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Wodehouse
lesen macht glücklich
Stefan Möller über die P. G. Wodehouse-Gesamtausgabe der Edition Epoca: Ohne
weiteres auf derselben Stufe wie Shakespeare.
Die Antwort auf die Frage nach dem Buch, das man auf eine einsame Insel
mitnähme, muss wohl überlegt sein. Nicht, dass man jemals in die Verlegenheit
käme, sich tatsächlich entscheiden zu müssen. Einsame Inseln erreicht man
zumeist, die Literatur- und Fernsehgeschichte lehrt es, in Folge misslicher
Umstände und ich bin sicher, weder Robinson Crusoe noch Gillegan oder Mary Ann
hatten sich diese Frage vorher gestellt und das EINE Buch eingepackt. Lassen wir
also mal kurz außer Acht, dass einen der Inselaufenthalt unvermittelt treffen
wird und man wahrscheinlich durch eine Laune des Schicksals in diesem Moment,
warum auch immer, nur einen Roman von Gabriele Wohmann einstecken hat.
Welches
Buch also mitnehmen? Den Zauberberg oder doch lieber Moby Dick?
Vielleicht den Ulysses – auf einer einsamen Insel hat man dann Zeit und
keine Ausrede mehr, ihn nicht endlich doch mal zu lesen – oder den Mann ohne
Eigenschaften? Dante oder Pynchon, Goethe oder Shakespeare?
Über Shakespeare schrieb ein anderer englischer Autor einmal:
Shakespeares Sachen unterscheiden sich von den meinen, was aber nicht unbedingt
heißt, dass sie minderwertig sind. Und weiter: Ich
glaube auch nicht, dass mir je sehr viel Besseres als der Falstaff gelungen ist.
Letztlich gesteht er Shakespeare zu:
Ich würde ihn ohne weiteres auf dieselbe Stufe wie Wodehouse
stellen.
Der da Shakespeare und Wodehouse auf eine Stufe
stellt, wurde 1881 als Pelham Grenville Wodehouse geboren. Den größten Teil
seines Lebens verbrachte er in den USA, in den 30er Jahren zog es ihn aus
steuerlichen Gründen nach Frankreich. Während der deutschen Besetzung wurde er
in Oberschlesien interniert. Die oberschlesische Landschaft würdigte er mit dem
Satz „Wenn das Oberschlesien ist, wie muss dann erst Unterschlesien
aussehen?“. Wodehouse ließ sich darauf ein, für einen deutschen
Propagandasender zu arbeiten. Die daraufhin, nach Kriegsende, in Großbritannien
stattfindende Debatte, veranlasste Wodehouse, dauerhaft in die USA überzusiedeln
und Mitte der 50er auch die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen.
Und doch blieb
er einer der Autoren, die das Bild von England prägten. Natürlich handelt es
sich dabei nicht um ein reales England, es ist ein England, von dem man glauben
möchte, es hätte es gegeben. Man findet es auch bei Jerome K. Jerome und in den
hierzulande nahezu unbekannten Lucia-Romanen von E.F. Benson.
Das England, das Wodehouse konstruiert, kennt weder soziale Gegensätze noch
Verbrechen. Armut bei Wodehouse bedeutet, dass „Tuppy“ Glossop auf das falsche
Pferd gesetzt hat und die nächsten drei monatlichen Zuwendungen dem Buchmacher
zufließen. Der Gipfel der Kriminalität besteht darin, einem Bobby den Helm zu
klauen oder ein versehentlich am falschen Ort gelandetes Sahnekännchen in
Kuhform durch einen nächtlichen Einbruch wieder dem ursprünglichen Besitzer
zurück zu eignen.
Das Leben
findet zwischen dem Drones Club und Blandings Castle oder Steeple Bumpleigh
statt. Im Drones Club vertreibt sich der Junggeselle von Welt die Zeit zwischen
mittäglichem Frühstück und abendlichen Lustbarkeiten, die in aller gebotenen
Keuschheit stattfinden, bei denen aber Trinkfestigkeit, wenn nicht
Voraussetzung, so doch zumindest hilfreich wäre. Es ist ein schönes Leben, dass
Bertram Wooster, Roberta Wickham, Gussie Fink-Nottles, Lord Emsworth und alle
anderen führen könnten, alle wären glücklich und zufrieden, wenn nicht missliche
Umstände wie eine ungewollte Verlobung immer wieder zu Irrungen und Wirrungen
führen würden. Es sind nicht gerade dunkle Gewitterwolken, die dann am Horizont
aufziehen, eher Cumuluswolken, die sich kurz vor die Sonne schieben.
Wodehouse entfaltet in jedem seiner Romane aufs neue einen weitverzweigten Plot,
in dem sich aus einer kleinen Gegebenheit, gleichsam dem Flügelschlag des
Schmetterlings, das prächtigste Chaos entwickelt. Es ist eigentlich unmöglich,
die Handlungsfäden eines Wodehouse-Romans einigermaßen prägnant wiederzugeben.
Nachdem man ganz kurz und knapp die erste A4-Seite vollgeschrieben hat, stellt
man fest, dass man mindestens noch ein, zwei weitere Handlungsstränge vergessen
hat, und gibt auf. Die zentralen Elemente wiederholen sich sowieso permanent.
Butler Jeeves hilft Bertram Wooster aus sämtlichen Verlegenheiten, in die sich
der herzensgute, aber nur mittelmäßig mit Intelligenz gesegnete Junggeselle
bringt. Lord Emsworth sorgt sich um die Kaiserin von Blandings, seine
preisgekrönte Sau, wird dabei aber ständig gestört, ja sogar mit schöner
Regelmäßigkeit in Panik versetzt, da Schweineentführung zum unverzichtbaren
Repertoire der Handlung gehören.
Mulliner
hingegen versorgt alle, die nicht schnell genug das Angler’s Rest verlassen, mit
Geschichten über seine umfangreiche Verwandtschaft. Und natürlich bekommt jeder
am Ende den- oder diejenige, die er verdient oder entgeht der Ehe mit dem- oder
derjenigen, die er nicht verdient. Der Reiz liegt in den Wegen, die zum
glücklichen Ende führen.
Zur Raffinesse der Handlung, deren Konstruktion für Wodehouse eine Plackerei
war, gesellt sich ein meisterhaftes Gespür für Pointen. Jede einzelne, wirklich
jede, Pointe sitzt. Die Klaviatur reicht vom Schmunzeln bis zum brüllenden
Gelächter und Wodehause spielt sie unnachahmlich und unerreicht. Literarische
Komik, die über die Zeiten bestehen kann, funktioniert nur, wenn der Autor über
einen Stil verfügt, der sich die reichen sprachlichen Möglichkeiten in der
Gesamtheit zu Nutze macht. Wodehouse bediente sich der Möglichkeiten. Das Oxford
English Dictionary weist 1600 Stellen nach, in denen Wodehouse die englische
Sprache mit neuen Bedeutungen bestehender Worte oder Neuschöpfungen bereichert.
Im englischen
Sprachraum gehört P.G. Wodehouse längst zum literaturgeschichtlichen Kanon und
zu den meistgelesenen Autoren überhaupt. Deutschsprachige Leser mussten bis zur
letzten Jahrhundertwende mit dem Vorlieb nehmen, was ihnen in zumeist
stümperhafter Übersetzung, liebloser Aufmachung und unter derart grotesken
Titeln präsentiert wurde, das man die Romane besser mit einem
Konsalik-Schutzumschlag tarnte. Lediglich Rowohlt versuchte sich daran, einige
Romane in etwas würdigerer Form zu präsentieren, ließ es aber bald wieder sein.
Von den rund 90 Werken liegen bislang weniger als die Hälfte in deutscher
Übersetzung vor.
Im Jahr 2000
begann die Edition Epoca mit der Herausgabe des gesamten Wodehouse in neuer
Übersetzung. Erstmals erhielten die Romane und Erzählungen die äußere Form, die
sie verdienen. Im festen Einband, die Titel in Silber gedruckt, und handlichem
Format kommen die Bände daher. Die Innenseiten des Einbands sind mit floralen
Motiven versehen, die Aufmachung erinnert an Poesiealben.
Neben
Neuübersetzungen liegen einige Werke erstmal in deutscher Sprache vor. Mit „Mulliner
schenkt ein“ machen wir Bekanntschaft mit der illustren Gesellschaft des
Angler’s Rest und werden von Mr. Mulliner unter anderem vor den Gefahren des
Nichtrauchens in eindrücklicher Form gewarnt.
„In alter
Frische“ ist der Einstieg in den Blandings-Zyklus und mit „Reiner Wein“ liegt
die Autobiographie des P.G. Wodehouse vor, die den deutschen Untertitel
„Autobiographische Abschweifungen“ trägt. In dieser erfahren wir einiges über
den Autor, aber sehr viel darüber, dass das Fernsehen vor 50 Jahren auch nicht
besser war, und das Rauchen stärkt und den Körper stählt.
Der silberne Glanz der Buchtitel verblasst aber gegen den Glanz der Übersetzung
von Thomas Schlachter. Schlachter meinte selbst dazu: „Wenn der deutschsprachige
Leser an denselben Stellen, aus denselben Gründen und in derselben Lautstärke
kichert, prustet und losbrüllt wie der Leser des Originals, dann glaubt der
Übersetzer seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit getan zu haben.“
Er hat. Und er tut es noch. Er muss auch. Bei rund 90 Wodehouse-Büchern und ca.
2 Neuübersetzungen pro Jahr dauert es noch etliche Jahre, bis die Gesamtausgabe
vollständig ist. Insofern beruhigt es, dass Verleger Urs Kummer auf der letzten
Buchmesse in Frankfurt einen äußerst fidelen Eindruck machte und auch Thomas
Schlachter wirkt auf dem Autorenfoto noch ziemlich frisch.
Lobeshymnen und Liebeserklärungen an Wodehouse gibt es in schier unendlicher
Zahl. Eine der schönsten stammt von Daniel Kehlmann und findet sich am Ende der
genannten Bände.
Deshalb an dieser Stelle nur eins: Literatur kann vieles erreichen. Sie kann uns
klüger machen, sie kann uns zum weinen oder zum lachen bringen. Literatur kann
uns die Welt oder auch nur einen Teil der Welt erklären, sie kann Welten
erschaffen.
Und manchmal macht Literatur einfach nur glücklich. Wodehouse lesen macht
glücklich und deshalb nehme ich nicht Dante oder Musil mit auf die einsame
Insel, sondern Wodehouse.
Wobei sich hier dann die
nächste Frage anschließt: Welches Buch? Aber dies führte jetzt zu weit und ist
weit schwerer zu beantworten als die Frage, welche seiner Romane man überhaupt
lesen sollte. Die Antwort lautet: Alle!
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P. G. Wodehouse
Mulliner schenkt ein
Erzählungen
Aus dem Englischen von Thomas Schlachter
Deutsche Erstausgabe
Edition Epoca
Gebunden
238 Seiten
EUR
19.95 / EUR 20.60 (A) / CHF 34.00
ISBN
978-3-905513-48-6
P. G. Wodehouse
Ohne mich, Jeeves!
Hörbuch
Leser: Felix von Manteuffel
Regie: Marlene Breuer
In Zusammenarbeit mit dem Hessischen Rundfunk (HR2-kultur)
Edition Epoca
8 CD
Spieldauer: 560 Minuten
EUR 29.90/ EUR 30.40 (A) / CHF 39.90
ISBN: 978-3-905513-49-3
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