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Glanz&Elend
Literatur und Zeitkritik


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Glanz&Elend
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Liese 1111

Hat der NSA für ein Kollateralglück im Zusammenhang mit der NSU gesorgt?

Von Wolfram Schütte

 

»Es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Äonen untergehen« – diese sprichwörtlich gewordene Hoffnung des alten, erblindeten Faust, der hofft mit seinen gesellschaftsdienlichen Aktivitäten ebenso nachhaltig gewirkt zu haben wie unvergessen zu sein, wird nicht jedem anderen willkommen sein, wenn »die Spur von seinen Erdentagen« entdeckt wird, obwohl er sie gerade vollständig hatte tilgen wollen. 

Denn damit hatte in den euphorisch beschworenen ersten Jahren des Internets keiner gerechnet, weil er noch nicht einmal ahnte, dass jede seiner Bewegungen im Internet registriert würde. Nicht nur auf seiner  Festplatte (das wusste er schon), aber doch auch bei seinen besuchten Adressaten. Zumindest zeitweise werden die Spuren, die er hinterließ, auch  dort gespeichert.

Das ahnte das mörderische NSU-Trio nicht. Die überlebende Angeklagte Beate Zschäpe wurde nun während ihres Prozesses nervös, als dem Münchner Gericht, vor dem sie steht, jetzt Unterlagen über den Gebrauch zugingen, die ihre zwei Freunde & sie vom Internet, bzw. mittels Facebook & Youtube gemacht hatten. Zwar hatte Zschäpe versucht, nachdem Mundlos & Böhnhardt sich umgebracht hatten, alle Spuren von ihren gemeinsamen Erdentagen zu verwischen oder zu vernichten – indem sie ihre Wohnung in Brand steckte; aber diese ultimative Aktion war ihr nicht wie erwünscht gelungen. Zu viele Dokumente waren den Ermittlungsbehörden in die Hände gefallen, u.a. z.B. die Liste mit den Zugangsnamen des Trios zu »Youtube«.



Das vom »NSU« bewohnte und in Brand gesteckte Haus in Zwickau.
(Foto: André Karwath Aka, Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic)


Nachdem die USA ein erstes Hilfsersuchen des Münchner Gerichts vom Januar 2012 im September 2012 abschlägig beschieden hatten – entnehme ich dem SZ-Bericht der Prozessberichterstatterin Rammelsberger –, warteten sie nun, 3 Jahre später, plötzlich mit detaillierten Angaben darüber auf, was das Trio sich – u.a. mit Zschäpes Zugangsnamen »Liese 1111« – über Facebook & Youtube ins Haus geholt hatte: bezeichnenderweise vornehmlich TV-Berichte über rechtsradikale Gruppen & Aktivitäten oder über kriminelle Vorfälle, von denen man heute weiß, dass mindestens die zwei Männer dabei mörderisch zugange waren.
Es dürfte der Angeklagten nun schwer fallen, aufgrund dieser Daten sich weiterhin als bewußt schweigendes, unwissendes Unschuldslamm zu präsentieren.
Woher die zuerst verleugneten, jetzt aber präsentierten Daten stammen, werde von der Bundesanwaltschaft geprüft, erklärt die SZ-Berichterstatterin.
Und wenn sie zu der von der NSA illegal abgeschöpften Datenmasse gehörten, von deren Existenz man ja erst dank Snowden weiß? Und wenn der NSA justament durch diese 3 Jahre nach ihrer ursprünglichen Leugnung nun vorgelegten Daten aus dem Jahr 2011 so ganz nebenbei die juristische Relevanz seiner damals unbekannten fürsorglichen Belagerung aller deutscher Netz-Aktivitäten von der Bundeskanzlerin Merkel bis zur NSU-Teilhaberin Zschäpe vorgelegt hat?

Denn dass Facebook oder Youtube mehr als vier Jahre ihre Benutzerdaten gehortet haben (what vor?), ist unwahrscheinlicher, als dass das Zwickauer NSU-Trio beim umfassenden illegalen Fischzug der NSA ins Netz gegangen ist. Und hätte Edward Snowden die Geheim-Aktivitäten der »National Security Agency« der USA nicht öffentlich gemacht, hätten die von ihr gesammelten Erkenntnisse über die verräterischen Selbstbespiegelungen des im Geheimen agierenden mörderischen »National Sozialistischen Untergrunds« womöglich nie ein deutsches Gericht erreicht & wären nicht womöglich zu einem wichtigen Indiz für die wissentliche Beteiligung der weiblichen Angeklagten an den mörderischen Aktivitäten der beiden Männer avanciert.

Verdankt mithin die deutsche Justiz also dem Whistleblower Snowden – quasi durch ein Kollateralglück – möglicherweise ein nachhaltig wirksames Beweismittel?
Es wäre dann jedenfalls nicht die einzige Merk- & Denkwürdigkeit, die das Faktum dieser politisch-rassistischen  Mordserie, die mit einem angeblichen Doppelselbstmord endete, akkumulativ umlagert.

Artikel online seit 01.08.15
 

 


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