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Glanz&Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik

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»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
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Seitwert


Witzig, ironisch und ein bißchen boshaft

Sigrid Lüdke-Haertel über den Roman von Silvia Tennenbaum »Rachel, die Frau des Rabbis«

Die alte Dame kommt immer wieder und gerne in ihre Heimatstadt zurück. Silvia Tennenbaum, 1928 in Frankfurt am Main geboren, stammt aus einer bekannten jüdischen Familie der Stadt. 1938 emigrierte sie, gerade noch rechtzeitig, in die USA. Sie studierte Kunstgeschichte, arbeitete längere Zeit als Kunstkritikerin und begann in den sechziger Jahren (literarisch) zu schreiben. Ihr Roman »Rachel, die Frau des Rabbis«, 1978 im amerikanischen Original erschienen, wurde ein großer Erfolg. Zurecht.
Denn Silvia Tennenbaum war selbst fünfunddreißig Jahre mit einem Rabbiner verheiratet. Sie weiß, wovon sie schreibt. Es geht hoch her. Der Roman ist prall voll gepackt – mit Leben. Und mit Witz.
Fast fünfhundert Seiten werden zu einem einzigen langen Vergnügen.

Es gibt also viel zu lesen zwischen diesen zwei Buchdeckeln. Ehekonflikte, leidenschaftlichen und in erfreulichen Einzelheiten beschriebenen Sex. Es wird erzählt, wie ein Junge erwachsen wird, mit welchen Schwierigkeiten er zu kämpfen hat. Es geht um Liebesglück und Liebesleid und, natürlich, um die ewigen Auseinandersetzungen mit Müttern. So etwas kennt man. Was man nicht kennt, so sicher nie gelesen hat: das Leben einer Rabbinerfrau (Rebbezin) in einer jüdischen Vorstadtgemeinde in Amerika. Witzig, ironisch, auch boshaft und ziemlich rücksichtslos gegen die eigene Gemeinschaft.
Rachel Sonnshein, 40 Jahre, Mutter eines 16jährigen Jungen, Frau eines Rabbis, lebt in einem Kaff auf Long Island, knappe zwei Stunden von New York City entfernt. Genau so, wie ein durchschnittlicher Amerikaner wohnt. Genau so, wie er einzuschätzen ist: »konservativ, bigott und kulturell unterprivilegiert.« In dieser Umgebung fällt die Frau des Rabbis auf, durch ihre hippie-ähnliche Kleidung, ihr totales Desinteresse an Treffen des Frauenbundes. Stattdessen geht Rachel lieber zu Baseball-Spielen. Sie ißt gerne nicht-koscher und ihre Leidenschaft ist das Malen. Mit dieser unorthodoxen Rebbezin hat die Gemeinde, verständlicherweise, große Probleme. Aber auch Seymour, ihr Mann, hat als aufgeklärter, intellektueller Rabbi einen schweren Stand. Die Gemeinde bezahlt ihn. Aus dieser Tatsache leitet sie Rechte ab. Sie glaubt, daß ihr ein Rabbi wie aus dem Bilderbuch, mit Kippa, Kaftan und Schläfenlocken zusteht. Sie erwartet von ihm eine klare, stockkonservative Meinung, auch zu Israel und den Arabern. Seymour behilft sich mit einem Trick, nämlich so zu reden, »daß man die Fragenden befriedigte, ohne die eigene Einstellung zu verraten«. Als er sich aber dafür einsetzt, daß neben der Synagoge ein Kindergarten für kleine schwarze Jungen und Mädchen gebaut wird, ist die Empörung groß: »Dieser Rabbi ist eine Zumutung, dieser Rabbi muß weg«. Es kommt zu einer Protestversammlung. Ein Gemeindemitglied äußert die Befürchtung: »Ich will nicht, daß meine Tochter nach dem Unterricht vergewaltigt wird.« Der Reporter der Lokalzeitung fragt: »Von Dreijährigen ?« Das vielleicht nicht, aber: »Jemand muß sie doch abholen.« Nach der Versammlung »gingen die Mütter nach Hause und überlegten, wie man verhindern könnte, daß die Niggerbabys die frische Landluft Gatesheads verpesteten.«
Rachel kämpft also an vielen Fronten. Nicht nur gegen die Engstirnigkeit der jüdischen Gemeinde. Sie hat auch das Vorstadtleben gründlich satt. Sie begreift sich als Künstlerin, will Malerin sein, Ausstellungen machen, in der Stadt, in Greenwich Village ein Künstlerleben führen. Als sie bei einem Museumsbesuch in Manhattan Ben, ihrer ersten großen Liebe, wieder begegnet, möchte sie am liebsten mit ihm durchbrennen, zumal auch Seymour sich gerade in eine andere Frau verliebt hat. Wie die beiden es schaffen, trotz aller Anfeindungen, sich durchzubeißen, wie sie es auch schaffen zusammenzubleiben, das hat Silvia Tennenbaum mit wahrem Witz, teils auch äußerst anrührend beschrieben. Der Rabbi und die Rebbezin »hatten keine Garantie für die Zukunft«. Sie haben es aber geschafft, sie haben den kleinbürgerlichen Mief der Vorstadt, das Spießertum der angepaßten Bedenkenträger und die kulturelle Verwahrlosung ihrer schleimigen Nachbarschaft hinter sich gelassen, ein für allemal.
Sigrid Lüdke-Haertel


Mit freundlicher Erlaubnis des
strandgut - Kulturmagazin für Frankfurt am Main
 

Silvia Tennenbaum
Rachel, die Frau des Rabbis

Roman
Aus dem Englischen von Claudia Campisi.
AvivA Verlag, Berlin 2010
461 S., 24,80 €


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