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Zum 5-jährigen Bestehen ist
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in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
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Zum 5-jährigen Bestehen ist ein großformatiger Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren mit 176 Seiten, die es in sich haben:

Die menschliche Komödie als work in progress

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Zu diesem Thema haben wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt. Inhalt als PDF-Datei
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Die Haut des Terminators

Der ultimative Schlüssel zum Film »T-4: Die Erlösung«

Von Peter V. Brinkemper

Kino-Serienfortsetzungen, zwischen Sequel und Prequel, scheinen derzeit überall nachzuwuchern. Nach der George Lucas’ Prequel-Kino-Staffel von „Star Wars“ I bis III, die den Klassikern IV-VI wichtige Motive zum Verständnis von Anakin Skywalker/Darth Vader unterlegte, und der neuen „Batman“-Serie von Christopher Nolan, die die ältere Vierer-Version aus der Urszene der Geburt des jungen Batman und aus dem ambivalenten Geist der Ermordung seiner Eltern minutiös neu konstruiert, taucht nun „Terminator  – die Erlösung“ („T-4“)  (2009) auf und beeindruckt zumindest die älteren Fans mit der Paradoxie, dass nun der bisher geschlossene „Vorhang der Nacht“ aufgezogen wird, um uns eine taghelle Zukunft zu zeigen, in dem überlebende Menschen gegen Skynet und seine Roboteragenten verzweifelt zu Felde ziehen.

Die Presse und das Internet hinken einmal wieder hinterher, auf der Suche nach Land. Joseph "McG" McGinty Nichols „Terminator 4“ ist kein Film mit sinnlosem Geballer und wenig Handlung und wenig Spannung und auch nicht mit einem blassen Christian Bale. Und schon gar nicht mit einer existenziell-pessimistisch verzweifelten Handlung zwischen Stalingrad und Dostojewski. Mit dergleichen Oberflächenwahrnehmungen kommt man keinen Schritt weiter. Aber die Frage ist, ob die Personen, die dergleichen im Tagesgeschäft besprechen sollen, noch Zeit haben, ihr Gehirn zu benutzen, oder schon längst selbst zu Presseprintern mutiert sind. Es geht doch um Module, Varianten, Versionen und evolutionäre Blockaden oder Bahnungen. Das entscheidende Kriterium ist: Was bringt der Film an logischen Zusammenhängen im Bereich Action und Drama auf? Wie lassen sich diese Fäden mit der bisherigen Logik verbinden? Oder gerade nicht? Gib es eine neue rekonstruierbare Logik? Gibt es plausible Gründe für die Befunde und Annahmen? Das Filmgucken wird auch in der großen Unterhaltungsindustrie immer hypothetischer, wider Willen intellektueller. Und lassen sich diese Terminatoren-Trends mit anderen Prequel- und Sequel-Strategien vergleichen? Einmal mehr ist entscheidend, Pop-Kultur nicht nur auf der bornierten Ebene von Gewohnheitskonsumenten mit Nostalgie-Kino-Kriterien wiedererkennbarer Kitsch- und Trivial-Ikonen wahrzunehmen, sondern auf einem KONZEPTUELLEN und FORMALEN Niveau.

Der Terminator-Plot: Ein Porno mit Zeitschleifen-Zeugung
In der „Terminator“-Saga 1-3 ging es darum, einen völlig unwahrscheinlichen B-Movie-Plot zwischen der verhakten Zukunft und der bedrohten Gegenwart zu installieren: Ein Mensch und feindliche und später ein freundlicher Roboter werden aus der Zukunft geschickt, um Zeugung und Aufwachsen von John Connor zu verhindern oder zu verteidigen. Denn Connor ist, zukunftsgewiss, der spätere Anführer des Aufstandes der den atomaren Erstschlag im eigenen Land überlebenden Menschheit gegen Skynet und seine mörderischen Maschinen. Der entscheidende Kniff bei dieser Schleife zwischen 2029 und 1984 - aus der Zukunft in die Vergangenheit zu reisen, um diese zu verändern und die Zukunft erfolgreich zu manipulieren -, besteht aber nicht nur in einem Zeitparadoxon, wie oft gehabt. Sondern darin, sich gleich selbst von einem anderen beschützen, was noch o.k. wäre, und dann auch noch erzeugen zu lassen, womit der identitäre Unsinn oder der transformative Sinn einsetzt: Der Widerstandskämpfer John Connor schickt den jüngeren Mitstreiter Kyle Reese (Michael Biehn) in der entscheidenden Endphase der Auseinandersetzung mit Skynet zurück in die Vergangenheit, um Sarah Connor, die zukünftige Mutter, zu beschützen und seine Zeugung rechtzeitig in Gang zu bringen. Die Mission nimmt ihren Lauf, verfolgt von einem wütenden Killer-Terminator (Arnold Schwarzenegger) lernen sich Sarah und Kyle kennen, verlieben sich ineinander und haben, ob nun auftragsgemäß oder im Gegenteil, Widerstands-Sex, aus dem der spätere Menschheitsretter John entspringen soll. Es ist deutlich, dass bezogen auf die Logik der biologischen Evolution und der bisherigen normalen Zeitachse von Zeugung, Genetik, Entwicklung, Mutation usw. eine einmalige Form der paranoid-anfälligen Selbstbefruchtung aufgrund von Auserwähltheitswahnsinn vorliegt, bei der man alles und nichts in das Wurmloch der eigenen Entstehung und der auferlegten Mission hineinprojizieren kann. Der von James Cameron erfundene „Terminator“-Mythos ist so etwas wie der Porno der Superhelden-Zeitschleifen-Zeugung und der jungfräulichen Gottes-Geburts-Verkündigung. Die Mutter wird zur Fertilisationsmaschine einer brutal umkämpften Technoevolution zwischen Organik und Transorganik, und die Zeit selbst wird zur beliebig manipulierbaren Hure von Wunschvorstellungen und Aggressionsphantasien, weil die Realität selbst nur noch Vorhang und Korridor für endogene Phantasmen ist. Man könnte nun so argumentieren, dass John Connor zunächst natürlich von irgendeinem anderen Mann als Kyle Reese in Vereinigung mit Sarah gezeugt worden ist. Der besondere Status von John Connor müsste sich in dieser Ur-Version der Geschichte erst später, oder vielleicht zunächst in abgeschwächter Form ergeben haben. Skynet beabsichtigte demnach durch die Entsendung des Schwarzenegger-T-800 in die Vergangenheit die Mutter (vor der Zeugung und Geburt des Sohnes durch einen beliebigen Partner) zu töten und damit die Entwicklung eines Rebellen und die Evolution eines erfolgreichen Rebellionspotentials gegen den Aufstand von Skynet und den Maschinen zu verhindern.

Die paradoxe Logik von John Connor 1 und 2
Indem nun Kyle Reese von John Connor dem Terminator in die bedrohte Vergangenheit nachgeschickt wird, wird der Zeugungspartner auf jeden Fall in einer zweiten und modifizierten Version der Ereignisse ausgetauscht und damit die Identität von John Connor 1 aufgehoben. Connor rettet seine Mutter, um die Option ihres (neuen) Sohnes als zukünftigem Widerstands-Anführer zu sichern. Aber damit gibt er sich höchstselbst zugleich als Nachfolger in der Logik von Raum und Zeit auf, wohingegen er zuvor in Fassung I ohne Zeitschleife und Zeittransfer in der Normalzeit in einer gewöhnlichen Begegnung gezeugt werden musste. Indem ein Beschützer und Erzeuger aus dem zukünftigen Widerstandspool des erwachsenen Sohnes bei seiner Mutter Sarah einspringt, ist Johns bisherige individuelle Entwicklungslinie bereits infragegestellt. Es sei denn, es gäbe noch eine kleine ausgleichende, oder klonartig oder zwillingshaft verzweigte Nebengeschichte.

Natürlich läge der Fall komplizierter, wenn der John Connor im ersten Film 2029 bereits ein paar Mal die Zeitschleife durchzogen hätte, so dass wiederholt Menschen und Maschinen um die Mutter in der Vergangenheit gerungen hätten. Aber dann würde sich ja der Kampf der Fronten in und um L.A. 2029 immer mehr auf den Zeittunnel der Umgebungszeiten verlagern. Die Filme „T-1“ und „T-2“ lösen dieses Dilemma durch die abrupte Brutalität der Entscheidungen, also durch starke Selektion und spärliches Überleben: Kyle Reese stirbt noch in Teil 1, also 1984 als Beschützer, Erzeuger und Held am Ende im Kampf, Sarah entwickelt sich vom 80er Locken-Girl zur verrückten Widerstandskämpferin. In „T-2“ ist sie, immer noch dargestellt von der unvergleichlichen Linda Hamilton, 1995 in der Psychiatrie eingesperrt, während ihr junger Sohn (Edward Furlong) bei Pflegeeltern lebt; und nun folgt der aufgestufte Kampf der Maschinen, T-1000 gegen Sarah und John, T-800 diesmal als Beschützer. Aus dem Chip des ersten T-800 hat die Firma Cyberdyne Knowhow für die Entwicklung ihrer elektronischen Produkte ziehen können, die zwischen Markt und Militär, den Trend in Richtung von Skynet und transnationale elektronisch-atomare Hegemonie bewirken können. Und Sarah, John und der T-800 bilden eine terroristische Familie, die alles daran setzt, um den flüssigen Morphing-Terminator 1000 (Robert Patrick) und die Firma Cyberdyne und ihre Zukunfts-Technologie zu vernichten, einschließlich des human umprogrammierten Chips des T-800-Schutzengels, der am Ende Selbstmord im Flüssigstahlbad zu den Klängen von Brad Fiedels Titel-Ballade begeht. Wie auch immer, das Evolutionsprogramm von John Connors Erzeugung ist durch die Zeitschleife und den Doppelangriff der Maschinen T-800 und T-1000 sichtlich unter Druck geraten. John Connor ist der Name eines Mannes und eines Projektes, der in der umkämpften Zukunft eine Hauptrolle spielt und der nun in der veränderten Vorgeschichte das Evolutionsprogramm einer kontrollierten Zeugung und Mutterschaft installiert, um das Überleben eines Sohnes zu sichern, der im Kampf der Menschen gegen die Maschinen noch vehementer auftreten kann, weil seine Gene nun aus zwei Zeiten stammen, aus der normalen Vergangenheit seiner kampfüberholten Mutter und von einem qualifizierten Mitkämpfer in der Eigenzeit, Kyle Reese, aus der späteren Zukunft, der sich in der Vorzeit-Schlacht opfern wird.

Es ist also deutlich, dass die Terminator-Logik eine absurde Spannbreite von Modellen in sich abgeschlossener Handlungs-Entscheidungs-Inseln und endloser Kausalketten und Vernetzungsmöglichkeiten enthält, die das einfache Zeit-Paradoxon und Dilemma des Zeiteingriffes älterer Science Fiction Modelle immer weiter auffächern. Entsprechend lässt sich auch die eigenartige Erweiterung und Abschwächung des Plots in „Terminator 3“ verstehen: Nun erleben wir den erwachsenen John Connor (Nick Stahl) 2004, nach dem Tod seiner Mutter, mit seiner Freundin Kate Brewster (Claire Danes) in einem erneuten Angriffszenario eines weiblichen T-X (Kristanna Loken) sowie ein Verteidigungsmodell T-850 (Arnold Schwarzenegger beim Dreh 2002 auf dem Weg zum kalifornischen Governator) und den Beginn des atomaren Krieges, der von Skynet über andere Wege doch ausgelöst wird. Die temporalen Möglichkeiten der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinen breiter angelegt zu sein und kaum über die Entscheidungsinseln begrenzter Situationen, Knotenpunkte, Hauptrechner sowie Superroboter und Helden beeinflussbar. Dadurch verliert aber die verrückte Eleganz und enggeschnürte Metaphysik des Terminator-Gedankens an Charisma und Faszination.

Ein Kriegsfilm als terminatorische Diaspora
In „Terminator 4“ wird das Stadium des Endkampfes zwischen Mensch und Maschine nicht mehr als die kompakte schmale Mauerschau wie in den ersten Filmen dargestellt. Und sie wird auch in den Finalkämpfen nicht mehr allein auf die industriellen Komplexe von Stahl und Bits konzentriert, hinter denen die heimtückisch menschenfeindliche Zukunft lauert. Das Szenario bietet Zerstreuung, eine terminatorische Diaspora. Man ist noch uneins im Glauben an den Sinn und über die Methoden und Strategien des Kampfes angesichts der unterschiedlichen Maschinen und Programme, die über das Land Unheil aussäen oder auch wieder liquidiert werden. Der Krieg erweist sich hier eher als ein ausgedehntes postatomares Testgelände für digitale Kampfführungen und unbarmherzige Menschenverwertung. „Apocalypse Now“ und „War of the Worlds“ lassen grüßen, und das ist intendiert. Es wird in exemplarischen Situationen in den verwüsteten oder industriell zweckentfremdeten Metropolen L.A. und San Francisco und in der Einöde ein zersplitterter und deregulierter Kriegsfilm vorgeführt, dessen Action-Szenen immer wieder in Ruhe und Bedachtsamkeit beginnen und sich dann erst aufschaukeln, und die ihren dramaturgischen Sinn haben, um die Rolle der Menschen als wehrlose zivile Opfer, Testmaterial und Flüchtlinge, bewaffnete Wegelagerer und marodierende Banden am Rande der ausgelöschten Zivilisation und als semiprofessionell organisierte Soldaten des Widerstandes zu zeigen. John Connor ist im Jahre 2018 noch nicht der unangefochtene Held und Anführer des Endkampfes von 2029.  Er ist ein geachteter, aber auch umstrittener Exponent und Rebell unterhalb der Führungsriege des Widerstandes, in gewisser Weise das, was Morpheus in Teil 2 und 3 von „Matrix“ darstellt. An seiner Seite steht wieder die Freundin Kate Brewster Connor (Bryce Dallas Howard), diesmal schwanger. Und so ist John Connor auf der Suche nach einem Weg durch den Krieg und über den Krieg hinaus. In seinen heldenhaften Aufklärungseinsätzen dringt er in verschiedene Skynet-Basen ein. Es geht darum, den sehr einseitig geführten Krieg in seinem Sinn und in seiner Form allererst zu begreifen. Skynet treibt mit den verschiedenen Maschinen auch die bellizistische Evolution eines erstmal kaum spezifisch auf den antihumanen Nachkrieg bezogenen Zerstörungsszenarios voran. Zeit scheinen die Rebellen durch den sichtlich langwierigen Spezifikationsbedarf der Internet-Programme zu gewinnen. Es werden Pläne zur erst noch anstehenden Produktion des T-800 (hier als Modell 101, später dann haptisch in einer Fusion von Roland Kickinger als Bodydouble mit digitaler Gesichtsmaske von Arnold Schwarzenegger) gefunden und eine Todesliste sichergestellt, auf dem die Anführer des Widerstandes, er selbst und ein gewisser Kyle Reese stehen. Connor ist so an mehreren Brennpunkten tätig. Er will in der Organisation und an der Basis des Widerstands mehr Macht und Einfluss gewinnen, der Menschheit aus der Rolle als apokalyptischer Außenseiter einen Ausweg bahnen und sich selbst seiner so zweifelhaften, aber durch äußere Indizien und militärische Faktoren beglaubigten Identität versichern.

Ein rätselhaftes Tape und das Zeit-Masken-Spiel
Aber das alles ist noch nicht das merkwürdigste an diesem Film. Das eigentliche Rätsel ist die Notiz auf dem Tagebuchtape seiner Mutter, dass ein gewisser Kyle Reese sein Vater sei. Im Rahmen dieses neuen Films kann dies nur ein Zufall, ein Traum, ein Orakel, aber noch keine Sachaussage sein. Ich weiß nicht, ob sich über diese Einzelheit irgendjemand wundert, aber sie ist außerordentlich: Wenn John Connor in diesem „T-4“ der John Connor 1 ist, kann sein Vater nur ein für uns bisher unbekannter Erzeuger, aber noch nicht Kyle Reese sein. Denn dann wäre er bereits der modifizierte John Connor 2, der ja erst in „T-1“ beschützt und gezeugt und in „T-2“ aufgezogen und mit den Terminatoren 800 und 1000 spielerisch und gefährlich bekannt wird. Der jetzige John Connor 1 kennt diese aus der Zukunft eingeschleusten Spielzeuge noch nicht. Er ist in den Wirren und Kämpfen der vorterminatorischen Kriegsführung und damit in der Archäologie einer nur für den Zuschauer bekannten Zukunft verfangen. Wie aber ist das Tape der von den Zeitreisenden besuchten Mutter zurück oder weiter in die Zukunft gelangt? Sind vielleicht die Zeitreise-Korridore von Kyle Reese und den Terminatoren T-800 und T-1000 doch umkehrbar offen und nicht endgültig am Ende von „T-1“ und „T-2“ verschlossen worden? Aber, ist dieser Verschluss aus Metall oder aus menschlicher Haut? Wie auch immer, man kann also erwarten, dass in den nachfolgenden Filmen noch einiger logischer Sprengstoff steckt, zwischen Mensch und Maschine, Vergangenheit und Zukunft, Körper und Hülle. Dies kann auch eine Konsequenz der ökonomischen Serienwut sein, aber im Falle von „Terminator“ geht es darum, den prädigitalen Purismus der ersten Filme in die digitale Ära ausführlicher utopischer Bilder zu transformieren.

Nicht umsonst erhält John Connor am Ende schwer angeschlagen das natürliche Herz von Marcus Wright (kraftvoll dargestellt von Camerons „Avatar“-Darsteller Sam Worthington). Marcus erwartet 2003 seine Exekution als Mörder, ein zu Filmbeginn völlig ungeklärter Fall, willigt aber noch in medizinische Experimente von Cyberdyne Skynet ein. Und durchschaut beim Wiedererwachen nicht, wer oder was er ist, dass er einen ersten Cyborg-Versuch von Cyberdyne Skynet verkörpert, eine halborganische Fusion von Mensch und Robot mit Endoskelett und internem Hirnchip. Er wird der ideale Agent wider Willen, der sich problemlos unter die Menschen mischen kann, um die Rebellen John Connor und Kyle Reese, die Skynet bereits auf die Todesliste hat, in die Falle der Skynet-Fabrik-Zentrale von San Francisco zu locken. Aber was besagt diese Liste? Hat Skynet denn den totalen Überblick über die Zeit und ihre Varianten? Und welche Technologie wird hier vorausgesetzt? Dann könnten die Rebellen niemals siegen, dann wäre die Menschheit nur noch eine einzige Marionette in einem riesigen Videospiel und Zeitbeamfeld. Aber Marcus bleibt seinem starken liebevollen Herzen treu und erweist sich in letzter Instanz als Doppelagent im Dienste der bedrohten Menschheit. Wann wird die Technologie des Zeittunnels entwickelt? Wann stehen die Arnies bereit, damit die große Schlacht, so oder so, geschlagen werden kann? Und wie wird die Partie im Film verlaufen, wenn es zum Showdown „simultan“ an verschiedenen Orten und in verschiedenen Zeiten kommt? In einer Vorfassung des endlos umgeschriebenen Plots überlebt John Connor nicht am Ende, sondern Marcus Wright. Er erhält aber, stark demoliert, das Gesicht und die Haut des gestorbenen John Connor übergezogen. So läuft die surreale Poesie des digitalen Rewritings und des Autorenstreiks in derzeitigen großen Kino-Serien-Projekten weiter. Wie auch immer, ob Connor nun tot oder lebendig ist, jetzt steckt allemal ganz viel Wright in ihm. Das Who-is-who gerät völlig ins Schwimmen. Person, Raum, Zeit, Geschichten sind nur noch hauchdünne Folien über den energetischen Informations-Strömen, Masken, wie damals in „T-2“, als der T-1000 alle seine Rollen im Glutbad aus sich herausschrie. Der Humanismus ist tot, es lebe Skynet. Auch seine Kapitulation wäre also ein gewollter Sieg.

Nachspann nach Verfassung des Artikels: „Fictionbox“ berichtet unter Berufung auf „BleedingCool“, „Filmjournal“ und MTV, Regisseur Joseph McGinty Nichol ("McG") habe in "Terminator 5" vor, John Connor in die Gegenwart des Filmpublikums nach London 2011 reisen zu lassen, um die Militärs der Welt vor der Skynet-Invasion zu warnen. „Sie verstehen nun die Zeitreisen gut genug, dass sie mehr als eine nackte Entität schicken können. Also werden Hunter Killer und Transporter und Harvester und alles in unserer Zeit ankommen und Connor wird sie mit konventionellen Waffen bekämpfen.“ Nach diesen und weiteren Quellen trifft John Connor verschiedene Wissenschaftler, die mal Robert Patrick (in „T-2“ der T-1000) oder sogar Arnold Schwarzenegger ähnlich seien. Hierbei gehe es um die genetische Vervielfältigung und die Kontinuität von Menschen und die Möglichkeit, „wie wir alle als idealisierte, jüngere Versionen unserer selbst leben können." Das Kind von John und Kate Connor in T-5 und 6 werde eine wichtige Rolle spielen, daneben das Zeitreisen, und die Herkunft von Marcus und das Schicksal von John Connor sowie ein Trip in die Ära vor dem „Day of Judgement“. Für komplexe Verwirrung ist also gesorgt. Die paradoxe Zeitschleifen-Antilogik von kontrollierter Umkehrung oder Transformation von Erzeuger und Gezeugtem wird sich also weiter zuspitzen, um den Konflikt zwischen biologischer und cyberistischer Evolution voranzutreiben. Keine „Erlösung dem Erlöser“, nur permanente Auflösung, um Neuland provisorisch zu territorialisieren.

 





 


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