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Bücher & Themen Artikel online seit 21.04.14 |
Ein klassenbewusster Bourgeois und moderner Klassiker
Neuerscheinungen zum 150. Geburtstag des Soziologen, |
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Vor über 100 Jahren, zwischen 1904 und 1905, publizierte Max Weber seine legendäre Schrift »Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus« als Aufsatz in zwei Folgen. Unmittelbar nach Erscheinen löste sie bereits Kontroversen aus, eine Flut von Sekundärliteratur zeugt bis heute von der nicht abreißenden Auseinandersetzung mit Max Weber. Keine Frage: Max Weber ist en vogue. Seine Schriften »Politik als Beruf«, »Wissenschaft als Beruf« und »Wirtschaft und Gesellschaft« werden als Zitatschätze genutzt, wenn vom »Charisma« der Politiker, ihrem »Bohren harter Bretter« als Tätigkeitsmerkmal, vom »okzidentalen Rationalismus« und der »Entzauberung der Welt« die Rede ist. Der Bonner Philosoph Markus Gabriel hat darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Satz meist sinnverkehrt verstanden werde. Weber behaupte nicht, die Moderne sei ein Vorgang der Entzauberung. Die Moderne sei vielmehr von der Illusion geprägt, die Welt sei entzaubert.
Leben und Werk Weber sind bestimmt durch seine großbürgerliche Herkunft, den Jahren zwischen der Gründung des Deutschen Kaiserreichs und seinem Untergang. Am Ende seines Lebens war von diesen Welten nichts mehr übrig. Weber hinterließ ein riesiges Werk: Fragmente, unzählige wissenschaftliche Aufsätze, nicht veröffentlichte Bücher, Reden und Pläne. Jürgen Kaube hält wohltuend Distanz zu seinem Gegenstand, räumt auf mit der weihevollen Stimmung um Weber, beurteilt sachlich, was an Webers Denken noch zeitgemäß ist. Max Weber wurde am 21. April 1864 im preußischen Erfurt geboren. Sein Vater, Verwaltungsjurist und zu dieser Zeit Mitglied des Stadtrats und Landtagsabgeordneter, war ein Kaufmannsohn aus dem Besitzbürgertum, seine Mutter Helene Weber geborene Fallenstein entstammte dem Bildungsbürgertum, das auch in der Politik tätig war. Sie trug erheblich zum Wohlstand der Familie durch ihr beträchtliches Erbe bei. Max Weber wird sich im Laufe seines Lebens stets selbstbewusst auf seine Herkunft berufen. »Bitte sehen Sie meine Ihnen so rätselhafte Rede doch einfach als Speech eines klassenbewussten Bourgeois an die Feiglinge seiner eigenen Klasse an«, entgegnete der 43-jährige einem Kritiker. Seine spätere Ehefrau, die Frauenrechtlerin Marianne Weber, mit der er eine komplizierte Ehe führte, entstammte einem Zweig derselben Familie, Verwandtenheirat respektive Cousinenheirat »war ein Grundelement des bürgerlichen Familienkapitalismus«, wie Kaesler nüchtern konstatiert. Max Weber studierte in Berlin, Heidelberg und Straßburg Jura, daneben Nationalökonomie, Geschichte, Philosophie und Theologie; seine Promotion erfolgte 1889 in Berlin. Weber hatte bereits mit seiner Dissertation zur Entwicklung des Handelsrechts sein grundlegendes wissenschaftliches Thema gefunden: Die Entstehungsbedingungen des kapitalistischen Wirtschaftens. Er schlug den Weg des besoldeten Universitätslehrers ein. Seine ersten Stationen waren Professuren in Berlin und Erfurt, dann folgte Heidelberg, wo er sehr schwer erkrankte, und de facto 1899 seine berufliche Karriere, nicht jedoch seine wissenschaftliche Arbeit, beendete. Im Juni 1919, zieht er nach München um, und übernimmt den Lehrstuhl Lujo Brentanos für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie. Dirk Kaesler weist darauf hin, dass Max Weber in dieser Phase seines Lebens, Denkens und Schreibens ein »rücksichtsloser Nationalist« mit auch beunruhigenden rassistischen Äußerungen gewesen ist. Unter dem Stichwort »Herrenvolk« wird man in seinen Schriften und Reden fündig. Weber war, so Kaesler, ein unkritisches »Kind seiner Zeit«, »ein Protagonist des weitverbreiteten Sozialdarwinismus.« Der Gelehrte, der »Objektivität« und »Werturteilsfreiheit« wider die Vermengung von Wissenschaft und Werturteilen fordern sollte, erwies sich in den Jahren zwischen 1890 bis zur deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg als Befürworter einer deutschen Großmachtpolitik.
Bourdieu deutet in seinen Schriften die Politik stets als »Feld« innerhalb der Gesellschaft, das genau wie die Sphären der Kunstwelt oder der Wissenschaftler seinen eigenen, zuweilen informellen Regeln gehorcht. Die Bürger delegieren durch Wahlen ihre Macht an eine professionelle Schicht, und diese entscheidet fortan in deren Namen. Diese Delegation der Macht an die Politprofis stellt für den französischen Soziologen eine Enteignung dar. Speziell den Unterklassen bleibe nur, »zu schweigen oder andere für sich sprechen zu lassen«. Schweigen sie, gelten sie schnell als apathisch oder inkompetent. Zu Unrecht, so Bourdieu. Für ihn ist auch die Nichtwahl ein »Protest gegen das Monopol der Politiker«. Der Soziologe verneint, dass hinter der Herausbildung einer politischen Klasse primär Korruption stecke oder die Politiker ohnehin bloße Erfüllungsgehilfen der Unternehmer seien. Die Abschottung und Abgrenzung der Parlamentarier, die immer wieder beklagt werde, ergebe sich aus der »Logik des Feldes«. Wer von der Politik leben will, muss die gängigen Redeweisen oder die entsprechende Repräsentationen der Politiker annehmen und so Zugehörigkeit bekunden. Auch in diesen Analysen Bourdieus finden wir Anknüpfungen an Max Weber ebenso wie an Norbert Elias. Welche langen Schatten Max Webers Werk noch in das 21. Jahrhundert zu werfen vermag, davon geben die gelehrten Vorlesungen Bourdieus, die nun in deutscher Übersetzung vorliegen, ein beredtes Zeugnis. |
Bibliographische Angaben:
Dirk Kaesler
Dirk Kaesler
Jürgen Kaube
Joachim Radkau
Pierre
Bourdieu |
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