Ein
Leben
Annie Ernaux - Die Jahre
»Das Schwarz-Weiß-Foto eines Mädchens in
dunklem Badeanzug auf einem Kieselstrand. Im Hintergrund eine Steilküste. Sie
sitzt auf einem flachen Stein, die kräftigen Beine ausgestreckt, die Arme auf
den Felsen gestützt, die Augen geschlossen, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
Sie lächelt. Ein dicker brauner Zopf fällt ihr über die Schulter, der andere
verschwindet hinter ihrem Rücken. Offensichtlich imitiert sie die Pose der
Filmstars aus Cinémonde
oder aus der Werbung für Ambre-Solaire-Sonnenmilch und will so ihrem demütigend
unreifen Kleinmädchenkörper entfliehen. Auf ihren Schenkeln und Oberarmen
zeichnet sich der helle Abdruck eines Kleides ab, ein Hinweis darauf, dass ein
Ausflug ans Meer für dieses Kind eine Seltenheit ist. Der Strand ist
menschenleer. Auf der Rückseite: August 1949, Sotteville-sur-Mer.«
Kindheit in der Nachkriegszeit, Algerienkrise, die Karriere an der
Universität, das Schreiben, eine prekäre Ehe, die Mutterschaft, de Gaulle, das
Jahr 1968, Krankheiten und Verluste, die so genannte Emanzipation der Frau,
Frankreich unter Mitterrand, die Folgen der Globalisierung, die uneingelösten
Verheißungen der Nullerjahre, das eigene Altern. Anhand von Fotografien,
Erinnerungen und Aufzeichnungen, von Wörtern, Melodien und Gegenständen
vergegenwärtigt Annie Ernaux die Jahre, die vergangen sind. Und dabei schreibt
sie ihr Leben - unser Leben, das Leben - in eine die Leser mitreißende
Erzählform ein, in eine kollektive poetische Recherche.
Annie Ernaux - Die Jahre - Aus dem
Französischen von Sonja Finck - Bibliothek Suhrkamp 1502 - Gebunden, 255 Seiten
- 18,00 € - 978-3-518-22502-8
Leseprobe
Porträt
einer verlorengegangenen Welt
Aharon Appelfeld -
Meine Eltern
August
1938: Am Ufer des Flusses Prut in Rumänien versammeln sich die Sommerfrischler,
überwiegend säkularisierte Juden, darunter ein Schriftsteller, eine Wahrsagerin,
eine früher mit einem Christen liierte Frau, die nun auf Männerschau ist. Auch
der zehnjährige Erwin und seine Eltern sind hier, doch das Kind spürt, dass
etwas anders ist: Hinter den Sommerfreuden, den Badeausflügen und Liebeleien
geht die Welt, die alle kennen, zu Ende. Einige reisen früher ab, andere
verdrängen die Nachrichten aus dem Westen. Spannungen bleiben nicht aus, auch
nicht zwischen den Eltern, der Mutter, die Romane liest, an Gott glaubt und an
das Gute, und dem Vater, dem Ingenieur, der alles rational und pessimistisch
sieht. Als die Familie in die Stadt aufbricht, überfällt Erwin die Furcht. In
der Schule wurde er geschlagen und als «Saujude» beschimpft – und er beginnt zu
ahnen, dass an den unterschiedlichen Haltungen seiner Eltern noch viel mehr
hängt: die Zukunft, das Überleben.
Ein feinfühliger Roman, der seismographisch die Brutalität des heraufziehenden
Krieges verzeichnet – und zugleich das Porträt einer bürgerlichen Welt vor der
Katastrophe.
Aharon Appelfeld ist einer der großen literarischen Zeugen und Bewahrer einer
Welt, deren Verlust uns Nachgeborenen durch seine liebevollen Erzählungen
schmerzlich bewußt wird.
Aharon Appelfeld - Meine Eltern
- Roman - Übersetzt von Mirjam Pressler - Rowohlt Berlin - 272 Seiten -
22,95 € - 978-3-7371-0031-1 -
Leseprobe
Flackernd
& expressiv
John Williams - Nichts als die Nacht
Es
hatte lange gedauert, bis John Williams den Weg zu uns deutschen Lesern fand,
und man durfte schon mal verwundert fragen, wieso die literarischen Scouts
hierzulande mit Blindheit geschlagen waren. Sein Roman
»Stoner« wurde unerwartet ein Bestseller und sein Western
»Butchers Crossing« schreit nach einer Verfilmung. Nur sein lehrstückhafter
Briefroman
»Augustus« scheint seine Leser etwas überfordert zu haben. Nun ist sein
Debutroman »Nichts als die Nacht« erschienen, der als der flackernde, fulminante
Auswurf eines jungen, verzweifelten Wilden daherkommt.
Das Leben des jungen Arthur Maxley scheint beherrscht von Müßiggang und einem
nie verwundenen Trauma aus der Kindheit. Einen Abend, eine Nacht lang, folgen
wir Arthur. Zunächst zu einem Dinner mit seinem Vater, den er viele Jahre nicht
gesehen hat. Etwas Schwerwiegendes steht zwischen ihnen, Schuld und Scham lasten
auf dieser Begegnung, deren hoffnungsloses und abruptes Ende einen Vorgeschmack
gibt auf das verheerende Finale dieser Nacht. Die Straßen und Bars des
nächtlichen San Francisco sind die Kulisse, vor der sich Arthurs innerer Abgrund
auftut. Während er der Verführung durch eine fremde Schöne nachgibt, enthüllt
sich Arthurs ganze existenzielle Not: erotische oder sexuelle Erfüllung können
es nichtbefriedigen. Sein Begehren birgt ungeahnte Dimensionen.
John Williams - Nichts als die Nacht - Novelle
- Aus dem amerikanischen Englisch von Bernhard Robben - dtv Literatur - Deutsche
Erstausgabe, 160 Seiten - 18,00 € - 978-3-423-28129-4
-
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Galavorstellung
des fantastischen Realismus
José Eduardo Agualusa
Eine allgemeine Theorie des Vergessens
Es ist eine
fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend der
angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in
Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in
ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen
Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber
beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit
Tagebuchnotaten und Gedichten. Allmählich setzt sich aus Stimmen,
Radioschnipseln und flüchtigen Eindrücken zusammen, was im Land geschieht. In
den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von
Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und
Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem
wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen. José Eduardo Agualusa hat mit seinem
wunderbaren, dicht und spannend gewobenen Roman, der das Fantastische der
Wirklichkeit und eine Art höhere Gerechtigkeit beschwört, unvergessliche Szenen
geschaffen, tragisch, komisch, grotesk.
José Eduardo
Agualusa - Eine allgemeine Theorie des Vergessens
- Roman - Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler - C.H. Beck Verlag -
197 Seiten - 19,95 € - 978-3-406-71340-8 -
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Die
poetische Analyse des Dämonischen
Charles
Baudelaire - Les Fleurs du Mal
Diese
zweisprachige Ausgabe des Klassikers in der Neuübersetzung von Simon Werle
anlässlich des 150. Todestages von Charles Baudelaire setzt einen funkelnden
Meilenstein und ist auch buchherstellerisch eines der schönsten Bücher dieses
Jahres.
Kaum ein anderes Werk hat die europäische Lyrik so nachhaltig geprägt wie »Les
Fleurs du Mal« (1857) des
Décadent
und Dandy Charles Baudelaire. Bei seinem Erscheinen in Frankreich ein riesiger
Skandal, mehrfach verboten und verbrannt, ist dieser Gedichtzyklus zu einem
zentralen Text der Moderne geworden. Grundthema der »Blumen des Bösen« ist die
Biopsie des Abgrunds, der in einem Subjekt aufklafft, das die Entstehung des
modernen Bewusstseins als seelische Zerreißprobe durchleidet. Das »Böse« dieser
Blumen meint nicht eine moralische Kategorie oder ein sittliches Urteil, sondern
die unerbittliche Analyse des Dämonischen an der Wurzel jeder existentiellen
Erfahrung.
Mit ihrer Sprachmagie, ihren Exorzismen der Verzweiflung, ihrer Ästhetisierung
des Makabren, Bizarren und Morbiden, und nicht zuletzt mit ihrer gewagten
Erotik, markieren »Die Blumen des Bösen« einen Höhe- und Wendepunkt der
französischen Dichtung: in ihrer formalen Perfektion noch der Verskunst des
Klassizismus und der Romantik verpflichtet, sprengen und überschreiten sie deren
inhaltliche Modelle und erschließen psychologisch wie soziologisch völlig neue
Dimensionen.
Charles
Baudelaire - Les Fleurs du Mal - Die Blumen des
Bösen - Gedichte. -
Neu übersetzt von Simon Werle - Rowohlt - 528 Seiten - 38,00 € -
978-3-498-00677-8
Leseprobe
Eine
Hymne auf das Leben
und die Freundschaft
John Steinbeck -
Logbuch des Lebens
Es gibt
Bücher, die glücklich machen. John Steinbecks »Logbuch des Lebens« ist
uneingeschränkt eines davon, zumal, wenn es in dieser beispielhaft gestalteten
Ausgabe in der Buchhandlung darauf wartet von Steinbeck-Liebhabern an neue
Leser-Generationen weitergegeben zu werden. In den letzten Jahren haben sich
hierzulande einige Verlage mit bibliophilen Neuübersetzungen darum bemüht,
Klassiker in der Gegenwart wieder lebendig werden zu lassen. Der Mare-Verlag
macht die schönsten.
Im Frühjahr 1940 verließen John Steinbeck und sein bester Freund, der
Meeresbiologe Ed Ricketts, an Bord eines Sardinenkutters den Hafen von Monterey.
Sie wollten die Tierwelt der kalifornischen Küste untersuchen, das »wahre Leben«
dabei aber keinesfalls aus den Augen verlieren: So enthält Steinbocks »Logbuch«
Beschreibungen der von den Gezeiten geprägten Fauna – und daneben höchst
unterhaltsame Einlassungen über mythische Meerwesen, den Fortpflanzungstrieb der
Biologen oder den widerspenstigen Außenbordmotor namens Seekuh.
Steinbecks Aufzeichnungen erscheinen hier in neuer Übersetzung und mit einem
Nachruf auf Ed Ricketts, der 1948 nach einem Zugunglück verstarb und zum Vorbild
für die Figur des Doc aus »Die Straße der Ölsardinen« wurde. Zusammen mit
Steinbecks unsentimentalen Erinnerungen an den Freigeist Ricketts wird das
Logbuch des Lebens zu einer Hymne auf das Leben und die Freundschaft.
John Steinbeck -
Logbuch des Lebens - Übersetzt von Henning
Ahrens - mare Verlag - Leineneinband mit Lesebändchen im Schuber - 368 Seiten -
32,00 € - 978-3-86648-259-3
Ende
Legende
Lesley M. M. Blume - Und
alle benehmen sich daneben
Durchsoffene Nächte, wilde Affären, hemmungsloser Ehrgeiz. Ellbogen
zählen ebenso wie Talent. Der junge Ernest Hemingway hat nichts
Geringeres vor, als die Romanliteratur zu revolutionieren, den großen
Zeitgeistroman zu schreiben, nach dem alle Verlage fiebern. Mit ›Fiesta‹
gelingt ihm dieser Coup, und er wird, erst 27jährig, auf einen Schlag
berühmt. Es sind die wilden Zwanziger in Paris, und die angelsächsische
Expat-Gemeinde ist legendär: reiche Männer, schöne Frauen, Mäzene,
erfolgreiche Literaten und solche, die es noch werden. im Mittelpunkt
Hemingway, ein todestrunkener, stierkämpfender Aficionado,
hartgesottener Trinker, hitzköpfiges literarisches Genie und –
tatsächlich – Ehemann.
Lesley M. M. Blume erforscht das schillernde Universum, in dem aus einem
unbekannten jungen Autor eine Ikone der Weltliteratur wurde und erzählt
von den Menschen, die Hemingway (oft wenig schmeichelhaft) in seinem
Werk verewigte. Sie dringt ein ins Herz der Lost Generation und zeigt,
wie sehr diese bis heute beeinflusst, was wir lesen und wie wir denken –
über Jugend, Liebe, Sexualität und Exzess.
Lesley M. M. Blume
- Und alle benehmen sich daneben
- Wie Hemingway seine Legende erschuf - Übersetzt von Jochen
Stremmel - dtv - 24,00 € -
978-3-423-28109-6
Leseprobe
Savoir
Livre
Iris Radisch - Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben
Jean-Paul Sartre
hat einst eine ganze Generation in Europa politisch geprägt. Michel
Houellebecq beschreibt inzwischen Frankreich als Land in der Krise. Die
französische Literatur der Nachkriegszeit war stets Programm, mal
existenzialistisch, mal politisch, immer verführerisch.
Iris Radisch begibt sich auf einen Streifzug durch die neuere
französische Literatur und stellt die wichtigsten Autoren vor. Sie lässt
sich dabei von ihren eigenen Treffen mit den Autoren leiten und liefert
einen einfühlsamen Überblick über die Welt von Sartre und Duras bis zu
Patrick Modiano, Yasmina Reza und Houellebecq. Das Buch ist ein
persönlicher Kanon der bedeutendsten Schriftsteller Frankreichs – und
richtet sich an alle, für die das Land schon immer der kulturelle und
literarische Sehnsuchtsort war.
In einem Jahr, in dem in Frankreich gewählt wurde und das Land vor einer
ungewissen Zukunft steht, ist das Buch gleichzeitig ein wichtiger
Beitrag zur Debatte über den intellektuellen Zustand unseres
Nachbarlandes.
Iris Radisch - Warum die Franzosen so gute Bücher
schreiben - Von Sartre bis Houellebecq - Rowohlt - 240 Seiten
19,95 € - 978-3-498-05814-2 -
Leseprobe
Zwischen
Resistance und Kollaboration
Wolfgang Matz
- Frankreich gegen Frankreich
Frankreich ist ein geteiltes Land. Hier die republikanische,
laizistische, großstädtische Linke, entstanden aus den Ideen von 1789,
die ganz Europa verändert haben, dort die nationale, katholische, häufig
antisemitische Rechte, die Frankreich abschotten will gegen die
internationale Moderne. Einmal glaubte man diese Spaltung überwunden: Im
Ersten Weltkrieg verteidigten alle Parteien gemeinsam ihr Land. Doch
Frankreich wurde zum besiegten Sieger, und zwischen den Kriegen machten
die inneren Kämpfe die Republik wehrlos gegen die totalitären Ideologien
und gegen den militärischen Feind. Die Niederlage 1940 schien diese
Wehrlosigkeit zu besiegeln.
Die dauernde Krise ließ die französischen Schriftsteller politisch
werden wie nie zuvor. In großen Schlaglichtern ebenso wie mit
hierzulande fast unbekannten Texten folgt Wolfgang Matz, der »brillante
komparatistische Querläufer« (Süddeutsche Zeitung), den Intellektuellen
zwischen der extremen Rechten und der radikalen Linken, zwischen einem
bedingungslosen Pazifismus, der die Kollaboration mit dem Gegner in Kauf
nimmt, und dem nationalen Widerstand: z. B. André Gide, Céline und Jean
Giono, Simone Weil, Georges Bernanos und Drieu la Rochelle. In der
zweiten Nachkriegszeit geht es noch einmal um die ideologische
Deutungshoheit über die Vergangenheit und für die Zukunft: Was ist
Frankreich, zerrissen zwischen der Nation und Europa? Dieser
Grundkonflikt prägt Frankreich bis zum heutigen Tag, und er verleiht
diesem Buch seine manchmal geradezu gespenstische Aktualität.
Wolfgang Matz
- Frankreich gegen Frankreich - Die
Schriftsteller zwischen Literatur und Ideologie - Wallstein Verlag - €
22,00 - 240 Seiten - 978-3-8353-3078-8
Schlüsselbiographie
Der Taubentunnel - John le Carré
Was
macht das Leben eines Schriftstellers aus? Mit dem Welterfolg
»Der Spion, der aus der Kälte kam«
gab es für John le Carré keinen Weg zurück. Er kündigte seine Stelle im
diplomatischen Dienst, reiste zu Recherchezwecken um den halben Erdball —
Afrika, Russland, Israel, USA, Deutschland —, traf die Mächtigen aus Politik-
und Zeitgeschehen und ihre heimlichen Handlanger.
John le Carré ist ein exzellenter und unabhängiger Beobachter, mit untrüglichem
Gespür für Macht und Verrat. Aber auch für die komischen Seiten des
weltpolitischen Spiels. Seine Agentenromane haben die Grenzen des Genres
vorbildhaft erweitert hin zur gesamtgesellschaftlichen Skizzen die in ihrer
Gesamtheit ein Sittenbild der englischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg
widerspiegeln. In seinen Memoiren, die an Spannung nicht hinter seinen Romanen
zurückbleiben, blickt er zurück auf sein Leben und sein Schreiben.
Der Taubentunnel - John le Carré - Aus dem
Englischen übersetzt von Peter Torberg - Ullstein Verlag - Broschur - 384 Seiten
- 12,00 € (erscheint am 1.12.17) - 9783548289854
Abgesang
Don Carpenter - Freitags im Enrico's
In
den wilden Tagen der Beat Generation trifft sich die Bohème von San Francisco
jeden Freitag im Enrico's, um nächtelang zu trinken und zu diskutieren. Die
jungen Schriftsteller sind voller Tatendrang und Lust, das Leben in all seinen
Facetten zu ergründen. Der Roman fängt nostalgisch eine Epoche ein, in der alles
möglich schien und die Welt sich dennoch weiterdrehte.
Während ganz Kalifornien dem Sommer der Liebe entgegenfiebert, ringen vier
aufstrebende Literaten um ihren ganz persönlichen Erfolg: Die 19-jährige Jaime
ist die Tochter eines Journalisten und hat das Schreiben im Blut. Ganz im
Gegensatz zu ihrem Verlobten Charlie, einem Veteran aus Korea, der verbissen an
seinem großen Kriegsepos arbeitet. Die beiden sind befreundet mit dem
Müßiggänger Dick, der sich auf dem Erfolg einer einzigen Kurzgeschichte ausruht,
die der Playboy veröffentlicht hat. Eines Nachts gesellt sich der Einbrecher und
Juwelendieb Stan zu ihnen, der ein außergewöhnliches Talent für das Verfassen
von Groschenromanen offenbart. Gemeinsam lachen und streiten sie, ohne zu
merken, dass um sie herum eine Dekade zu Ende geht.
Don Carpenter - Freitags im Enrico's
- Roman - Aus dem Amerikanischen von Bernhard
Robben - Beendet und mit einem Nachwort von Jonathan Lethem - Klett-Cotta - 462
Seiten, gebunden mit Schutzumschlag - 25.00 € - 978-3-608-96079-2 -
Leseprobe
Tom
Franklin - Smonk - Die Stadt der Witwen
Old
Texas, Alabama, 1911.
Fernab und inmitten
abgebrannter Maisfelder gelegen, leidet die kleine Gemeinde nicht nur unter den
Folgen des Bürgerkrieges. E.O. Smonk, ein schießwütiger, einäugiger Farmer,
tyrannisiert das Städtchen, insbesondere Dutzende Witwen und junge Mädchen, an
denen er sich vergeht. Als ihm der Prozess gemacht werden soll, kann Smonk dem
Lynchmob entkommen. Doch es scheint eine Verbindung zu geben zwischen Smonk, dem
geheimnisvollen religiösen Witwen-Kult und der Truppe um einen christlichen
Hilfssheriff, der eine mordende minderjährige Hure entlang der Golfküste
verfolgt.
Auf den Spuren von Faulkner und McCarthy kombiniert US-Autor Tom Franklin
Elemente des Southern Gothic und des Western noir und legt in seiner Groteske
die Wurzeln der angezählten amerikanischen Nation bloß, die nicht selten
Freiheit mit dem Recht des Stärkeren assoziert.
Tom
Franklin - Smonk - Die Stadt der Witwen - Aus
dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl - Pulp Master, 307 Seiten; 14,80 € -
3927734810
Leseprobe
»Von der Möglichkeit des Lebens als
Abenteuer«
Karl Heinz Bohrers
-
Geschichte meines Abenteuers mit der Phantasie
Bücher, deren
Vortrefflichkeit man zu preisen versteht, sind in Wahrheit bloß mittelmäßig,
weil sich das Urteil stets über den Stoff erhebt und ihn auf diese Weise
abwertet. Zu Karl Heinz Bohrers Büchern aber kann man immer nur hinaufblicken
und muss sich seines eigenen Urteils schämen, weil es doch niemals Bohrer’sche
Größe erlangt. Für seine autobiografisch angelegte Geschichte »Jetzt«, ein
Dokument deutscher Kulturgeschichte der Nachkriegszeit, gilt dies in ganz
besonderer Weise: Jedes Komma gleicht einer geschliffenen Marmorklippe, jeder
Satz ist eine rhetorische Oase in der literarischen Wüste der Gegenwart. Bohrers
Berichte aus den Schützengräben des Literaturbetriebs zeigen, wie Kritik als
Waffe wirkt. Ihren Einsatz hat er selbst zur Meisterschaft gebracht. Auf über
500 Seiten lässt er diese Revue passieren – ein kaum zu beschreibendes
Lesevergnügen.
Weiterlesen
Karl Heinz Bohrer -
Jetzt - Geschichte meines Abenteuers mit der Phantasie
Suhrkamp -
542 Seiten -
26,00 € -
978-3-518-42579-4 -
Leseprobe
Eine erschütternde Archäologie des Sozialen
Didier Eribon - Rückkehr nach Reims
Didier Eribons »Rückkehr nach Reims« ist außergewöhnlich, weil mit keinem
anderen Werk vergleichbar. Das Buch ist Autobiografie, soziologischer
Selbstversuch, Familien- und Gesellschaftsgeschichte. Was jedoch besonders
bemerkenswert ist: Es ist nicht nur großartige, nachdenkliche Literatur, sondern
gleichwohl eine exzellente philosophische Studie, die ein erschütterndes
Sittenbild der französischen Gesellschaft liefert.
Eribons Ausgangspunkt ist die Auseinandersetzung mit seinen Eltern, insbesondere
mit seinem verstorbenen Vater, Fabrikarbeiter seit seinem 13. Lebensjahr und
gewalttätiger Trinker, später Frühpensionär und demenzkranker Pflegefall. Die
Familie wohnt in Reims, dort, wo Adenauer und de Gaulle die deutsch-französische
Freundschaft besiegelten. In den 1950er und -60er Jahren teilt sich die Stadt in
zwei Klassen: Großbürgertum – und arme Arbeiter, zu denen Eribons Familie zählt.
Weiterlesen
Didier Eribon - Rückkehr nach Reims - Aus dem Französischen von Tobias Haberkorn
-
edition suhrkamp -
Broschur, 240 Seiten -
18,00 € -
978-3-518-07252-3 -
Leseprobe
Schaltwerk
der Gedanken
Zur Erinnerung
an Egon Friedell
(21.Januar 1878 - 16. März 1938)
»Die
Arbeit ist ein Fluch, der über den Menschen verhängt wurde, als er vertrieben
ward aus dem Paradies des Nichtstuns.«
»Die Kulturgeschichte der Neuzeit«, deren drei Bände zwischen 1927–1931
erstveröffentlicht wurden, gilt zu Recht als das Lebenswerk des großen
österreichischen, Philosophen, Essayisten und Kulturkritikers Egon Friedell, der
am 16. März 1938 gegen 22 Uhr mit einem Sprung aus einem Fenster seiner im 3.
Stock liegenden Wohnung, in Wien, Gentzgasse 7, der Barbarei zu entkommen
suchte. Daß er in diesem letzten Lebensmoment die Umsicht besessen haben soll,
die Passanten mit einem warnenden Ausruf »Treten Sie zur Seite« zu warnen,
spricht selbst anekdotisch für die große Geistesgegenwärtigkeit eines
Kulturmenschen, wie es sie heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, nicht mehr
gibt.
In der Schlußbemerkung zu seiner Sammlung von Essays, Satiren und Humoresken
»Was soll das Theater?« schrieb Friedell einst ironisch »›schöne Bücher‹
verträgt heute kein Mensch von Geschmack mehr. Man wird sie erst wieder
vertragen, wenn sie direkt aus dem Leben geschöpft werden können. Aber ich
glaube, dann wird man sie nicht mehr brauchen.«
Egon
Friedell -
Vom
Schaltwerk der Gedanken -
Ausgewählte Essays zu
Geschichte, Politik, Philosophie, Religion, Theater und Literatur -
Herausgegeben von Daniel Kampa, Daniel Keel -
Diogenes -
Hardcover Leinen -
704 Seiten
978-3-257-06625-8 - € 29.90
Egon
Friedell -
Kulturgeschichte
des Alterums /
Kulturgeschichte
der Neuzeit - Diogenes
- Kassette -
Hardcover Leinen -
2800 Seiten -
978-3-257-06786-6
€ 48.00
Ruhe
& Bewegung
Arche Literatur Kalender 2018
Der beliebte
Klassiker wie jedes Jahr mit einem neuen Motto. Wunsch, Frust oder Freude? Was
Ruhe & Bewegung für Schreibende bedeutet, davon berichtet der Klassiker
unter den Literaturkalendern.
Auf dem Cover der junge Vladimir Nabokov mit Tennisschläger und Braut, Anfang
1920 in Berlin. Im Kalender: Simone de Beauvoir, die sich Gedanken macht über
das Lesen auf dem Diwan oder unter blauem Himmel. Pier Paolo Pasolino, der sich
ans heißgeliebte Fußballspielen auf den Wiesen von Caprara erinnert. Oder
Hermann Hesse, der über Sinn und Zweck seine Gartenarbeit in Montagnola sinniert
…
Was Ruhe & Bewegung für Schreibende bedeutet, ob Wunsch, Frust oder
Freude – das verraten die 53 Autorinnen und Autoren im neuen Arche Literatur
Kalender 2018. Wenig bekannte Fotos, informative Text- und Bildlegenden,
Biografien und ein umfangreiches Kalendarium mit Lebensdaten.
Arche Literatur Kalender 2018 - Ruhe & Bewegung
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Artikel
online seit 23.11.17
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