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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik
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Glanz&Elend
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Seitwert


Trauriger Reisebericht

Claude Lévi-Strauss' Schriften über Japan.

Von Jürgen Nielsen-Sikora

Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss (1908-2009) reiste zwischen 1977 und 1988 mehrmals nach Japan, hielt Vorträge und schrieb über das Land, das ihn stark beeinflusste, ohne dass er des Japanischen mächtig war. Das nun im Suhrkamp Verlag erschienene Buch versammelt seine wichtigsten Aufsätze über die japanische Mythologie und Kultur.

Der Blick auf das Cover ruft bereits erste Irritationen hervor. Abgebildet ist eine Kalligraphie von Sengai (1750-1837), in der es ums Teetrinken und die Vollkommenheit des Universums geht, der Titel des Buches aber einen Text von Lévi-Strauss aufgreift, der damit eigentlich nichts zu tun hat.
Die im Buch versammelten Aufsätze stammen zum Teil aus anderen Publikationen. Leider wurde versäumt, einzelne Abschnitte dieser Texte zu überarbeiten, so dass das japanische Vorwort  zu Lévi-Strauss' berühmtem Buch „Traurige Tropen“ (1955) sowie der Festbeitrag für den französischen Althistoriker Jean-Pierre Vernant (1914-2007) aus dem Zusammenhang gerissen hier erneut erscheinen. Auch wird nicht klar, was die Fotos im Anhang bewirken sollen – ein Beweis dafür, dass Lévi-Strauss wirklich in Japan war? Oder dienen sie als bloßes Schmuckwerk der Texte?

Der Ertrag der Vorträge ist im Hinblick auf den Untertitel des Buches „Schriften über Japan“ eher bescheiden. Selbstverständlich steht für Lévi-Strauss die Analyse von Mythologien im Vordergrund. Sie strukturiert die Sicht des Ethnologen auf die japanische Tonleiter, die Töpferei, die Kalligraphie und andere Dinge. Der Leser stößt zudem auf einige skurrile Vergleiche, manche Redundanz und immer wieder auf eingestreute japanische Vokabeln, die mit Hilfe des lateinischen Alphabets wiedergegeben werden. Die Einschätzungen in Bezug auf die japanische Kultur heute wirken allerdings anachronistisch. Lévi-Strauss schildert Japan als wäre er ein Zeitreisender, der in eine zurückliegende Epoche manövriert worden ist, diese aber für die Gegenwart hält. Gepaart mit der übertriebenen Bescheidenheit seiner eigenen Person, die er als rhetorisches Mittel einsetzt und seinem offensichtlichen Nichtverstehen von Höflichkeitsfloskeln und Unterwerfungsritualen, nachzulesen im abschließenden Interview, wirken die Schriften über Japan wie der hilflose, vom akademischen Sprachduktus durchsetzte Versuch, den Irritationen des 外人einen halbwegs intellektuellen Ausdruck zu verleihen.

Fazit: Nach Japan reisen verlangt nicht immer, darüber auch zu schreiben.
 








Claude Lévi-Strauss
Die andere Seite des Mondes
Schriften über Japan
Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer Mit zehn Abbildungen Suhrkamp
Gebunden, 175 Seiten
24,95 €
ISBN: 978-3-518-58577-1

 


 


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