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Vom Entgleisen der Welt

Wassili Grossmans Roman »Leben und Schicksal« ist eine fulminante Apologie des Menschen in barbarischen Zeiten.
Sein opus magnum nennt das Falsche falsch und das Richtige richtig – ein existenzielles Wagnis für Autor und Werk, wenn die Anhänger des Falschen das Sagen haben.

Von Thomas Hummitzsch 

Egal in welchen Rückspiegel Wladimir Woinowitsch im September 1972 blickte, der grüne Schiguli und der graue Wolga waren nicht zu übersehen. Offensichtlich hatte sich der russische Geheimdienst entschieden, aus seinem Schatten zu treten und in die Offensive zu gehen. Die Verfolgungsjagd durch Moskau endete erst vor dem Hauptgebäude des KGB. Woinowitsch hatte das Manuskript, hinter dem der Geheimdienst her war, zum Glück nicht bei sich. Die Aufzeichnungen, von denen hier die Rede sein soll, umfassten damals wie heute deutlich mehr als tausend Blätter. Diese Papiere waren die letzten Zeugen der jahrzehntelangen Arbeit des russisch-jüdischen Journalisten und Schriftstellers Wassili Grossman. Drei Rohfassungen sowie sämtliche Arbeitsunterlagen und Notizen hatte der russische Geheimdienst bereits Jahre vor diesem Wettlauf mit Wladimir Woinowitsch konfisziert und höchstwahrscheinlich auch vernichtet, nachdem feige Literaturfunktionäre seinen Roman mit dem Stempel »staatsschädigend« versehen und dem Geheimdienst gemeldet hatten.

Foto: public domain
Grossman als Nachrichtenkorrespondent
der Zeitung »Roter Stern« in Schwerin, 1945
Wassili Grossman war 1972 bereits acht Jahre tot, so dass der KGB nach dem definitiv letzten Erinnerungsstück seines Lebenswerkes jagte. Sein Roman »Leben und Schicksal« geriet in der Sowjetunion unter die Räder der Zensur und wäre heute unwiederbringlich verloren, wären da nicht Wladimir Woinowitsch und einige wenige Helfer gewesen. Sie sorgten dafür, dass zumindest eine von Hand abfotografierte Version des Romans außer Landes geschafft werden konnte. Erst 1984 erschien eine erste Übersetzung des zunächst 1980 im Schweizer Exilverlag L’Age d’Homme auf Russisch erschienenen Romans. Im Claassen-Verlag liegt nun erstmalig eine komplette Übersetzung der überarbeiteten und um einige Kapitel komplettierten Fassung des Romans vor.

Schon der Titel macht deutlich, in welche literarische Tradition Grossman seinen Roman stellte. Die Gegenüberstellung der beiden großen Themen seines Realepos erinnert in seiner Form nicht zufällig an Dostojewskis »Schuld und Sühne« oder Tolstois »Krieg und Frieden«. Vor allem Leo Tolstois Jahrhundertroman, der zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur gehört, diente Grossman als Vorlage. Ähnlich wie Tolstoi ging es ihm um eine bestmögliche Beschreibung der gesellschaftlichen Um- und Missstände seiner Zeit. Waren für Tolstois Generation der Vaterländische Krieg und der später folgende Dekabristenaufstand die die russische Gesellschaft für Jahrzehnte prägenden Ereignisse, so ist zu Grossmans Zeiten zweifelsfrei die Schlacht um Stalingrad während des zweiten Weltkrieges das »Signal der Zukunft« für Russlands Schicksal geworden.

Wassili Grossman hat die Schlacht um Stalingrad aus nächster Nähe miterlebt. Nachdem er erfuhr, dass seine Heimatstadt, die Stadt der geliebten Mutter, von den Deutschen 1941 eingenommen wurde, meldete er sich zum Militärdienst. Aufgrund seiner starken Kurzsichtigkeit konnte er zwar nicht an der Waffe, als Nachrichtenkorrespondent der Zeitung »Roter Stern« aber zumindest an vorderster Front dienen. Länger als jeder andere Berichterstatter dokumentierte er die Geschehnisse im Gebiet um Stalingrad. Intensiver als alle seine Kollegen führte er lange und eingehende Gespräche mit den einfachen Soldaten an der Front. Die dort gesammelten Erfahrungen sind die Basis dieses fulminanten Buches, in dem er seine Leser nicht mit dem abgrundtiefen Grauen und der alles durchdringenden Gewalt der Schlachten zwischen deutschen und russischen Soldaten verschont. Nicht eine Handbreit nimmt er Rücksicht, konfrontiert erbarmungslos mit dem nackten Leid, dem puren Elend, der reinen Not, die diese Zeit den Menschen rücksichtslos und gewaltsam aufbürdete. Über die Schilderung der apokalyptischen Zustände hinaus macht Grossman deren gesellschaftlichen Folgewirkung für die Zukunft eines jeden Russen deutlich. Was ist der Mensch zu schultern bereit, um Mensch zu bleiben – das war und ist das große Thema von »Leben und Schicksal«.

Im Zentrum des Romans stehen zwei Familien, die Strums und die Schaposchnikows, die über die Ehe zwischen Viktor und Ljudmila Strum miteinander verbunden sind. Diese beiden Familien bilden den Dreh- und Angelpunkt, um den sich die Geschehnisse anordnen. Die Familienmitglieder werden zum Großteil Opfer der Schlacht um Stalingrad oder geraten zwischen die zermalmenden Räder der stalinistischen oder faschistischen Verfolgung. Damit teilt die Familie Strum-Schaposchnikow das Fatum von Millionen ungenannten Russen. Offensichtlich wollte Grossman kein Schicksal vergessen, keine Möglichkeit der Existenz sollte scheinbar ausgelassen oder unerwähnt bleiben. Hunderte von Personen aus allen Klassen, Rängen und Schichten, aus allen Berufsgruppen, Religionen und Regionen zählt er auf und bildet so die russische Gesellschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts en miniature ab. Ihre Schicksale tragen den Roman und damit die Last des russischen Volkes. Er berichtet vom Leid der Landbevölkerung, den Vertreibungen, den Kollektivierungen, den Zwangsumsiedlungen; den Verfolgungen und der erbarmungslosen deutschen und russischen Menschenvernichtungsindustrie; von den quälenden »Abschiedsbesuchen« der bald in den Kampf ziehenden Soldaten; von den Tränen der Frauen und Mütter um ihre Männer und Söhne; von den Zweifeln der Intellektuellen und Aufrichtigen am vernichtenden Wesen des stalinistischen „Sozialismus in einem Land«, von korrupten Beamten und Funktionären, von der Angst des gehobenen Bürgertums um ihre Pfründe und den zweifelnden Offizieren und Generälen, die ganze Divisionen einer absurden Materialschlacht aus Fleisch und Blut opfern mussten. Zugleich berichtet er aber auch von den glühenden Verfechtern der stalinistischen Säuberungen, den rücksichtslosen Schlägern im Militär, den erbarmungslosen Folterern in den Lagern, den Denunzianten und Mitläufern, kurz: den Aufsteigern des gesellschaftlichen Niedergangs.

Die im realistischen Stil geschilderten Erlebnisse dieser Menschen spielen sich an jedem nur denkbaren Ort ab; im ruhigen Moskau ebenso wie im umkämpften Kessel von Stalingrad, in den ruhigen Kellern und vor Lärm tosenden Schützengräben, auf dem offenen Schlachtfeld, auf der Flucht und in den deutschen und russischen Arbeits- und Konzentrationslagern. Dort wiederum in den geheizten Häusern der Lageraufsicht, in den Mannschaftsräumen, in den schimmelnden und nasskalten Baracken der Häftlinge und im zugigen Eingang der alles Leben vernichtenden Gaskammern. Immer dann, wenn der Leser meint, am Ursprung des Daseins, im innersten Innen des menschlichen und weltlichen Kosmos angelangt zu sein, öffnet Grossman eine weitere Tür und ein neues Universum schier unvorstellbarer Möglichkeiten tut sich auf.

Mit einer atemberaubenden Akribie spürt der Roman den Alternativen nach, die sich dem Leben bieten. »Leben und Schicksal« entmystifiziert dieses Entweder-Oder – selbst unter den menschenunwürdigen Umständen des Stalinismus – als eine Wahl zwischen Aufrichtigkeit, Loyalität und Ehrenhaftigkeit auf der einen und Scheinheiligkeit, Doppelzüngigkeit und Verrat auf der anderen Seite. »Und obwohl weder sie selbst noch einer der anderen sagen konnte, was sie erwartete, obwohl sie alle wussten, dass der Mensch in dieser schrecklichen Zeit nicht mehr der Schmied seines Glückes sein konnte und es dem Weltenschicksal anheimgestellt war, zu begnadigen oder hinzurichten, zu Ruhm zu erheben oder ins Elend zu stürzen und zu Lagerstaub zu machen, war es dem Weltenschicksal, dem verhängnisvollen Lauf der Geschichte, dem Zorn des Staates, dem Ruhm und der Schmach im Schlachtengetümmel doch nicht überlassen, die Wesen zu verändern, die sich Menschen nannten.«
Es ist nicht einfach, in solchen Zeiten Mensch zu sein und Mensch zu bleiben, dessen ist sich Grossman bewusst. Doch das entledigt nicht von der Verantwortung eines jeden, noch vor sich selbst treten können zu müssen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, ist der Mensch der Unmenschlichkeit, dem Verrat am eigenen Selbst zum Opfer gefallen. Grossman ist der Anti-Littell, vielleicht auch, weil er dem Grauen des Krieges nicht nur in Archiven nachgespürt, sondern es selbst erlebt hat!

»Leben und Schicksal« ist ein vielschichtiger und manchmal auch überladener Gesellschaftsroman, der das Leben eines jeden Russen in einer menschenfeindlichen Zeit zu erfassen versucht. Es ist, als hätte Wladimir Grossman dem blinden Wüten von Faschismus und Stalinismus, dieser alle Sinne ergreifenden Entmenschlichung und Entindividualisierung des Daseins schlicht und ergreifend das Leben in all seinen Facetten und Farben gegenüberstellen wollen. Gewiss, ein Lektorat hätte dem Buch gut getan, doch dies war unter den eingangs geschilderten Umständen unmöglich. Nachdem das Buch aus der Sowjetunion geschmuggelt war, konnte ein Eingriff kaum mehr vorgenommen werden. Wer will schon in einem der kommunistischen Zensur entrissenen Buch den Rotstift ansetzen? Und bei aller Überfrachtung muss zugestanden werden, dass das Buch gerade auch davon lebt, seine Kraft aus der Vielzahl der Schicksale gewinnt. Erst die zahlreichen Schicksalsschilderungen aus allen nur möglichen Perspektiven machen deutlich, wie oft das Böse und das Gute nur vom Wimpernschlag der Furchtlosigkeit getrennt sind. »Und wenn in einer schrecklichen Zeit eine ausweglose Stunde kommt, darf der Mensch den Tod nicht fürchten, darf keine Angst haben, wenn er ein Mensch bleiben will.« Der Vernichtungsfeldzug des Stalinismus in der eigenen Gesellschaft hat daher vor allem die Aufrichtigen getroffen, denen ihre Loyalität zum Verhängnis wurde. Die Wendehälse blieben verschont und bildeten die zweifelhafte Elite eines zugrunde gehenden Landes. Denn was hat man schon von einer rückgratlosen Gesellschaft?
»Überlegt mal, ob es sich lohnt, so große Anstrengungen zu unternehmen, um Menschen zu vernichten, deren Platz für immer leer bleiben wird?«, fragt Grossman rhetorisch und spielt damit auf die Vernichtung der russischen Intelligenz an. Der Preis dieser Politik war letztlich die paranoide Steigerung der stalinistischen Säuberungen, denen zuletzt selbst enge Vertraute des Systems zum Opfer fielen, eben weil sie vertraute Opportunisten waren.

Von 1950 bis 1960 hat Grossman an diesem gigantischen Roman geschrieben, für den »ich mein Leben gegeben habe«, wie er an den ersten Generalsekretär des Zentralkomitee der KPdSU, Nikita Chruschtschow später schreiben wird, um sein Buch aus den Schlingen der Staatssicherheit zu befreien. In den zehn Jahren seines Schaffens ist ihm ein Buch gelungen, das Dantes Inferno in die europäische Moderne transportiert. Mutig, von dem inneren Drang zum Humanen getrieben, durchschreitet er dantesk die zehn höllischen Kreise. Und ganz im Sinne des italienischen Philosophen besteht auch für Grossman die größte Sünde nicht in den Gewaltexzessen des Krieges, die ein Krieg wohl mit sich bringt, sondern im Akt des Verrats; dem Verrat an der Idee und dem Verrat am Menschsein. Und so stößt er in den Bereich vor, der sein Werk zu einem angeblich staatsfeindlichen Machwerk werden ließ. Stalin und die Führungsköpfe der Kommunistischen Partei haben die sozialistische Idee am Volk verraten – das macht Grossman mehr als einmal und wie kein anderer seiner Zeit deutlich. In einer Zeit, in der der stalinistische Terror zunächst anhielt und nach Stalins Tod 1956 trotz Tauwetterpolitik und Entstalinisierung unter Chruschtschow kaum von diesen Maßnahmen Abstand genommen wurde, ist dies ein rebellischer, für Autor und Werk schließlich geradezu lebensmüder Akt, der kaum ausreichend gewürdigt werden kann.

Die rigorosen Zwangsmaßnahmen, die Kollektivierungen und Zwangsvertreibungen, die massenhaften Internierungen, die Homogenisierungs- und Nationalisierungspolitik im Namen des Sozialismus »hatten genügt, um den umgekehrten Weg vom Menschen zum schmutzigen, unglücklichen, des Namens und der Freiheit beraubten Vieh zurückzulegen«. Die sozialistische Idee der unaufhaltsamen Entwicklung hin zu einer klassenlosen und freien Gesellschaft ist ad absurdum geführt worden. Dieser ideologische Verrat war für Grossman nur der Auslöser des stalinistischen Terrors, der in seiner Blindwütigkeit und Grausamkeit kaum dem des faschistischen Deutschlands nachstand. »Es gibt keinen Abgrund zwischen uns und euch. Man hat ihn erfunden. Wir sind verschiedene Erscheinungsformen ein und derselben Sache – des Einparteienstaates.«, lässt Grossman den SS-Sturmbannführer Liss seinem russischen Gegenüber sagen und unterdrückt dabei den Terminus der Diktatur. »Sozialismus in einem Land – das ist doch die höchste Form des Nationalismus.«, fügt er seiner Position noch hinzu und könnte damit kein fataleres Urteil über ein politisches System fällen, das sich selbst in der Tradition des Internationalismus, des »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« verortet und legitimiert meint. »Leben und Schicksal« ist auch ein Dokument des Verwerfens von Idealen und den daraus folgenden katastrophalen Konsequenzen.

Was über die Grenzen und Untiefen des Menschen unter extremen Umständen gesagt werden kann, das steht in diesem Buch. Wassili Grossman fehlt gewiss die literarische Qualität eines Leo N. Tolstoi und sein Stil besitzt nicht den poetischen Wohlklang Anton P. Tschechows, doch das tut der Kraft dieses Buches keinen Abbruch. »Leben und Schicksal« ist bewegend, dramatisch, aufrichtig, erschütternd, unbarmherzig und nüchtern aufklärend zugleich. Hinter dem dezenten und unscheinbaren Einband verbirgt sich ein mutiger, ein fulminanter Roman, der aufgrund seiner Tragweite und seinem Stellenwert zu den großen und bedeutendsten russischen Werken der Literatur, wie Tolstois »Krieg und Frieden«, Dostojewskis »Schuld und Sühne«, Gorkis »Mutter« und Solschenizyns »Archipel Gulag« gezählt werden muss. Dass dieses Buch vor den inquisitorischen Händen des KGB gerettet werden konnte und nun in einer neuen Ausgabe vorliegt, ist ein grandioser Glücksfall der Literatur- und Menschheitsgeschichte.

»Sozialismus bedeutet vor allem Gewissensfreiheit, das Recht, ein Gewissen zu haben.«, schreibt Grossman – er ist so genommen ein tadelloser Sozialist. »Leben und Schicksal« dokumentiert sein unbeugsames Gewissen, seine unzerstörbare Aufrichtigkeit, seine tiefe Menschlichkeit, seine intensive Liebe, sein Leben als Mensch. »Ich habe Dich nicht vergessen, mich nicht beruhigt, nicht getröstet, die Zeit hat meine Wunden nicht geheilt.«, schreibt Grossman seiner Mutter Jahre später ins Grab hinterher. »Du verkörperst für mich das Menschliche, und Dein furchtbares Schicksal ist das Schicksal des Menschen in unmenschlicher Zeit.« Wassili Grossmans Mutter starb 1944 bei einem Pogrom durch die Hand deutscher Soldaten.

»Wenn ich tot bin, wirst Du in dem Buch weiterleben, dass ich Dir gewidmet habe und dessen Schicksal Deinem Schicksal gleicht.« Und ebenso wie die geliebte Mutter nun in diesem Buch weiterlebt, lebt dieser Roman, steht unverrückbar in der Welt und ruft das Los der Menschheit in Erinnerung: Mensch sein oder Unmensch sein, das ist die große Frage. Thomas Hummitzsch
 

Wassili Grossman
Leben und Schicksal
Übersetzt aus dem Russischen von Madeleine von Ballestrem, Arkadi Dorfmann, Elisabeth Markstein und Annelore Nitschke.
Mit je einem Nachwort versehen
von Jochen Hellbeck und Wladimir Woinowitsch
Claassen-Verlag, Berlin 2007
1088 Seiten
24,90 €
ISBN 3546004159

Hier können Sie einen Auszug aus
Grossmans Jahrhundertwerk
»Leben und Schicksal« lesen.
 

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