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Glanz&Elend
Literatur und Zeitkritik


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Die Einsamkeit des tierlieben Menschen

Monika Marons Betrachtung »Krähengekrächz«

Von Timotheus Schneidegger

Weil sie von Krähen fasziniert ist, beschließt Monika Maron, sie zum Gegenstand eines literarischen Experiments zu machen. Ihr Büchlein „Krähengekrächz“ ist das Ergebnis dieses Versuchs und zugleich Dokument seines Scheiterns.

Als Gründe für ihre Faszination gibt Maron die Intelligenz der Krähenvögel an verbunden damit, dass diese Tiere den Menschen nicht nur als Individuum erkennen, sondern von Anbeginn an kennen, weil sie seinem Treiben auf Schlachtfeldern und Hinrichtungsstätten folgten.

Parallel zu ihren Bemühungen, sich mit einer der Krähen aus der Nachbarschaft anzufreunden, befragt Maron ihre Bibliothek zu diesem Vogel in der Kulturgeschichte. Freunde und Bekannte aus dem Berliner Literaturbetrieb tauchen auf und einer gibt ihr eine ziemlich einleuchtende Erklärung dafür, warum sie Leid und Tod von Tieren im Film nicht ertragen kann: Es ist die Trauer um den kindlichsten und darum ältesten, unschuldigsten und wildesten Teil von sich selbst.

Seine Melancholie gewinnt das Büchlein aus dem, was im Text nur zwischen den Zeilen steht und in dem Nachwort über die literarische Tierliebe in Marons bisherigem Werk von der Germanistin Elke Gilson ausgeführt wird: Der Mensch bestimmt sich nach Giorgio Agamben nicht aus der Vereinigung von Ratio und Animalischem, sondern aus deren Trennung, die das Unglück und die Brutalität des Menschen bedingt. Eine Wiedervereinigung, eine „Rückkehr ins Paradies“ kann es nur in Traum und Phantasie geben.

Marons Versuch einer Annäherung scheitert: Die Krähen bleiben für sie ununterscheidbar, ihr Verhalten ist ebenso schwer zu deuten wie ihr Krächzen. Sie wiederum bleiben trotz Anfütterung vor dem Zweibeiner auf der Hut, von dessen bis heute anhaltender Heimtücke und Mordlust sie seit Jahrtausenden leben. Maron ahnt, für die Krähen als tierlieber Mensch ebenso fremd und damit unter den Menschen oft genug allein zu bleiben.

Artikel online seit 11.10.16

 

Monika Maron
Krähengekrächz
Erzählung
S. Fischer Verlag
64 Seiten, gebunden
12,00€
978-3-10-048835-0

Leseprobe

 


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