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Glanz&Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik

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Die menschliche Komödie
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Ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben.

 

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Seitwert


Die italienische Herrenrasse und der Neger

Andrea Camilleri kopiert sich in seinem neuen Roman selbst
 

Von Georg Patzer
 

Ein Neger! Ein richtiger Neger! Nicht irgendeiner, sondern: der Neffe des Negus, Kaiser Haile Selassie. Und das macht es erst so richtig kompliziert. Denn mit einem normalen Neger wäre man ja noch fertig geworden. Schließlich ist man ja die Herrenrasse. Aber diesen Prinzen mit dem Namen Grhane Solassie musste man ja dann doch eher wie ein rohes Ei behandeln. Schließlich wollte man ja keinen Krieg riskieren, oder?

Es ist schon ein wenig knifflig,  wenn man in einem faschistischen Staat wie Italien plötzlich Rücksicht nehmen muss. Aber wozu hat man funktionierende Hierarchien. Da wird dann von oben, von ganz oben, vom Duce höchstpersönlich, befohlen, der hofft, dass der Junge seinem Onkel von der Pracht des Faschismus vorschwärmt. Und dann kann man einfach nur noch gehorchen, bis ganz unten: bis zu Giacomo Spera, dem Polizeikommissar von Bigàta, der ortsansässigen faschistischen Jugend und dem Bankkassierer, das ist sehr praktisch. Nicht denken, nur Befehlen gehorchen.

Aber dann wird es doch schwierig. Denn dieser Prinz reist 1929 zwar nach Vigàta, um dort an der Königlichen Bergbauschule zu studieren und vielleicht auch ein wenig die Sitten und Gebräuche des Landes, aber von Anfang an läuft alles irgendwie schief. Zwar kommt der Zug »mit faschistischer Pünktlichkeit an«, aber aus ihm steigt ein »junger Neger«, schlecht gekleidet und mit einem Kissenbezug mit ein paar Sachen von sich darin. Aber er fährt nicht in die Pension, die für ihn reserviert war, sondern in den Puff von Donna Jole, wo er »drei Mädchen vorbestellte, die die Puffmutter ihm im Abstand von einer Stunde aufs Zimmer schicken« sollte. Die Rechnung solle sie an die örtliche Filiale der Banco di Sicilia schicken.

Gnadenlos nutzt der Neffe das faschistische Durcheinander aus, den »streng vertraulichen« Erlass des Duce, ihm alles zu gewähren, die Geldnot der örtlichen Behörden, die für die Schulden des verschwenderischen Prinzen aufkommen müssen, die sexuellen Verwirrungen, die er unter den Schülern und Schülerinnen (und im gesamten Dorf) mit seinen bisexuellen Affären anrichtet. In seinem neuesten Buch versucht der sizilianische Autor Andrea Camilleri den Erfolg seines Buches »Der unschickliche Antrag« zu wiederholen, indem er dieselbe pfiffige Struktur benutzt: Aus Gesprächen, Briefen, Telegrammen und Zeugenaussagen sollen sich die Ereignisse langsam zusammensetzen und Überraschungsmomente entfalten. Was aber im »Antrag« wunderbar funktioniert und dem Wortwitz und dem immer grandioser werdenden Durcheinander noch eine Metaebene hinzufügt, weil man bis zur allerletzten Seite nicht weiß, worum es eigentlich überhaupt geht, klappt im neuen Buch überhaupt nicht. Und das liegt vor allem daran, dass man als Leser spätestens auf Seite 60 weiß, worauf es hinausläuft. Es folgen noch ein paar witzige Ideen, die die Dummheit des Faschismus schön aufspießen, aber das ist auch alles: Es scheint traurig um Camilleris Schaffenskraft zu stehen, wenn er sich jetzt schon kopieren muss ohne zu merken, dass es nicht passt.
 

Andrea Camilleri
Streng vertraulich
Übersetzt von Sigrid Vagt
Verlag Nagel & Kimche
262 Seiten
19,90 Euro


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