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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik |
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Über Volker Harry Altwassers Hochsee-Epos
»Letzte
Fischer« Wer sich ans »Letzte Schweigen« erinnert, den vorangegangenen Roman des Greifswalder Autors Volker Harry Altwasser, dem fällt der Einstieg in das Hochsee-Epos »Letzte Fischer« nicht schwer. Die Handlung beginnt, wo auch der Roman zuvor seinen Anfang nimmt, auf dem Fischtrawler »Saudade«. So ermöglicht der neue Roman Altwassers also ein Wiedersehen mit Robert Rösch, jenem Protagonisten, von dessen Leben »Letztes Schweigen« wie ein klassischer Bildungsroman berichtet, von Kindheit an bis zum Anheuern auf der »Saudade« – doch ist dies nicht Roberts Geschichte, nicht allein jedenfalls. Vielmehr verschieben sich bei den »Letzten Fischern« die Perspektiven zusammen mit den Generationen; Robert Rösch ist nicht mehr Junge, sondern Stiefvater und Ehemann, sechsunddreißig Jahre alt und ein Seemann, der von den Bergen sagt, es sei doch »Todessehnsucht«, die einen dorthin locke. Den die Sorge um seine Frau Mathilde, die bereits drei Suizidversuche hinter sich hat, nicht davon abhält, erneut auf der »Saudade« anzuheuern. Auch Mathildes Tochter Luise lässt die Mutter allein zurück in ihrem Haus, allein mit dem Plan, »Robert vom Schiff weg[zu]bekommen«, allein mit ihren »Maiängsten« – um wie ihr Stiefvater in See zu stechen. Auf dem Walfangschiff »Rimbaud« ist Luise für die Sicherheit der Seeleute zuständig, vor Piraten soll sie die Besatzung schützen, und auch vor Übergriffen von Greenpeace-Aktivisten. Welch eine toughe junge Frau, die den staunenden Walfängern als erstes ihren sicheren Umgang mit Schusswaffen demonstriert. Einzig der Harpunist zeigt sich unbeeindruckt; er und Tommy Rahr, jener Schiffsjunge, der bald darauf ihr Liebhaber wird. Dies ist also Luises Geschichte, und auch ein wenig die von Mathilde und Robert Rösch, doch macht das die »Letzten Fischer« nicht zur Familiensaga, vielmehr zeichnet Altwasser ein feinfühlig ausgearbeitetes Familienportrait mit sämtlichen Hoffnungen und Abgründen. Wieder einmal traut sich Altwasser an die ganz großen Konflikte, die vaterlosen Männer, die ewig Junge sein müssen. Die Frauen, die stark zu sein haben – vielleicht auch, um das ewige, quälende Schweigen der Männer zu ertragen. Den Mythos Männlichkeit und seine Rituale, Muttersein und Vatersein. All das war bereits im letzten Roman ständig präsent, doch werden diese Themen in den »Letzten Fischern« leider reichlich unsubtil behandelt. So zum Beispiel, wenn Robert Rösch seitenlang seine verpatzte Abschlussprüfung in den Sozialwissenschaften reflektiert: eine Abhandlung über das sogenannte (und laut den beiwohnenden Professoren hochumstrittene) Peter-Pan-Syndrom, das den Vaterlosen als Peter Pan und Kapitän Hook in unheiligster Personalunion interpretiert: »Auch Peter Pans haben einen Haken, den sie jungenhaft und frisch ins Fleisch derer schlagen, die ihnen zu nahe kommen«. Die Gretchenfrage nach der Schuld der Mutter stellt hierbei einer der Prüfer; ohne etwas vorwegnehmen zu wollen: Sie wird nur unzulänglich beantwortet. Ebenso geht es ums Erzählen als solches, die wunderbaren eskapistischen (und womöglich auch die hermeneutischen) Möglichkeiten, die in den Worten liegen, in den Erzählungen der Fischer. Und auch in den Intertexten, die Altwasser herbeizitiert, Moby Dick mag einer der offensichtlichsten sein. Und dann ist da noch Rimbaud, Namensgeber des nüchternen Schiffs, auf dem Luise und Tommy einander finden; in einer Umgebung, deren Lebensfeindlichkeit sich nicht nur im Schlachten der Wale zeigt und deren soziale Vorzüge nicht allein im Kollektiv der Besatzung liegen. »Letzte Fischer« ist auch eine Geschichte von riesigen Blauwalen und filigranen Libellen, von »Stagg«, dem Mammutbaum, der Mathildes scheinbar einzige Leidenschaft ist und vielleicht der (allzu) perfekte Gegenpol zu Robert Röschs gekappten Wurzeln.
»Letzte Fischer« ist alles andere als ein schwaches Buch; vielmehr ein Roman mit
Schwächen, die bei einem Autor wie Volker Harry Altwasser womöglich nur deshalb
ins Gewicht fallen, weil man die Guten umso kritischer lesen muss. Unbedingt
lesenswert ist das Hochsee-Epos dennoch – wegen seines mutigen Blicks auf
schwerwiegende Themen, seines einmaligen Symbolismus, seiner Nüchternheit und
seiner poetischen Wucht. »Aufs Meer blicken, heiße immer, etwas zu erwarten«,
heißt es im Roman; mit den »Letzten Fischern« erwartet den Lesenden ein
ungekannter Seeblick, der einen die Kälte und das feuchte Salz regelrecht spüren
lässt, der einem die Sprache der Seeleute beibringt und der doch ewig
unergründlich im Gedächtnis bleibt. |
Volker Harry Altwasser Mystifizierung oder Alltäglichkeit des Bösen?
Vor dem Wächterrat der deutschen Literaturkritik, der
für sich auch die Deutungshoheit über die Deutsche Geschichte
allgemein, und die der NS-Zeit im Besonderen reklamiert, fand Volker
Harry Altwassers Roman »Letzte Haut« keine Gnade, und wurde von der
Feuilleton-Miliz ordnungsgemäß niedergeschrieben. |
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