Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik




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mit 176 Seiten, die es in sich haben.

 

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Zum 5-jährigen Bestehen ist ein großformatiger Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren mit 176 Seiten, die es in sich haben:

Die menschliche Komödie als work in progress

»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
Zu diesem Thema haben wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt. Inhalt als PDF-Datei
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Ein Widerspruch

Rohm liest Schmidt liest Proust

Es gibt Bücher, die wie Spiegelsäle funktionieren. Am Ende weiß man gar nicht mehr, wo man steht. Man muss den eigenen Standpunkt überprüfen und schleppt sich am Ende des Tages erschöpft vor die Tür. Dort steht man dann ein wenig verloren und einsam, ein wenig glücklich und müde. Man kratzt sich an der Stirn und muss zugeben, etwas über sich gelernt zu haben, was man noch nicht recht einordnen kann.     
Leser lesen Bücher, die in meisten Fällen von Menschen geschrieben wurden, die auch Leser sind. Bücher dringen nicht in den Alltag ein, sie sind bereits schon immer Bestandteil des Alltags, weil sie im Bett oder Bus, auf der Couch oder in der Mittagspause gelesen werden und auch dort geschrieben wurden. Marcel Proust könnte einem da wohl so einiges über das Bett als Materiallager der Phantasie erzählen.
All unsere Gefühle, all unsere Erschöpfungen, all unsere Trauer und Freude, all unsere Hoffnungen und Wünsche lesen also mit.
So gesehen hat Jochen Schmidt einen nahe liegenden und interessanten Versuch unternommen, der sich zur Voraussetzung die Selbstbeobachtung gemacht hat. So wie Proust das Leben abklopft, fühlt Schmidt Prousts Buch auf den Zahn. Er hat jeden Tag zwanzig Seiten aus Marcel Proust »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit gelesen«.
Zeit gibt man immer her, man schenkt sie an den Partner oder eben an ein gutes oder schlechtes Buch. Sich nun auf die Suche nach dieser Zeit, die dabei »verschwendet« wurde, zu begeben, kann die ideale Lesart für das proustsche Werk sein.
Schmidt schrieb zunächst alles in einem Internet-Blog nieder, der nun als gedruckte Ausgabe vorliegt. 

Warum sollte ich mich aber nun als Leser für den Leser Schmidt interessieren? Das ist eine Frage, die man stellen muss.
Man bekommt kurze Zusammenfassungen des Gelesenen, die Figuren werden mit den Gedanken Schmidts aufgeladen. Nun wird es schon einmal für all jene schwer, die Proust bisher noch nicht gelesen haben, weil keinerlei Heranführung stattfindet, sondern eine gewisse Kenntnis des Stoffes unterstellt wird. Es mag ja sein, das Schmidt dem Werk neue Aspekte abgewinnt. Aber wie will ich dass als Leser beurteilen können, der noch nicht einmal die alten Aspekte kennt.
Dann sind da seine privaten Beobachtungen.
Schmidt schreibt: »Der Ort, an dem man ein Buch liest, verändert den Eindruck, so wie man an einem Sommerabend anders verliebt ist, als eingeklemmt zwischen Mülleimer und schwitzende Fremde in einem Zugabteil auf dem Weg von Oradea nach Copsa.«
Natürlich kann der Ort den Eindruck eines Buches verändern. Aber er tut es nicht grundsätzlich. Ein packendes und fesselndes Buch verschluckt mich nämlich und gibt mich erst gar nicht mehr frei. Ich werde die Umwelt vergessen, so wie eine leidenschaftliche Liebe sich der stürmischen Umarmung überlässt. Ist man erst mal hemmungslos verliebt, dann wird einem egal sein, wo man ist. Man bekommt es nicht mit. So gesehen, und darauf beruhen meine Erfahrungen, die ins Spiel kamen bei »Rohm liest Schmidt liest Proust«, kann ich dem guten Jochen Schmidt nur eine mit einem roten Kussmund gesegnete femme fatale empfehlen, damit er obige Eindrücke einmal gewaltig verwischt und durcheinander gebracht bekommt.
Und dann erwische ich mich doch beim Genuss des Buches, weil ich meinen Alltag mit rein schleppe. Ich widerspreche und fechte Kämpfe mit dem Stoff aus und bemerke: »Schmidt liest Proust« funktioniert, weil ich meinen Ärger, meine Freude, meine Widersprüche im Buch ablade.

Da das Buch wie ein Tagebuch gebaut ist, kann man quer lesen, man kann sich seine ganz eigene Lesart erwählen. Man liest hier und dort, mal schüttelt man wütend den Kopf, mal lacht man mit.
Dann ist da noch der Werbefachmann Jochen Schmidt, der Proust so schön empfehlen kann, das man, hat man »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« noch nicht im Bücherregal, sofort los stürmen möchte, um es zu kaufen. Heute muss man ja gerade Mal bis zum nächsten Computer stürmen.
Und »Schmidt liest Proust« ist dort gut aufgehoben, weil er so sehr eine neue Form der Literatur darstellt: die Internetliteratur, die das Private mit dem Öffentlichen mischt. Und weil ich kein Kulturpessimist bin, der das Internet anklagt, muss ich diese Form der Literatur verteidigen, weil sie (und wieder einmal widerspreche ich mir selbst) eben doch keine neue Literatur ist.

So und nicht anders hat Literatur schon immer funktioniert. Das Private wurde mit dem Öffentlichen gepaart. Dann sehen wir den mit einem Fernglas einem Gast hinterher starrenden Thomas Mann, der sich anschließend am Schreibtisch nieder lässt, um diese »echte« Person zu fiktionalisieren. Dann sehen wir Marcel Proust und wir sehen all die neuen Autoren wie Maxim Biller oder Alban Nicolai Herbst*, die sich zu Unrecht gerichtlichen Vorwürfen ausgesetzt sehen. Bei der heutigen Klageflut hätten es viele Klassiker schwer, noch in den Händen von Lesern zu landen.
Sie sehen: Rohm liest Schmidt liest Proust ist eine Mischung von Gedanken zum Buch, über die Öffentlichkeit, über den Autor, über die Leser, über die Widersprüche, über Betten und Ferngläser.
»Schmidt liest Proust« wagt viel und gewinnt viel, weil es mit dem Leser ackert, ihn mal an sich zerrt, dann wieder weg stößt. Ein unerwartet lebendiges Stück Literatur.
Und wenn Sie mir jetzt widersprechen wollen, dann können Sie das gerne tun.
Ich tu es ja auch ständig.
Guido Rohm

* Der verantwortliche Redakteur dieses Magazins möchte bemerken dürfen, daß er diese Einschätzung die beiden genannten Autoren betreffend nicht teilt.


 

Jochen Schmidt
Schmidt liest Proust
Voland & Quist
Buch mit Audio-CD
608 Seiten
gebunden
64 min Spielzeit
978-3-938424-31-5
Euro 19,90

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