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Künstlerfreundschaft
im Exil
BERTOLT BRECHT GESTORBEN STOP BITTEN UM IHRE
TEILNAHME AM STAATSAKT SONNABEND 18 AUGUST IM THEATER AM SCHIFFBAUERDAMM Dieses Telegramm erreicht Lion Feuchtwanger am 17. August 1956 in seinem Haus in Pacific Palisades, Kalifornien und erschüttert den Autor zutiefst. Weil Brecht sein Freund war, der einzige Freund, eine Freundschaft, während der Feuchtwanger, der international erfolgreiche Romanautor, den 14 Jahre jüngeren Brecht förderte, unterstütze, mit ihm zusammenarbeitete. Beeindruckt von der Ehrlichkeit des jungen Brechts, der ihn 1919 in seiner Münchner Wohnung aufsuchte, ihm sein Stück „Spartakus“ – das später den Titel „Trommeln in der Nacht“ bekommt – vorlegt und unverblümt zugibt, er, Brecht, habe ihn aufgesucht, weil Sie Erfolg haben, in München einflussreich sind und über die notwendigen Beziehungen verfügen. Durch Feuchtwangers Mithilfe wird „Trommeln in der Nacht“ 1922 in München uraufgeführt.
Daraus erwächst
eine Künstlerfreundschaft, in der sich der Handwerker Feuchtwanger und das Genie
Brecht, ein Gegensatzpaar, gegenseitig befruchten. Immer wieder hilft
Feuchtwanger dem stets finanziell klammen Brecht, lädt ihn in den Puff ein, sie
streiten sich und vertragen sich. Der Ältere gibt sich versöhnlich und
nachsichtig dem hitzigen Naturell Brechts gegenüber. Brecht und Feuchtwanger stehen auch exemplarisch für die Schicksale von Künstlern, die nach 1933 emigrieren mussten. Los Angeles und vor allem Pacific Palisades war der zentrale Ort, an dem sich Literaten wie Heinrich und Thomas Mann, Alfred Döblin, Vicky Baum oder Leonhard Frank nach ihrer Flucht aus Deutschland und Europa versammelten. Heimatlos geworden, aber in durchaus unterschiedlichen Verhältnissen lebend. Thomas Mann und Feuchtwanger konnten ein finanziell sorgenfreies Leben führen, beider Bücher verkauften sich weltweit, sodass der Verlust der Einnahmen aus Deutschland nur eine untergeordnete Rolle spielte. Andere, wie Brecht oder Heinrich Mann, waren auf finanzielle Unterstützung angewiesen und trugen schwer daran, dass ihr literarischer Ruhm nicht bis ins Exil reichte.
Modick erzählt
von den – hinlänglich bekannten – Spannungen, der Missgunst und der Tratschsucht
in der Künstlerkolonie am Pazifik. Anders als es zuletzt Michael Lentz mit
„Pazifik Exil“ getan hat, reicht es ihm aber, diese in kurzen beispielhaften
Passagen anzureißen. „Sunset“ ist auch ein Roman über das Altwerden, über den nahenden Tod. Nicht nur die Erinnerungen an Brecht beschäftigen Feuchtwanger an dem Tag, an dem die Romanhandlung spielt. Sein schwieriges Verhältnis zum Vater, die Liebe zu Marta, der Tod der einzigen Tochter – all dies fügt sich zu einem Lebensabriss eines bereits, der Roman deutet es an, Todkranken, bei dem sich erste Anzeichen des Magenkrebses zeigen. Zu Beginn des Romans quält sich der über Siebzigjährige Kniebeugen und Liegestütze, um im Sumpf des Alterns nicht zu versinken. Und doch weiß er auch, dass der Kampf verloren geht.
Anrührend die
Szenen, in denen Modick die Lebensuntüchtigkeit eines Mannes beschreibt, der
ohne seine Ehefrau Marta, die ihn für einen Tag verlassen musste, seinen Alltag
kaum bewältigen kann. |
Klaus Modick |
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