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Wieviele
bin Ich? |
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Stellen Sie sich eine Figur vor, die auf seinen Stiefvater, eine ältere Frau mit maskulinen Zügen und ein wenig auf seine beste Freundin steht – die also so ziemlich "verknallt in all die falschen Leute" ist. Dann haben Sie Billy, den Protagonisten von John Irvings neuem Roman In einer Person.
In einer Person ist
der Entwicklungsroman eines bisexuellen Jungen in einer Zeit, in der es nicht
leicht ist für jemanden, der nicht den Konventionen folgt. Billy wird in den
40er Jahren in einer fiktiven Stadt namens Seven Sisters geboren und besucht
eine Jungenschule. Dort wird ihm von dem Schularzt versichert: "Es gibt eine
Kur für diese Krankheiten". Manche Kritiker argumentieren, dass Irving zu repetitiv in seiner Themenauswahl wäre. Meiner Meinung nach funktionieren die Wiederholungen jedoch, ohne dabei langweilig zu werden. Vielleicht weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist, oder aber da wir alle unsere Lieblingshaustiere haben: John Irving seine Bären und Haruki Murakami seine Katzen.
Die Schulzeit ist für
Billy die Zeit der Selbstfindung, der Entdeckung seiner Persönlichkeit. Es
überrascht nicht, dass das Theater einer der dominierenden Thematiken des Romans
ist. Das Wort "persona" stammt von der Maske ab, die Schauspieler im antiken
Griechenland trugen. "Wer ist's, der
mir
kann sagen, wer ich bin?"
ruft Billys Onkel trefflich in einer
König Lear
Aufführung.
Allerdings scheint Billy
nicht der Einzige zu sein, der sich unsicher ist, welche Maske er tragen soll.
Neben seinem Großvater, der die Vorliebe für die Garderobe seiner Ehefrau nicht
verhehlen kann, entpuppen sich alle noch so scheinbar
straighten
Charaktere als auf die eine oder andere Weise
queer.
Die Art und Weise, wie
Irving nicht nur seine Charaktere, sondern auch die meisten seiner Szenen in
satirische und lustige Extreme zieht, hält dem Leser vor Augen, dass die
ganze Welt eine Bühne ist. Dennoch, abhängig von der Neigung zu und dem Wissen
über Shakespeare und Ibsen, kann die Wiederholung des Theaters nervend sein. Irving versucht den Roman durch seine ungewöhnlichen und interessanten Charaktere faszinierend zu machen. Da jedoch der eigentliche Erzählstrang nur aus Billys Leben und keinen weiteren Spannungszügeln besteht, schlaft das Buch beizeiten ab. Irving versucht dem aus dem Weg zu gehen, indem er Zeitfenster überspringt und immer wieder Köder mit Informationen für den Leser hinterlässt, um diesen hungrig nach mehr zu machen.
Nichtsdestotrotz zeigt der
letzte Teil des Romans, der gegen den Hintergrund der von AIDS-zerrütteten 70er
und 80er Jahre erzählt wird, Iriving in bester Form. Traurig und absorbierend
beschreibt er wie die Epidemie um sich greift. |
John Irving |
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