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© R. Reifenrath |
Koinzidenz- Am gleichen Wochentag, dem 27.Januar: Mozarts Geburtstag 1756 & Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee (1945). * „Tausende von Menschen singen in den ersten Minuten des 25. April 2025 auf dem Carmo-Platz in Lissabon das Volkslied Grândola, Vila Morena. Sie beginnen damit den Jahrestag der Nelkenrevolution vom 25. April 1974, welche in Portugal die Periode der Diktatur beendete und die Demokratie wiederherstellte. Grândola, Vila Morena ist ein berühmtes portugiesisches Kampflied, das der antifaschistische Liedermacher José Afonso getextet und komponiert hat. Es wurde zur Hymne der Nelkenrevolution von 1974.“ Diese Nachricht aus dem hoch zu schätzenden Schweizer Blog „Journal 21“ lassen einem von den politischen Zeitläufen & ihren bekannten Protagonisten bis zur nackten Verzweiflung kontaminierten Misanthropen für ein winzigen Augenblick der Hoffnung, dass wir alle noch einmal davon kommen - weil es diese Portugiesen damals gab & es heute noch welche gibt, die 5o Jahre später sich dieses grandiosen Moments erinnern. Auch das sind Menschen! Eine Freude, unschätzbar! * Im Haus des Henkers…- In keiner der deutschsprachigen Rezensionen des Films „Der Brutalist“ von Brady Corbet ist jemand der Spur gefolgt, die von den Drehbuchautoren Corbet/Fastvold doch so offenkundig gelegt & sogar verbalisiert wurde: Das Jüdische als existenzielles Fremdsein in der Welt. Lazlos Ankunft in der „Neuen Welt“ wird akustisch & visuell so beschworen, dass man assoziativ eher an ein KZ oder gar an von Panik erfasste Gefangene in einer Gaskammer denkt, als an die erwartungsfrohe Unruhe an Bord eines Auswandererschiffs – bis dann die Freiheitsstatue die Szene eindeutig lokalisiert. Es ist keine Hunger-Emigration wie bei europaflüchtigen Iren oder Italienern, die Laszlo nach den USA führt, sondern die Zuflucht einer durch Namen wie Buchenwald & Dachau stigmatisierten jüdischen Displaced Person. Zuflucht bei einem Verwandten, der durch Namenswechsel & Ehe mit einer Katholikin seine jüdische Herkunft & Identität gelöscht hat zugunsten seiner gesellschaftlichen Integration. Zugleich mit Laszlos Schreiner-Arbeit als Angestellter seines Bruders wird nur durch die Nahaufnahme eines Radios visuell die akustische Nachricht von der Gründung des Staates Israel durch die UN in die Filmhandlung zitiert. Als Laszlo später, nun schon zur Entourage des mit ihm renommierenden Millionärs Van Buren gehörend, bei einem Essen den versammelten Vertrauten seines reichen Arbeitgebers von seiner in Ungarn festsitzenden Ehefrau Erzsebet erzählt, die er in die USA holen möchte, ist es Van Burens Rechtsanwalt Hoffman, der von sich aus sofort dafür sorgen will. Kurze Zeit später kann der Bauhaus-Architekt seine Erzsebet im Rollstuhl, begleitet von der schweigsam-traumatisierten Cousine Zsofia, in die Arme schließen. Im zweiten Teil erkennt man unter den Synagogen-Besuchern auch Hoffmann. Während Zsofia zusammen mit ihrem künftigen Bräutigam nach Israel auswandern wird, bleiben Laszlo & Erzsebet in den USA, wo der berühmte Architekt hinnehmen muss, dass Van Buren ihn hinterrücks betrügt & seine Frau zu dem verzweifelten Ausruf führt: „Sie wollen uns nicht (als Juden)“. Diesen erkennbaren Roten Faden des Films – in dem der architektonische Brutalismus des fiktiven Bauwerks der ästhetische Ausdruck von Laszlos KZ-Trauma sein soll – hat die deutschen Filmkritik „übersehen“, wohl besser: verdrängt & noch nicht einmal neben den anderen Themen diskutiert.(Ebenso wenig wie die ungewöhnlichen Darstellungen von Sexualität bis zur von Erzsebet dramatisch behaupteten Vergewaltigung Laszlos in Carrara durch Van Buren!) Im Haus der Henker sprechen noch deren Enkel nicht gerne vom Strick? * Valentierstag- kalauert einer im „Futterhaus“, von dessen Existenz ich bisher nichts wusste, hab´ ja weder Hund noch Katze oder Kanarienvogel & auch kein Aquarium oder wasserscheues anderes Kleingetier. Deshalb hab ich gar nicht mitbekommen, dass es einen „Fachmarkt für Tierfreunde“ gibt –zumindest in Frankfurt & Umgebung, wo er z.B. von Wetzlar bis Mörfelden-Walldorf sieben (7) „Futterhäuser“ betreibt. Mithin Aldi & Lidl ausschließlich für unsere Haustiere. Einem achtseitigen Prospekt, das der Tageszeitung beilag, entnehme ich das Angebot von mehr als fünfzig Produkten, die nur für die Population unserer Haustiere hergestellt wurden & nun von einem gut gelaunten Witzbold nach allen Regeln des Marketings (kalauernd) den Herr-& Frauchen angeboten werden - wie die „Schnäppchen“ für Menschen-Konsumenten, die sich zu „sichern“ in den Prospekten der Discounter anempfohlen werden. „App laden und tierisch sparen“ z.B. „Trixie Hundesnacks“ oder „animonda Vom Feinsten“ (eine Nassnahrung für Katzen), „Wildkind“ (Naturnahe Premium-Nassnahrung für Hunde, nach dem Vorbild Wolf: viel Fleisch, getreidefrei) oder das Katzengetränk „Niamor Trinkfein“ (mit feinsten Fisch-und Fleischstückchen), das zu höherer Flüssigkeitsaufnahme motiviert – übrigens ein Wunsch, den Ärzte auch für ältere Hunde- & Katzenhalter gerne äußern. Da es unter Hunden wie unter Menschen besonders feinfühlige gibt, ist die hochwertige Trockennahrung „Happy Dog Super Sensible“ unter den vielversprechenden Titel „Andalucia“ & „Toscana“ im Angebot. “Alicante“ heißt dafür der „Trixie Kratzbaum für Katzen“ selbstverständlich, während für Hund nur das Bett „Gent“ in “hochwertigem Breitcord & orthopädischer Liegefläche“ im Katalog lockt. Für den besonderen Geschmack (von Katzen) wird auch gesorgt. Für sie gibt es die Nassnahrung „GOURMET Gold und à la Carte“, & die „beaphar Zahnpflegeprodukte für Hunde“ sorgen für „eine gründliche Zahnpflege und optimale Zahngesundheit & sind ideal auch für Zahnputzverweigerer mit dem 3-Fach-Enzym-System“.
Mit der „Futterkarte“
bekommt man es je nach Einkaufswert 5 oder 10€ Valentierstag-Rabatt; am „Happy
Valentierstag“ gibt es Spielkissen für Katzen mit „natürlichem, raschelndem
Dinkelspelz“ & eines sogar noch mit „hochwertiger Baldrianwurzel“. Ob das zu
einer geruhsamen Nachtruhe von Katzen & -Halter(in) führt, wird nicht
verraten.
* Siegfried Unseld – der mittlerweile „legendere“, unzweifelhaft größte, intellektuell, ästhetisch, moralisch wirkmächtigste Verleger der BRD – hatte als Siebzehnjähriger 1942 (als das III. Reich auf dem Zenith seiner Weltmacht stand) die NSDAP-Mitgliedschaft erworben & das „zeit seines Lebens verschwiegen“ – worüber die Zeit sich empörte. Als vor Jahren plötzlich die PG-Mitgliedschaften bislang unhinterfragter linksliberaler Intellektueller der BRD (z.B. Walter Jens, Martin Walser, Walter Höllerer) bekannt wurden, begleitete diese Aktenkundigkeiten vom Fanatismus, Opportunismus oder Nihilismus junger deutscher Intellektueller zu Kriegsende noch die falschen Assoziationen des hinterhältigen Denunziantentums, das die zeitgleich aufgedeckten Stasiakten der DDR preisgaben. Obwohl jeder an sich selbst erfahren könnte, dass es höchst unterschiedliche Gründe & Zeiten gab, z.B. der NSDAP oder der SED beizutreten (wie auch Kirchen), wurde diese „lässliche“ kollektive „Sünde“ von den Nachgeborenen generell wie eine „Todsünde“ bewertet - unabhängig davon, ob oder ggf. welchen persönlichen Gewinn der Parteigenosse davon oder welchen Schaden er dadurch anderen zugefügt hatte. Inkriminierbares Verhalten ist individuell vorbedingt (eine Charakterfrage) & nicht automatischer Kollateralschaden eines Parteieintritts (& dessen meist unbekannte Gründe). Und dass jemand sein punktuelles Fehlverhalten (oft zudem alters- & milieubedingt) als Erwachsener aus Angst-Scham verdrängt hat oder ungefragt beschweigt, scheint ein anthropologischer Reflex zu sein, den nur ein solipsistischer Bußeifriger masochistisch überspringt. („Mein Name ist Hase & ich war in der Partei“) Als nach & nach die deutschen Konkurrenzfeuilletons den zur Sensation aufgeblasenen Sprung der „Zeit“ in die Jugend des Hesse-Fans Siegfried Unseld, & die geringe Bedeutung oder die vage Deutungsmöglichkeit des Fundstücks im Hinblick auf die Person & ihre außerordentlichen verlegerischen Tätigkeiten herabzudimmen oder zu relativieren begannen, war nun erneut die „Zeit“ empört, weil sie in der kritischen Beschäftigung der Konkurrenz mit ihrem Spekulationsobjekt gleichsam einen neuen Historikerstreit heraufdämmern sah. Kurz: aus dem archivalischen Zufallsfund war eine feuilletonistische Saalschlacht, aus einem Zeit-Tröpfchen ein Sturm im Wasserglas des Kulturjournalismus geworden, der sich, zum eigenen Nutz & Frommen, mit familienbiografischen Ausflügen, persönlichen Autoren-Erinnerungen & Ehrenerklärungen oder mit der ersprießlichen Akkumulation von wahnwitzigen Spekulationen über den Siebzehnjährigen aus einem Nazi-Elternhaus, der zum weltberühmten Verleger jüdischer Autoren & deutscher Exilanten munter aufgefüttert wurde. Dabei hatte sich der junge Unseld, wie unzählige seiner Landsleute „belastet“, genauso wie diese durch die Besatzungswirren schummelnd hindurchgewurstelt. Kein „Täter“ (wie Kiesinger oder Globke) ist da postum beim Lügen von der „Zeit“ erwischt worden, sondern allenfalls ein jugendlicher „Mitläufer“, der bei seiner grundsätzlichen „Entfernung von der Truppe“ (Böll) nicht behindert sein wollte. Nur die „Zeit“ ist ihm „auf die Schliche“ gekommen & bleibt ihm auch dann noch auf den Fersen, wenn sie die mangelnde individuelle Aussagekraft ihres Fundstücks nur noch durch detailverliebte Beschreibungen der Nazibürokratie wettzumachen versucht, um ihrem journalistischen Scoop das letzte Quetschen Aufmerksamkeit abzupressen.
Eine zeitgemäße Farce. |
»Petits
riens«, |
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