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Good bye Lichtenberg!

Der Weg vom guten Drehbuchschreiber zum Romanautor ist beschwerlich.
Warum Lichtenbergs Debut »Kolonie der Nomaden« gründlich mißlungen ist.

Der Selbstmord des Großvaters führt Familie Stelzer am Vorabend der Beerdigung nach langer Zeit wieder zusammen: Enkel Paul, eine Karteileiche der Universität, reist aus Berlin zu seinen Eltern ins Rheinland. Sohn Johannes verliert sich in Erinnerungen, während sich seine Frau Marianne mit dem Pfleger des Schwiegervaters, Nicolai, amüsiert. Und dann geistert da noch Johannes großer Bruder Andreas um das Elternhaus herum. Aber auch Julia, Pauls Ex, bringt zusätzlich Unruhe in das Leben der Familie. Schließlich ist immer wieder die Nachricht von dem Anschlag in Belgien zu vernehmen, in den Andreas irgendwie verwickelt zu sein scheint. Doch was hat der Mann mit den bauschigen Augenbrauen und der breiten Kinnpartie, den schwarzen Haaren und dem Schnurrbart damit zu tun?

Bernd Lichtenberg, Drehbuchautor des Erfolgfilms Good bye Lenin  legt mit Kolonie der Nomaden seinen ersten Roman vor. Darin angelegt ist eine gute und packende Story, die an einer einfallslosen Sprache und nachlässig formulierten Textpassagen leidet. In erster Linie ist die nervige Bindestrichliteratur zu nennen. Zum Beispiel die

-    Rettet-die-Kinder-und-Frauen-zuerst-Actionfresse, oder die
Fischer-und-seine-Frau-mäßigen-Wünsche, oder das
Julia-Gretchen-Ophelia-mäßige-Aussehen, und schließlich die
Caspar-David-Friedrich-mäßige Powerpointpräsentation.

Das ist in der Tat sehr mäßig und sieht nach Existenzphilosophie für Dummies aus. Dieser folgt sogleich die Schilderung der rheinischen Fauna. Haben Sie schon mal eine schnaufende und piepende Igelfamilie gesehen? Oder träge Mücken? In geselliger Runde treffen sich des Weiteren Maulwurf, Habicht, Fuchs, Hund, Katze, Amsel, Hamster, Spatz und Eichhörnchen zur Guten Nacht vorm Eigenheim der Stelzers, das so zu einer Art Privatzoo mutiert.
Hier darf die Flora natürlich nicht fehlen: Eine Eiche mit gekrümmten Ästen, die vom Stamm aus wie Schlangen in die Luft tauchen. Sodann schön angelegte Blumenbeete, exotische Pflanzen, ein geranienumkränzter Balkon und zwei einfallslose Grünpflanzen. Die Blätter haben feingliedrige Adern und unüberhörbar ist das Atmen des Baumes.

Ein Blick in den Himmel. Da gibt es:

das samtene Blauschwarz desselben
Schönwetterwolken
wattene Wolkenmassen
und
einen wiederum mit Schönwetterwolken betupften Himmel. Ab und zu auch mal
Gewitterwolken.

Lichtenberg malt dazu die entsprechende Geräuschkulisse: Summen, Fiepen, Piepsen, Surren, Knarzen, Klacken und Plätschern. Obendrein gibt es noch blechgeblasene Erkennungsmucke, und zu allem Überfluss auch noch Musik von Chris Martin und den Beatles.
Nicht schön sind auch die unangezündete Zigarette, der schlauchige Raum, die Ocker marmorierte Siebzigerjahretreppe, die etwas ungewollt Psychedelisches hat, sowie die silberweißen Einbaumöbel oder das mit abstrakten Formen bemalte Fenster.
Die Gesellschaft in Lichtenbergs Welt besteht aus Beziehungsgurus, einer Vertretergattin, einem Seelenklempner, einer wieselnden Ingenieursgattin, Loserkollegen, die allesamt irgendwie gut zu den Brautpaarpüppchen von der Hochzeitstorte und den zahlreichen Kunstdrucken in den Maklerobjekten von Marianne passen. Kein Original weit und breit!

Am schwersten aber wiegen ein falsch wiedergegebenes Wittgensteinzitat aus dem Tractatus sowie die bedenklich stimmenden Frauenbilder:

die passen ins Beuteschema,
ihre Rücken werden abgescannt,
ihre Gesichter sind von geradezu klassischer Schönheit
ihre Blicke haben eine verwegene Intensität
eine Frau in Rock und BH erinnert an Amazonen. Die Legende jedoch will, dass ausgerechnet die Amazonen sich eine Brust amputierten.

-   Schlussendlich provozieren die Frauen und halten die Herren der Schöpfung im wahrsten Sinne des Wortes bei der Stange.

Ein Zitat zur Veranschaulichung: Er hatte hunderte Frauen gehabt, war mit Inderinnen zusammengewesen, mit Japanerinnen, Thaimädchen, hatte amerikanische und europäische Touristinnen gevögelt, hatte in den fünfzehn Jahren auf seiner brasilianischen Insel mit vielen der kaffeebraunen Einheimischen geschlafen, schönen, beinahe perfekt geschaffenen Wesen, in deren biegsame Körper er sich hatte fallen lassen …
Da möchte man Meike Hermann, die das Buch lektoriert hat, gern einige Fragen stellen. Alles in allem: Schade um die gute Story!
Johanna Klimakus

 

Bernd Lichtenberg
Kolonie der Nomaden
Rowohlt
Hardcover, 224 S.
17,95 €
978-3-498-03922-6

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