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Jürgen Nielsen Sikora über »Flick« den Konzern, die Familie & die Macht Epoche der Nacht und des Krieges, Verwandlung der Welt in ein Laboratorium, Zeitalter des Arbeiters und der totalen Mobilmachung, Planung des Todes auf Distanz. So umschrieb der tschechische Philosoph Jan Patočka das 20 Jahrhundert. Mitgestaltet hat diese Epoche auch der deutsche Unternehmer Friedrich Flick, maßgeblich beteiligt an den Geschäften der Montan- und Rüstungsindustrie. Bereits im Jahr 1915 kauft er sich in die AG Charlottenhütte ein und wird 1921 deren Generaldirektor, ehe er ab 1923 sein stets wachsendes Imperium mit den Kerngeschäften Eisen, Stahl und Kohle konsequent ausbaut. Am Ende der Weimarer Republik besitzt er die Kontrolle über den gesamten Stahlverein und die Mehrheit bei Mittelstahl. Doch die Verschuldung und drohende Insolvenz im Zuge der Weltwirtschaftskrise zwingt ihn 1932 zum Verkauf der Bergwerks-AG Gelsenberg für rund 100 Millionen Mark an das Deutsche Reich. Die Republik hat einen neuen Skandal: „Sozialisierung privater Verluste durch Verstaatlichung“ heißt es. Flick ändert seine Strategie und kauft Firmen auf, tritt 1934 dem Freundeskreis Himmler bei, spendet der NSDAP und ist ab 1937 Profiteur der Arisierungswelle. Im gleichen Jahr wird er Mitglied der Partei und gründet die Flick AG. 1947 wird ihm in Nürnberg der Prozess gemacht. Ist Flick nur der symbolische Repräsentant für die Verstrickungen der deutschen Funktionselite in den Nationalsozialismus? Chefankläger Telford Taylor kann jedenfalls den Mythos von der Machtlosigkeit des Konzerns gegenüber der NS-Zwangsarbeiterpolitik nicht vollkommen zerstreuen und bezeichnet die sieben Jahre Haft für Flick als „übertrieben mildes Urteil“. Die Entflechtungsmaßnahmen des Unternehmens durch die Alliierten beginnen. Sie verzichten jedoch auf eine völlige Liquidation des Konzerns. Flick wird 1950 frühzeitig aus der Haft entlassen und unterbreitet zwei Jahre später einen Plan zur Neuordnung der AG. Die Annahme seines Plans durch die Hohe Kommission der EGKS ermöglicht dem Rehabilitierten in der Folge den Einstieg bei Daimler-Benz. Ende 1953 stehen ihm ca. 250 Millionen Mark Investitionskapital zur Verfügung. Flick gestaltet sein Imperium neu. 1955 kauft er sich bei Feldmühle ein und ist bald wieder im Besitz von rund 100 Firmen, die insbesondere mit Chemie, Papier und Autos handeln. 1956 beginnt er im Zuge der Remilitarisierungsmaßnahmen erneut mit der Rüstungsproduktion, steigt ein Jahr später bei Dynamit Nobel ein und hält bereits 1958 die Mehrheit bei Buderus. Die Produktion von Minensystemen, Sturmgewehren, Munition, Sprengstoff und Raketentriebsätzen ist erneut in Flicks Obhut gegeben. Doch das ist nur die Ruhe vor dem Sturm, der 1962 losbricht. Die Familie ist zerstritten. Der älteste Sohn klagt gegen den Vater und droht mit der Auflösung des Konzerns. Aber der alte Fritz setzt sich vor Gericht durch. Zwei Jahre vor seinem Tod lehnt er Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter ab, weil dies einem Schuldeingeständnis gleichkäme. 1972 stirbt Deutschlands reichster Mann, der stets geräuschlos agieren wollte, und doch selten mehr als skrupellos war. Die Krise der 1970er Jahre macht auch dem Unternehmen zu schaffen, das nun in den Händen des Jüngsten seine Blüten treibt. Der Konzern besteht aus über 300 Firmen und setzt zweistellige Milliardenbeträge um. 1978 steigt Friedrich Karl bei Gerling ein, ehe es ab 1981 im Zuge der Flick-Affäre um Hans Friedrichs, Otto Graf Lambsdorff, Horst-Ludwig Riemer, Rainer Barzel und andere langsam aber sicher bergab mit den Flicks geht. Heinrich Böll bezeichnete seinerzeit die Machenschaften in Politik und Wirtschaft als „Bonner Bargeld-Porno“. Jedenfalls schien die Spendenpraxis von Flick Jr. in der Tat alles andere als ästhetisch. 1985 verkauft er das gesamte Flick-Imperium an die Deutsche Bank. Was trieb, so lässt sich in Anlehnung an Budd Schulberg fragen, was trieb Flick an? Norbert Frei und seine Mitarbeiter gehen dieser Frage sehr intensiv und mit Hilfe von einschlägigen Quellen aus zahlreichen in- und ausländischen Archiven nach. Ergebnis ist ein gleichsam opulentes wie nüchternes Bild der Familie und des Unternehmens, das nicht zuletzt die Frage nach dem politischen Versagen und der moralischen Schuld der deutschen Industrie im 20. Jahrhundert aufwirft. Zunächst als Reihe monographischer Einzelstudien geplant, liegt mit dem „Flick“ ein höchst informatives und trotz aller wissenschaftlichen Ansprüche gut lesbares, anschauliches Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte vor.
Das Drama
dieser politischen Unternehmensgeschichte zieht sich bis in unsere Tage. Die
Verwandlung der Welt ist noch nicht zu Ende. |
Norbert Frei,
Ralf Ahrens, Jörg Osterloh, Tim Schanetzky |
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