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Bücher & Themen Artikel online seit 01.01.14 |
Arno
Schmidt humorfrei?
Von Georg Patzer
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Jetzt sind auf einmal alle Aphoristiker: aus allen Werken kann man sich ein paar Sätzchen ziehen, ein paar Witzchen. Kant zum Vergnügen, Nietzsche zum Vergnügen … jetzt auch Arno Schmidt. Was man zum 100. Geburtstag nicht alles macht. In Marbach gab es einmal eine große Ausstellung, in der Schmidts Humor, den man ja lange als einen etwas verkrampften, zwar polemischen, aber doch recht humorfreien Menschen sah (und man sehe sich das Umschlagbild mit einem ziemlich verkniffenen Arno Schmidt an), schon einmal schön dargestellt war. Jetzt also das Bändchen »Arno Schmidt zum Vergnügen«. Das Wort »Vergnügen« ist aber doch irritierend: »Mir ist jeglicher Beruf verdächtig, der zu seiner Ausübung einer besonderen Kostümierung bedarf; und ein anständiger Mensch sollte meines Erachtens den gleichen Widerwillen vorm 'Gehorchen' wie vorm 'Befehlen' empfinden.« Ist das vergnüglich? Oder das (mal abgesehen von der überzähligen Klammer): »'Oh, diese Deutsch'n!'): 'Die halbe Nazion iss irre; (& die andre Hälfde nich ganz bei Groschn!): Ich mag sie nicht.« Oder: »Keine Zeit mehr zum Aufstehen & Anziehen: der Intellektuelle ist gleichgültig gegen Dreck! Fährt früh in 1 Ärmel des Schlafrocks, und stolpert an die Remington:« Nun, vielleicht sollte man »Vergnügen« durch Witz, Geist, Bonmot ersetzen, dann kommt es vielleicht eher hin. Ein Büchlein mit lauter Häppchen aus dem Werk also, durch die man ein paar Gedanken aufschnappen kann, einmal schauen, welcher Geist hier spricht, ob man sich mit der Politik, mit dem Stil eines Autoren vielleicht würde anfreunden können. Glücklicherweise hat die Herausgeberin Susanne Fischer, Geschäftsführerin der Arno Schmidt Stiftung in Bargfeld, nicht alles aus dem Zusammenhang der Romane oder Erzählungen gerissen. Sie hat stattdessen eine schöne Mischung aus langen Passagen und sehr kurzen Sprüchen komponiert. Und einige wirklich ziemlich witzig: »Ein Irrenhaus nimmt mich gar nicht mehr auf, ich habe mich erkundigt, ich machte ihnen bloß die Leute verrückt, hieß es.« oder »Ich kann keinen Menschen achten, der nicht hannoversche Staatshandbücher sammelt!« Unter den langen Passagen sind unter anderem eine vollständige Erzählung aus Schmidts Stürenburg-Geschichten, ein langes Briefzitat und ein Prosagedicht.
Lesenswert ist ihr
Vorwort, für das sie nicht nur auf einen Fall von »ausgleichender
Ungerechtigkeit« im Fall eines Zitats von Schmidt hinweist, das ihm zugesprochen
wird, aber eigentlich von H.G. Wells ist, wohingegen seine Sottise über Hannover
(»Und was heißt schon New York? Großstadt ist Großstadt; ich war oft genug in
Hannover.«) Kurt Schwitters und sogar dem Ex-Kanzler Gerhard Schröder
zugeschrieben wurde. Sie findet sogar etwas über sich selbst bei Arno Schmidt:
»Aber Bücher herausgeben, Nachworte und Anmerkungen zusammenschleudern,
gelehrten Wind machen, pfui Teufel – für solche Menschen müßte man wieder den
Begriff der 'Unehrlichkeit' einführen, wie ihn frühere Jahrhunderte verstanden:
daß sie Keiner anfassen mag und sie nur untereinander heiraten dürfen.« Und auch
über Journalisten steht etwas in diesem Bändchen. Dennoch: »Arno Schmidt zur
Einführung« wäre vielleicht ein besserer Titel gewesen. |
Arno Schmidt zum Vergnügen |
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