Am
18. Oktober wird der Schriftsteller Navid Kermani in Frankfurt mit dem
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Eine Würdigung mit Blick
auf die Probleme der europäischen Gegenwart.
Das Ganze im Detail
»Aus einem Rokoko-Teelöffel«, hat Michael Ende einmal behauptet, ließe sich »im
Grunde ganz Versailles rekonstruieren … Wenn Sie eine Kultur haben, haben Sie
immer dieses Prinzip der Wiederholung des Ganzen im Detail.«
Über die Qualität einer Epoche informiert uns also schon ein Bruchstück. Michael
Endes These deckt sich mit einer philosophischen Überzeugung aus dem 19.
Jahrhundert. Sie ist unter anderem bei Droysen und Burckhardt, ja sogar schon
bei Herder zu finden. Es handelt sich um die Vorstellung, im Individuum spiegele
sich die ganze Menschheit und der Einzelne schreibe die Geschichte durch sein
Leben fort.
Noch in den Erläuterungen des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Fredric
Jameson über The Cultural Logic of Late Capitalism von 1991 taucht diese Idee
auf. Jameson erzählt von dem Hotel Bonaventure in Los Angeles, das sich dem
Verfall der Stadt widersetzt und einen totalen Raum erschafft, der Los Angeles
als Utopie en miniature reproduziert.
Navid Kermanis jüngstes Buch Ungläubiges Staunen treibt die Idee der
Wiederholung des Ganzen im Detail gewissermaßen auf die Spitze. Anhand von 40
Miniaturen entwirft er ein Bild des Christentums, das über künstlerische
Darstellungen vermittelt ist. Radikaler ist seine Methode: Bei seinen
Bildbetrachtungen rekurriert er nicht nur auf die Epoche der Bildentstehung,
sondern zeichnet ein ungleich größeres Gegenbild - das des christlichen Glaubens
insgesamt. So spürt er etwa mit dem Historienmaler Fernand Cormon dem Brudermord
Kains nach und interpretiert ihn als Ursprungsgeschichte unserer Zivilisation.
Mit Rembrandt wird »die bis in den Blutrausch reichende Leidensvergötterung«
plastisch: Die vermoderte Haut des Lazarus und sein eingefallenes Fleisch.
Schon in Der Schrecken Gottes (2005) und dann in seinem Buch Zwischen Koran und
Kafka (2014) hatte Kermani dem Thema Leiden eine ungewöhnliche Grundlage
geschaffen - zuletzt mit Hilfe eines erhellenden Vergleichs zwischen Dantes
Divina Commedia und Fariduddin Attars Buch der Leiden. Leitgedanke ist eine
Koranstelle, in der es heißt, der Mensch sei »nicht bloß nach dem Bilde Gottes
geschaffen; ihm wird vielmehr die Verantwortung übertragen, daß sich die
Schöpfung vollende.« Die Autonomie des Menschen aber geht einher mit dem
Aufbegehren gegen Gott, und folglich mit dem Leiden als Konsequenz dieses
Aufbegehrens. Es ist die Katastrophe menschlicher Autonomie, wie sie Kermani
auch in seiner Shakespeare-Interpretation Welt ohne Gott beschreibt.
Ungläubiges Staunen diskutiert nun jedoch nicht das Bild des Christentums in
einer bestimmten Epoche, sondern entwirft ein Bild des epochenübergreifenden
Christentums. Hierbei fokussiert das Buch insbesondere Phänomene wie den
Aberglauben, die Rettung, den Schrecken und Schmerz, die Gebrechlichkeit, den
Krieg und den Tod, Folter und Erniedrigung als zentrale Aspekte christlicher
Überlieferung. Kermani staunt über Marias Jugendlichkeit in den künstlerischen
Darstellungen und hebt die Beziehungslosigkeit Christus hervor. Zudem bemängelt
er einerseits die fehlende Schönheit des Christentums, erblickt andererseits
eine Verwandtschaft des Korans mit christlicher Frömmigkeit. Aus den Portraits
von Hiob, von Judith und Holofernes, von Ursula, Franziskus, Petrus, dem
Heiligen Hieronymus, Isaak und dem ungläubigen Thomas spürt er dem Wesen des
Christentums nach. Aus dem ikonografischen Bruchstück ist so ein ganz
persönliches, gleichwohl überdimensional großes Bild des Christentums
entstanden.
Lässt sich das zusammen denken: Michael Endes These, aus dem Teil ließe sich das
Ganze rekonstruieren, und Navid Kermanis Unterfangen, aus einzelnen
Leidensbildern ein ungleich größeres Portrait einer langen Leidensgeschichte
nachzuzeichnen? - Gegenwärtig erscheinen zweifellos zahlreiche Bildikonen vor
unserem inneren Auge, die aus einem Bruchstück die Epoche in ihrer ganzen
Verzweiflung illustrieren könnten.
Ich denke vor allem an das Bild des kleinen syrischen Jungen Aylan Kurdi, der
Anfang September nahe Bodrum auf der Flucht ertrunken ist. Das kontrovers
diskutierte Bild eines toten Jungen, am türkischen Strand liegend, zeigt dann
nicht nur das ganze Elend der europäischen Flüchtlingspolitik, sondern der
europäischen Kultur im Ganzen.
Kulturabfälle
Ich denke in diesem Zusammenhang aber auch zurück an die Loveparade. Sie gehörte
im Jahr 2010 zum tödlichen Programm im Rahmen der Initiative Kulturhauptstadt
Europas. Andreas Rossmann schrieb damals in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
wenige Tage nach der Katastrophe in Duisburg: »Die Loveparade kam unter das Dach
der Europäischen Kulturhauptstadt, weil diese so gut wie alle auch nur irgendwie
als kulturell geltenden oder einzustufenden Ereignisse, die in diesem Jahr
zwischen Duisburg und Dortmund, Hamm und Hamminkeln, Wesel und Witten
stattfinden, unter ihr Dach genommen hat: Nicht nur die mehr als dreihundert
Veranstaltungen, die sie selbst angeregt, ausgewählt und ausgerichtet hat,
sondern selbstverständlich auch die hier jährlich stattfindenden Festivals wie
Ruhrfestspiele und Ruhrtriennale, Mülheimer Theatertage und Oberhausener
Kurzfilmtage, Duisburger Akzente, Klavierfestival Ruhr oder Extraschicht der
Industriekultur und schließlich auch Treffen, die jedes Jahr die Stadt wechseln
und wegen der Kulturhauptstadt 2010 im Revier Station machten, darunter die
Deutschen Meisterschaften im Poetry Slam oder Kongresse von Architekten,
Ingenieuren und Denkmalpflegern.«
Jede Pommes- und Bierbude, jede Spaßmeile und jeder Raver werden somit zu den
Details, in denen sich, wie Michael Ende sagt, das Ganze der Kultur wiederholt.
Und es wiederholt sich auch der Ausverkauf der Devotionalien nach der Show: Ob
Zuckertütchen, Rucksäcke, Fußbälle, T-Shirts: Der Kulturabfall, der Ramsch, wird
irgendwann verscherbelt.
Wer wollte bestreiten, dass eine solche Kultur im 21. Jahrhundert unter einem
radikalen, von der Kulturindustrie in Form von Merchandising und Branding
diktierten Verwertungsinteresse steht? Die Städte erhoffen sich vom Tragen des
Titels einer europäischen Kulturhauptstadt für ein Jahr in erster Linie »erhöhte
Aufmerksamkeit und zahlreiche Besucher«, sprich: mehr Tourismus. Parallel hierzu
verlagert das Dubliner Abkommen die Grenzsicherungen auf die Staaten vor die
Tore der EU und richtet Internierungslager für Flüchtlinge - die human cargos
eines als negativ deklarierten, unheilvollen Tourismus - ein. Europa blutet an
seinen südlichen Rändern. An seiner Kultur partizipieren darf schließlich nur,
wer zum Kapital der Kultur bzw. zur Kultur des Kapitals beiträgt. Die
»Entwicklung eines hochwertigen und innovativen Kulturtourismus« sei dazu
notwendig, so das Credo der EU-Institutionen, wobei »die Wünsche der Besucher
mit denen der örtlichen Bevölkerung in Einklang zu bringen« seien.
Welchen Beitrag aber leistet ein kleiner toter Junge zur Kulturgeschichte
Europas? Muss man die rund 23 000 Flüchtlinge, die seit dem späten 20.
Jahrhundert an Europas Stränden und im Mittelmeer ertrunken sind, nicht den 21
toten Ravern beiseite stellen, um sich ein wahres Bild europäischer Kultur und
des nackten Lebens in Europa imaginieren zu können?
Der menschlichen Existenz einen Sinn geben
Als Navid Kermani 2005 aus Ceuta zurückkam und seine furchtbaren Erlebnisse dort
einem Plenum aus Vertretern europäischer Institutionen sichtlich betroffen
vortrug, war die Reaktion eine Mischung aus abwiegelndem Kopfschütteln und
beschwichtigendem Versprechen, das Elend an Europas südlicher Grenze schnell
angehen zu wollen. Die Synopse seiner zuvor am Wiener Burgtheater gehaltenen
Rede rief bei den EU-Politikern lediglich Lippenbekenntnisse hervor. Schaut man
sich die Zerrissenheit der europäischen Nationalstaaten in Fragen einer
gemeinsamen Flüchtlingspolitik in den vergangenen Jahren an, scheint sich daran
wenig geändert zu haben.
Mir schoss damals als Zuhörer unmittelbar ein recht zynischer Gedanke durch den
Kopf: Wäre es nicht an der Zeit, einmal Tarifa, Lampedusa oder Santa Cruz de
Tenerife als Kulturhauptstadt Europas anzudenken? Denn ohne sie ist die
europäische Kultur des 21. Jahrhunderts kaum verstehbar. Es heißt zwar: »Kultur
ist das, was der menschlichen Existenz und den Beziehungen zwischen den Menschen
einen Sinn gibt. Sie ist nicht nur ein Erbe, das es zu bewahren gilt, sondern
eine gemeinsame Art zu leben und schöpferisch zu sein, auf der Grundlage eines
allgemeinen Bildes vom Menschen, von seiner Würde und seiner Bestimmung« - so
der Schweizer Philosoph Denis de Rougemont im Jahre 1949 auf einer europäischen
Konferenz in Lausanne. Doch was ist heute noch übrig von diesem Anspruch, dem
allgemeinen Bild des Menschen und seiner Würde, wenn es darum geht, so die
EU-Kommission, den »Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des
kulturellen Erbes in Europa« sowie »ein besseres Verständnis der Bürger Europas
füreinander zu ermöglichen«?
Navid Kermani hat in diesem Zusammenhang auf ein Paradox in seiner Rede zum 65.
Jahrestag des Grundgesetzes aufmerksam gemacht: »Die Würde ist unantastbar und
bedarf dennoch des Schutzes.« Auf die Frage, wer in den Genuss des staatlichen
Schutzes kommt, antworten der Publizist Tom Holert und der Migrationsforscher
Mark Terkessidis kritisch: »Bevor man die Orte des guten Lebens betreten darf,
muss man seine Berechtigung, Kreditwürdigkeit und Unbescholtenheit nachgewiesen
haben. Dies geschieht an der Grenze, am Ticketschalter des Flughafens, beim
Einchecken im Hotel, bei der Benutzung des Geldautomaten, aber auch indirekter,
durch Überwachung und Verdächtigung von Sozialverhalten, Kleidung, Hautfarbe.
Nur wer diese Kontrollen passiert, genießt Bürgerrecht in der tourist city.«
Der Tourist werde, so die Autoren, zum Modell des schutzbedürftigen Bürgers
schlechthin. Das heißt: Der mobile, flexible, anpassungsfähige und gut situierte
Mensch ist ein Mensch der Kultur, wie er Europa vor Augen schwebt. Dieser Mensch
ist jemand, »der kommt, um nicht allzu lange zu bleiben; der sein Geld
mitbringt, der konsumiert … Der Tourist ist der perfekte postpolitische citoyen,
für den Städte gebaut werden, aus denen jede Spur der Polis getilgt ist.«
Tilgung der Polis durch kommerzialisierten Städtebau: Diese viel sagende These
zur europäischen Kultur von Holert und Terkessidis unterstreicht auch die
EU-Kommission, indem sie hervorhebt, wissenschaftliche Studien belegten, dass
die Veranstaltungen rund um das Label Kulturhauptstadt »eine wertvolle
Gelegenheit« biete, »Städte umzugestalten.«
Das Prinzip der Argo
Inzwischen sind seit Mitte der 1980er Jahre mehr als vierzig Städte im Namen der
europäischen Kultur umgestaltet worden. Das Prinzip, das dieser Umgestaltung
zugrunde liegt, heißt im Fachjargon Gentrifizierung und meint »die Maschinerie,
die die Teilhabe an der Stadt über Geld und Herkunft regelt«, so Christoph
Twickel. Am Ende der Kultur stehen die Image Cities, die Marken-Städte, die
bewachten Wohnkomplexe der Kontrollgesellschaften, stehen fragmentierte,
erbeutete, unwirtliche Städte, kaum bezahlbarer Wohnraum und die Flucht ohne
Ende in neue urbane Räume, nachdem die alten zu Business Improvement Districts
erklärt und komplett restrukturiert wurden. Von der Kultur bleiben pulsierende
Metropolen wie Athen, Genua, Liverpool, das Ruhrgebiet oder demnächst vielleicht
Leipzig und das Rhein-Neckar-Dreieck, das heißt: ehemals öffentlicher Grund und
Boden, der in die Hände von Immobilienhaien und Finanzbehörden gegeben worden
ist. Freilich ist die EU-Kulturpolitik nur ein Baustein in diesem perfiden
Finanzpuzzle.
Ein Gegenentwurf zur finanzgetriebenen Umgestaltung der modernen »Kulturstädte«
ist uralt. Es ist ein Modell der griechischen Mythologie: Die Argonautensage.
Das mag antiquiert klingen, macht jedoch deutlich, worum es tatsächlich geht.
Zudem ist die Geschichte ein wesentlicher Bestandteil der europäischen
Literaturgeschichte: Jason erhält von seinem Onkel, einem thessalischen
Herrscher, den Auftrag, das Vlies des sprachbegabten Widders, auf welchem die
Geschwister Phrixos und Helle vor den Mordplänen ihrer Schwiegermutter geflohen
waren, aus dem Ares-Hain auf Kolchis zu rauben. Zwecks dieser Fahrt lässt Jason
von Argos, dem Sohn des Phrixos, die mit 50 Rudern bestückte Argo bauen und
fordert die berühmtesten Helden Griechenlands zur Teilnahme an dem Unternehmen
auf. Jenseits der Welt der Sterblichen oder in Kolchis am Schwarzen Meer, wo es
im Hain des Ares von einem Drachen bewacht wurde, sollen die Argonauten das
Goldene Vlies finden. Während ihrer zahlreichen Abenteuer hören die Argonauten
unter anderem an der Bosporosmündung am Schwarzen Meer das Getöse von zwei
Felsen, die unaufhörlich zusammenprallen und den Schiffen die Durchfahrt
unmöglich machen. Die Göttin Athene verleiht der Argos den notwendigen Antrieb,
um das Felsentor zu durchfahren. Von da an stellen die in Erstaunen geratenen
Felsen ihre tödlichen Bewegungen ein. Dann kommt das Schiff unter anderem zu den
Kabiren nach Samothrake, jenen Göttern, die als Beschützer der Seefahrer und
Schiffbrüchigen galten. Jason und die Argonauten fahren sodann durch den
Hellespontos. An der nach Helle benannten Meerenge, die das Ägäische Meer mit
dem Marmarameer verbindet, erhebt sich die unwegsame Bäreninsel. Dort werden die
Argonauten von Kyzikos, dem jungen König der Dolionen, freundlich aufgenommen.
Im Mythos ist von thrakischen Winden die Rede, die das Schiff in die Nähe der
phrygischen Küste treiben, wo sechsarmige, wilde Riesen und die friedlebenden
Dolionen nebeneinander wohnen. Die Dolionen stammen vom Meeresgott ab, der sie
vor den Ungeheuern beschützt. Kyzikos ist ihr frommer König. Er überredet sie,
»noch weiter zu rudern und das Schiff im Hafen der Stadt vor Anker zu legen. Der
König hatte längst einen Orakelspruch erhalten: Wenn die göttliche Schar der
Heroen käme, so sollte er sie liebreich aufnehmen und ja nicht bekriegen. Er
versah sie deswegen reichlich mit Wein und Schlachtvieh.# (Schwab)
Die Widrigkeiten und die Umstände, den Gefahren und Witterungen, denen die
Argonauten ausgesetzt sind, gehen auch an der Argo nicht spurlos vorüber. Ihre
in Mitleidenschaft gezogenen Einzelteile werden nach und nach ersetzt, bis am
Ende ihrer Fahrt ein völlig neues Schiff entstanden ist, ohne dass der Name -
Argo - oder die Form des Schiffes sich geändert haben. Auf den ersten Blick
betrachtet, ist es dasselbe Schiff, das in Thessalien losfuhr. Bei genauerer
Betrachtung zeigt sich, dass es sich bei der Argo als Sujet der antiken
Mythologie um eine Allegorie handelt. Der französische Kulturwissenschaftler
Roland Barthes interpretiert die Argo als eine Allegorie »für einen zuhöchst
strukturalen Gegenstand«, der nicht bloß durch Genie, Eingebung oder
Entschlossenheit geschaffen worden sei, sondern durch zwei bescheidene Taten.
Einerseits durch Substitution, indem ein Stück dem anderen folgt, das heißt
Teile der Argo werden nach und nach ersetzt, und andererseits durch Nomination,
das heißt, der Name - Argo - ist nicht an die Stabilität der Einzelteile
gebunden. So verändert sich nicht zuletzt ihre Herkunft, denn die Argo, so
Barthes, sei ein Gegenstand »mit keiner anderen Ursache als sein Name« und sie
habe »keine andere Identität als seine Form.«
Ein Schiff der Kultur
So viel zum Mythos. Die Frage lautet in diesem Zusammenhang: Was hat das
Schicksal der Argonauten, was hat die Geschichte der Argo mit der Kultur der
modernen Städte in Europa zu tun? Eine kurze Antwort: Teile der kulturellen
Wirklichkeit moderner Gesellschaften werden nach und nach ersetzt, ein
Kulturbaustein folgt dem nächsten ohne dass das Ganze - nennen wir es das
Kulturschiff - die Form geändert hat, auch wenn es inzwischen ein völlig neues
Schiff ist.
Kultur ist so verstanden jenes Deck, auf dem sich verschiedene Zivilisationen
mitsamt ihren spezifischen Ausprägungen im Rahmen einer gemeinsamen, modernen
gesellschaftlichen Infrastruktur näher kommen. Kultur meint mithin die Pflege
der Gesamtheit der Verhaltenskonfigurationen oder auch der Symbolgehalte einer
Gesellschaft. Diese Gesamtheit und damit auch ihre Pflege werden zwangsläufig
durch Generationenwechsel, Migration, Korrektur an tradierten Wertvorstellungen
und so weiter einem ständigen Wandel unterzogen.
Kultur ist die Gesamtheit friedliebender, toleranter und freiheitlich
organisierter Menschen und Gesellschaften. Auf dem Schiff selbst müssen aus
diesem Grunde keine Brücken mehr gebaut werden. Denn das Schiff fährt, weil alle
an ihm mitbauen. Ein Schiff der Kultur ist ebenso wenig wie eine europäische
Stadt bloß eine Marke. Und keine Stadt, so das Manifest, an dem Christoph
Twickel mitgeschrieben hat, ist ein »Unternehmen. Eine Stadt ist ein
Gemeinwesen. Wir stellen die soziale Frage, die in den Städten heute auch eine
Frage von Territorialkämpfen ist. Es geht darum, Orte zu erobern und zu
verteidigen«, die das Leben in der Stadt auch für die lebenswert macht, die
nicht primär als Zielgruppe pulsierender Metropolen taugen. Das verdeutlicht die
Sage der Argonauten.
Zwar ließe sich in einer zweiten Übertragung der antiken Allegorie zunächst
festhalten, dass der Name Kultur nicht an die Stabilität seiner Einzelteile
gebunden ist (so verändert sich zwangsweise die Herkunft der kulturellen Sphäre
moderner Gesellschaften, denn Kultur ist ein Phänomen mit keiner anderen Ursache
als ihr Name, und sie hat ebenfalls keine andere Identität als ihre Form. Teile
der Kultur unterliegen, wie uns die Argonautensage zeigt, dem Wandel. Damit
unterliegt das Ganze, unterliegt Kultur ebenfalls dem Wandel. Wandel ist
notwendig, um die Kultur lebendig zu halten). Entscheidend aber ist, dass der
Wandel einzelner Bausteine der Kultur so vollzogen wird, dass das Gesamtgefüge
nicht auseinander bricht. Wenn das Schiff ein Leck bekommt, sind alle Seeleute
aufgefordert, es zu flicken, weil sonst das Schiff sinkt, das heißt die Kultur
untergeht. Doch was hat Europa in den vergangenen Jahren getan? Es hat
allenthalben einzelne Yachten der Kultur gebaut, während woanders die Menschen
in maroden Kähnen ertranken …
Verteidigung der Menschlichkeit
Auf diesen Tatbestand hat Navid Kermani schon früh, immer wieder und vehement
hingewiesen. Schon seine Rede zum 50. Jahrestag der Wiedereröffnung des
Burgtheaters in Wien im Jahre 2005 wäre Grund genug gewesen, ihm den
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zu verleihen: »Zwar versucht Europa mit
immer mehr Soldaten, immer neuerer Technik und noch mehr Geld, Flüchtlinge noch
in Nordafrika abzufangen. Aber Europa hat ein Problem. Es ist formell den
Menschenrechten verpflichtet. Alle Staaten der Europäischen Union haben die
Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben. Um den gegenwärtigen, offenen Bruch
des Völkerrechts zu verdecken, will Europa die Diktaturen Nordafrikas oder
Osteuropas kurzerhand zu sicheren Drittstaaten erklären, in die ein Flüchtling
ohne weitere Prüfung abgeschoben werden kann. Diese Diktaturen werden für ihre
Kooperation von Europa entlohnt.«
Kermanis Rede von 2005 oder eines seiner letzten Bücher mit dem Titel
Ausnahmezustand, seine Reisen in eine beunruhigte Welt, zu lesen bedeutet, sich
dem Schutz zu entziehen, die uns der Blechpanzer unserer europäischen Vorurteile
bietet. Dazu gehören vor allem die einschlägigen und medial überrepräsentierten
Vorurteile gegenüber allem, was unter dem Terminus der »anderen« Kultur
firmiert. Zu dieser vermeintlich anderen Kultur sollen wir uns dann idealiter
als Brückenbauer betätigen und unser Gutmenschentum zur Schau stellen. Dabei
vergessen gerade die Brückenbauer bisweilen, dass sie es sind, die monolithische
Kulturblöcke und Lebensformen voraussetzen, die in der von ihnen skizzierten
Reinheit längst nicht mehr existieren. Ihr Glaube an eine Politik, die mit
rostigen Idealen die Zukunft gestalten möchte, ist fragwürdig. Navid Kermani
hingegen weiß um die Diffusion kultureller Muster. Er weiß um die Mühseligkeit
eines Prozesses des Verstehens, der gerade erst begonnen hat. Und bedeutet nicht
Verstehen, wie Stefan Zweig einst sagte, den »Anfang vom Ende eines jeden
Hasses«?
Die Verleihung des Friedenspreises an Navid Kermani ist insofern längst
überfällig. Es ist ein Preis für den Erhalt des Friedens: »Welchen Abschnitt der
deutschen Geschichte ich mir auch vor Augen halte, in keinem ging es freier,
friedlicher, toleranter zu als in unserer Zeit«, sagte Kermani 2014 im
Bundestag. Der Friedenspreis ist ein Preis für die Verteidigung der
Menschlichkeit und die Verständigung unter den Völkern; es ist ein Preis für
eine Persönlichkeit, die in besonderer Weise durch ihr politisches,
wissenschaftliches oder künstlerisches Werk und Wirken »zur Verwirklichung des
Friedensgedankens beigetragen hat. Der Preisträger wird ohne Unterschied der
Nation, der Rasse und des Bekenntnisses gewählt.« Vorbild dieser Friedensidee
bilden laut eigener Aussage des Stiftungsrates Immanuel Kants Gedanken seiner
1795 entstandenen Schrift »Zum ewigen Frieden«.
Vorbild Kant
Kants Idee war ein Friedensbund - nicht nur ein Friedensvertrag, der zwar einen
Krieg beende, doch keinen ewigen Frieden gewährleiste. Kant glaubte an eine
Koinzidenz von Staatsräson und Menschenwürde vor der Folie eines Föderalismus
freier Staaten. Er stellte sich einen Bund der Republiken vor, der im Gegensatz
zum Gesellschaftsvertragsmodell eines Jean-Jacques Rousseau eine losere
Kooperationsform, vergleichbar mit der Charta der Vereinten Nationen, darstellen
sollte. Dazu sah er keine einklagbaren Rechtsansprüche der in dieser Form
Verbündeten vor. Nur eine Assoziation auf Dauer sollte es sein, in die hinein
ein ewiger Friede und somit ein bis dato nicht reklamiertes Recht der Weltbürger
eingelassen werden sollte. Es ist bis heute ein herausragendes Beispiel dafür,
wie von europäischem Boden aus eine auf Humanität gegründete Weltpolitik zu
gestalten sei.
Das aufklärerische Anliegen, einen pacem in terris, ein kultiviertes Europa, zu
etablieren, ist offenkundig. Es gründet auf der von der Vernunft gesetzten
Ordnung der Gesellschaft. Herausragendes Merkmal dieser philosophisch geprägten
Unternehmungen war der Gedanke, dass Mündigkeit, Aufklärung, Kultur und
moralisch-sittliche Bildung europäischer Provenienz waren.
Kants Ideal einer Recht verwaltenden bürgerlichen Gesellschaft ruhte zudem auf
dem Revolutionsprinzip der Freiheit der Glieder einer Gesellschaft. Es galt der
Grundsatz der Abhängigkeit Aller von einer einzigen, gemeinsamen Gesetzgebung.
Zudem betonte Kant das von einer Verfassung getragene Diktum der Gleichheit der
Staatsbürger. Bürgerliche Gesellschaft und internationale Gemeinschaft bildeten
die gemeinsame Folie, vor der ein dauerhafter Frieden zu realisieren war.
Nicht eine der Theologie gehorchende, wie auch immer geartete Menschenliebe,
sondern die der Vernunft nahestehende Rechtsprechung war die Losung einer
solchen Ordnung, die im Zuge der Etablierung des modernen Sozial- und
Interventionsstaats seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen
Verflechtung von Staat und bürgerlicher Gesellschaft zunehmend vermachtet worden
war und alsbald auf die einstige freie Sphäre der kritischen Öffentlichkeit
übergegriffen hatte.
Mit seiner Friedensidee hatte Kant 1795 vor allem in Abrechnung mit dem
Siebenjährigen Krieg (1756-1763) und zu den Ereignissen der Französischen
Revolution noch darauf verwiesen, dass auch eine die Despotie und damit die
scheinbar naturwüchsige Feudal-Hegemonie überwindende Demokratie nicht nur eine
Repräsentationsform öffentlicher Diskurse aller Menschen sei - vielmehr sei sie
auch durchzogen von den Orientierungsnöten politischer Herrschaftssysteme im
Allgemeinen. Als Spezifikum eines einzelnen Staates stehe sie mit anderen
Demokratien in einem prälegalen Verhältnis von Machtbeziehungen. Die darin zum
Ausdruck kommenden Interessenskonflikte wirkten sich auf Grund eigensinniger und
zum Teil auch eingeschränkter »Staatsräson« bis hin zu Verfassungsänderungen
aus. Eine jeder Verständigung vorausliegende Vernunft sowie moralrestriktive
Sachzwänge festigten hierbei Systeme, denen der Bürger nach Ansicht Kants
unterworfen bleibe.
Kants Friedensschrift richtete sich vor diesem Hintergrund grundsätzlich gegen
die Vertreter einer feudalen Staatsmacht, die wiederum nur die Theorie aus den
Üblichkeiten der politischen Praxis bestimmen wollten, und eben nicht die Praxis
aus der Theorie. Warum aber gerade dies so verderblich sei, erklärte Kant damit,
dass ein kritisches, philosophisches Urteil nun einmal den Gebrauch der
(eigenen) Vernunft voraussetze. Hierbei war die Rolle philosophischer Reflexion
die einer Kontrollinstanz politischer Selbstbehauptung, indem sie die Logik
politischen Handelns und deren Recht- oder Unrechtmäßigkeit nachweisen sollte.
Mithin musste sie kritisch verfahren, nicht zuletzt, indem sie kriteriologische
Aspekte politischer Theorie erörterte. Lässt sich also dieses oder jenes
politische Vorgehen auch moralisch legitimieren?, lautete eine der zentralen
Fragen in diesem Kontext.
Keine Politik ohne Moral
Kants Friedensschrift versuchte entlang dieser Fragestellung, das
Freiheitsverständnis der Moderne mit dem autoritativen Gebot der Politik in
Einklang zu bringen. Dabei hielt auch der Königsberger Gelehrte an der Idee
eines demokratisch verfassten Rechtsstaates fest.
Die Trennung von Legislative und Exekutive als dessen herausragendes Moment sah
er zugleich als Bedingung einer Friedensgarantie: Kein Frieden ohne Demokratie
im Staat, wobei Kant den Staat ganz klassisch und modern zugleich als das sich
selbst beherrschende, souveräne Volk verstand. Die Begriffe »Volk« und »Bürger«
unterzog er in seiner Anthropologie sogleich einer strengen Differenzierung mit
Hilfe der folgenden Definition:
»Unter dem Wort Volk (populus) versteht man die in einem Landstrich vereinigte
Menge Menschen, insofern sie ein Ganzes ausmacht. Diejenige Menge oder auch der
Teil derselben, welcher sich durch gemeinschaftliche Abstammung für vereinigt zu
einem bürgerlichen Ganzen erkennt, heißt Nation (gens); der Teil, der sich von
diesem Ganzen ausnimmt (die wilde Menge in diesem Volk), heißt Pöbel (vulgus),
dessen widrige Vereinigung das Rottieren (agere per turbas) ist; ein Verhalten,
welches ihn von der Qualität eines Staatsbürgers ausschließt.«
Die höchste Gewalt stand in diesem Verstande unter der Herrschaft von Gesetzen,
wobei Kant der Staat als moralische Person und Zweck an sich selbst galt. Aus
diesem Grunde war Staatsführung allem voran mit moralischen Ansprüchen
verbunden, die auf das Wohl und Weh des Volkes abzielten. Eine gewaltengeteilte
Republik war insofern idealiter rechtlich-moralisch determiniert, denn sie hielt
sowohl Vernunft- und Verstandeslösungen als eben auch Klugheitslösungen bereit.
Politik sollte und konnte in diesem Sinne nur in moralisch durchtränkten
Handlungsvollzügen legitimiert sein, denn die Moral, so Kant, liefere genau das,
was dem reinen Klugheitskalkül des kratischen Staatsmenschen fehle. Wahre
Politik könne nicht vorwärts kommen, ohne zuvor der Moral gehuldigt zu haben.
Kernpunkt politischer Moral bzw. moralisch gehaltvoller Politik sei aus diesem
Grunde das auf einen Föderalismus freier Staaten gegründete Völkerrecht, mit dem
Kant den Rechtsbegriff auf die Völkergemeinschaft applizierte und einen
rechtsfreien Raum auf der Welt ausschloss, wenngleich er keinen Weltstaat
errichtet sehen mochte, da er ihn als »seelenlosen Despotismus« verwarf. In eben
diesem Kontext sprach er auch von einem notwendigen Weltbürgerrecht, also dem
Recht des Menschen, auf dem Boden des Anderen nicht feindselig behandelt zu
werden, wobei er den Menschen zwar ein allgemeines Besuchs- doch kein Gastrecht
(Asyl) einräumte.
Ist Kants Theorem von 1784, dass nämlich die Idee der Demokratie solange nicht
realisierbar sei, solange es noch keine weltbürgerliche Rechtsordnung gebe, die
den Krieg zwischen den Staaten verhindern könne, immer noch hochaktuell - so
wirkt sein Vorschlag von 1795, dass nur eine Föderation von Republiken diese
Ordnung realisieren könne, gleichwohl wie der Wegweiser in die Zukunft des
gegenwärtigen Europa, ohne dass in letzter Konsequenz geklärt werden kann, wie
die von Kant gesehene Gefahr despotischer Macht gebändigt oder eine global
wirksame Sanktionsgewalt des Rechts auf Moralbasis installiert werden könnte, da
etwa die UNO als dem aussichtsreichsten Kandidaten für dieses Ansinnen via
Weltsicherheitsrat zwar wirtschaftliche und politische Zwangsmaßnahmen gegen
Staaten - zum Beispiel den Abbruch kultureller Beziehungen, Embargos und
Boykotte - verhängen kann, diese jedoch über das Vetorecht, nicht zuletzt
angesichts der schwach ausgebildeten Kompetenzen der UNO, wieder ausgehebelt
werden können.
Dem Respekt verpflichtet
»Die Hoffnung Immanuel Kants«, resümiert der Philosoph und ehemalige
Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, »den Frieden in Gestalt eines Foedus
pacificum, eines Bundes republikanischer Staaten, zu sichern … hat in der
Gegenwart eine empirische Bestätigung erfahren«, wenngleich auch der weitere
Ausbau wirksamer Kontrollinstanzen jenseits des Nationalstaats wie auch die
strikte Verfolgung des Prinzips der institutionellen Interdependenz vonnöten
wäre, um die Intentionen Kants politisch wirksam umsetzen zu können. Kants
Schrift bildet insofern einen normativ-kritischen Wegweiser im Hinblick auf die
Sicherung des Friedens in Europa und ist insofern nicht zu Unrecht die Folie,
vor der der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ins Leben gerufen wurde. Der
Preis sollte anfangs dazu beitragen, »Deutschland aus seiner kulturellen
Isolation herauszuholen und das humanistische Gedankengut wieder in die
Gesellschaft einzubringen.« Der Friedenspreis lebt bis heute »von der Botschaft
der Preisträger-Persönlichkeiten« und versteht sich als eine Plattform für die
»Diskussion über den Frieden und über die Verständigung zwischen den Menschen
und Völkern.«
Navid Kermani erhält den diesjährigen Friedenspreis, weil insbesondere seine
Romane und Essays, »aber auch seine Reportagen aus Krisengebieten zeigen, wie
sehr er sich der Würde des einzelnen Menschen und dem Respekt für die
verschiedenen Kulturen und Religionen verpflichtet weiß, und wie sehr er sich
für eine offene europäische Gesellschaft einsetzt, die Flüchtlingen Schutz
bietet und der Menschlichkeit Raum gibt.«
Respekt für die verschiedenen Kulturen! Angesichts der jüngsten
fremdenfeindlichen Ausschreitungen und der Übergriffe auf Flüchtlingsheime ist
dies dringend geboten. Die aktuelle Lage erinnert in erschreckender Weise an die
geistige Atmosphäre der frühen 1990er Jahre nach dem Anschlag von Solingen. Der
Anschlag wurde in der öffentlichen Wahrnehmung rasch zum Symbol eines
eskalierenden Fremdenhasses in Deutschland und zum Synonym für neonazistischen
Terror. Für die Türken in Deutschland, so die Wochenzeitschrift Die Zeit im
Oktober 2011, gäbe es ein Leben vor und eines nach Solingen.
Fremdenfeindliche Anschläge nahmen bereits unmittelbar nach dem Fall der Mauer
eine neue, in der deutschen Nachkriegsgeschichte bis dahin ungekannte Dimension
an. Einige Beispiele: Im November 1990 wurde der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa
in Eberswalde totgeschlagen. Im September des darauffolgenden Jahres brannten
Jugendliche eine Asylunterkunft in Hoyerswerda nieder. Mehr als 30 Personen
wurden verletzt. Nur einen Monat später folgte der nächste Brandanschlag auf ein
Asylbewerberheim in Hünxe, bei dem zwei Mädchen aus dem Libanon schwerverletzt
werden. Der Angriff auf die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein
Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter in Rostock-Lichtenhagen
im August 1992 fand den Beifall von bis zu zweitausend Schaulustigen. Wenige
Monate später, im November 1992, kam es zu einem Brandanschlag auf ein von
Türken bewohntes Haus in Mölln. Drei Türkinnen starben. Drei Erwachsene sowie
sieben Kinder und Jugendliche aus Afrika und dem Libanon kamen im Januar 1996
bei einem Brandanschlag in Lübeck ums Leben. Dieses Verbrechen ist bis heute
nicht aufgeklärt. Heute sind es Freital, Heidenau, Tröglitz und andere Orte, die
von rechter Gewalt heimgesucht werden.
Die drängendste Frage, die wir uns stellen müssen, wenn wir, um dem etwas
entgegenzusetzen, vom Respekt und dem Dialog der Kulturen sprechen, lautet:
Gegen was oder wen kämpft dieser Dialog eigentlich, oder: Wer sind die Feinde
des Dialogs? Kultur kämpft schließlich nicht gegen Kultur, sondern nur gegen die
Unkultur, gegen die Barbarei und die Intoleranz. Genau dort lauern die Feinde
des Dialogs, die das Schiff der Kultur zum Sinken bringen wollen. Es gilt, gegen
die Bedrohungen des Untergangs von Kultur all jene Kräfte zu mobilisieren, die
das Schiff sicher über das Meer der Gefahren lenken. Andernfalls droht allen
eine Kultur der Vernichtung, die immer auch eine Vernichtung von Kultur, und das
heißt der Pluralität der Menschen und ihrer Weltbezüge ist.
An dieser Vernichtung wird gegenwärtig massiv gearbeitet. Vor allem da, wo die
Städte ihre Kultur scheinbar fördern. Letztlich subventionieren sie vorrangig
die eigene Mediokrität, weil das Subversive, die Kunst, selten massenkompatibel
ist. Aber auch in den Medien, seitens der Politik, bei Meinungsmachern: Europas
Kultur wird von Thersites und seinesgleichen beherrscht. Die Städte zeigen ihr
hässlichstes Gesicht, wenn sie Fassaden der Kultur errichten, hinter denen eine
Kultur des Abgeschmackten, Missgestalteten, Fratzenhaften lauert. Kultur lebt
nur, wenn sie Zeitvertreib ist, sagt Nicolás Davila zu Recht. Und sie stirbt,
wenn Bürokraten sie organisieren.
Schreiben, um nicht zu sterben
Möglich, dass dann einsetzt, was Kermani mit Kleist als eine »Pause voll
Entsetzen« umschreibt: Nachdem Panthesilea Achill getötet und ihm mit ihren
eigenen Zähnen den Brustkorb aufgerissen, ihn also völlig vernichtet hat, setzt
bei Kleist das Schweigen ein. Doch ist, nachdem die Kultur tot ist, überhaupt
noch Entsetzen möglich?
In seinem Kafka-Essay rekurriert Kermani auf Hitler und dessen Stolz, dass es im
Deutschen Reich 270 Opernhäuser gäbe. Das ist für Hitler der Beleg für ein
»ausgeglichenes kulturelles Leben.« Dazu Kermani treffend: »270 Opernhäuser
verhindern kein einziges Konzentrationslager.« Es bedürfe neben dem, was
gemeinhin unter einem kulturellen Leben verstanden werde, immer auch der
Humanität, der Offenheit und grüblerischen Gründlichkeit des Denkens. Ohne
Selbstkritik und Respekt für Andere, ohne Gutmütigkeit, Großzügigkeit und
Freiheit sei jede Kultur per se tot und kein Frieden möglich.
»Wir sind nicht ewig. Unsere Phantasie kann es sein«, heißt es weiter. Was für
ein Satz! Unserer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Sie ist - anders als
Länder, Staaten, Kontinente - grenzenlos. Sie überwindet jede territoriale,
ethnische, kulturelle, religiöse Grenze.
Es geht Kermani mit Lessing ferner darum, »sich menschlich zu verhalten ohne ein
Christ zu sein.« Es geht um die Wertschätzung des Fremden und den Beistand für
die Schwachen; um die Sensibilität für das Leiden und natürlich - um unsere
Sterblichkeit.
Schon der Roman Dein Name führte uns die Sterblichkeit schonungslos vor Augen.
Es ist ein Text über das Heilige und das Profane. Wer das Buch liest, kommt
nicht umhin, nach dem Sinn des eigenen Lebens zu fragen. Es ist ein Buch über
Religionen und über das Religiöse der Literatur. Über den Glauben an das Wort
der Sterblichen und den Verlust der Autorität, die kleinen Gesten, die die Welt
verändern. Ein Necronomicon, ein Gebet, ein Veto gegen die eigene Person. Ein
Buch voller Redundanzen und Selbstbespiegelungen, authentisch und gnadenlos
offen und eben deshalb so unglaublich faszinierend. Ein Buch, das unendlich mehr
verschweigt als so viele andere, obwohl es so viel preisgibt wie nur ganz, ganz
wenige.
Zwischen zwei Polen bewege sich sein Schreiben, so Kermani: Zwischen Offenbarung
und Literatur, zwischen religiöser und ästhetischer Erfahrung, die nicht
verstummen dürfe: »Würden wir aber verstummen, verlernten wir nicht nur das
Alphabet der europäischen und im besonderen deutschen Kultur, die sich zwischen
dem Ende des Mittelalters und den großen, weltumspannenden Kriegen
herausbildete. Wir verrieten die Zukunft, die auch unser Zeugnis braucht, um
eine bessere zu werden ... Wir vergehen uns an den künftigen Generationen, denen
wir den Zugang zum geistigen Archiv unserer Kultur versperren, indem wir ihnen
in den Schulen und Universitäten nicht mehr die Befähigung vermitteln, sich mit
komplexen geistigen und ästhetischen Werken zu beschäftigen, sie zu genießen,
sie fruchtbar zu machen für ihr eigenes Leben, ihre eigene Welt. Wir können
unsere Kinder nicht zwingen, von dem Archiv Gebrauch zu machen. Aber den
Benutzerausweis, den sollten wir ihnen schon besorgen...«
Das geistige Archiv unserer Kultur verlangt einen Diskurs; es verlangt zu
sprechen, um nicht zu sterben, vielleicht auch zu schreiben, um nicht zu
sterben. Die Ewigkeit der Phantasie zu ermöglichen wird zur existenziellen
Aufgabe des Menschen. Als sprachbegabte und schreibende Wesen, als homo loquens
und homo scriptor wissen wir: Was wir sind, das sind wir durch Sprache, durch
ein schier unerschöpfliches System der Zeichen, der Wörter und Symbole. Die
Grenzen unseres Sprachsystems bilden zugleich die Grenzen unseres
Weltverständnisses. Wer diese Grenzen zu überschreiten sucht, der wird sich
selbst neu erfinden, ja der wird das Land hinter sich abbrechen und einen Teil
seines Ichs zurücklassen müssen.
Grenzen in der Literatur zu überschreiten verlangt, sich der endlosen
Wiederholung der Sprache zu widersetzen, die Dinge aufzubrechen und ebenso die
Worte. Es bedeutet: Grenzen zu überschreiben! Hier drängt sich mir, vor allem
angesichts der Anforderungen, die das 21. Jahrhundert an uns Menschen stellt,
eine Frage auf: Die Frage, ob das, was von uns geleistet werden muss, um Grenzen
zu überwinden, nicht übermenschlich ist. Denn ich glaube, der durch Mark und
Bein gegangene Schrecken des eigenen Lebens ist geradezu eine Art Bedingung für
das Überwinden-Können von Grenzen. Am Ende darf der Grenzgänger der fremden
Landschaft das Haupt streicheln und an den Knoten ihres Haares eine Weile hängen
bleiben.
In diesem Zusammenhang heißt es nicht zuletzt, die Situation der emigrierten
Schriftsteller hervorzuheben. Navid Kermani ist kein Emigrant (lassen wir die
100 Kilometer von Siegen nach Köln trotz des Kulturschocks beiseite). Aber auch
er kennt beide Arten von Grenzüberschreitungen - die territoriale und die
sprachliche - in besonderer Weise. Und er weiß, dass Migration die Welt ein
wenig aus dem Gleichgewicht bringt. Dann ist alles im Fluss. Und just in dem
Augenblick, in dem drei seiner Finger schreiben und der ganze Leib leidet, wenn
die Augen trübe werden und alle Glieder Qualen erdulden, erinnert der
Schreibprozess auf eindringliche Weise an die Mühen und Schmerzen, die er auf
sich genommen hat, um der Heimat einmal mehr Valet zu sagen. In diesem
Augenblick gehen animal symbolicum und homo viator eine faszinierende und
produktiv-kreative Allianz ein.
Der indische Kulturtheoretiker Homi Bhabha glaubt, es wären die transnationalen
Räume der Migranten und der Flüchtlinge sowie ihre Vorstellungswelten, die heute
die Wiege der europäischen Kultur bilden. Das stimmt zumindest dann, wenn Kultur
die Organisation der Dinge in Bewegung ist. Genau dann bilden die Nomaden das
Salz der Erde, das die ansonsten so fest am Boden klebende Kultur über den
Planeten verbreitet. Europa dürfte durchaus stolz auf diese Bereicherung sein,
auf die Migranten und Flüchtlinge, die Pfadfinder der Kultur und der
Interkulturalität, in deren Biografien die Brüche unserer Lebenswelt
eingeschrieben sind.
Wer es heute auf sich nimmt, Grenzen zu überschreiten, dem fallen unzählige
Bibliotheken entgegen; Bücher, deren Sprache zu verstehen eine große und
ehrfürchtige Herausforderung bedeutet. Im Anfang jeder Grenzüberschreitung ist
also das Wort: Nomina ante res. Sprechen wir deshalb über das Schreiben,
schreiben wir deshalb über das Sprechen, also über den Versuch, mit jeder Silbe
und jedem Jota eine Einheit zu stiften, wo es keine Einheit geben kann! Es ist
immer auch der Versuch, alles, was einem bislang vertraut erschien, in einem
neuen Licht aufleuchten zu lassen. Alles Neue beginnt zweifellos als Abweichung
und wird begleitet von Verunsicherung. Das Betreten des Landes hinter jeder
Grenze wird begleitet von der Ahnung, welch unüberschaubares System nicht nur
die Sprache ist, die wir sprechen, es wird ebenso begleitet von der Furcht vor
einer immer komplexer werdenden Welt. Das zu wissen schützt allemal vor falschen
Illusionen. Denn hinter jeder Grenze, die überwunden scheint, wartet schon die
folgende: Die »No Go-Area«, die »Leitkultur« die »Sprachstandsmessung« und das
»Resident only«. Der Checkpoint Charlie der transkulturellen Gegenwart, der
»Einbürgerungstest«, hat seine eigenen Gesetze.
Schließlich gilt zu bedenken, dass wir die Grenzen mitnehmen, die wir
überschreiten, das heißt die Zäsur, den Schock, den Schnitt in unserer Vita. Mit
uns und in uns wandern die Grenzen selbst. Und es gilt, die »Mühen der Ebene« zu
meistern, all jene Ebenen nämlich, die uns manches Mal mehr abverlangen als der
Angriff auf die Höhen, zu denen wir uns so gerne erheben möchten. Damit freilich
aber nicht genug. Jede Form der Literatur, die sich der Herausforderung stellt,
vom Grenzen-Überschreiten in Europa zu erzählen, ist konfrontiert mit der
Tatsache, dass sich Europas Grenzen keineswegs so leicht überwinden lassen. Denn
an die Stelle der mittelalterlichen Portolankarten als Wegweiser für die
Ankömmlinge an Europas Küsten sind unlängst die Türhüter der Europäischen Union
getreten. Mit ihnen wurde Europa zur Festung, und der Geist Alexander von
Humboldts ist nur noch Geschichte, überlagert von einem bürokratischen
Palimpsest der Kontrolleure und Buchhalter Europas. Das ist wenig erstaunlich.
Schließlich sind Grenzen eine europäische Erfindung. Sie sind in das Grundbuch
Europas eingeschrieben.
Tatsächlich haben die Europäer die Welt seit eh und je markiert wie ein
streunender Hund sein Revier und Grenzen gezogen, wo zuvor keine waren. Denn sie
wussten schon immer, dass Grenzen wichtig sind um dem Raum Form zu geben, und
dass nur der vermessene und begrenzte Raum - sprich: das Territorium -
gebändigt, beherrscht und diszipliniert werden kann. Nur das Territorium ist als
Hegemonialraum geeignet und zugleich Indiz für Macht und imaginierte
Gemeinschaft. Davon ahnen wir nichts, wenn wir uns bloß im Satelliten-Modus von
Google-Maps die Kontinentalflächen beschauen, die so etwas wie Grenzen und
Staatsgebiete nicht kennen und uns glauben lassen, es gäbe nichts weiter als die
Faltung der Erdoberfläche, ein paar Gebirge, Schluchten und das tiefblaue Meer,
wie Gott es geschaffen hat. Jim Morrison, Sänger der Rockband The Doors,
forderte deshalb bereits vor rund vierzig Jahren: »Break on through to the other
side.«
Richtig: Wir müssen wieder auf Fahrt gehen, um Erfahrungen zu machen. So wie
einst die Argonauten, wie die Königstochter namens Europa auf dem Rücken eines
weißen Stiers, oder so wie der erste Migrant der europäischen Geschichte,
Odysseus. Doch die Fußstapfen, die der antike Held an den Säulen des Herakles
hinterlassen hat, sind alles andere als eine Maßanfertigung für unsere
inzwischen hybrid gewordene Gesellschaft, die sich im Zuge unzähliger und
unaufhörlicher Wanderungsbewegungen nie selbst wird einholen, und das heißt:
überwinden können. Identität bleibt, so leid mir das tut, Fehlanzeige. Schon
allein aus diesem Grunde ist jeder literarische Versuch zum Scheitern
verurteilt, die Spuren der vielen Flüchtlinge, der Millionen Migranten, der
abertausend Touristen und der namenlosen Nomaden lediglich zu vermessen, um sie
zur Sprache kommen zu lassen. Denn Prosa, gleich welcher Provenienz, wird an den
Maßen und Ausmaßen hängen bleiben, denen sie sich in bloß geodätischer Absicht
zu nähern bemüht. Was aber, so dürfen wir mit Recht fragen, was kann Literatur
dann?
Dazu nur eine kurze, abschließende Bemerkung: Der ungarische Schriftsteller
Péter Esterházy hielt es vor ein paar Jahren für vorstellbar, dass zwei Menschen
aus unterschiedlichen Kulturkreisen, doch im Besitz derselben Bibliothek, sich
bekriegen könnten. Ich hingegen bin der festen Überzeugung: Es hängt alles davon
ab, welche Werke in ihrer Bibliothek stehen. Sind es Bücher, die den harten
Tatsachen ins Gesicht sehen und sie in lebendige Geschichten verwandeln können?
Sind es Bücher, die sich nicht damit begnügen, bloß an den Dingen vorüber zu
gehen und sie erklären, so gut wie sie es vermögen? Dann halte ich eine
Auseinandersetzung für ausgeschlossen. Schon ein einziges Buch von Navid Kermani
straft alle Zweifler Lügen und sagt der Barbarei den Kampf an.
Wir brauchen heute vor allem Bücher, die Beulen verursachen. Navid Kermanis
Bücher und Reden tun das. Gute Literatur - das ist nicht nur eine Welt, die auf
dem begrenzten Raum von ein paar Hundert Seiten Platz hat, sondern das ist immer
auch die Beule, die sich unser Verstand beim Anrennen auf die Grenzen der
Sprache holt, die auf diesen Seiten gesprochen wird. Es gilt, eben diese Beulen
sichtbar werden zu lassen und die Bürde eines wachen Bewusstseins zu vergrößern
- durch störende, verstörende, transnationale und translationale Artikulation.
Es gilt somit, Grenzen zu überschreiben. Gelingt der Literatur dies, dann
verwandeln sich die unbeweglich gewordenen Dinge, die der Starrheit unseres
Denkens, mit dem wir Welt begegnen, entspringen, unmittelbar in eine formbare
Masse, die zur Be-Geisterung befähigt. Das ist gleichsam Auftrag jeder
Literatur. Denn solange der Mensch das Wesen ist, das schreibt und spricht,
solange kann, nein: muss die Literatur zugleich dafür Sorge tragen, dass eine
Grenze niemals überschritten/überschrieben wird: Die Grenze der Zivilisation,
und mit ihr die Würde des Menschen.
Kurs auf das andere Kap
»Wer die Rechte anderer verletzt, zerstört die Grundlage auch der eigenen
politischen Existenz«, schreibt Kermani. Das Schiff der Kultur müsste insofern
Kurs nehmen auf das, was der französische Philosoph Jacques Derrida einst ‘Das
andere Kap’ nannte. Dabei geht es darum zu erkennen, dass es keine kulturelle
Identität Europas ohne Differenz zu sich selbst geben kann. Europa muss in die
Lage versetzt werden, eingeschlagene Richtungen ändern zu können, den
politischen und gesellschaftlichen Kurs neu zu bestimmen und die
Zielvorstellungen zu wechseln: »Wie, wenn Europa nichts anderes wäre als die
Eröffnung, Auftakt einer Geschichte, für die die Kursänderung, der Wechsel der
Kaps, der Bezug zum anderen Kap oder zum anderen des Kaps sich als eine
fortwährend bestehende Möglichkeit erweist? Könnte Europa in gewisser Hinsicht
die Verantwortung tragen für diese Öffnung, die das Gegenteil des Ausschlusses
ist? Könnte Europa auf konstitutive Art die Verantwortung für diese Öffnung
sein? So, als stünde der Begriff der Verantwortung im Zuge seiner eigenen
Befreiung noch für eine europäische Geburtsurkunde ein?«
Europa als Kap, als geistige Geografie. Ein Kap, das Spitze, Haupt und Kapitän
zugleich ist und den Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen bildet. Europa wäre so
gesehen das Kap des Anderen, vor dem es sich zu verantworten hätte. Zugleich
muss sich Europa dem Kap des Anderen in Erinnerung rufen. Die Verantwortung, die
damit einherginge, wäre nicht frei gewählt, sie wäre vielmehr auferlegt: Die
kapitale Pflicht zur Rechenschaft, eine Antwort auf aktuelle
gesellschaftspolitische Herausforderungen. Die Europäer müssen sich samt ihrer
Kultur, ihrer Politik, Literatur und Kunst auf jene zubewegen, die sie nicht
sind, auf das andere Kap. Das Kapital Europas gehorcht somit nicht allein dem
Gesetz der Ökonomie, es ist zugleich das kulturelle Kapital, das auf dem Spiel
steht. Mit dieser Art Kapital geht zugleich die Verantwortungspflicht Europas
einher, die uns nicht nur zwingt, »den Fremden aufzunehmen, um ihn
einzugliedern, sondern auch, ihn aufzunehmen, um seine Andersheit zu erkennen
und anzunehmen.«
Die Andersheit annehmen: Ohne eine Literatur wie jene, mit der uns Navid Kermani
beschenkt, die die Phantasie von uns Sterblichen anregt und zum Verständnis und
zur Verständigung beiträgt, gliche Europa nur einmal mehr einem x-beliebigen
Rokoko-Teelöffel, der das Ganze lediglich im Detail wiederholt.
Artikel online seit 13.10.15
|
Text als pdf
Hinweis:
Der Text ist die erweiterte Fassung eines Beitrags aus dem
Europa-Brevier des
Andiamo-Verlags (Mannheim, 2013).
Lesen Sie
hierzu auch:
Staunen
eines Ungläubigen über seine Lektüre
Von Wolfram Schütte
Artikel lesen
Navid Kermanis
Beschäftigung mit dem Christentum & einigen seiner bildlichen Zeugnisse.
»Es ist das
literarische & intellektuelle Zusammenspiel aller dieser schillernden,
blitzenden, einen immer wieder überraschenden Darstellungsmittel des
hochgebildeten Autors, das einen als Nicht- oder Ungläubiger ihm so
fasziniert folgen lässt bei seinen »Erzählungen aus der (christlichen)
Glaubenswelt« - wie der König den abenteuerlichen Phantasien Scheherazades
in »Tausendundeinen Nächten«.
Leseprobe
|