Termine Autoren Literatur Krimi Quellen Politik Geschichte Philosophie Zeitkritik Sachbuch Bilderbuch Filme |
|||
|
Anzeige Glanz&Elend Ein großformatiger Broschurband in einer limitierten Auflage von 1.000 Ex. mit 176 Seiten, die es in sich haben. Ohne Versandkosten bestellen! |
||
|
Auf Abenteuerreise in
Entwicklungsländer schreibt Ben Fountain in einem blumigen Stil vom Alltag weißer, privilegierter Amerikaner in Krisengebieten. Von Isabella Caldart
|
||
Kolumbien, Myanmar, Sierra Leone und gleich vier Mal Haiti – dem US-Amerikaner Ben Fountain haben es Entwicklungsländer angetan. Sieben seiner Kurzgeschichten in dem Buch »Kurze Begegnungen mit Che Guevara«, das in den USA bereits 2006 erschien und seit diesem Jahr erstmals in deutscher Übersetzung vorliegt, handeln vom Leben in diesen Ländern. Es sind zumeist junge, westliche Abenteurer, die es in gefährliche Gegenden zieht. Da ist der unerfahrene Vogelforscher, der allein im Dschungel Kolumbiens nach gefährdeten Tierarten sucht und von einer Guerillatruppe gefangen genommen wird. Oder der Profigolfspieler, der sich am Ende seiner Karriere dafür entscheidet, das sportliche Aushängeschild Myanmars zu werden und dort in korrupte Machenschaften verwickelt wird. Und da wäre auch der Soldat, der nach seiner Rückkehr von Haiti nach Amerika seiner Ehefrau offenbart, während seines Aufenthalts eine haitianische Göttin auf spirituellem Wege geheiratet zu haben. Ben Fountain erzählt Geschichten mit durchaus interessanten Handlungen (bis auf, seien wir ehrlich, die zuletzt erwähnte, mit der er weit über das Ziel hinaus schießt). Der Autor hat das Herz am rechten Fleck, er kritisiert Korruption, prangert die Mächtigen an, die ihre Positionen ausnutzen, und erzählt aus dem Alltag der Ärmsten dieser Welt. Es ist und bleibt dennoch die Sicht eines in jeder Hinsicht privilegierten Menschen: weiß, männlich, verheiratet und ganz offensichtlich aus der amerikanischen Oberschicht. Was reizt eine solche Person an Haiti und Sierra Leone? Fountain scheint sich das selbst zu fragen. »Damals hatte ich schon eine wunderschöne Frau und zwei wunderbare Kinder, eine liebevolle Familie […], trotzdem ließ ich sie wochenlang zurück und streunte an einem Ort herum, der sich ständig selbst zu verschlingen drohte«, resümiert einer seiner Protagonisten. Vermutlich sind es die katastrophalen Lebensbedingungen in den Krisengebieten, die das genaue Gegenteil zum eigenen Umfeld und den eigenen Erfahrungen darstellen, die Fountain und seine Figuren faszinieren. Während die Handlungen der Geschichten solide konstruiert sind und zumeist überzeugen, versagt die sprachliche Fähigkeit des Schriftstellers an vielen Stellen. Wer nicht auf eine überbordend kitschige und blumige Sprache, überladen mit abstrusen Metaphern steht, der sollte sich die Lektüre zweimal überlegen. Ein paar Kostproben gefällig? »Der Donnerstag
war heiß und träge, der Himmel hatte eine Hülle aus Wolkenschlacke in der Farbe
von ranzigem Speck. Die Luft war malariaschwer […] und Melissa jagte die
Klimaanlage so hoch, dass ihre Schmachtlöckchen während der ganzen Fahrt zum
Trailer hüpften und kreiselten wie Tornados.« Oder wie wäre es mit diesem
skurrilen Neologismus: »Hofeunuchenprosa.« Es geht aber noch viel besser: »[…]
dass Sex wie gemischter Salat roch, so einer mit Radieschen, Fenchel und frisch
geriebenen Möhren, darüber ein Händchen Frühlingszwiebeln vielleicht.« Die
Übersetzung mag zu der gewöhnungsbedürftigen Sprache Fountains einen Teil
beitragen. Doch bunte Wortneuschöpfungen und phantasievolle Vergleiche, mit dem
sich besonders deutsche Leser schwer tun werden, gehören zweifellos zu Fountains
Repertoire.
Artikel
online seit 10.08.15 |
Ben Fountain
|
||
|
|||