch ohne die nachstehende Übersetzung verständlich wären. Zudem ist ein Glossar zur Begriffserklärung beigefügt. Insgesamt eine mitreissende Mischung aus Familienepos, Zeitgeschichte, Schicksals- und Liebesroman, ebenso faszinierend wie tragisch. Auch wenn es sich um knapp 800 Seiten handelt, sollte man sich unbedingt die Zeit nehmen, Kenneth Bonerts ersten Roman zu lesen.
Artikel
online seit 27.07.15 |
Kenneth Bonert |
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